VL 10 Flashcards
Voraussetzungen für eine normale Sprachentwicklung
- Gehör – eigene Laute und Laute der Umgebung wahrnehmen
- Sehen – Mundbewegungen mit Gehörtem koordinieren und Begriffe mit sichtbaren Dingen verbinden
- Körperwahrnehmung – Eigenwahrnehmung der Sprechorgane entwickeln
- allgemeine Motorik – Mundbewegungen in Gang setzen und mit Gehörtem koordinieren
- kognitive Entwicklung – Dinge sprachlich unterscheiden zu können, Begriffe (Symbole) bilden, erinnern und zuordnen
Umweltbedingungen, Reizangebote und das sprachliche Vorbild - Voraussetzung, um Sprache als Kommunikationsinstrument ausbilden und systematisch ausbauen zu können
In welchem Alter erste Wörter? Lernen der Sprache in biologischen Zeitfenstern
- Monat -> von affektiver zu kognitiver Dimension
Lernen der Sprache in biologischen Zeitfenstern
- erster wichtiger Abschluss mit ca. 5 Jahren
- Grundzüge der sprachlichen Entwicklung bewältigt (Grammatikregeln; Konstruktion sinnvoller, komplexer Sätze; Erkennen und Korrektur inkorrekter Satzformen)
- Problem: ungestörter Sprachlernprozess danach nicht mehr möglich (biologische Wurzeln des Spracherwerbs) (teachable moments: Defizite und Verzögerungen, wenn effektivste Lernzeit nicht genutzt wird)
2 theoriefamilien zum Spracherwerb
outside-in Theorien
- keine angeborenen Sprachvoraussetzungen
- Annahme genereller Lernmechanismen
- zwei Varianten: sozial-interaktive und kognitive Theorien
inside-out Theorien
- Kind ist mit angeborenen sprachspezifischen Fähigkeiten ausgestattet
- Sprachlernen unterscheidet sich von anderen Lernprozessen
- zwei Versionen: starke Version: Nativismus; schwache Version: basiert auf empirischen Ergebnissen der Säuglingsforschung
Outside-In Theorien
…als Folge von Umwelterfahrungen
wesentliche Lernvorgänge (behavioristische Ansätze)
- Lernen am Erfolg: Kind erhält von der Mutter positive Verstärkung (Aufmerksamkeit, Lob) für seine Sprachäußerungen. Annahme: Befolgen richtiger Regeln formt Sprachlernprozess
- Imitation/Nachahmung
Problem – Prozesse können den Vorgang des Spracherwerbs alleine nicht erklären
- Aufbau des grammatikalischen Systems und der Verständigungsfähigkeit
- für den Spracherwerb wesentliche Eigenkonstruktionen des Kindes nicht zu erklären
Outside-In Theorien - Varianten
Kognitivistischer Ansatz
- zeitgleich erworbene kognitive Fähigkeiten bilden die Basis für den Spracherwerb
- Erlernen der Sprache ist dem Erlernen von Denkprozessen analog (z.B. Piaget)
Interaktionistischer Ansatz
- Sprache erlernt durch Handeln in sozialen Interaktionen (z.B. Bruner)
Sprache als Kommunikationsmittel
- Ausdruck der eigenen Intentionen und Wünsche („Fenster zum kindlichen Geist“)
- Verständnis der sozialen Umwelt
- Vorhersagen über weitere Entwicklungsmöglichkeiten
Inside-Out-Theorien
Spracherwerb als biologisch fundierter, eigenständiger Phänomenbereich.
- Spracherwerb ist humanspezifisch
- Fähigkeit zum Spracherwerb ist beim Menschen sehr robust (auch bei eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten)
- Sprachleistungen in der Kindheit werden nicht in gleicher Weise von denselben Hirnregionen vermittelt wie im Erwachsenenalter
Inside-Out-Theorie: linguistische Spracherwerbstheorien
Nativistischer Ansatz (z. B. Chomsky)
❑ Kinder sind biologisch vorbereitet, Sprache zu erwerben
❑ Sprachvermögen angeboren
❑ Grundstruktur der Sprache ist quasi „im Hirn angelegt“
❑ Spracherwerbsmechanismus (LAD = angeborenes kognitives Modul): angeborenes grammatischen Sprachwissen (Universalgrammatik); erlaubt den Erwerb jeder natürlichen Sprache
(individuelle) Umwelt relativ unbedeutend, aber Auslöser des Spracherwerbsprozesses
Pro und Contra Nativismus
Pro
❑ (fast) alle Kinder lernen Sprache, andere Arten nicht
❑ es scheint kritische Phasen zu geben
❑ Kinder „erfinden“ Zeichensysteme mit grammatikalischer Struktur
Contra
❑ es gibt keine universellen Grammatikregeln
❑ Fokus auf syntaktische Entwicklung, das zentrale Element Pragmatik wird vernachlässigt
Inside-Out-Theorie: Sprachentwicklungspsychologische Theorien
Basis: empirische Säuglingsforschung
interaktionistische Sichtweise: biologische und umweltbedingte Faktoren wirken zusammen
- Vordergrund: Passung zwischen inneren und äußeren Bedingungen im Spracherwerb
- - Wichtigkeit von Prozessen der gemeinsamen Aufmerksamkeit, Ammensprache (infant-directed speech)
- - Steigbügelhaltertheorien (bootstrapping theories) (z.B. welche bereits erworbenen Konzepte/Kompetenzen unterstützen Grammatikerwerb?)
Fazit Inside-Out und Outside-In
Sprache ist:
- kein Objekt, das internalisiert werden muss
- kein Prozess, der ohne Input von außen verlaufen kann
- eine besondere Form zu handeln, die genetisch im Entwicklungssystem angelegt ist, aber Input aus der Umwelt benötigt (Kind wächst über den affektiven Interaktionsprozess mit der Mutter in dieses Handeln hinein)
→ Sprachentwicklung:
- kontinuierlicher Prozess
- paralleler Erwerb von Komponenten/Wissenssysteme
Aufgaben der Sprachentwicklung
(vorbei ziehender) Lautstrom der Umweltsprache und relevante Merkmale der Situation müssen gefiltert, verarbeitet und untergliedert werden sowie Regeln abgeleitet werden
Spracherwerb Definition (?)
Erwerb von „linguistischer“ und „kommunikativer“ Kompetenz (Grimm, 2002)
1. Beherrschung des sprachlichen Ausdrucksmittels (grammatisches Regelsystem)
2. sich anderen Menschen verständlich machen
Paralleler Erwerb: Aspekte greifen ineinander (keiner ist dem anderen logisch vorgeordnet)
Prosodische Kompetenz (mit Beispielen)
Erkennen und Produktion von Rythmik und Melodie der Spracheinheiten
❑ Tonhöhe, Länge der Sprachlaute, Pausen…
❑ erste erworbene Kompetenz (erleichtert Einstieg in grammatikalisches System)
-> schon 4 Tage alte Säuglinge nutzen prosodische Merkmale, um Muttersprache von Fremdsprache zu differenzieren (Präferenz für die Muttersprache (Mehler et al., 1988))
linguistische Kompetenz
gespeist aus zwei Quellen
- Wörtern: willkürliche Zeichen, die im Gedächtnis gespeichert werden (Lexikon/Semantik)
- regelgeleiteten Teilsystemen der Phonologie, Morphologie und Syntax
Interaktion beider Quellen
❑ keine Sätze ohne Wörter
❑ viele Wörter ergeben ohne regelhafte Verknüpfungen keinen (grammatikalischen) Sinn
Fazit:
- erworbenes Wissen um phonologische, morphologische und lexikalisch-semantische Kategorien und Regeln erlaubt
-> verstehen und produzieren unendlich vieler neuer
Sätze
„von endlichen Mitteln einen unendlichen Gebrauch zu machen“