Problemübersicht Flashcards
Objektive Zurechnung, wenn der Täter glaubt, der Erfolg sei bereits mit dem ersten Akt eingetreten, dieser jedoch erst mit dem zweiten Akt (Verdeckungshandlung) eintritt? (Vorkonstellation des dolus generalis!)
“Objektiv zurechenbar ist ein Erfolg, wenn der Täter eine rechtlich relevante Gefahr geschaffen hat, die sich im tatbestandsmäßigen Erfolg realisiert.”
Ansicht 1: Obj. Zur. (-)
Eine Ansicht verneint in diesem Falle die objektive Zurechnung (= Versuch + Fahrl.). Der Ertshandlung hafte nicht das spezifische Risiko des Erfolgseintritts an.
Ansicht 2: Obj. Zur. (+/-)
Zum Teil wird die objektive Zurechnung dann bejaht, wenn der Täter von vornherein vorhat, die Leiche zu beseitigen.
Ansicht 3: Obj. Zur. (+)
Die h.M. verweist auf die Voraussehbarkeit. Im Zweitakt realisiert sich noch die durch die Ersthandlung geschaffene Gefahr, da der verspätete Erfolgseintritt durch die Zweithandlung noch im Rahmen der allg. Lebenserfahrung liege. Es handelt sich um ein spezifisches Risiko, dass durch die Ersthandlung geschaffen wurde.
Handelt der Täter vorsätzlich, wenn er glaubt, der Erfolg sei bereits mit dem ersten Akt eingetreten, dieser jedoch erst mit dem zweiten Akt eintritt? Muss sich der Vorsatz auf den Erfolg auch auf die Zweithandlung beziehen?
Ansicht 1: Lehre vom “dolus generalis”
Hiernach ist der Täter aus dem vollendeten Vorsatzdelikt zu bestrafen. Beide Teilakte stellen ein einheitliches, von einem einzigen generellen Vorsatz getragenes Handlungsgeschehen dar, weshalb der Täter auch beim Zweitakt vorsätzlich handle.
(-), denn der Täter hat hier keine generelle, sondern meist eine ganz genaue, aber falsche Vorstellung vom Kausalverlauf
Ansicht 2: Zwei selbstständige Teilakte
Hier würde der Täter wegen versuchter Tat in Tatmehrheit (!) mit fahrlässigem Delikt bestraft.
Die Teilakte stellen zwei selbstständige, von unterschiedlichen Vorsätzen getragene Handlungen dar.
(-), denn eine isolierte Betrachtung der Zweithandlung (vorausgesetzt zur Anwendung -> Tatmehrheit!) wird dem Geschehen nicht gerecht.
Ansicht 3: Irrtum über den Kausalverlauf (h.M. Rspr.)
In Anknüpfung an die Ersthandlung entfällt der Vorsatz gem. § 16 I 1, wenn sich der Täter in rechtlich erheblicher Weise über den Kausalverlauf geirrt hat. Unerheblich ist der Irrtum dann, wenn sich der Tathergang noch innerhalb allg. Lebenserfahrung hält und auch die subj. Tätervorstellung keine andere Bewertung rechtfertigt.
(+), der unterschiedliche Erfolgseintritt rechtfertigt keine völlig andere Bewertung.
Wie ist mit einer Erfolgsherbeiführung durch einen ganz atypischen Kausalverlauf umzugehen?
“Ein atypischer Kausalverlauf liegt vor, wenn der eingetretene Erfolg völlig außerhalb dessen liegt, was nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge und nach der allgemeinen Lebenserfahrung noch in Rechnung zu stellen ist”. (erst in obj. Zurechnung ansprechen!)
Einigkeit herrscht im vorliegendem Fall darüber, dass allein die Kausalität keine Strafbarkeit begründen kann (deswegen Einschränkung durch obj. Zurechnung).
Fraglich ist lediglich, wie die Haftungsbegrenzung vorliegend vorgenommen werden soll.
Ansicht 1: Obj. Zur. (-) (h.L.)
Diese lässt die objektive Zurechnung dann entfallen, wenn es niemandem in der sozialen Rolle des Täters möglich gewesen wäre, den Erfolg in sener konkreten Gestalt vorherzusehen. Der Erfolg ist dann nicht mehr “sein Werk” sondern lediglich ein Werk des Zufalls.
Zusätzlich ist der Zurechnungszusammenhang auch immer dann unterbrochen, wenn Dritte in den Kausalverlauf eintreten. Dies ist nicht der Fall, wenn das Verhalten Dritter so spezifisch mit dem des Täters verbunden ist, dass es bereits als typischerweise in der Ausgangsgefahr begründet erscheint.
Ansicht 2: Subj. TB (-) (Rspr.)
Die Rechtsprechung geht (wie beim dolus generalis) hier von einem Irrtum über den Kausalverlauf gem. § 16 I 1 aus.
Dies gilt jedoch nicht, wenn der weitere Geschehensablauf noch voraussehbar war.
Bsp.:
- Blutverlust -> Bewusstlosigkeit -> Erbrechen in Bewusstlosigkeit -> Ersticken am Erbrochenen.
- Todeseintritt aufgrund von Wundinfektion nach Messerstichen.
iE eher irrelevant, da h.L. und Rspr. grds. übereinstimmen.
Abgrenzung bewusste Fahrlässigkeit / dolus eventualis?
Ansicht 1: “Möglichkeitstheorie”
Für den Eventualvorsatz genügt, dass der Täter die konkrete Möglichkeit des Erfolgseintritts erkannt und gleichwohl gehandelt hat.
(+) Wer trotzdem handelt, akzeptiert auch den Erfolgseintritt.
(-) Zu nahe an der bew. Fahrl. Bei dieser hält der Täter den Erfolg auch für möglich. Das voluntative Element wird außer Acht gelassen.
Ansicht 2: “Wahrscheinlichkeitstheorie”
Hat der Täter den Erfolg, für wahrscheinlich gehalten so hat er mit Eventualvorsatz gehandelt.
(+) “Wahrscheinlich” ist mehr als “möglich”. Das Für-Wahrscheinlich-Halten indiziert die Billigung.
(-) Voluntatives Element nicht ausdrücklich genug. Unklare Abgrenzung zur Möglichkeit.
Ansicht 3: “Gleichgültigkeitstheorie”
Eventualvorsatz liegt vor, wenn der Täter einer Verletzung des geschützten Rechtsguts gleichgültig gegenübergestanden hat.
(+) Da Vorsatz iVgl zur Fahrl. die schwerere Schuldform ist, bedarf dieser eines besonderen “Gesinnungsunwerts”.
(-) Eine Beschränkung auf die Wollensebene wird der Komplexität des Vorgangs nicht gerecht.
Ansicht 4: “Ernstnahme - & Billigungstheorie” (h.L. /Rspr.)
Hier muss der Täter den drohenden Erfolg erkannt und ernstgenommen haben und sich schließlich mit der Tatbestandsverwirklichung abgefunden haben.
Bewusst fahrlässig hingegen handelt, wer den Erfolg zwar als möglich erachtet, jedoch ernsthaft (und nicht nur vage!) auf dessen Ausbleiben vertraut. y
(+) Der Unterschied zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit liegt in der bewussten Entscheidung (oder: “willentlichen Stellungnahme”) für eine mögliche Tatbestandsverwirklichung.
(+) Wissens- und Wollenskomponenten werden in Ausgleich gebracht.
Behandlung von error in persona vel objecto (für Täter) und aberratio ictus? (subj. TB)
I. Error in persona (Gleichwertigkeitstheorie)
Bei einem Irrtum über das Handlungsobjekt kommt es darauf an, ob sich die strafr. Bewertung ändern würde, wenn die Vorstellung des Täters zutreffend wäre.
Sind vorgestelltes und tatsächlich angegriffenes Objekt nicht gleichwertig (wird ein Tier für einen Menschen gehalten), so unterliegt der Täter einem Tatbestandsirrtum gem. § 16 I 1. Folge sind Versuchsstrafbarkeit (vorgestelltes Objekt) ggf. in Tateinheit mit Fahrlässigkeitsstrafbarkeit (tats. Objekt).
Sind vorgestelltes und tatsächlich angegriffenes Objekt gleichwertig (beispielsweise nur Identitätsirrtum), so ist dies für die Strafbarkeit belanglos und es wird nach dem vollendeten Vorsatzdelikt bestraft.
II. Aberratio ictus
Bei der aberratio ictus tritt der Verletzungserfolg an einem anderen Objekt als demjenigen ein, welches im maßgebenden Vorsatzzeitpunkt das Ziel der Handlung war.
- Gleichwertigkeitstheorie (wie EIP)
Hier würde ebf. aus einem vollendeten Vorsatzdelikte bestraft werden, wenn die Objekte gleichwertig sind.
(+) Täter wollte subjektiv einen Menschen treffen und hat auch objektiv einen Menschen getroffen.
(-) Täter hat das Ziel, auf das sich der Vorsatz bezieht bereits hinreichend individualisiert. Der Täter wollte das beeinträchtigte Objekt nicht treffen. - Konkretisierungstheorie (hM)
Hiernach wird der Täter wegen Versuchs bezüglich des bestimmten Zieles und wegen Fahrlässigkeit bezüglich des getroffenen Zieles bestraft.
(+) Der Täter schafft durch die Individualisierung des Tatobjekts einen ganz bestimmten Vorsatz, der sich als “aliud” (= etwas anderes) gegenüber dem bloßen Vorsatz, irgendein (gleichwertiges) Objekt zu treffen abhebt.
Wie ist ein Verbotsirrtum (indirekter und direkter!) gem. § 17 zu behandeln?
Welche Anforderungen sind dabei an die Vermeidbarkeit (§ 17 S. 2) zu stellen?
Die Einsicht, Unrecht zu tun, fehlt dem Täter beim direkten und indirekten Verbotsirrtum.
I. Direkter Verbotsirrtum
Beim direkten Verbotsirrtum glaubt der Täter, dass sein Verhalten nicht verboten ist, entweder, weil er die Verbotsnorm nicht kennt, sie für ungültig hält oder infolge unrichtiger Auslegung zu Fehlvorstellungen über ihren Geltungsbereich gelangt und aus diesem Grund sein Verhalten als rechtlich zulässig ansieht.
II. Indirekter Verbotsirrtum
Beim indirekten Verbotsirrtum glaubt der Täter an einen nicht anerkannten Rechtfertigungsgrund (Erlaubnisirrtum) oder er verkennt die Grenzen eines anerkannten Rechtfertigungsgrundes (Erlaubnisgrenzirrtum).
III. Vermeidbarkeit
An die Vermeidbarkeitsprüfung sind strenge Anforderungen zu stellen: Der Täer muss sein “Gewissen genügend anspannen” (Rücksichtnahme auf individuelle Fähigkeiten) und sich bei verbleibenden Zweifeln bei einer fachlich kompetenten Person oder Stelle in ausreichendem Maße erkundigen. Nur wenn der Irrtum trotz allem unvermeidbar war, entfällt die Schuld des Täters (S. 1). Ansonsten kann die Strafe gem. §§ 17 S. 2, 49 I fakultativ gemildert werden.
Wann liegt ein Erlaubnistatbestandsirrtum (ETBI) vor?
Welche Rechtsfolgen hat dieser und weshalb?
I. “Irrt der Täter über tatsächliche Umstände, die ihn, wenn sie vorlägen, rechtfertigen würden, so unterliegt er einem ETBI.”
II. Rechtsfolgen des ETBI
- Vorsatztheorie
Nach dieser ist das Unrechtsbewusstsein Teil des Vorsatzes. Fehlendes Unrechtsbewusstsein lässt den Vorsatz entfallen, gleichgültig, auf welchem Irrtum (rechtlich oder tatsächlich) das Fehlen beruht.
(-) Die Vorsatztheorie ist durch § 17 bedeutungslos geworden, da nach der Entscheidung des Gesetzgebers das Unrechtsbewusstsein Teil der Schuld ist. - Strenge Schuldtheorie
Hier ist das Unrechtsbewusstsein Teil der Schuld. Der
§ 17 wird direkt angewandt, da in diesem keine Ausnahme für Irrtümer über die tats. Vorauss. eines RfG geregelt ist.
(-) Der Täter ist ein “Schussel”, kein “Schurke”.
Das Verhalten des Täters im ETBI trifft nicht der Vorwurf rechtsfeindlicher Gesinnung, ist nicht Ausdruck einer Auflehnung gegen die Rechtsordnung, wie dies bei einem Täter der Fall ist, der sich in einem Verbotsirrtum befindet. Der Täter ist an sich rechtstreu. - Eingeschränkte Schuldtheorie
Auch hier ist das Unrechtsbewusstsein Teil der Schuld.
“Eingeschränkt” ist diese Theorie, da nicht § 17 angewandt wird, sondern auf der § 16 I 1 entsprechend Anwendung findet. Unterschieden werden 3 Ableger:
a) Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen
RfG sind “negative” Tatbestandsmerkmale:
Wer einen anderen Menschen tötet, ohne dass er gerechtfertigt ist, wird… bestraft. Der Vorsatz muss sich auch auf das Fehlen solcher Umstände erstrecken.
Ist dies nicht der Fall, so findet § 16 I 1 unmittelbar Anwendung.
(-) Widerspricht dem dreistufigen Deliktsaufbau, wobei der Gesetzgeber in den §§ 32, 34 auch von “nicht rechtswidrig” handelt und diesen somit unmittelbar anerkennt.
(-) Eine Teilnahmestrafbarkeit von bösgläubigen Dritten ist ausgeschlossen.
b) Eingeschränkte Schuldtheorie ieS
Hier wird § 16 I 1 analog angewandt, weil “Vorsatzunrecht” im Tatbestand fehlt.
(-) Ebf. Ausschluss von Teilnehmerstrafbarkeit, selbst wenn diese bösgläubig sind.
(-) Der ETBI kann nicht ohne Weiteres mit dem § 16 I 1 gleichgestellt werden.
c) Rechtsfolgenverweisende Schuldtheorie
Diese lässt den Tatbestandsvorsatz unberührt. Es wird von der Existenz einer “Vorsatzschuld” ausgegangen, da den Vorsatztäter grds. einen höheren Schuldvorwurf als den Fahrlässigkeitstäter treffe. Bei einem im ETBI handelnden sei diese zu verneinen.
Die Folge ist eine analoge Anwendung des § 16 I 1, die die Schuld entfallen lässt und ggf. nach Fahrlässigkeit bestraft.
(+) Die irrige Annahme eines RfG ändert nichts daran, dass der Täter den Tatbestand wissentlich und willentlich verwirklicht.
(+) Da hier eine vorsätzliche rechtswidrige Haupttat vorliegt, ist auch eine Teilnehmerstrafbarkeit offen.
Wie ist das Zusammentreffen von ETBI und indirektem Verbotsirrtum zu behandeln (i.e. “Doppelirrtum”)?
Bitte Bezeichnung als Doppelirrtum weglassen.
“Dieser Irrtum liegt dann vor, wenn der Täter fälschlicherweise einen Rechtfertigungsgrund für gegeben hält, diesen nach seiner Vorstellung dann jedoch noch überschreitet.”
Da der Irrtum so behandelt werden muss, als entspräche er der Wirklichkeit, läge ein Erlaubnisgrenzirrtum vor.
Daraus folgt die unmittelbare Anwendung des § 17.
Wo und wie ist die Absichtsprovokation der Notwehrlage iSv § 32 zu behandeln?
“Bei der absichtlichen Notwehrprovokation kommt es dem Täter gerade darauf an, den Angreifer unter dem Deckmantel der Notwehr zu verletzen.”
Die Notwehrprovokation ist auf Ebene der Gebotenheit der Notwehrhandlung anzusprechen.
Ansicht 1: Volles Notwehrrecht
(+) Die Rechtsordnung verlangt vom Angreifer eben, dass er der Provokation widersteht.
Ansicht 2: Actio illicita in causa (aiic)
Hier wird wegen schuldhafter Herbeiführung dennoch aus dem Vorsatzdelikt bestraft.
(+) Eine Täterstrafbarkeit könnte nach den Regeln von Kausalität und objektiver Zurechnung ohne Probleme bejaht werden.
(-) Hier wäre ein und dasselbe Handeln einmal rechtmäßig und zugleich wieder rechtswidrig. Eine Einschränkung des Notwehrrechts wäre konsequenter.
Ansicht 3: Kein Notwehrrecht (h.M.)
Die herrschende Meinung versagt dem Täter das Notwehrrecht und bestraft aus dem Vorsatzdelikt.
(+) Das Notwehrrecht findet seine Schranke im allgemeinen Verbot eines Rechtsmissbrauchs. Gewollt ist hier eig. ein Angriff, keine Verteidigung (des Rechts).
(andere argumentieren FÜR die hM auch damit, der Täter habe durch sein Verhalten in die Verletzung eingewilligt; der Erfolg sei ihm durch sein Vorverhalten zurechenbar (Ingerenz) oder es läge eine Sonderform des Verschuldens gegen ihn selbst (Obliegenheitsverletzung) vor.)
Wie ist hingegen die fahrlässige / nur schuldhaft herbeigeführte Notwehrlage zu behandeln?
Ansicht 1: Abgestuftes Notwehrrecht
Der fahrlässige Provokateur hat dem Angriff zunächst auszuweichen. Danach darf er “Schutzwehr” (Abwehr) und letztlih auch “Trutzwehr” (iSd norm. §32-Handlung) üben.
Ansicht 2: ähnlich der actio illicita in causa
Hält sich der Täter an die abgestufte § 32 und muss letztlich doch zurückschlagen, so wird aus der Fahrlässigkeitstat bestraft, sofern der es sich beim Angreifer um einen “unfrei handelnden” handelt. Voraussetzung sind wieder Kausalität und objektive Zurechnung der Schaffung.
(-) Die Kritik der Absichtsprovokation findet Anwendung.
Zudem erscheint das Verhalten nicht als strafwürdig, da der Provokateur dem Angriff bereits mit milderen Mitteln begegnet ist.
Ist der Art. II a) EMRK auf § 32 StGB anwendbar?
“(2) Eine Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie durch eine Gewaltanwendung verursacht wird, die unbedingt erforderlich ist, um
a) jemanden gegen rechtswidrige Gewalt zu verteidigen”
Standardfall ist die Tötung zur Verteidigung von Sachwerten. Hierbei wird diese Problematik jedoch nicht in der Gebotenheit (dort: “krasses Missverhältnis”) angesprochen, sondern bereits in der Erforderlichkeit der Notwehrhandlung.
Ansicht 1: Anwendbar
Die Tötung eines Angreifers zur Verteidigung von Sachwerten kann nicht zulässig sein.
(+) Die EMRK gilt für den Staat und dami auch für die zugunsten des Staates handelnden Polizisten. Dann kann es auch dem Privatmann nicht mehr erlaubt sein.
Ansicht 2: Differenzierung
Die Gerichte haben den § 32 konventionskonform auszulegen. Die EMRK findet dementsprechend mittelbar Anwendung.
(+) Nach dem Wortlaut der EMRK wird nur Absicht (dd 1) überhaupt erfasst. Folglich ist eine Tötung mit dd 2 oder devtl auch möglich.
(+) Mit der Erforderlichkeit und Gebotenheit sind schon strenge Anforderungen an § 32 gesetzt, wonach der Art. II a) hauptsächlich Rechtsmissbrauch und Willkürtötungen verhindern will.
Ansicht 3: Keine Anwendbarkeit (h.M.)
Es lassen sich keine Einschränkungen herleiten, die über bereits heute schon anerkannte sozial-ethische Schranken hinausgehen.
(+) Die Normen der EMRK wollen nur Übergriffe des Staates gegenüber Einzelpersonen verhindern und beziehen sich nicht auf das Verhältnis der Bürger untereinander.
Inwiefern wird beim Notwehrrecht eine Einschränkung beim Schutz geringwertiger Sachgüter vorgenommen?
Eine Abwehr, deren Folgen weitaus schwerer wiegen als der dem Angegriffenen drohende Schaden, ist missbräuchlich und deshalb nicht geboten.
Insbesondere bei Bagatelldelikten bedarf die Rechtsordnung keine Bewährung
(-> Rechtsbewährungsprinzip als Pfeiler der Notwehr).
Der Angegriffene hat sich defensiven Maßnahmen (Polizei holen, wenn sofort verfügbar) und/oder einer Schonung des Angreifers zu bedienen.
Als Leitlinie gilt:
- keine schweren Körperverletzungen / Tötung
- Geringwertigkeit der Sache (Nach dem Verkehrswert und unter Berücksichtigung der pers. Verhältnisse des Betroffenen zu ermitteln).
Was passiert, wenn bei § 32 das subjektive Rechtfertigungselement fehlt?
“Handelt der Täter in Unkenntnis seiner Notwehrlage, so scheidet nach allen Ansichten eine Rechtfertigung aus.”
Umstritten ist nur, ob wegen Versuchs oder wegen Vollendung bestraft werden soll.
Ansicht 1: Vollendungslösung
Ausschluss des Vorliegens einer “Verteidigung” iSd § 32 II.
(+) Täter will das Recht nicht bewähren. Dass der eingetretene Erfolg trotz Handlungsunwert obj. rechtl. geduldet wird, genügt nicht. Derjenige, der sich in Angriffsabsicht gegen das Recht wendet und so einen Taterfolg herbeiführt, kann nur aus dem vollendeten Delikt strafbar sein.
(+) Aus einem Umkehrschluss des § 16 I 1 ergibt sich, dass, wenn dem Täter Tatbestandsmerkmale, die er nicht kennt nicht zur Last gelegt werden können, ihn auch nicht Tatsachen iRd Rechtfertigung entlasten, die ihm trotz Vorliegen unbekannt sind.
Ansicht 2: Versuchslösung (h.L. !)
(+) Liegt nur Handlungsunrecht des Täters vor und wird der Erfolg gleichzeitig von der Rechtsordnung gebilligt, so ist ein typischer Fall des Versuchs gegeben, nämlich der Unterfall des aus rechtlichen Gründen untauglichen Versuchs.
(+) Das Rechtsbewährungsinteresse und die Berufung auf den Begriff der Verteidigung nach § 32 II schließen nur eine Rechtfertigung aus, gebieten jedoch keine Vollendungsstrafbarkeit.
Die Versuchsstrafbarkeit genügt zur angemessenen Sanktionierung der Tat. Strafbarkeitslücken sind als gesetzgeberische Entscheidung / Verneinung der Strafwürdigkeit hinzunehmen.
Welche Interessen sind in die Interessensabwägung bei § 34 einzubeziehen?
Problematisch ist, ob nur auf die durch den betreffenden Tatbestand unmittelbar oder mittelbar geschützten Rechtsgüter oder ob auch sonstige beeinträchtigte und gefährdete Rechtsgüter in Abwägung zu stellen sind.
Ansicht 1: Alle Rechtsgüter miteinbeziehe (Mm)
Alle Interessen auf beiden Seiten sind einzubeziehen.
(+) iSd § 34 soll nur ein Verhalten gerechtfertigt sein, dass mehr Nutzen als Schaden bringt.
(-) Der Grenze des Schutzes kann sich stets nur aus dem jeweiligen Tatbestand ergeben (Schutzzweck).
Ansicht 2: Nur auf tatbestandliche Rechtsgüter abstellen (h.M.) aus oben genanntem Grund.
Wie ist die vorsätzliche actio libera in causa im Bezug zu § 20 StGB zu behandeln?
“Eine vorsätzliche a.l.i.c. ist gegeben, wenn der Täter den Zustand der Schuldunfähigkeit vorsätzlich herbeiführt und sein Vorsatz bereits zu diesem Zeitpunkt auch auf die Ausführung derjenigen tatbestandsmäßigen Handlung gerichtet ist, die er später im Zustand der Schuldunfähigkeit tatsächlich verwirklich (Doppelvorsatz).”
Problemaufriss:
Solange der Täter noch schuldfähig ist (vor/während des Betrinkens), verwirklicht er noch keine TB-Merkmale. Schuldfähigkeit und Tatbestandsverwirklichung fallen nicht zusammen, was jedoch der § 20 StGB verlangt (Koinzidenzprinzip).
Ansicht 1: Strikte Ablehnung
Abgestellt wird auf den Wortlaut des § 20 und dem Koinzidenzprinzip des § 8.
(+) Die Annahme der alic verstößt gegen den Grundsatz “nullum crimen sine lege” aus Art. 103 II GG.
(+) Dass der Gesetzgeber eine richterrechtliche “Ausnahme” des § 20 akzeptiert, sei nicht ausreichend.
(+) Es kann sich auch nicht um ein gewohnheitsrechtliches Institut handeln, da dieses seit jeher umstritten war und folglich nicht von allg. Rechtsauffassung getragen wird.
(-) Es kommt nur eine Strafbarkeit nach § 323a I mit einer Höchststrafe von 5 Jahren in Betracht. Die Tatbegehung steht mit der voll verantwortlichen “actio praecedens” (Vorhandlung) in vorwerfbarem Zusammenhang.
(-) Volle Anwendung des § 20 Widerstrebt dem Rechtsgefühl und Sicherheitsbedürfnis.
(-) Die Grundsätze der alic vermeiden erheblich Strafbarkeitslücken.
Ansicht 2: Tatbestandsmodell (diesem folgt Rengier)
Akzeptiert die Schuldunfähigkeit bei Tatbegehung, verlangt jedoch die Voverlagerung des strafr. Anknüpfungspunktes. Das tatbestandsmäßige Handeln sei das Betrinken. Argumentiert wird mit einer Konstellation ähnlich der mittelbaren Täterschaft. Der Täter benutze sich selbst als später schuldloses Werkzeug.
(+) Täter schafft durch Betrinken ein unerlaubtes Risiko, dass sich in zurechenbarer Weise bei Tatbegehung realisiert.
(-) Verstößt gegen das Prinzip des § 22 (Unmittelbares Ansetzen). Sonst müsste auch der wegen Versuchs bestraft werden, nach dem betrinken zu Bett geht.
Ansicht 3: Schuldausnahmemodell (diesem Satzger)
Basiert auf einer teleologischen Reduktion des § 20. Angeknüpft wird weiter an das schuldlos Verhalten bei Begehung. Die alic wird jedoch als gewohnheitsrechtlich anerkannte Ausnahme zu der von § 20 geforderten Simultanität von Tatausführung und Schuld zu sehen.
(+) Vereinbar mit dem Schuldprinzip, da dem Täter die Tat trotzdem “vorgeworfen” werden kann (schuldhaftes Berauben seiner Steuerungsfähigkeit).
(+) Durch die Fassung des § 20 hat der Ges.Geber nichts an der allg. anerkannten Figur der alic hat ändern wollen.
(+) Verfassungsrechtl. Bedenken scheinen angesichts der Kritik am TB-Modell eher überwindbar (naja.). Dies soll zutreffen, weil zum Beispiel die Herausarbeitung der Garantenstellungen des § 13 seit jeher der Rspr. und dem Schrifttum überlassen wurde, was für § 20 auch gefolgert werden könne.
(-) siehe Ansicht 1