VL 8: Prozessforschung I Hill&Lambert Flashcards
Denken Sie sich eine typische Fragestellung aus, die im Rahmen einer Prozess-Outcome-Studie gestellt wird
> Prozessforschung versucht, die aktiven Wirkprinzipien und Veränderungsmechanismen herauszuarbeiten
-> bsp. Hängt die Qualität der Therapiebeziehung im therapeutischen
Prozess mit dem Therapieergebnis zusammen?
Nennen Sie mindestens drei Dimensionen von Psychotherapie-Prozessmassen (nach Hill und Lambert) und je mindestens zwei Unterkategorien (Beispiele) pro genannter Dimension.
>
- Focus der Evaluation:
– Klient, Therapeut, Klient/Therapeut-Dyade, System, Supervisoren - Theoretische Basis des Prozessmasses:
- Oft basierend auf theoretischen Annahmen eines bestimmten Ansatzes,
teils aber auch schulenübergreifend und in
Basiswissenschaften fundiert. - Aspekte des Prozesses:
- Was (Inhalt) versus wie etwas gesagt/gemacht wird (Stil)
- Wie gut wird etwas gemacht (Qualität) und hält sich ein Therapeut oder
Patient an die Vorgaben (Manual)
- Bezieht sich das Rating auf beobachtbares Verhalten oder « verdeckte
Erfahrungen »
Aus welchen Perspektiven werden Prozessvariablen typischerweise eingeschätzt und mit welchen Methoden werden die Prozessvariablen aus den verschiedenen Perspektiven
typischerweise gemessen?
> Patientenperspektive: typischerweise
Fragebogenmethoden = Makroprozessmasse (beziehen sich auf ganze Therapiesitzungen)
Therapeutenperspektive: typischerweise
Fragebogenmethoden = Makroprozessmasse (beziehen
sich auf ganze Therapiesitzungen)
Beobachterperspektive: typischerweise
Ratingverfahren = oft Mikroprozessmasse (beziehen sich
auf Segmente einer Sitzung, z.B. einzelne Aussagen der
Patienten; nonverbales Verhalten der Patienten in kurzen Sequenzen etc.)
Mit welchen Entscheidungen oder Schwierigkeiten ist man konfrontiert, wenn
Prozessvariablen aus der Beobachterperspektive eingeschätzt werden?
> Studieneinheiten (« the unit studied »)?
- sollen Zeiteinheiten geratet werden (z.B. ein Rating für jede Minute der
Therapie)?
- oder Sprecherwechsel « turn takings » (jede Aussage eines Therapeuten
oder Patienten)?
- oder Sinn- bzw. Themeneinheiten?
Entscheidung muss vor dem Hintergrund der gemessenen Konstrukte
getroffen werden (z.B. Auflösung grösser bei Messung nonverbalen
Verhaltens als z.B. bei Einschätzung, welche Techniken Therapeuten
anwenden)
- Ist die Einteilung nicht objektiv gegeben (z.B. Raten von Sinneinheiten),
muss auch die Einteilung in Studieneinheiten auf Reliabilität überprüft
werden
Stimulusmaterial? Transkripte, Audio- oder Videoaufnahmen
- Heute v.a. Videoaufnahmen; Hinweise, dass Kombination Video- und
Transkripte die reliabelsten Ratings produziert
Auswahl der zu ratenden Segmente/Therapien (« sampling data from
therapy »)?
- Aus ökonomischen Gründen können selten ganze Therapien geratet werden, weshalb eine Auswahl an zu ratenden Segmenten und Therapien getroffen werden muss
- Die Frage, welche und wieviele Segmente und Therapiesitzungen ausgewählt
werden, hängt von der Fragestellung, aber auch von der Varianz der
Prozessvariablen ab:
-> Kann davon ausgegangen werden, dass eine Variable über eine Therapiestunde relativ
stabil ist, reicht die Einschätzung einer kurzen Sequenz. Fluktuiert eine Prozessvariable in
einer Therapiestunde oder im gesamten Therapieprozess, müssen viele Sequenzen aus
verschiedenen Therapiestunden eingeschätzt werden
- Mögliche Strategie nach Grawe (1999): Selektion aus natürlicher Variation
-> Hierbei werden aufgrund quantitativer Daten (z.B. den Daten aus dem
Patientenstundenbogen) gezielt z.B. erfolgreiche bzw. nicht erfolgreiche
Sitzungen für die Ratings ausgewählt und verglichen
Prozessvariablen müssen Validitätskriterien erfüllen. Welche Arten der Validität können unterschieden werden? Denken Sie sich für jede Art ein Beispiel aus.
> Augenscheinvalidität: Oberflächlich betrachtet messen die Items/Ratingskalen, was gemessen werden soll
Inhaltsvalidität: Wird der Inhalt eines Konstruktes durch die Messung
vollständig erfasst?
- Wird oft mit Expertenurteilen eingeschätzt.
- Augenschein und Inhaltsvalidität sind in der ersten Phase der
Entwicklung eines Fragebogens oder Ratingmanuals wichtig
Konstruktvalidität
- Konvergenzvalidität: Die Messdaten von Testverfahren, die dasselbe
Konstrukt abbilden, müssen hoch miteinander korrelieren
- Diskriminanzvalidität: Die Messdaten von Testverfahren, die verschiedene
Konstrukte abbilden, sollten nur gering miteinander korrelieren.
- Vorhersagevalidität (prognostische Validität): Die Messdaten korrelieren mit
Daten, die später erhoben werden
Welche Möglichkeit der Reliabilitätsüberprüfung spielt bei Prozessmassen, die mit Fragebogen erfasst werden eine wichtige und welche eine weniger wichtige Rolle?
> Reliabilität = Verlässlichkeit der Messung (hochreliable Messungen sind
nahezu frei von Zufallsfehlern)
Interne Konsistenz: Eine hohe interne Konsistenz bedeutet, dass die
verschiedenen Items, die eine Skala bilden, im Wesentlichen das Gleiche
messen (stark miteinander korrelieren; gebräuchliches Mass = Cronbachs
Alpha).
- Cronbachs Alpha macht v.a. dann Sinn, wenn die Items unterschiedliche Bereiche innerhalb eines einzelnen Konstrukts
messen
– Faustregel: Eine Skala sollte nur verwendet werden, wenn
mindestens Alpha-Werte von >0.65 erreicht werden
Andere Möglichkeit zur Realiabilitätsüberprüfung:
- Split-Half-Reliabilität (zwei Hälften des Tests vergleichen)
In Prozessforschung oft nicht relevant bzw. teils
unterwünscht:
•Hohe Re-Test-Reliabilität:
•Prozessmasse sollten sehr veränderungssensitiv sein
•Stabilität von Prozessvariablen oft nicht erwartet
Wie wird die Reliabilität von Beobachter-Ratings bestimmt?
-> Über die Bestimmung der Interraterreliablität!
> Eine Ratingskala kann nur dann sinnvoll verwendet werden, wenn verschiedene Rater dasselbe Objekt ähnlich einschätzen
und jeder Rater unterschiedliche Objekte unterschiedlich
beurteilt
> Viele verschiedene Kriterien: prozentualen Übereinstimmungen vs komplexeren Massen wie
der Intraklassenkorrelation
> Welches Mass verwendet wirdabhängig vom Skalenniveau
der Daten
> Es kann zwischen Inter-Rater-Reliabilität (mindestens zwei Rater beurteilen das gleiche Objekt) und Intra-Rater-Reliabilität
(der gleiche Rater beurteilt ein Objekt zweimal) unterschieden werden
-> häufige Indices:
- nominal/ordinal= prozentuell Übereinstimmung, cohens kappa, Rangkorrelationskoeffizienten
- intervall= Produkt-Moment-Korrelation oder Intraklassenkorreltion
Was ist ein mögliches Problem von korrelationalen Analysen in Prozess-Outcome-Studien
(Berechnung der Korrelation zwischen Prozess und Outcome-Variablen) ?
> Medikamentenmethaper: Wirkungen eines linearen und additiven Zusammenhangs zwischen Aufwand und Wirkung kann problematisch sein
responsiveness critique: In der klinischen Praxis variieren die Therapeuten ihr Verhalten aufgrund des Klientenverhaltens. Sie
stellen sich idealerweise auf die individuellen Voraussetzungen und
Bedürfnisse bei einem Klienten ein (Therapeuten sind« responsive »)
Theoretisch kann kein grosser Zusammenhang zwischen Prozess- und Outcomemassen erwartet werden
- 1. Es gibt immer mehrere Variablen, die den Outcome
beeinflussen
2. Die Variabilität von vielen Prozessvariablen ist
eingeschränkt
3. Prozessvariablen (z.B. Empathie) und Outcomevariablen
können nie perfekt gemessen werden