VL 2: Einführung Flashcards

1
Q

Was ist der Untersuchungsgegenstand der Soziologie?

A

Soziologie untersucht die soziale und gesellschaftliche Wirklichkeit des Zusammenlebens der Menschen (unter den jeweiligen „natürlichen“, sozio-technischen, sozio-kulturellen, sozio-ökonomischen und sozio-politischen Rahmenbedingungen).

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2
Q

Welches Ziel verfolgt die Soziologie?

A

zentrale Strukturen, Prozesse und Formen dieses Zusammenlebens und seiner sozialen (gemeinschaftlichen und/oder gesellschaftlichen) Prägung zu beschreiben, zu verstehen und so zu erklären.

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3
Q

Das Thomas-Theorem

A

„If men define situations as real, they are real in their consequences.“

—> „Wenn die Menschen Situationen als real definieren, so sind auch ihre Folge real.“

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4
Q

Wie entstand das Thomas Theorem?

A

William und Dorothy Thomas

—> Studie: Kinder aus unterschiedlichen sozialen Milieus in Amerika

—> Verständnis kindlicher und so allgemeiner Lebenswelten

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5
Q

Thomas-Theorem:

Deutungen bzw. Interpretations- oder Verstehensprozesse…

A

… sind subjektiv, wenn auch sozial geformt

… abhängig von Perspektiven (Ebene des Alltags sowie Kontext von Wissenschaft)

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6
Q

Thomas-Theorem:

Was ist eine Situation?

A
  1. subjektiv gedeutete Situationen
  2. objektiv identifizierbare Situationen

—> Probleme

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7
Q

Thomas-Theorem:

Zu welchen Problemen führt die Differenzierung von Situationen?

A
  1. sowohl die Feststellung der subjektiven Situationsdefinition als auch die Bestimmung der „objektiven“ Lage bleiben an Interpretationsprozesse gebunden.
  2. Was gehört zur Situation? (z.B. VL: digital oder Präsenz, welche Rolle spielen Sitzplatz und persönliches Wohlbefinden?)
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8
Q

Thomas Theorem:

Drei Elemente jeder Situation

A
  1. objektive Bedingungen und Strukturen
  2. subjektive Handlungsmotive und Einstellungen
  3. Deutung der objektiven Bedingungen und das subjektive Bewusstsein von den eigenen Einstellungen zu diesen
    (4. Zusammenhang/Verhältnis dieser Deutungen)
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9
Q

Thomas Theorem:

Drei Elemente jeder Situation in anderen Worten

A
  1. Strukturen/strukturelle Rahmenbedinungen
  2. Handlungen/Handeln
  3. Deutungen/Interpretationen/Erwartungen
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10
Q

Welchen Zusammenhang impliziert das Thomas Theorem in drei Elementen jeder Situation?

A

Zusammenhang der Deutung sozialer Situationen mit:

  1. dem diesen vorausgehenden Handeln
    (Vergangenheitsbezug)
  2. dem in diesen sich vollziehenden Handeln
    (Gegenwartsbezug)
  3. dem auf dieses bezogene und dem aus diesem folgenden Handeln
    (Zukunftsbezug)
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11
Q

Was impliziert das Thomas-Theorem als soziologische Erklärungsperspektive?

A
  • Zusammenhang der drei Zeitdimensionen (Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft)
  • Zusammenhang von Handeln und Struktur (von eher situativen und eher sich stabil/dauerhafter durchhaltenden Aspekte einer Situation)
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12
Q

Welche Folgerungen kann man aus dem Thomas-Theorem schließen?

A
  1. Menschen handeln stets auf der Grundlage der Bedeutungen, die bestimmten Dingen für sie zukommen (strukturierend, prägend)
  2. Diese Bedeutungen sind soziale Produke, denn sie entstehen in Interaktionen mit anderen. (sozial und historisch konstruiert)
  3. In sozialen Interaktionsprozessen werden diese Bedeutungen immer wieder modifiziert und/oder es entstehen neue Bedeutungen. (strukturiert/geprägt)
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13
Q

Inwiefern gelten die aus dem Thomas-Theorem gezogenen Folgerungen auch für soziologisches Denken in Bezug auf die soziale Logik?

A

Zusammenhang d.h. wechselseitiges Bestimmungsverhältnis von:

  • sozialen Strukturen (ökonomisch, politisch, kulturell = objektive Bedingungen)
  • Deutungsmustern (individuell, kollektiv)
  • Handeln und handelndem Zusammenwirken
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14
Q

Inwiefern gelten die aus dem Thomas-Theorem gezogenen Folgerungen auch für soziologisches Denken in Bezug auf die soziologische Analyse?

A
  1. für die soziologische Analyse gibt es nicht die eine „objektive“ Wirklichkeit
    —> Definition der Situation ist zentral
    —> d.h. nicht, dass es keine materiale Wirklichkeit gäbe
    —> sehr Unterschiedliches kann als „Wirklichkeit“ sozial ausschlaggebend sein
  2. Deshalb sind nicht nur „objektive“ Daten von Interesse, sondern auch „Verhaltensdokumente“
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15
Q

Inwiefern gelten die aus dem Thomas-Theorem gezogenen Folgerungen auch für soziologisches Denken in Bezug auf die post- bzw. antipositivistische Wissenschaftsphilosophie?

A
  1. Theorien sind empirisch unterdeterminiert
    —> Beobachtungsdaten können mit mehreren, einander durchaus auch widersprechenden Theorien vereinbar sein
  2. empirische Beobachtungen sind theoriegeladen
    —> keine Beobachtung ist voraussetzungslos und Beobachtungen verändern sich entsprechend der gewählten Theorie
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16
Q

Welche Kontroversen ergeben sich aus den Folgen für die post- bzw. antipositivistische Wissenschaftsphilosophie?

A
  1. Das WIE der Überprüfung (Verifikation - Falsifikation)
    —> Heute liegt der Konsens bei Falsifikation denn endgültiges Wissen existiert nicht
    —> Imperativ zur Dauerreflexion
  2. WAS ist eine Falsifikation und welche Reichweite hat sie?
    —> Beurteilungsabhängig
  3. jede Falsifikation ist ihrerseit theoriegeleitet und somit nicht unabhängig
    —> welche „Basissätze“ (Popper)
  4. die alltägliche Vorverstandenheit der sozialen Welt (vgl. Giddens: doppelte Hermeneutik)
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17
Q

Welche Abgrenzungen der Soziolgie kann man aus den Kontroversen ziehen bzw. was ist Soziologie nicht?

A
  1. vs. Normativität
  2. vs. unmittelbare Anwendungsbezüge
  3. vs. ontologische Naivität (keine Abbildung der Wirklichkeit)
  4. vs. Widerspiegelung des Alltags
  5. vs. reine Beschreibung
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18
Q

Welche Abgrenzungen der Soziolgie kann man aus den Kontroversen ziehen bzw. was ist Soziologie?

A
  1. sozio-kognitive Perspektivität (Standortgebundenheit)
  2. sozio-historische Konstruktivität (Begriffsgebundenheit)
  3. soziale Relationalität

DESHALB:
Soziologie als multiparadigmatische Wissenschaft

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19
Q

Welche Absagen sind mit der Soziologie als mulitparadigmatische Wissenschaft verbunden?

A
  1. vs. Wahrheitsfetischismus

2. vs. Praxisfetischismus

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20
Q

„Die erste Stufe der Weisheit in der Soziologie ist, dass die Dinge nicht sind, was sie scheinen.“

A

Peter L. Berger

vs. Wahrheitsfetischismus

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21
Q

„Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie.“

A

Kurt Lewin

vs. Praxisfetischismus

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22
Q

Welche Konsequenzen haben die Eigenschaften der Soziologie für das soziologische Denken?

A

KONTINGENZ UND KONSTRUKTIVITÄT VON THEORIEN

  1. aus der Perspektivität und Relationalität und damit Historizität von Theorien und Beobachtungen folgt keineswegs die Beliebigkeit von Gegenstandbezügen wie Theorieansätzen, sondern lediglich die Frage ihrer Gegenstandsangemessenheit
  2. Bewährung der Theorien statt Antirealismus
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23
Q

Wieso ist die Soziologie eine multiparadigmatische Wissenschaft?

A
  1. Pluralität soziologischer Theorien
  2. Pluralität des Erklärungsprofils und -anspruchs soziologischer Theorien
  3. Pluralität des Verhältnisses von theoretischer und empirischer Analyse
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24
Q

Welche Argumente kann man dem Kritikpunkt des „Theorienpluralismus“ welcher der Soziologie vorgeworfen wird entgegenbringen?

A
  • wider die Einheitsphantasien:
    Einheit ist kein Wert an sich
  • falsches Bild anderer Disziplinen leitend
  • politische Implikationen von Einheitsphantasien
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25
Q

ontologisch-metaphysische Korrespondenztheorie

A

= mittelalterlich-religiöses Weltbild:

„umum, verum, bonum“ (das Eine, das Gute und das Wahre)

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26
Q

Was sind Theorien?

A

stets Ausdruck einer Perspektive

sie erheben Ansprüche

sie setzen Schwerpunkte

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27
Q

Welche Ansprüche erheben Theorien?

A
  • Beschreibungsansprüche
  • Interpretations-/Deutungsansprüche
  • Erklärungsansprüche
    (kausal - verstehend - „ursächlich erklärend“)
28
Q

Inwiefern setzen Theorien Schwerpunkte?

A

Theorie - Empirie

Struktur - Handeln (Thomas-Theorem)

29
Q

Welche 4 Perspektiven müssen in der VL beachtet werden?

A
  1. Unterscheidung theoretischer Reflexionsebenen
    Theorie - Metatheorie
  2. Unterscheidung von Ebenen soziologischer Theorien
    Sozialtheorie - Gesellschaftstheorie - Gegenwartsanalyse (Zeitdiagnose)
  3. alternative theoretisch-konzeptionelle Ansätze
    Refelxionsperspektiven
  4. unterschiedliche Perspektiven der Analyse sozialer Wirklichkeit
30
Q

Was ist der Unterschied zwischen Theorien und Metatheorien?

A

Theorien:
analytische Instrumente zur Analyse der sozialen Welt/des Sozialen

Metatheorien:
analytische Instrumente zur Analyse dieser Theorien

31
Q

Welche Theorietypen gibt es?

A
  1. deduktiv
  2. induktiv
  3. abduktiv
32
Q

deduktive Theorien

A

= aus Generalisierungen werden Erklärungen für empirische Einzelfälle abgeleitet

makro —> mikro

33
Q

induktive Theorien

A

= aus empirischen Einzelfällen werden Generalisierungen entwickelt

mikro —> makro

34
Q

abduktive Theorien

A

= Hypothesen werden auf der Basis empirischer Einzelfälle entwickelt und müssen sich zugleich im Blick auf empirische Einzelfälle bewähren, so dass sich im Zuge eines solchen Hin-und-Her dann Generalisierungen entwickeln können, die aber stets auf empirische Bewährungen hin angelegt sind

35
Q

Welche Typen der Überprüfung von Theorien gibt es?

A

Verifikation

Falsifikation

kontinuierliche Bewährung

36
Q

Welche Ebenen soziologischer Theorien gibt es?

A

Sozialtheorie

Gesellschaftstheorie

Gegenwartsanalyse

(diese werden immer spezifischer)

37
Q

Sozialtheorie

A

= Grundannahmen über die Verfassung „des“ Sozialen, d.h. über allgemeine Strukturen sozialer Verhältnisse

38
Q

Gesellschaftstheorie

A

= historisch-spezifische Strukturverhältnisse des Sozialen

39
Q

Gegenwartsanalyse

A

= spezifische Veränderungstendenzen in einer konkreten Gegenwart

40
Q

Welche alternativen theoretisch-konzeptionellen Ansätze gibt es?

A
  • Objektivismus
  • Relationismus
  • Subjektivismus
41
Q

Welche Perspektiven der Analyse sozialer Wirklichkeit gibt es?

A
  1. Makro-Perspektive
  2. Meso-Perspektive
  3. Mikro-Perspektive
42
Q

Mikro-Perspektive

A

= das Zusammenspiel von Akteuren und Kleingruppe

= vom einzelnen Akteur aus beobachtend

(Individuum, Interaktion, Dyade, Triade)

43
Q

Meso-Perspektive

A

= das Eingebundensein (die Verflechtungen) von Menschen in Institutionen und Organisationen

= von gesellschaftlichen Teilphänomenen aus beobachtend

(Organisation, Institution, Schule, Betrieb)

44
Q

Makro-Perspektive

A

= die (welt-)gesellschaftlichen Strukturen und Prozesse und Rahmenbedingungen

= von allgemeinen Strukturen aus beobachtend

45
Q

Ontologie

A

= Wie ist unsere Wirklichkeit/das „Sein“ beschaffen?

46
Q

Epistemologie

A

= Wie ist unser Wissen beschaffen?

47
Q

nomologisch

A

= theoretisch, durch Aussagen herleitbar

48
Q

Entität

A

= konkreter oder abstrakter Gegenstand

49
Q

Welche Arten des Verstehens gibt es laut Max Weber?

A
  1. partielle Kongruenz
    —> Erklären und Verstehen überschneiden sich partiell
  2. Komplementarität
    —> Erklären und Verstehen sind gegensätzlich/ergänzen einander
  3. Vorrang des Verstehens vor dem Erklären
    —> verstehende Soziologie
50
Q

Welche Ansätze können in Bezug auf Verstehen und Erklären verfolgt werden?

A
  1. deduktiv-nomologisches Erklärungsmodell
  2. interpretativer Ansatz
  3. doppelte Hermeneutik
  4. anti-dualistische Interpretationskonzeption
51
Q

deduktiv-nomologisches Erklärungsmodell

A

= alles muss natur- oder sozialwissenschaftlich erklärt werden

52
Q

interpretativer Ansatz

A

= durch verstehende, hermeneutische Mittel erklären

53
Q

doppelte Hermeneutik

A

= soziales Handeln ist schon vorinterpretiert

—> wir interpretieren die Interpretation

54
Q

anti-dualistische Interpretationskonzeption

A

= Trennung von Natur- und Sozialwissenschaften ist falsch

—> wir müssen alles interpretieren

55
Q

dreigliedriges Erklärungsmodell nach Esser

A
  1. Rekonstruktion der Situation und der subjektiven Definition
  2. Herstellung und Anwendung einer allgemeinen Mikrotheorie des Handelns (Erklären)
  3. Erklärung der kollektiven Wirkungen/Folgen des Handelns
56
Q

Worum geht es bei der Debatte zwischen Konstruktivismus und Realismus?

A

um die Frage nach Objektivität und Wahrheit

57
Q

Was bedeutet Realismus?

A

Es gibt EINE Wirklichkeit die „einfach da“ ist, wir befinden uns in dieser und können sie beobachten.

58
Q

Was bedeutet Konstruktivismus?

A

Wir selbst erzeugen unsere Wirklichkeit.

Sie kann somit nicht objektiv beobachtet werden.

59
Q

Welche Arten des Realismus gibt es?

A
  • ontologischer Realismus
  • epistemologischer Realismus
  • kritischer Realismus
60
Q

ontologischer Realismus

A

= metaphysischer Realismus

= Wirklichkeit existiert unabhängig von dem, was Menschen darüber denken

61
Q

epistemologischer Realismus

A

= erkenntnistheoretischer Realismus

= Phänomene in der Realität so wahrnehmen wie sie sind
= Zugang zur Wirklichkeit ist immer gleich

62
Q

kritischer Realismus

A

= eine reale Welt die der sinnlichen Wahrnehmung entspricht existiert, ist aber nicht unmittelbar erkennbar

= Konsens zwischen epistemologischem und ontologischem Realismus

63
Q

Welche These wird im Konstruktivismus verfolgt?

A

die Wirklichkeit bzw. Bereiche der Wirklichkeit werden sozial fabriziert

64
Q

Welche Arten des Konstruktivismus gibt es?

A
  • moderater Konstruktivismus

- radikaler Konstruktivismus

65
Q

moderater Konstruktivismus

A

= bestimmte Typen von Ereignissen/Entitäten sind konstruiert

66
Q

radikaler Konstruktivismus

A

= alles ist fabriziert