Wirksamwerden der WE, Auslegung, Vertragsschluss Flashcards
Was muss nach dem Tatbestand der Willenserklärung geprüft werden?
Ob die Willenserklärung rechtlich wirksam geworden ist
Welche Kategorien ergeben sich aus einer Unterteilung hinsichtlich des Wirksamwerdens von Willenserklärungen?
empfangsbedürftige Willenserklärungen, nicht empfangsbedürftige Willenserklärungen (seltener)
Was zeichnet empfangsbedürftige Willenserklärungen aus?
Sie bedürfen zu ihrem Wirksamwerden einer Abgabe (seitens des Erklärenden) und eines Zugangs (beim Adressaten oder Empfänger, dazu unten).
Beispiel für empfangsbedürftige Willenserklärungen?
Vertragsangebote; Kündigungen; Anfechtungserklärungen
Was zeichnet nicht empfangsbedürftige Willenserklärungen aus?
Nicht empfangsbedürftige Willenserklärungen werden bereits mit ihrer bloßen Abgabe wirksam. Ob eine andere Person von der Willenserklärung Kenntnis erhalten hat, spielt keine Rolle für das Wirksamwerden.
Beispiel für eine nicht empfangsbedürftige Willenserklärung?
Testamentserrichtung, Auslobung
Was ist die Wirksamkeitsvoraussetzung einer Willenserklärung?
die Abgabe
Wann ist die Abgabe nicht empfangsbedürftiger Willenserklärungen erfolgt?
Die Abgabe ist erfolgt, wenn der Erklärende alles seinerseits Erforderliche getan hat, damit die Willenserklärung wirksam werden kann.
Die mündliche Willenserklärung muss vollständig ausgesprochen worden sein. Bei der schriftlichen Willenserklärung muss für die Abgabe die Urkunde komplett errichtet und unterschrieben worden sein.
Wann sind empfangsbedürftige Willenserklärungen abgegeben?
Eine empfangsbedürftige Willenserklärung ist abgegeben, wenn die Erklärung vom Erklärenden willentlich
- so in Richtung auf den Empfänger in den Verkehr gebracht wurde,
- dass unter normalen Umständen und ohne weiteres Zutun des Erklärenden
- mit dem Zugang der Erklärung beim Empfänger gerechnet werden kann.
Welche Fallgruppen sind bei der Abgabe empfangsbedürftiger Willenserklärungen zu beachten?
Abgabe ggü. Anwesenden, Abgabe ggü. Abwesenden
Was gilt bei der mündlichen Abgabe gegenüber Anwesenden?
Die Willenserklärung ist abgegeben, wenn
sie so geäußert wird, dass der Empfänger
in der Lage ist, sie zu verstehen .
Wie wird eine Abgabe am Telefon beurteilt?
Wie eine mündliche Abgabe unter Anwesenden
Was gilt bei der schriftlichen Abgabe gegenüber Anwesenden?
Die Willenserklärung ist abgegeben, wenn sie dem Anwesenden zur Entgegennahme überreicht wird.
Was gilt bei der mündlichen Abgabe gegenüber Abwesenden?
Die mündliche Erklärung kann durch einen sog. Erklärungsboten erfolgen. Eine Abgabe der Willenserklärung liegt bereits dann vor, wenn der Erklärende seinem Boten die Erklärung mitteilt und ihn zur Übermittlung an den Empfänger losschickt
Was gilt bei der schriftlichen Abgabe gegenüber Abwesenden?
Die Willenserklärung ist abgegeben, wenn der Erklärende das vollendete Schriftstück in Richtung auf den Empfänger losgeschickt hat, so dass unter normalen Umständen und ohne weiteres Zutun des
Erklärenden mit dem Zugang zu rechnen ist.
Wie ist die Wirksamkeit der Abgabe einer abhandengekommene Willenserklärung zu beurteilen?
h. M.: Positiv, sofern dem Erklärenden die Abgabe des Angebots zugerechnet werden kann, d.h. wenn er bei sorgfältigem Verhalten das In-Verkehr-Gelangen der Erklärung hätte erkennen und vermeiden können. (§ 276 II).
a. M.: Negativ, denn die Erklärung wird nicht willentlich in den Verkehr gebracht.
Was ist die zweite Wirksamkeitsvoraussetzung einer empfangsbedürftigen Willenserklärung?
Der Zugang
Wann ist eine Willenserklärung zugegangen?
Zugegangen ist eine Willenserklärung, dann, wenn sie 1. derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass
2. bei Annahme gewöhnlicher Verhältnisse damit zu rechnen ist, der Empfänger könne von ihr Kenntnis erlangt haben
Was folgt aus dem Zugang einer Willenserklärung?
- Ist die empfangsbedürftige Willenserklärung zugegangen, dann ist der Erklärende an seine Erklärung gebunden und kann sie grundsätzlich nicht mehr frei widerrufen.
- Zudem geht mit dem Zugang das Risiko des Verlusts der Willenserklärung auf den Empfänger über. Außerdem entscheidet der Moment des Zugangs über die Rechtzeitigkeit der Erklärung, falls bestimmte Fristen zu wahren sind.
Was umfasst der Machtbereich des Empfängers?
seine Wohnung, seine Geschäftsräume und alle zur Entgegennahme bereitgestellten Einrichtungen (Postfach, Briefkasten, Anrufbeantworter, Faxgerät).
Welche Mittelspersonen sind im Rahmen des Zugangs bei einem Abwesenden denkbar?
Empfangsbote, Erklärungsbote
Welche Voraussetzungen bestehen für einen Empfangsboten?
Bote des Empfängers; Person muss als zur Entgegennahme der Erklärung geeignet und ermächtigt sein: Hausangestellte, Familienangehörige
Wann geht eine Willenserklärung dem Empfänger zu, wenn es sich bei der Mittelsperson um einen Empfangsboten handelt?
zu dem Zeitpunkt, zu dem regelmäßig die Weitergabe an ihn zu erwarten ist
Wer trägt ab wann das Risiko des Untergangs, der Verfälschung, des Verlustes der WE bei Einsatz eines Empfangsboten?
Ab Übergabe an den Empfangsboten der Erklärungsempfänger
Welche Voraussetzungen bestehen für einen Erklärungsboten?
Bote des Erklärenden; ist ein Bote kein Empfangsbote, so kann er lediglich Erklärungsbote sein: kleines Kind; Handwerker im Haus
Wann geht eine Willenserklärung dem Empfänger zu, wenn es sich bei der involvierten Mittelsperson um einen Erklärungsboten handelt?
zu dem Zeitpunkt, zu dem die Erklärung an den Empfänger selbst übermittelt worden ist
Wer trägt ab wann das Risiko des Untergangs, der Verfälschung, des Verlustes der WE bei Einsatz eines Erklärungsboten?
bis zum Zugang beim Empfänger der Erklärende
Was folgt aus dem zweiten Kriterium für den Zugang einer Willenserklärung für den Zugang bei einem Abwesenden?
Bei der Zugrundelegung normaler Verhältnisse muss mit der Kenntnisnahme zu rechnen sein. Die bloße Möglichkeit der Kenntnisnahme reicht aus. Tatsächliche Kenntnisnahme ist nicht erforderlich.
Welche Theorien beschäftigen sich mit dem Zugang von mündlichen Willenserklärungen unter Anwesenden?
Vernehmungstheorie, abgeschwächte Vernehmungstheorie (h.M.)
Was besagt die Vernehmungstheorie?
Die mündliche Erklärung ist grundsätzlich wirksam, wenn der Empfänger sie tatsächlich vernimmt. Das Risiko von Taubheit und Sprachunkenntnis geht zu Lasten des Erklärenden.
Was besagt die abgeschwächte Vernehmungstheorie?
Schränkt das Risiko zulasten des Erklärenden, das sich aus der Vernehmungstheorie ergibt, im Interesse der Verkehrssicherheit ein. Danach wird eine nicht oder falsch verstandene Erklärung auch dann wirksam, wenn aus der Sicht eines sorgfältigen Erklärenden keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Empfänger die Erklärung nicht richtig und vollständig vernommen hat.
Wann wird eine schriftliche Willenserklärungen unter Anwesenden wirksam?
Die Willenserklärung wird folglich erst dann wirksam, wenn sie – durch Übergabe des Schriftstücks – in den Machtbereich des Empfängers gelangt
Welche häufigen Zugangshindernisse gibt es?
Annahmeverweigerung, Versäumung von Empfangsvorkehrungen
Wie ist eine berechtigte Annahmeverweigerung zu beurteilen?
kein Zugang, folglich keine Wirksamkeit, Erklärende muss neuen Übermittlungsversuch unternehmen
Was meint “Rechtzeitigkeitsfiktion”?
Wenn die Annahme einer Willenserklärung berechtigterweise verweigert wird, muss der Erklärende einen erneuten Übermittlungsversuch unternehmen. Kommt die Erklärung dann an, wird ihre Rechtzeitigkeit fingiert
Was gilt bei einer unberechtigten Annahmeverweigerung?
Bei einer unberechtigten Verweigerung der Annahme einer Willenserklärung ist nach der herrschenden Ansicht Zugang im Zeitpunkt des Übermittlungsangebots anzunehmen (= Zugangsfiktion), also dann, wenn die Kenntnisnahme möglich und nach den Gepflogenheiten des Rechtsverkehrs auch zu erwarten ist. Es ist kein erneuter Übermittlungsversuch des Erklärenden erforderlich und das Risiko der verspäteten Kenntnisnahme trägt der Empfänger.
Wieso muss sich der Empfänger einer Willenserklärung im Falle einer unberechtigten Annahmeverweigerung behandeln lassen, als wäre der Zugang erfolgt?
Im Falle der unberechtigten Verweigerung verstößt der Empfänger gegen das Gebot von Treu und Glauben (§ 242)
Was gilt, wenn ein Empfänger ein Einschreiben absichtlich nicht von der Post abholt?
Grundsätzlich gilt, dass mit dem Hinterlegen der Benachrichtigung noch kein Zugang des Einschreibens erfolgt. Zugang ist erst dann anzunehmen, wenn der Empfänger das Schreiben innerhalb der Aufbewahrungsfrist bei der Post abholt.
Eine Ausnahme wird allerdings gemacht, wenn das Schreiben absichtlich nicht abgeholt wird. Dann wird der Zugang fingiert, gem. § 242.
Wann ist eine Versäumung von Empfangsvorkehrungen anzunehmen?
Wenn eine Erklärung gar nicht in den Machtbereich des Empfängers gelangen kann, weil er seinen Wohn- oder Geschäftssitz verlegt hat oder weil er keinen Briefkasten hat.
Was gilt grundsätzlich, wenn beim Empfänger Empfangsvorkehrungen fehlen?
Grundsätzlich erfolgt kein Zugang. Grundsätzlich ist es so, dass der Erklärende einen erneuten Vermittlungsversuch unternehmen muss und das Verspätungsrisiko trägt.
Wann muss eine Ausnahme vom grundsätzlichen Nichterfolgen des Zugangs bei fehlenden Empfangsvorkehrungen gemacht werden?
Eine Ausnahme ist jedoch dann zu machen, wenn der Empfänger konkret mit dem Eingang einer rechtsgeschäftlichen Erklärung rechnen musste. Ein solcher Grund liegt zum Beispiel dann vor, wenn
- der Empfänger etwas bestellt hat oder
- er eine entsprechende Ankündigung erhalten hat oder
- Vertragsverhandlungen laufen oder
- er Kaufmann ist