Vorlesung 9 Flashcards

1
Q

Dispositionsspielräume im Bereich der Schülerbeurteilung (Lüders, 2001, 217ff. (Z.f.Päd, Heft 2)

A
  • Ausgangslage
    • Diagnostische Praxis muss nicht wissenschaftlichen Kriterien genügen, jedenfalls wird dies nicht sanktioniert
    • Lehrerurteil ist juristisch ein höchstpersönliches Fachurteil, individuelle Normen und Ansprüche können eingebracht werden
    • Kultur des Lehrberufs ist gespalten zwischen Selektion und Förderung
  • Arbeitsthesen/Fragen:
    • Leistungsurteile von Lehrkräften spielen in der Lehrerkommunikation eine eher untergeordnete Rolle, obwohl Schülerkarrieren hiervon abhängig sind
    • Wie gehen Lehrkräfte mit Anfechtungen ihrer Urteile um?
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
2
Q

Informationsgehalt von Noten

A

Erklärungsversuch: Noten sind unzuverlässig und zudem informationsarm

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
3
Q

Endlich die Noten abschaffen? Ein Plädoyer für pädagogische Beurteilungsformen (Silvia Iris Beutel)

A

Leistungsbeurteilung im Wandel

  • Leistungsbeurteilung als Aufstieg und Ausschluss
  • Leistungsbeurteilung als individuelle Würdigung
  • Leistungsbeurteilung als Beteiligung
  • Leistungsbeurteilung als Dialog und Rekonstruktion des Lernens aus Lehrer- und Schülersicht
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
4
Q

Leistungsbeurteilung als Aufstieg und Abschottung

A
  • Der größte Teil des öffentlichen Schulwesen ist bis zu Beginn des letzten Jahrhunderts ohne Noten und Zeugnisse ausgekommen
  • Die Einführung von Zensuren und Zeugnissen ist mit der Einbindung der Schule in ein Berechtigungswesen verbunden, das sich im Gymnasialbereich etwa einhundert Jahre früher etablierte als im Volksschulbereich.
  • Die gesellschaftliche Funktion der Auslese ist konstitutiv dafür, dass Zensuren und Zeugnisse in die Schule eingezogen sind.
  • Zensuren und Zeugnisse sind in ihrer bisherigen Geschichte niemals in erster Linie pädagogische Instrumente gewesen (Ingenkamp 1985, S. 176).
  • Das Leistungsproblem in der Schule stellt sich erst im Zuge des 19. Jahrhunderts mit ihrer Entwicklung zur öffentlichen, staatlichen Institution. Das Schulwesen wird mehr und mehr zur ersten Stufe des gesellschaftlichen Berechtigungswesens. Damit verstärkt sich die Forderung nach erwiesener Leistung als Berechtigungsnachweis für den Erwerb sozialer und beruflicher Positionen. Diese Entwicklung hat Elemente des geschichtlichen Fortschritts, weil mit ständisch‐feudalen und adeligen Bildungsprivilegien gebrochen wird.
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
5
Q

Leistungsbeurteilung als individuelle Würdigung

A
  • Die Reformpädagogen betonen den Entwicklungs‐ und Fördergedanken. Leistungsbeurteilung als individuelle Würdigung Sie problematisieren einen an Begabungsvorstellungen und statischer Wissensakkumulation orientierten Leistungsbegriff und die zugehörige Benotung.
  • Pädagogische Beurteilungsweisen werden in Versuchsschulen erprobt und eng an pädagogische Konzepte der Einzelschule, an Weltanschauung und Menschenbild gebunden.
  • Erste Schreibstandards als Gerüst professionellen Schreibens von Verbalbeurteilungen entstehen.
  • Die Ambivalenz des Fördergedankens bleibt bestehen.
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
6
Q

Leistungsbeurteilung als Beteiligung

A
  • Zur Zeit der Bildungsreform der 1970 wird die Reform der Leistungsbeurteilung durch die empirische Wende bereichert.
  • Für die Schule wird der Anpassungsdruck ihrer Gerechtigkeitsvorstellungen und Beurteilungsinstrumente konstitutiv.
  • Wolfgang Klafki hat in seinen Arbeiten zur Allgemeinen Didaktik früh Aspekte einer demokratischen Begründung didaktischer Entscheidungen, aber auch des Leistungsverständnisses und der Leistungsbeurteilung hervorgehoben.
  • Leistungsbeurteilung wird zum Teil des Lernvorgangs und dialogische Effektivitätskontrolle des Unterrichts.
  • Neu gegründete Reformschulen wie die Bielefelder Laborschule erproben eine Pädagogisierung der Leistungsbeurteilung mit Verbalbeurteilungen bis weit in die Sekundarstufe I hinein.
  • Die Fehlbarkeit und Subjektivität des Lehrerurteils wird gesehen.
  • Partizipationsmöglichkeiten für Lernende und ihre Eltern werden eröffnet, sie können Korrektur und Veränderung bewirken.
  • Leistungsbeurteilung wird zum Gesprächsanlass, zum Gegenstand wechselseitiger Vergewisserung, später auch von Rezeptionsanalyse.
  • Studien zur Verbalbeurteilung werden Anlass kollegialer Selbstvergewisserung.
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
7
Q

Spannungsverhältnisse

A
  • Einerseits bildungspolitische Erwartung an die Effizienz des Lernens und Leistungsbeurteilung als Dialog und Rekonstruktion des qualifizierte Absolventen, andererseits Beharrlichkeit und früher Rückgriff auf Noten.
  • Aus schulpädagogischer Sicht soll die Leistungsbeurteilung im Dienst der pädagogischen Aufgabe der Lernförderung stehen und die Entfaltung von Lern‐ und Lebenschancen ermöglichen.
  • Leistungsbeurteilung soll kompetenzförderlich, partizipativ und kommunikativ sein.
  • Spätestens seit der UN‐Kinderrechtskonvention erweist sich ein hierarchisches Verständnis von Leistungsbeurteilung als nicht mehr zeitgemäß.
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
8
Q

Pädagogische Zielsetzung

A
  • Deshalb besteht die Erwartung, dass eine verständigungsorientierte und partizipative Leistungsbeurteilung auch Systemeffekte verbessert: Leistungsbeurteilung muss so gesehen „Vertrauen in Lernergebnisse schaffen, mit denen Lernpfade und Lernstrategien entwickelt und begleitet werden können (Schleicher 2006, S. 7)
  • Leistungsbeurteilung wird eingebunden in ein demokratiespezifisches Grunderfordernis einer offenen und pluralen Gesellschaft: Mit Verschiedenheit muss konstruktiv, erfolgsbezogen und lernförderlich umgegangen werden. Dies bleibt die große Schulentwicklungsaufgabe.
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
9
Q

Erwartungen an pädagogische Beurteilungsformen

A
  • Die Perspektiven der Lehrkräfte und der Schülerschaft sollten kommunikativ verknüpft werden;
  • Die Leistungsanforderungen müssen transparent, nach Möglichkeit sollten sie auch differenziert aufgeschlüsselt sein;
  • Einschätzungsverfahren und Überprüfungen sollten im Unterricht regelmäßig Verwendung finden, da sie Orientierung geben für das weitere Lernen und mit konkreten Angeboten verknüpft werden können; sie sind ebenso Anlass, eine gemeinsame Sicht von Lehrendem und Lernenden zu entwickeln;
  • Die Lehrkräfte ziehen daraus Rückschlüsse auf die Qualität des Unterrichts und die Passung von Lernangebot und Lernverhalten.
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
10
Q

Dialektik der Beurteilung

A

pädagogisch

  • Individuelle Förderung
  • Anreizfunktion
  • Diagnostischer Anspruch
  • Entschleunigung
  • Partizipative und dialogische Leistungsbeurteilung
  • Kompetenzbasierte Zeugnispraxis
  • Anspruch auf Vergleichbarkeit

Bürokratisch, auf pseudoversachlichte Berechtigung ausgelegt

  • Auslesezwang im Schulwesen
  • Beschleunigung
  • Ambivalenzen der Leistungsbeurteilung
  • Hierarchisierende Leistungskontrolle
  • Notenzeugnisse und Kopfnoten
  • Entwicklungsbedarf
  • Sachliche Rückmeldung
  • Subjektivität der Bewertung
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
11
Q

Forschungsfragen an pädagogische Beurteilungsformen

A
  • Mit welcher Zeugnisform können Ansprüche an Diagnose, Förderung und Kommunikationsangebot eingelöst werden?
  • Wie können Schülerinnen und Schüler verstärkt in Verantwortung genommen werden für ihr Lernen
  • Welche Kompetenzen benötigen Lehrkräfte dazu?
  • Wie ist die Leistungsbeurteilung in das Gesamtkonzept der Schul‐ und Unterrichtsentwicklung eingebunden?
  • Welche dem Beurteilungshandeln übergeordneten Einflussfaktoren lassen sich an den Schulen benennen (z.B. Lehrhaltungen)?
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
12
Q

Berichtszeugnisse

A
  • Verbalbeurteilungen gelten seit der Reformpädagogik als differenzierte und diagnostisch gehaltvolle Formen der Rückmeldung schulischen Lernens.
  • Sie sind der Mehrdimensionalität sowie der Nutzung der individuellen und curricularen Bezugsnorm verpflichtet.
  • Darin enthaltene Diagnosen zum Lernprozess sind mit Hinweisen auf nächste Lernschritte und Fördermaßnahmen zu verbinden.
  • Verbalbeurteilungen sind an Kommunikation und Zielvereinbarungen gebunden. Dabei tragen Lehrende und Lernende gemeinsam Verantwortung für eine Verbesserung des Lernens.
  • Ihre Qualität ist durch Schreibstandards zu sichern
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
13
Q

Desiderate

A
  • Effektivitätssteigerung der Zeugnisse ist eine Entwicklungsaufgabe; Forschungsbefunde zu Berichtszeugnissen
  • förderdiagnostische Möglichkeiten sind nicht ausgeschöpft;
  • Ansprüche an eine mehrdimensionale und bezugsnormendifferente Darlegung von Lernprozessen erfolgt nicht diagnostisch abgesichert;
  • Die multiplen anwendungsbezogenen Kriterien beim Verfassen der Texte müssen mehr auf einen qualitätsverpflichtenden Minimalkonsens im Kollegium bezogen werden;
  • Individuelle Rezeptionsbedingungen sind weiter zu untersuchen;
  • Der Wechselbezug zwischen Umgang mit Vielfalt, Unterrichtsqualität, Lernbegleitung und Rückmeldung ist nicht erforscht.
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
14
Q

Leitlinien für päd. Beurteilung

A
  • Berichtszeugnisse setzen Lesekompetenz voraus und sprechen diejenigen Kinder in Berichtszeugnisse aus Kindersicht ihrer Lern‐ und Reflexionsfähigkeit besonders an, die bereits gut mit Sprache umzugehen wissen.
  • Kinder benötigen Gesprächspartner; Lehrende und Eltern haben eine kommunikative Verantwortung.
  • Kinder schätzen Texte, die eine individuelle Würdigung und nachvollziehbare Auskünfte enthalten.
  • Kritik muss sachbezogen sein: Beschönigungen werden als unrechtmäßige Urteile in Zweifel gezogen.
  • Gespräche über Lernen und Leistung gehören in einen geschützten Rahmen.
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
15
Q

Befunde

A
  • Berichtszeugnis sind bei Eltern mit einem höherem Bildungsabschluss akzeptiert.
  • Sie nehmen Genauigkeit bei der Berichterstattung über das eigene Kind wahr.
  • Ihnen ist bewusst, dass die Texte Leseverständnis und Reflexionsbereitschaft voraussetzen: Verbale Zeugnisse sind familiäre Gesprächsanlässe.
  • Eltern wollen aber im Verlauf des gesamten Bildungsganges ihrer Kinder nicht auf Noten verzichten, sondern verlangen nach ergänzenden verbalen Kommentaren.
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
16
Q

Leistungsbeurteilung als Lernförderung und Beteiligung verstehen

A
  • Transparenz der Anforderungen
  • Nachvollziehbarkeit des Lernens durch Lerntagebücher; Lernlandkarten; Portfolio
  • Förderung von Selbsteinschätzung
  • Beteiligung an Notengebung durch Verständigung über erwünschte Noten, Selbstdiagnose und Auswertung
  • Zeitnahe und individuelle Rückmeldungen
  • Zielvereinbarungen
  • Entwicklung einer kompetenzbasierten Zeugnispraxis
17
Q

Instrumente alternativer und pädagogischer Beurteilung

A
  • Kooperation im Elementar- und Primärbereich mit Förderangeboten
  • Elternförderbriefe
  • Diagnostische Werkstatt
  • Schulzeitbegleitende Portfolios
  • Langfristige Beobachtungen
  • Kompetenzorientierte Auswertungen und Zeugnispraxis
  • Lernstandserhebungen
  • Lerntagebücher und Kindersprechtage
  • Zielvereinbarungen mit Zeitrahmen
  • Lernlandkarten als Kindercurriculum

Begleitende, kriteriengeleitete Selbsteinschätzungen

  • Regelmäßige individuelle Einschätzungen zur Wochenplanarbeit, zu Kursstunden und Projekten
  • Rückmeldungen aus dem altersheterogenen Mitschülerkreis
  • Vorhabensberichte und Halbjahresreflexionen
  • Portfolios
  • Lernwegplanung und Beratung im Team
  • Verbalbeurteilungen bis Klasse 6
  • Intensive Gesprächskultur mit Schülerschaft und Elternhaus
18
Q

Schule von den Standards her denken

A
  • Standardorientierung als Grammatik des Unterrichts
  • Damit verbunden Technologisierung der Leistungsentwicklungsrückmeldung
    • Aufgabenpools
    • Feedbackdatenbanken
    • Datawarehousing
19
Q

An aligned Instructional Program

A
  • Written Standards and Goals
  • Taught Curriculum
  • Assessed Curriculum
20
Q

Voraussetzungen erfolgreicher Veränderungen der Leistungsbeurteilung

A
  • Diskursive Schulkultur und Kooperationsstrukturen Leistungsbeurteilung
  • Schulleitung: Organisation und Pflege der Profession
  • Demokratisches Verständnis von Bildung, Erziehung und schulischem Handeln
  • Praxisrelevante, handlungsstarke Expertise in der schulpraktischen Umsetzung
  • Kompetenzorientierung
  • Rationalität durch Evaluation