Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO), Titelgegenklage (§ 767 ZPO analog) Flashcards
Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO): Allgemein
- prozessuale Gestaltungsklage (keine Feststellungsklage!)
- beseitigt die Vollstreckbarkeit des Titels (!), NICHT den Titel oder den titulierten Anspruch selbst
- Rechtskraft/Streitgegenstand erfasst nicht den Grund, warum die Zwangsvollstreckung unzulässig ist
-> Ausnahme: § 322 II ZPO analog, wenn Gericht über Aufrechnungsforderung des Klägers entscheidet
-> bei zusprechendem Urteil: keine Aussage über Unrechtmäßigkeit der stattgefundenen Vollstreckung (Privatrechtswidrigkeit) - nur bei abweisendem Sachurteil Präjudizialität etwa für späteren SEA-Prozess
Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO): Zulässigkeit: Statthaftigkeit
= wenn der Kläger materiell-rechtliche Einwendungen erhebt, die den titulierten Anspruch betreffen
-> alle materiell-rechtlichen Einwendungen herausarbeiten (ohne sie materiell zu prüfen)
Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO): Zulässigkeit: Statthaftigkeit: bei Titeln iSv § 794 ZPO
- Anwendbarkeit durch § 795 ZPO darlegen
- § 794 I Nr. 3 ZPO (Zuschlagsbeschluss = Vollstreckungstitel aus Zwangsversteigerung eines Grundstücks), iVm § 93 I 1 ZVG
-> bei Klagen Dritter (bspw. Mieter): § 93 I S. 3 iVm § 771 ZPO (!) - Teilungsplan: § 115 III ZVG verweist auf § 767 ZPO
- Erbeneinwendungen nach § 781f. ZPO (Beschränkte Erbenhaftung in der Zwangsvollstreckung): § 785 ZPO verweist auf § 767 ZPO
- gegen eV: § 767 ZPO nicht statthaft, da §§ 924, 927 ZPO vorrangig (außer bei Leistungsverfügungen)
Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO): Zulässigkeit: Statthaftigkeit: “Schiefer Antrag”
- “auf Freigabe des gepfändeten Gegenstandes”, “auf Einwilligung in Beendigung der Zwangsvollstreckung”, “auf Herausgabe des gepfändeten Gegenstandes”, “Unterlassung der Zwangsvollstreckung”
- §§ 133, 157 BGB auf § 767-Antrag auszulegen oder gem. § 140 BGB analog umzudeuten, wenn
-> sich Kläger mit materiell-rechtlichen Einwendungen gegen den titulierten Anspruch wendet
Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO): Zulässigkeit: Statthaftigkeit: Abgrenzung zu anderen Rechtsbehelfen
- wenn Kläger Einwendungen vorträgt, die in den Grenzbereich zu anderen Rechtsbehelfen fallen
- wenn Parteien Statthaftigkeit thematisieren
- §§ 133, 157 BGB analog: was ist wahres Rechtsschutzziel und der “vernünftige wohlverstandene Parteiwille”
-> ggf. Rechtsbehelfsfremde Einwendungen ansprechen und aussortieren (ggf. auch Klagehäufung gem. § 260 ZPO)
Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO): Zulässigkeit: Statthaftigkeit: Klagehäufung
- auch mehrere Rechtsbehelfe möglich
- auch subjektive Klagehäufung möglich
- Aufbau: idR Zulässigkeit aller eingelegten Rechtsbehelfe, jeweils eigenständige Begründetheitsprüfung
- keine Häufungsmöglichkeit bei Erinnerungen nach §§ 766, 732 ZPO wegen unterschiedlicher Verfahrensarten (Beschluss vs. Urteil)
Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO): Zulässigkeit: Statthaftigkeit: Klagehäufung: Neben materiellen Einwendungen werden Verfahrensfehler geltend gemacht
- Verfahrensfehler idR mit §§ 766, 732 ZPO (im Beschlussverfahren)
-> bei § 767 ZPO aber “rechtsbehelfsfremd” - § 767 ZPO idR gewollt, da rechtsschutzintensiver (Beseitigung der Vollstreckbarkeit des Titels schlechthin)
Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO): Zulässigkeit: Statthaftigkeit: Einwendungen bzgl. der Höhe/Notwendigkeit der Ansetzung von Vollstreckungskosten gem. § 788 I ZPO
- BVerfG: können auch mit § 767 ZPO geltend gemacht werden (nicht nur mit Erinnerung)
-> da materiell-rechtliche Einwendung gegen den Kostenanspruch des Gläubigers, der als materielle Forderung als Annex zum Hauptanspruch mit dem Hauptsachetitel vollstreckt wird
Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO): Zulässigkeit: Statthaftigkeit: P: Rechtsbehelf bei Verstoß gegen Vollstreckungsvereinbarung
- Grds. Zulässigkeit der Vollstreckungsvereinbarung
pro: Rechtsgedanke § 816 ZPO (Vereinbarung über Zeit der Versteigerung)
pro: Dispositionsfreiheit - BGH: § 767 I ZPO
a. direkt bei zeitliche beschränkte Vollstreckungsvereinbarung
pro: materiell-rechtlicher Vertrag, der nur einen vollstreckungsrechtlichen Inhalt hat
pro: Rechtsschutzintensiver
pro: idR konkludente Stundung
b. analog bei gegenständliche Vollstreckungsvereinbarung (nur Ausschluss der Vollstreckung in bestimmte Gegenstände)
pro: materiell-rechtlicher Vertrag, der nur einen vollstreckungsrechtlichen Inhalt hat
pro: Rechtsschutzintensiver
pro: keine konkludente Stundung anzunehmen, daher nur analog - aA: § 766 ZPO
pro: wird als Vollstreckungshindernis gewertet (allgemeine Vollstreckungsvoraussetzung), daher formeller Fehler
Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO): Zulässigkeit: Statthaftigkeit: Einwände gegen Vollstreckung aus Zug-um-Zug-Titeln iSv § 756 ZPO
- statthaft, wenn sich der Schuldner mit dem Einwand der Mangelhaftigkeit der ihm angebotenen Gegenleistung oder mit sonstigen materiellen Einwendungen bezüglich des titulierten Anspruches gegen die Zwangsvollstreckung wendet (Rücktritt, Anfechtung, Zurückbehaltungsrecht)
- wenn Schuldner allein rügt, dass die Gegenleistung gar nicht angeboten wurde oder sie nicht mit der aus dem Titel identisch ist, ist § 766 ZPO (allein) statthaft
-> es sollen keine Fragen des materiellen Rechts in das Erinnerungsverfahren hineingetragen werden
-> Einwände, die leicht vom Vollstreckungsorgan selbst überprüft werden können
[wenn Leistungspflicht des Gläubiger und damit Zug-um-Zug entällt, muss er einen neuen, unbedingten Titel anstrengen - Erinnerung gegen Weigerung des Gerichtsvollziehers, ohne neuen Titel zu vollstrecken, greift nicht, da Wegfall der Leistungspflicht nicht vom Gerichtsvollzieher überprüfbar]
Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO): Zulässigkeit: Statthaftigkeit: Abgrenzung zur Feststellungsklage
- Antrag: “… festzustellen, dass die Zwangsvollstreckung aus … unzulässig ist”
-> idR dürfte es aber als § 767 ausgelegt werden, da Feststellungsurteil nicht vollstreckbar wäre und auch Einstellung der Zwangsvollstreckung nach §§ 775 Nr. 1, 776 ausscheidet (erfordert vollstreckbare Entscheidung!)
-> Auslegung scheidet aus, wenn § 256 ZPO als Hauptantrag und § 767 als Hilfsantrag (Hauptantrag unzulässig, da kein Rechtsschutzinteresse bei Erhebung der Klage nach § 767) - Verbindung mit Antrag “… festzustellen, dass der titulierte Anspruch wegen … erloschen ist” möglich (§ 260 ZPO)
-> negative Zwischenfeststellungsklage, § 256 II ZPO (wenn Voraussetzungen vorliegen)
–> Vorgreiflichkeit: für § 767 (+)
–> Bedeutung über Rechtsstreit hinaus: bloße Möglichkeit, dass das zu klärende Rechtsverhältnis zwischen den Parteien über das gegenwärtige Rechtsverhältnis hinaus Bedeutung gewissen kann (+)
–> aber unzulässig, wenn als Hauptantrag gestellt (nur Annex zur Hauptklage)
Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO): Zulässigkeit: Statthaftigkeit: Zur Zahlung wiederkehrender Leistungen verurteilt
- Abgrenzung zur Abänderungsklage gem. § 323 ZPO
-> bei Änderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Titels (= bei Änderung oder Wegfall von anspruchsbegründenden oder der Höhe des Anspruches beeinflussenden Tatsachen bei einer Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen) - § 767 ZPO bei punktuellen, später eintretenden Ereignissen
-> rechtsvernichtende oder -hemmende Einwendungen (bspw. Erlass) - Verbindung gem. § 260 ZPO möglich
- Umdeutung oder Auslegung in beide Richtungen möglich
Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO): Zulässigkeit: Statthaftigkeit: Klage auf Unterlassen der Zwangsvollstreckung, Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung und ggf. Rückzahlung des bereits Beigetriebenen aus § 826 BGB (Urteilsmissbrauch)
- eigenständiger Rechtsbehelf, streng von § 767 zu unterscheiden
- Verbindung möglich, § 260 ZPO
- unklarer Antrag: § 767 ZPO als spezieller Rechtsbehelf idR vorrangig
Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO): Zulässigkeit: Statthaftigkeit: Abgrenzung zur Titelgegenklage
- Titelgegenklage statthaft, wenn Kläger (auch) die Wirksamkeit des Titels selbst angreift
- kumulativ oder alternativ zu § 767 möglich
Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO): Zulässigkeit: Zuständigkeit
- Prozessgericht des ersten Rechtszuges, § 767 I ZPO
-> auch § 795 S. 1 für andere Titel außer bei Sondervorschriften
–> Vollstreckungsbescheide gem. § 796 III ZPO (Gericht, das für Streitverfahren zuständig gewesen wäre)
–> Notarielle Urkunden gem. § 797 V ZPO Nr. 2 (allgemeiner Gerichtsstand des Schuldners, außer bei § 794 I Nr. 5 gem. § 800 III Gericht des Belegenheitsortes des Grundstücks) - örtliche und sachliche ausschließlich (§ 802 ZPO)
- Rügelose Einlassung gem. § 39 ZPO (-)
-> Rechtsgedanke des § 40 II S. 2 ZPO (Ausschluss bei unzulässiger Vereinbarung wegen ausschließlichen Gerichtsstands)
Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO): Zulässigkeit: Rechtsschutzbedürfnis
= wenn die Zwangsvollstreckung droht oder schon begonnen hat und noch nicht beendet ist
-> Drohen: ab Erlass des Titels (Vollstreckungsabsicht oder Vollstreckungsgefahr NICHT erforderlich, aA T/P)
-> Beendigung: vollständige Befriedigung des Gläubigers und (idR) Rückgabe der vollstreckbaren Ausfertigung an den Schuldner
- kein einfacherer und billigerer Rechtsbehelf: abzugrenzen ggü anderen möglichen Rechtsbehelfen, aber § 767 idR rechtsschutzintensiver
- Klauselantrag oder -erteilung nicht erforderlich, weil und wenn ein Titel existiert und jederzeit eine Klauselerteilung droht
–> unerheblich ist auch, dass noch keine Sicherheitsleistung erbracht wurde
Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO): Zulässigkeit: Rechtsschutzbedürfnis: Freigabe des gepfändeten Gegenstandes/ Verzicht auf Vollstreckung
- Rechtsschutzbedürfnis bleibt, solange der Gläubiger die vollstreckbare Ausfertigung noch in den Händen hält (dann besteht nämlich stets eine Vollstreckungsgefahr)
-> selbst wenn Schuldner Betrag unstr. und beweisbar bezahlt hat
–> selbst bei Nachweis durch Quittungen (präsent beweisbare Erfüllung) -> nach § 775 Nr. 4, 5 ZPO wird nur ein vorübergehender Vollstreckungsstopp bewirkt, § 767 ist rechtsschutzintensiver
Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO): Zulässigkeit: Rechtsschutzbedürfnis: Berufung / VU oder Vollstreckungsbescheid
- Laufende Berufung schlägt § 767
-> vor Berufungseinlegung: Wahlrecht - möglicher Einspruch schlägt § 767
-> nur dann Rechtsschutzbedürfnis, wenn Einspruch nicht mehr möglich (auch nicht über Wiedereinsetzung!)
Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO): Zulässigkeit: Rechtsschutzbedürfnis: Einwände gegen Vollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschluss
- Sofortige Beschwerde nach § 104 III S. 1 ZPO nicht vorrangig
-> nur Richtigkeit des Kostenansatzes wird überprüft, aber keine materiellen Einwendungen (wie Stundung oder Aufrechnung)
(auch bei Zuschlagsbeschluss nach § 93 ZVG, da Gründe für sofortige Beschwerde nach § 96 ZVG in § 100 ZVG abschließend aufgezählt sind)
Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO): Zulässigkeit: Rechtsschutzbedürfnis: Prozessvergleich
- allgemeine Rechtsschutzbedürfnis
- besonderes Rechtsschutzbedürfnis:
-> Einwendungen aus nachträglichen Tatsachen (verfahrensbeendigende Wirkung des Vergleichs nicht str.)
-> Auslegung des Vergleichs (verfahrensbeendigende Wirkung des Vergleichs nicht str.)
-> Anfängliche Unwirksamkeit des Vergleichs und formellen Mängeln (insb. vug-Vermerk fehlt!): alter Prozess ist mangels verfahrensbeendigender Wirkung fortzusetzen (Rspr: prozessökonomischer, das alte Verfahren fortzusetzen, daher kein Rechtsschutzbedürfnis)
-> Anfängliche Unwirksamkeit und nachträgliche Unwirksamkeit oder Wegfall der Verpflichtung (auch nur hilfsweise Geltendmachung!): Rechtsschutzbedürfnis (+) (Rspr.: hier ist einheitliche Klage nach § 767 ZPO prozessökonomischer)
Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO): Zulässigkeit: Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung des Titels
- Prüfung in Zulässigkeit:
1. Statthaftigkeit als Leistungsantrag
2. Zuständigkeit des Gerichts
3. Rechtsschutzbedürfnis
Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO): Begründetheit: Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung des Titels
= wenn der titulierte Anspruch erloschen ist oder nie bestand, die dazu führende Einwendung, sofern § 767 II, III ZPO Anwendung findet, nicht präkludiert ist und daher aus dem Titel überhaupt nicht mehr vollstreckt werden kann
(-) nicht bei teilweiser Klageabweisung
(-) bei Abtretung der titulierten Forderung
(-) Verurteilung Zug um Zug
- bei Titelgegenklage: begründet, wenn Titel selbst unwirksam
- bei § 826 BGB: von der Rechtsfolge des § 826 BGB selbst umfasst
Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO): Zulässigkeit: Sperrwirkung materieller Ansprüche durch § 767 ZPO, die im Zusammenhang mit Vollstreckung stehen (Herausgabe bereits beigetriebenen Geldes oder SEA wegen Verpfändung)
- Lit: Vorrang von § 767 bis zur Beendigung der Zwangsvollstreckung
-> Unzulässig mangels Rechtsschutzbedürfnis - Rspr: keine strenge Sperrwirkung, Klagehäufung möglich
pro: Prozessökonomie
pro: Schutzbedürftigkeit des Schuldners