Versuch und Rücktritt Flashcards

1
Q

Vollendung

vs.

Beendigung

A

tritt in dem Moment ein, in dem der Täter alle im Gesetz genannten Tatbestands-merkmale eines Delikts verwirklicht hat

vs.

schließt die Rechtsgutsverletzung materiell ab: Beendigung liegt in dem Moment vor, in dem das strafbare Unrecht seinen Abschluss gefunden hat

-> Auseinanderfallen vor allem bei Dauerdelikten und Delikten mit überschießender Innentendenz

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2
Q

Strafgrund des Versuchs

A
  1. Subjektive Theorie: mit dem Versuch betätigt der Täter bereits einen rechtsfeindlichen Willens
    con: das Gesetz erfordert ein unmittelbares Ansetzen als objektive Rechtsgutsgefährdung
  2. Objektive Theorie: im Versuch liegt bereits eine Gefährdung eines geschützten Rechtsgutes
    con: kann nicht erklären , warum aus § 23 III der untaugliche Versuch strafbar ist, da bei diesem eine objektive Rechtsgutsgefährdung nicht vorliegt
  3. Objektiv-subjektive (Eindrucks-)Theorie: Strafgrund liegt darin, dass der objektiv betätigte rechtsfeindliche Wille dazu geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsordnung zu erschüttern
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3
Q

Versuchsstrafbarkeit (Prüfung)

A

I. Vorprüfung
1. Nichtvollendung der Tat
Feststellung, dass die Tat nicht oder zumindest nicht zurechenbar vollendet wurde.
2. Strafbarkeit des Versuchs
Feststellung, dass der Versuch strafbar ist, weil es sich entweder um ein Verbrechen handelt oder bei Vergehen die Versuchsstrafbarkeit besonders angeordnet wurde (§§ 23 I, 12 StGB).
II. Tatentschluss
1. „Vorsatz“ hinsichtlich aller Merkmale des obj. Tatbestands
Prüfung, ob die Vorstellung des Täters darauf gerichtet war, einen Tatbestand obj. zu erfüllen.
2. Ggf. besondere subj. Merkmale
III. Unmittelbares Ansetzen
Prüfung, ob der Täter zur Tatbestandsverwirklichung unmittelbar angesetzt hat (§ 22 StGB).
IV. Rechtswidrigkeit
V. Schuld
VI. Persönlicher Strafaufhebungsgrund: Rücktritt nach § 24 StGB

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4
Q

Untauglicher Versuch

A

der Plan des Täters kann objektiv von vornherein nicht zur Tatbestandsverwirklichung führen:

  1. Mangelnde Eignung des Tatobjekts
  2. Mangelnde Eignung des Tatmittels
  3. Str: Mangelnde Eignung des Tatsubjekts
    - > grds. strafbar (§ 23 III)

Unterfälle:

a. Grob unverständiger Versuch: ein solcher Versuch, bei dem der Täter eine völlig abwegige Vorstellung von ge-meinhin bekannten naturgesetzlichen Kausalzusammenhängen hat (mit Luftgewehr auf Flugzeug schießen)
- > strafbar, aber Milderung möglich (§ 23 III)

b. irrealer Versuch: der Täter versucht sein tatbestandliches Ziel mit irrealen, der menschlichen Beherrschung entzogenen Mitteln zu erreichen (es fehlt am rechtserschütternden Eindruck der Allgemeinheit)
- > straflos

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5
Q

Wahndelikt

A

der Täter geht beim bloßen Wahndelikt irrig davon aus, die (von ihm richtig erkannten) tatsächlichen Umstände den Tatbestand einer Verbotsnorm erfüllen, die es aber nicht oder nicht so gibt

  1. umgekehrter Verbotsirrtum (Annahme, Ehebruch sei strafbar)
  2. umgekehrter Subsumtionsirrtum (Annahme, Wegnahme eigener, aber verliehener Sachen sei bereits ein Diebstahl)
  3. umgekehrter Erlaubnisirrtum (zu enge Auslegung eines Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrundes)
    - > Straflos (Art 103 II GG)
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6
Q

Abgrenzungsprobleme: Untauglicher Versuch vs. Wahndelikt

A
  1. Fehlvorstellung über normative Tatbestandsmerkmale: Genaue Prüfung, ob sich Irrtum auf eine rechtliche oder eine tatsächliche Komponente bezieht
  2. Falsche Auslegung eines TB-Merkmals: bei falscher Rechtsvorstellung liegt nach hM ein Wahndelikt vor (Täter stellt sich irrig einen Tatbestand vor, der so nicht existiert)
  3. Fehlvorstellung über die Tauglichkeit des Tatsubjekts: strafbarer untauglicher Versuch (hM)
    pro: Irrtum bezieht sich auf tatsächliche Umstände, die besondere Täterqualität begründen
    pro: Umkehrprinzip: Weil ein Irrtum über die tatsächlichen Voraussetzungen der besonderen Pflichtenstellung den Täter nach § 16 I 1 StGB entlastet, muss ihn der umgekehrte Fall belasten und zum untauglichen Versuch führen
    aber pro Straflosigkeit:
    pro: Begrenzung der Sonderdelikte durch Gesetzgeber, die durch bloße subjektive Vorstellung nicht erweitert werden soll
    pro: Nur der Täter, der die Sonderstellung innehat, kann dem Rechtsgut tatsächlich gefährlich werden
    con: Vertrauen Dritter und der Allgemeinheit kann auch erschüttert sein, wenn die Sonderstellung nach innen wie nach außen (wenn auch nur zum Schein) besteht
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7
Q

Tatentschluss

A

beinhaltet den endgültigen* Handlungswillen zur Verwirklichung aller den jeweiligen objektiven Tatbestand ausfüllenden Umstände sowie die deliktspezifischen subjektiven TB-Merkmale
* die Entscheidung über das “Ob” der Tat muss definitiv gefallen sein

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8
Q

Tatentschluss vs. Tatgeneigtheit

A

Tatgeneigtheit: wenn der Täter die Tatbestandverwirklichung zwar in Betracht zieht, darüber aber noch nicht endgültig entschieden hat.
Dagegen liegt aber ein hinreichender (vorbehaltsloser) Tatentschluss vor, wenn der Täter seinen Tatent-schluss auf bewusst unsicherer Tatsachengrundlage trifft oder sich einen Rücktritt vorbehält

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9
Q

Unmittelbares Ansetzen

A

Unproblematisch bei Teilverwirklichung des TB

  • Ansonsten:
    1. Sphärentheorie: Zeitpunkt, in dem der Täter in die Schutzsphäre des Opfers eingedrungen ist und zwischen Tathandlung und ersehntem Erfolg ein enger zeitlicher Zusammenhang besteht
    2. Theorie der “Feuerprobe”: wenn der Täter die Schwelle zum „jetzt geht’s los“ überschritten, sein Tatplan also die „Feuerprobe der kritischen Situation“ bestanden hat
    3. Gefährdungstheorie: der Täter bereits in ein Stadium gelangt ist, in dem das geschützte Rechtsgut aus seiner Sicht unmittelbar gefährdet erscheint
    4. Zwischenaktstheorie: wenn zwischen dem Verhalten des Täters und der TB-Verwirklichung keine wesentlichen Zwischenschritte mehr erforderlich sind, so dass sich das Geschehen als Einheit darstellt
    5. und vorzugswürdig: Kombination subjektiver und objektiver Elemente: wenn subjektiv die Schwelle zum „Jetzt geht´s los“ überschritten und obj. eine Handlung vorgenommen wurde, die ohne wesentliche Zwischenschritte in die Tatbe-standsverwirklichung münden sollte
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10
Q

Erfolgsqualifizierter Versuch

vs.

Versuch der Erfolgsqualifikation

A

I. Beim erfolgsqualifizierten Versuch wurde das Grunddelikt versucht, dabei wurde (zumindest fahrlässig) der qualifizierte Erfolg herbeigeführt.

II. Beim Versuch der Erfolgsqualifikation sind zwei Konstellationen zu unterscheiden: Bei der ersten Konstellation wurde das Grunddelikt vollendet, die vom Täter aber zumindest billigend in Kauf genommene schwere Folge ist nicht eingetreten. In der zweiten Konstellation bleibt auch das Grunddelikt im Versuchsstadium stecken, die schwere Folge ist auch hier wieder ausgeblieben.

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11
Q

Streit: Erfolgsqualifizierter Versuch

A

(1. Ansicht: Ein fahrlässiger Versuch ist nicht möglich. Ein Versuch erfolgsqualifizierter Delikte kommt daher nur bei einer vorsätzlichen, nicht aber bei einer fahrlässigen Herbeiführung der schweren Folge in Betracht
con: Grunddelikt und Folge müssen als Einheit betrachtet werden. Eine Haftung für den Erfolgseintritt, trotz insofern fehlenden Vorsatzes wird daher durch § 11 II i.V.m. § 18 vorgeschrieben. Zudem geht bereits von dem Versuch des Grunddelikts eine besondere Gefährlichkeit aus)???

  1. Ansicht: Unabhängig von der Struktur des Grunddelikts liegt ein erfolgsqualifizierter Versuch vor, wenn sich die dem Grunddelikt anhaftende Gefahr in der schweren Folge realisiert hat
    con: Knüpft der Tatbestand an die spezielle Gefährlichkeit des vorsätzlich herbeigeführten Erfolgs des Grunddelikts an, so wäre es systemwidrig trotz Ausbleiben dieses Erfolgs die Versuchsstrafbarkeit zu verschärfen
  2. Ansicht: Es ist danach zu differenzieren, ob der qualifizierende Erfolg mit der Tathandlung verknüpft ist oder auf dem Erfolg des Grunddelikts aufbaut. Nur im ersten Fall ist ein erfolgsqualifizierter Versuch möglich, da nur dort überhaupt die Möglichkeit besteht, dass die schwere Folge auch eintritt. Bei einer Anknüpfung an den Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs des Grunddelikts kann schon sachlogisch die schwere Folge nicht eintreten, da für den Versuch gerade charakteristisch ist, dass der Eintritt des Taterfolges ausbleibt. Ansonsten kann lediglich aus dem Versuch des Grunddelikts (ggf. in Verbindung mit einem Fahrlässigkeitsdelikt) bestraft werden.
    con: die besondere Gefährlichkeit des Grunddelikts verwirklicht sich bei allen Versuchsvarianten.
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12
Q

Versuch bei Qualifikationsdelikten / Regelbeispielen

A

a. es liegt in der Verwirklichung eines Qualifikationsmerkmals nur dann ein unmittelbares Ansetzen auch schon zum Grunddelikt, wenn dieses in unmittelbarem Fortgang des Geschehens verwirklicht werden sollte
b. im umgekehrten Fall des unmittelbaren Ansetzens zum Grunddelikt liegt aber nicht schon deshalb ein Versuch der Qualifikation, weil der Tatentschluss des Täters darauf gerichtet war

bei Regelbeispielen entsprechend: es ist zu fragen, ob mit Beginn der erschwerenden Umstände auch schon ein Versuch des Grunddeliktes besteht

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13
Q

Unmittelbares Ansetzen bei abgeschlossenem Täterhandeln

A

s. Passauer Giftfalle

  1. Allgemeine Ansatzformel: Versuch beginnt erst mit der konkreten Gefährdung des Rechtsguts gemäß dem Täterplan, also mit der nach Tätervorstellung erforderlichen Mitwirkungshandlung des Opfers
    con: Relevanz des genauen Zeitpunkts der Gefährdung nicht mehr gegeben, wenn der Täter das Geschehen aus seinen Händen gegeben hat
    con: Täter kann diesen Zeitpunkt oftmals (etwa bei Verlassen des Tatorts) gar nicht präzisieren
  2. Entlassungstheorie: unmittelbares Ansetzen bei abgeschlossenem Täterhandeln wenn a) keine wesentlichen Zwischenakte mehr erforderlich sind oder b) - auch vor Eintritt der konkreten Gefährdung - der Täter den weiteren Geschehensablauf bewusst aus der Hand gegeben hat
    con: Versuchsbeginn wird zu weit in das Vorbereitungsstadium vorgelagert und untergräbt das Unmittelbarkeitskriterium des § 22
    con: Unklarheit, wann “Entlassen aus dem Herrschaftsbereich” vorliegt
  3. Vermittelnde Ansicht: Versuch kann schon dann beginnen, wenn der Täter nach seiner Vorstellung alles für die Erfolgsherbeiführung Erforderliche getan hat, ohne dass es zu einer akuten Rechtsgutsgefährdung kommen muss - Gefährdung müsste dann aber zeitnah gem. Tatplan eintreten
    a. Hat der Täter sichere Kenntnis um das Erscheinen/Mitwirken des Opfers, liegt eine unmittelbare Gefährdung bereits mit dem Abschluss der Tathandlung vor
    b. Hält der Täter das Erscheinen/Mitwirken lediglich für möglich oder sogar unwahrscheinlich, beginnt der Versuch erst mit dem Erscheinen des Opfers und dem unmittelbar bevorstehenden Mitwirken
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14
Q

Streit: unmittelbares Ansetzen beim Versuch des unechten Unterlassungsdelikts

A

Ansicht 1: Versuchsbeginn in dem Zeitpunkt, in dem der Garant die erste zur Erfolgsabwendung taugliche Maßnahme unterlässt
con: Versuchsbeginn wird zu weit vorverlagert: Ist erst die erste Rettungsmöglichkeit verstrichen, erscheint das Tatobjekt regelmäßig noch nicht unmittelbar gefährdet. Außerdem gelangt man so zu einer strengeren Haftung gegenüber den im Unwertgehalt parallel liegenden Begehungsdelikten, bei denen das Tatobjekt bei Versuchsbeginn regelmäßig bereits unmittelbar gefährdet erscheint.

Ansicht 2: Versuchsbeginn in dem Augenblick, in dem der Garant die letzte zur Erfolgsabwendung taugliche Maßnahme ungenutzt verstreichen lässt
con: Versuchsbeginn wird zeitlich zu weit nach hinten verlagert: Ein Rücktritt vom Unterlassungsversuch wäre nicht mehr denkbar. Überhaupt lässt diese Ansicht für einen Unterlassungsversuch nur einen engen Raum: der Unterlassungsversuch wäre nur noch als untauglicher oder fehlgeschlagener Versuch denkbar.

Ansicht 3: vermittelnder Standpunkt (hM) spätestens, wenn das Tatobjekt unmittelbar gefährdet erscheint. Vergibt der Täter zuvor aber die Möglichkeit eines rettenden Eingriffs und gibt das Geschehen “aus der Hand”, so liegt darin bereits das unmittelbare Ansetzen zum Unterlassungsdelikt

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15
Q

Streit: Unmittelbares Ansetzen bei Mittäterschaft

A
  1. Einzellösung: für jeden Mittäter gesondert festzustellen, ob er bereits mit seinem Beitrag unmittelbar zur Tat angesetzt hat
    con: Wenn ohnehin jeder Tatbeitrag eines Mittäters dem anderen als eigenes Handeln zuzurechnen ist, dann erscheint es wenig sinnvoll, den Versuchsbeginn für jeden Mittäter gesondert festzustellen. Insoweit widerspricht die Einzellösung gerade der Struktur der Mittäterschaft. Außerdem führt die Lösung zu sachwidrigen Ergebnissen: Derjenige, der seinen Tatbeitrag im Vorfeld der eigentlichen Tatausführung erbringt, ist schon in einem Moment wegen Versuchs strafbar, in dem eine konkrete Gefahr für das Tatobjekt nicht vorliegt. Gleichzeitig wird derjenige Mittäter privilegiert, der seinen Tatbeitrag erst sehr spät erbringen soll und so lange straffrei bleibt, obwohl das Tatobjekt durch das Handeln der anderen Mittäter bereits konkret gefährdet sein kann.
  2. Gesamtlösung: beginnt der Versuch für alle Beteiligten zu dem Zeitpunkt, in dem der erste Mittäter im Rahmen des gemeinsamen Tatentschlusses zur Tat unmittelbar ansetzt
    con: Der Mittäter eines Versuchs muss (nach der strengen Tatherrschaftstheorie) den Versuch mit beherrschen; liegt der Tatbeitrag eines Mittäters im Vorfeld des Versuchs, so ist lediglich Beihilfe zum Versuch gegeben
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16
Q

Streit: Versuchsbeginn bei mittelbarer Täterschaft

A
  1. Gesamtlösung: Täter und Werkzeug werden zu einer Einheit verbunden, sodass der Versuch erst dann beginnt, wenn das Werkzeug die Schwelle zum “Jetzt geht’s los” i.S.d. § 22 überschreitet
    con: der Hintermann hat die Herrschaft über sein Werkzeug. Hat der mittelbare Täter schon alles zur Tatbestandsverwirklichung getan, so scheint es sachwidrig, den Versuchsbeginn von der Zufälligkeit abhängig zu machen, dass es noch zum unmittelbaren Ansetzen des Tatmittlers kommt.
    con: der Anstiftungsversuch ist gem. § 30 I strafbar, das gefährlichere Losschicken des Tatmittlers jedoch wäre nicht mit Strafe bedroht. Die Gesamtlösung wird daher für zu eng gehalten
  2. Strenge Einzellösung: der Versuch einer mittelbaren Täterschaft beginnt bereits in dem Moment, in dem der Hintermann zur Einwirkung auf den Tatmittler unmittelbar ansetzt.
    con: führt zu einer zu weiten Ausdehnung des Versuchsstadiums. Entgegen den allgemeinen Regeln der Versuchslehre würde das Versuchsstadium bereits in einem Moment beginnen, in dem das Tatobjekt nicht konkret gefährdet erscheint und noch wesentliche Zwischenakte zur Tatbestandsverwirklichung erforderlich sind.
  3. Modifizierte Einzellösung: der Versuch des Hintermanns beginnt, sobald er den Tatmittler aus seinem Machtbereich entlassen hat und dieser nach seiner Vorstellung von der Tat zur Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ansetzt.
    con: bewegt sich nur scheinbar auf der Grundlage des § 22, denn meist liegen noch relevante Zwischenaktive (Hingehen, Identifizieren etc.) zwischen dem Losschicken und der Tatausführung
17
Q

Abgrenzung: Rücktritt vom Versuch vs. tätige Reue

A
  1. Rücktritt vom Versuch wirkt strafbefreiend, tätige Reue kann nur strafmildernd wirken
  2. Anwendungsbereich des Versuchsrücktritts ist das unvollendete Delikt, der der tätigen Reue genau das vollendete (Gefährdungs-)Delikt
18
Q

Zweck der Strafaufhebung bei Rücktritt

A
  1. Prämientheorie: Belohnung des Täters für die freiwillige Rückkehr zum so-zial richtigen Verhalten
  2. Kriminalpolitische Theorie: Das Gesetz will dem Täter eine goldene Brücke zur Rückkehr in die Legalität bauen, wodurch der Täter zur Umkehr bewegt und das angegriffene Rechtsgut geschützt werden soll
  3. Strafzwecktheorie (h.M.): Bei freiwilligem Rücktritt entfallen sowohl die general- als auch die spezialpräventiven Gründe für eine Bestrafung des Täters
19
Q

Rücktritt vom Versuch (Prüfung)

A

I. kein fehlgeschlagener Versuch
II. erforderliche Rücktrittsleistung
1. unbeendeter Versuch: § 24 I 1 Alt. 1
a) Aufgabe der Tatausführung
b) Freiwilligkeit
2. beendeter Versuch: § 24 I 1 Alt. 2
a) Verhindern der Vollendung (bewusst und gewollt)
b) Freiwilligkeit
III. Rücktritt vom beendeten Versuch nach § 24 I 2
1. Nichtvollendung der Tat ohne Zutun (bei nicht kausaler, nicht objektiv zurechenbarer,
ausbleibender und unmöglicher Vollendung)
2. Sichbemühen zur Verhinderung der Vollendung
3. Ernsthaftigkeit der Bemühung
4. Freiwilligkeit

20
Q

Streit: Vorliegen eines fehlgeschlagenen Versuchs

A
  1. Einzelaktstheorie: in jedem auf die Erfolgsherbeiführung gerichteten Handlungsakt ist ein selbstständiger Versuchsakt zu sehen. Schlägt der erste hiervon fehl, ist insgesamt ein fehlgeschlagener Versuch gegeben
    pro: Der Täter hat mit dem ersten auf die Erfolgsherbeiführung gerichteten Akt seine kriminelle Energie bereits unter Beweis gestellt, weshalb ihm der Zufall, dass der Erfolg nicht herbeigeführt wurde, nicht in dem Sinne zugutekommen darf, dass der strafbefreiende Rücktritt weiterhin möglich bleibt
    con: Infolge der Einzelaktstheorie wird dem Täter die „Rückkehr in die Legalität“ zu einem kriminalpolitisch und mit Blick auf den Rechtsgüterschutz bedenklich frühen Zeitpunkt abgeschnitten. Ist dem Täter nach dem Fehlschlag des ersten Aktes schon der Weg zur Straffreiheit verbaut, gibt es für ihn keinen Grund, nicht weiter zu handeln. Ist er ohnehin strafbar, kann es ihm günstiger erscheinen, den einzigen Zeugen zu beseitigen, als sein Handeln einzustellen.
    con: Die Betrachtung von einzelnen Akten reißt einen einheitlichen Lebensvorgang künstlich in mehrere Einzelakte auseinander und fördert ein „Zeitlupenstrafrecht”
  2. Tatplantheorie: Planungshorizont: ist. Hat der Täter seinen Tatplan auf ein bestimmtes Mittel oder eine fest umrissene Anzahl von Ausführungsakten beschränkt, so liegt ein fehlgeschlagener Versuch vor, wenn der Täter diese Mittel ausgeschöpft hat, ohne dass sie den tatbestandsmäßigen Erfolg herbeigeführt haben
    pro: Vermeidet die bedenkliche Einschränkung der Rücktrittsmöglichkeit durch die Einzelaktstheorie zu einem sehr frühen Zeitpunkt
    con: Führt zu einer Privilegierung des Täters mit höherer krimineller Energie, der seinen Tatplan möglichst umfassend „ausbaut“ und sich für den Fall des Scheiterns eines Angriffs immer noch einen weiteren Weg zur Tatbestandsverwirklichung offen hält
    con: Theorie stößt prinzipiell auf Probleme, wenn der Täter einen Tatplan gar nicht gefasst hat oder ein solcher nicht mit hinreichender Gewissheit feststellbar ist
  3. Gesamtbetrachtungslehre (hM): Abstellen auf die Vorstellung des Täters nach der Ausführung des letzten Handlungsaktes (Rücktrittshorizont): fehlgeschlagen, wenn der Täter erkennt, dass seine bisherigen Ausführungshandlungen den Erfolg noch nicht herbeigeführt haben und er auch davon ausgeht, den an-gestrebten Erfolg mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln nicht mehr im unmittelbaren Fortgang des Geschehens ohne zeitliche Zäsur herbeiführen zu können
21
Q

Unbeendeter Versuch

A

der Täter glaubt noch nicht alles getan zu haben, was nach seiner Vorstellung von der Tat zur Tatbestandsverwirklichung erforderlich ist (Beurteilung nach verschiedenen Ansichten wie beim fehlgeschlagenen Versuch: hM nimmt Rücktrittshorizont an)

22
Q

Beendeter Versuch

A

der Täter glaubt– nach der letzten Ausführungshandlung (Rücktrittshorizont, hM) – alles getan zu haben, was nach seiner Vorstellung von der Tat zur Tatbestandsverwirklichung erforderlich ist

23
Q

Verhinderung der Vollendung der Tat

A

Ausreichend, dass der Täter eine Kausalreihe in Gang setzt, die für die Nichtvollendung des Delikts zumindest mitursächlich wird. Nicht erforderlich ist dagegen, dass der Täter optimale und sicher erfolgsverhindernde Maßnahmen ergreift

24
Q

Streit: Rücktritt vom Versuch bei außertatbestandlicher Zielerreichung (“Denkzettel-Fälle”)

A
  1. starke mM: Ausschluss der Rücktrittsmöglichkeit, wenn Täter sein außertatbestandliches Ziel erreicht hat
    pro: der Täter gibt nichts auf, wenn er eben sein Ziel schon erreicht hat
    pro: Mangel an honorierbarem Verzicht beim Täter, da er das erreicht hat, was er erreichen wollte
  2. hM (zusammen mit großem Strafsenat): Erreichen des außertatbestandlichen Ziels hat keine Auswirkung auf die Rücktrittsmöglichkeit
    pro: Wortlaut des § 24 I S. 1, wonach der Täter die Tatausführung aufgeben muss (Tat als tatbestandsmäßiges Verhalten)
    pro: Wortlaut zielt rein auf äußeres Verhalten des Täters ab, und bezieht Motivlage nicht mit ein
    pro: schon im Rahmen der Freiwilligkeit kommt es nicht auf sittlich hochstehende Motive beim Täter an, sodass es dann im Rahmen des objektiven Verhaltens erst recht nicht darauf ankommen kann
    pro: Opferschutzgesichtspunkte: Wird dem Täter, der sein außertatbestandliches Handlungsziel erreicht hat, die goldene Brücke zur Straffreiheit versagt, kann dies dazu führen, dass er sich bei ohnehin gegebener Strafbarkeit dazu verleiten lässt, das tatbestandlich geschützte Rechtsguts noch weiter zu verletzen
25
Q

Rücktritt vom Versuch bei mehraktigem Geschehen

A

Für einen strafbefreienden Rücktritt insgesamt müsste das Gesamtgeschehen eine sog. Rücktrittseinheit bilden. Eine natürliche Handlungseinheit und damit eine Tat im materiellrechtlichen Sinne liegt

a. bei einer Mehrheit gleichartiger, strafrechtlich erheblicher Verhaltensweisen nur vor, wenn
b. die einzelnen Betätigungsakte durch ein gemeinsames subjektives Element verbunden sind und
c. zwischen ihnen ein derart unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht, dass
d. das gesamte Handeln des Täters objektiv auch für einen Dritten als ein einheitliches zusammengehöriges Tun erscheint

26
Q

Freiwilligkeit des Rücktritts

A

a. Freiwillig ist der Rücktritt, wenn er auf autonomen Gründen, d.h. auf einer freien Entscheidung des Täters selbst beruht. Autonome Gründe sind demnach auch Gewissensbisse, Reue, Mitleid oder die generelle Angst vor Strafe - auch nach Ratschlag etc, solange Täter “Herr der Entscheidung” bleibt
b. Unfreiwillig ist der Rücktritt dagegen, wenn er auf heteronomen Gründen beruht, d.h. der Täter also aus Gründen zum Rücktritt gedrängt wird, die von ihm unabhängig sind. Heteronome Gründe sind z.B. das Eintreffen der Polizei oder die Vorstellung, die Tat sei bereits entdeckt oder aus äußeren Zwängen oder psychischen Hemmungen, sodass er sich nicht mehr in der Lage sieht, seine Tat fortzusetzen

27
Q

Streit: Freiwilligkeit des Rücktritts

A
  1. Normative Ansicht: abzustellen ist darauf, ob der Täter wieder zur Achtung der rechtlichen Gebote und Verbote zurückgefunden hat und sich damit als ungefährlich erwiesen hat -Täter folgt nicht kühler Verbrechervernunft, sondern kehrt in die Legalität zurück (gezeigt durch Reue, Selbstbesinnung oder Mitleid mit dem Opfer; oder auch aus Angst vor Strafe - dann entfällt auch hier das Strafbedürfnis)
  2. Psychologische Theorie: psychologische Kriterien differenzieren zwischen Freiwilligkeit und Unfreiwilligkeit (s. KK Freiwilligkeit des Rücktritts)
28
Q

Anforderung an die Verhinderung der Vollendung beim beendeten Versuch

A
  1. Ansicht (“Ende gut - alles gut”, hM): ausreichend, dass der Täter eine Kausalreihe in Gang setzt, die für die Nichtvollendung des Delikts zumindest mitursächlich wird Erforderlich ist also eine auf Verhinderung des Erfolgseintritts gerichtete Zielrichtung des Handels. Nicht erforderlich ist hingegen, dass der Täter optimale und sicher erfolgsverhindernde Maßnahmen ergreift
    con: Wenn schon für den ungefährlichen untauglichen Versuch nach § 24 I 2 ein ernsthaftes Bemühen erforderlich ist, muss dies erst recht für den gefährlichen tauglichen Versuch gelten
    con: Im Hinblick auf die nach Gefahrschaffung bestehende Unterlassungshaftung aus Ingerenz wird der Täter nicht frei, wenn er ganz bewusst eine nicht optimale Rettungsmöglichkeit ergreift
  2. Bestleistungstheorie: Der vom beendeten Versuch Zurücktretende muss die ihm zur Verfügung stehenden Verhinderungsmöglichkeiten ausschöpfen und insofern das “Bestmögliche” tun. Eröffnet der Täter durch seine Rücktrittsbemühungen eine bloß mögliche Rettungschance, nimmt er weiterhin einen (durch optimale Bemühungen) vermeidbaren Erfolg in Kauf. Der Täter soll sich nicht mit Handlungen begnügen dürfen, die aus seiner Sicht möglicherweise unzureichend sind. Das gilt selbst dann, wenn die “halbherzigen Handlungen” wider Erwarten tatsächlich die Vollendung verhindern
    con: Die Forderung nach optimaler Abwehr läuft auf eine Übertragung der Anforderungen des § 24 I 2 auf § 24 I 1 Alt. 2 hinaus und wäre in der Sache eine gem. Art. 103 II GG verbotene täterbelastende Analogie
  3. Differenzierungsthese: zu differenzieren, ob die Erfolgsverhinderung durch eigenhändiges Täterhandeln oder durch Einschaltung Dritter in die Rettungsbemühungen erfolgt: Bei eigenhändiger Erfolgsverhinderung soll jeder Rettungserfolg zugerechnet werden, unabhängig davon, ob sich der Täter noch mehr hätte anstrengen können. Bei fremdhändiger Erfolgsverhinderung soll hingegen nur genügen, dass der Täter das aus seiner Sicht Bestmögliche zur Erfolgsverhinderung unternimmt. Gestützt wird diese Differenzierung auf Tatherrschaftskriterien, sodass zwischen Erfolgsverhinderungs-Tätern, -Anstiftern und -Gehilfen unterschieden werden kann.
    con: Die Bezugnahme auf Täterschaftskriterien ist ungeeignet, das Problem zu lösen: Zwischen eigen- und fremdhändiger Rettung bestehen hinsichtlich der Anforderungen an das Rücktrittsverhalten keine Unterschiede. Vielmehr gehen sie häufig ineinander über
29
Q

Ernsthaftes Bemühen beim Rücktritt nach § 24 I S. 2

A

Liegt vor, wenn der Täter

a. auf Erfolgsverhinderung abzielende - nicht ausschließlich anderen Zwecken dienende - Maßnahmen ergreift, die
b. in seiner Vorstellung bewusst und gewollt den in Gang gesetzten Kausalverlauf abbrechen
c. Diese subjektiv ausreichende Hilfsmaßnahme muss er ausschöpfen.

30
Q

Rücktritt bei dem Täter nicht zurechenbaren Erfolgseintritt

A

Nach beendetem Versuch bemüht sich der Täter vergeblich um das Ausbleiben des Erfolges. Der Erfolg tritt später ein, aber ohne dass die Tathandlung hierfür kausal war oder die objektive bzw. subjektive Zurechnung gegeben ist
-> Geltung des § 24 I S. 2: es genügt hier, dass sich der Täter ernsthaft und freiwillig um die Erfolgsverhinderung bemüht hat

31
Q

Unbeendeter und beendeter Unterlassungsversuch

A
  1. Ansicht: es kann keinen unbeendeten Unterlassungsversuch geben. Ein Versuch des Unterlassungsdelikts könne nur bestehen, wenn der Täter den tatbestandsmäßigen Erfolgseintritt zumindest für möglich hält und sich mit ihm abfindet. Der Rücktrittshorizont entspricht somit immer dem des Versuchs des Begehungsdelikts, sodass kein Raum für einen unbeendeten Versuch bleibt (Rechtsgut bleibt nach Vorstellungen des Täters gefährdet und die Situation kann jederzeit in den Erfolg umschlagen) -> stets als beendeter Versuch nach den Regeln des § 24 I S. 1 Alt. 2 zu behandeln
  2. Ansicht: differenziert zwischen unbeendeten und beendetem Versuch beim Unterlassen
    a. Unbeendet: besteht so lange, wie der Garant nach seinen Vorstellungen die gebotene Handlung noch vornehmen und den Erfolg abwenden kann
    b. Beendet: sobald nach der Vorstellung des Garanten die Nachholen der ursprünglich gebotenen Handlung erfolglos wäre, doch der Erfolgseintritt auf andere Weise noch verhindert werden könnte
32
Q

Rücktritt vom erfolgsqualifizierten Versuch

A

Rücktritt vom Grunddeliktsversuch nach Eintritt der Erfolgsqualifikation

  1. Nicht möglich: Mit der eingetretenen Folge ist materiell der Grundtatbestand mitverwirklicht - mit der Folge sei das wesentliche Teilstück des Kombinationsdelikts verwirklicht (Strafgrund liegt in der Folge)
    con: § 24 wird entgegen Art 103 II zulasten den Täters reduziert (Einschränkung einer die Strafbarkeit ausschließenden Norm ist nicht über ihren Wortlaut hinaus erlaubt)
  2. Möglich (hM): Wenn der Täter den Eintritt des Erfolgs des zunächst vorsätzlich verfolgten Grunddelikts (freiwillig) verhindert, entfällt die Basis für eine Bestrafung hieraus
33
Q

Rücktritt bei mehreren Tatbeteiligten (§ 24 II)

A

I. Vorprüfung: Versuchsstadium muss erreicht sein - Tat darf für den jeweils Beteiligten nicht zurechenbar vollendet sein
II. Rücktrittsvoraussetzungen des § 24 II
1. Gilt für: Mittäter; unmittelbarer Täter mit Gehilfe oder Anstifter; Teilnehmer
2. Grds. ist jeder Beteiligte separat zu prüfen (Beurteilung nach individuellem Rücktrittshorizont)
3. Vollendung ist nach der Vorstellung des jeweils Beteiligten nicht mehr möglich: fehlgeschlagener Versuch
3. Vollendung ist später nicht mehr eingetreten
a. Objektive Rücktrittsvoraussetzung: Vollendungsverhinderung, § 24 II S. 1 (der Beteiligte aus dafür sorgen, dass die Tat von keinem anderen Beteiligten mehr vollendet wird)
-> bei fehlender Verhinderungskausalität (§ 24 II S. 2 Alt. 1): ernsthafte Verhinderungsbemühungen sind ausreichend
b. Subjektive Rücktrittsvoraussetzung: Freiwilligkeit
4. Erfolg erst später eingetreten, aber unabhängig vom Beitrag des Versuchsbeteiligten (§ 24 II S. 2 Alt. 2):
a. Objektive Rücktrittsvoraussetzung: ernsthafte Verhinderungsbemühungen
b. Subjektive Rücktrittsvoraussetzung: Freiwilligkeit