Urteilen und Entscheiden Flashcards
Einordnung von Urteilen und Entscheiden in Allgemeine Psychologie 2
- Denken&Problemlösen und Urteilen&Entscheiden sind beide höher kognitive Prozesse (nicht psychische Grundfunktionen) und gehören eng zusammen, Heuristiken&kognitive Täuschungen spielen hier eine Rolle, bei grossen Entscheidungen spielen auch Denkprozesse eine Rolle
Urteilen und Entscheiden Beispiele
- SALE: Warum funktioniert das? Unter anderem: Ankereffekt (kognitive Täuschung bei Verankeruns-&Anpassungsheuristik) auch wenn man es sich bewusst ist, wirkt es trotzdem unbewusst!
- Weihnachtsbeleuchtung Zürich: 275 Neonröhren, 2,4 Mio Franken, von Jury als gut befunden, aufgehängt und alle fandens hässlich, wie kam es zu diesem Entscheid? Im Nachhinein haben die Mitglieder der Entscheidungskommission gesagt „ja das haben wir uns schon gedacht“->Rückschaufehler? Und „wir haben dafür gestimmt, weil wir dachten die anderen Mitglieder sind dafür“->Gruppendynamische Prozesse bei Entscheidungen
Was bedeutet Entscheiden?
- Wir unterscheiden zwischen dem Begriff der Entscheidung und dem der eigentlichen Wahl (decision vs. choice, Wahl ist nur ein Teilprozess von Entscheidung)
- ENTSCHEIDEN meint eine Wahl zwischen zwei oder mehreren Optionen und umfasst folgende PROZESSE:
- ZIELdefinition (was will ich denn eigentlich
erreichen) - OPTIONENSUCHE und/oder -generierung
- BEURTEILUNG der Optionen und
Abwägung zwischen ihnen - Abschätzung der
WAHRSCHEINLICHKEITEN (bei
Entscheidungen unter Unsicherheit) - die eigentliche WAHL
- die UMSETZUNG der Entscheidung
- ZIELdefinition (was will ich denn eigentlich
z. B. Entscheidung zwischen Studiengängen:
- Was möchte ich? Einen Abschluss erreichen, guter Beruf
- Ich schaue mir an, welche Studiengänge (Optionen) es gibt
- Abwägung zwischen ihnen
- Abschätzung von Wahrscheinlichkeit, dass ich in die Forschung kann
- Ich wähle es und bewerbe mich
- Ich trete den Studiengang an
Verschiedene Ansätze der Entscheidungsforschung
Entscheidungsforschung nicht gleich Entscheidungspsychologie! Es gibt nämlich verschiedene Studienrichtungen, die sich mit Entscheidungen befassen (Logik/Mathematik, Ökonomie)
NORMATIVE Entscheidungstheorie:
Wie sollte man entscheiden? (Logik, Mathematik)
DESKRIPTIVE Entscheidungstheorie:
Wie entscheiden wir wirklich? (Psychologie)
PRÄSKRIPTIVE Entscheidungstheorie:
Wie kann man Menschen darin unterstützen, möglichst gute Entscheidungen zu treffen? (Ökonomie)
Entscheiden unter Sicherheit vs. unter Unsicherheit
unter SICHERHEIT
Die Konsequenzen, die mit der Wahl einer Option verbunden sind, sind sicher (z.B. bei Kaufentscheidungen)
unter UNSICHERHEIT
Die Konsequenzen, die mit der Wahl einer Option verbunden sind, treten nur mit bestimmten Wahrscheinlichkeiten ein (z.B. bei Investmententscheidungen)
Komponenten von Entscheidungssituationen
OPTIONEN: die Objekte, Handlungen oder Strategien, auf die sich die Wahl bezieht
(Optionen können unterschiedlich abstrakt sein und damit unterschiedlich leicht oder schwierig rückgängig zu machen)
ATTRIBUTE: Merkmalsdimensionen einer Option (z.B. Preis, Displaygrösse)
ATTRIBUTAUSPRÄGUNG: konkrete Realisierung einer Merkmalsdimension bei einer Option (z.B. 100.-, 11“)
EREIGNISSE: Vorkommnisse, Situationen, Gegebenheiten, die Entscheidung bzw. Ausgang der Entscheidung beeinflussen, aber Entscheider keinen Einfluss darauf hat
KONSEQUENZEN: die gewünschten und unerwünschten Ereignisse, Zustände, Situationen, die durch Wahl einer Option bewirkt werden (Der Nutzen der Konsequenzen einer Option bestimmt deren Wert)
NUTZEN: der subjektive Wert (im Gegensatz zum objektiven, monetären Wert) oder die Wünschbarkeit einer Konsequenz
ZIELE: die bestimmende Komponente im Entscheidungsprozess! (Wenn ich kein Ziel habe, dann muss ich auch keine Entscheidung treffen)
sie determinieren:
- die Optionenmenge (z.B. Wenn mein Ziel
entspannen ist, dann fallen Wanderferien
als Option weg)
- die Wichtigkeit der Attribute (z.B.
preisgünstig verreisen->Preis ist wichtig)
- den Nutzen der Attributausprägungen
Heisser Nutzen vs. Kalter Nutzen
100.- haben für uns einen höheren Wert als für Fischer, 50Rp. haben einen hohen subjektiven Wert, wenn man sie zum Waschen benötigt->Nutzen ist hier also der subjektive Wert oder Wünschbarkeit einer Konsequenz
KALTER NUTZEN: bezieht sich auf Attribute einer Option, die gut objektivierbar und monetär quantifizierbar sind (PS-Stärke beim Auto)
HEISSER NUTZEN: bezieht sich auf emotionale Attribute einer Option, die nicht gut objektivierbar und nicht gut quantifizierbar sind (ein Ferrari ist schicker als ein Golf, ich will ja nicht das gleiche Auto wie mein Nachbar)
In der normativen Entscheidungstheorie wird der kalte Nutzen priorisiert, in der deskriptiven der heisse Nutzen
Absoluter Nutzen vs. Relativer Nutzen
Nutzen ist der subjektive Wert oder Wünschbarkeit einer Konsequenz (utility)
ABSOLUTER NUTZEN: bezieht sich auf EINE einzelne Option oder Konsequenz und ist ein EVALUATIVES Urteil (Rom ist eine schöne Stadt)
RELATIVER NUTZEN: bezieht sich auf MEHRERE Optionen oder Konsequenzen und ist ein PRÄFERENTIELLES Urteil (Rom ist schöner als Paris)
Präferenz (Nutzen)
PRÄFERENZ: Vorziehen von a gegenüber b (binäre Relation a>b geschwungene Klammer)
INDIFFERENZ: a-b geschwungene Linie
Transitive Präferenz vs. Intransitive Präferenz
TRANSITIVE PRÄFERENZRELATION: Wenn a>b und b>c, dann a>c geschwungene Klammern
(bei normativen Entscheidungen)
(das gleiche gilt auch für Indifferenzrelationen)
INTRANSITIVE PRÄFERENZRELATION: a>b, b>c, aber aWeisswein, Weisswein>Bier, aber Bier>Rotwein!
Entscheiden unter Sicherheit (Präskriptiver Ansatz)
- Präskripitver Ansatz befasst sich mit der Frage, wie kann man mit Modellen oder Instrumenten Menschen darin unterstützen, zu einer möglichst guten Entscheidung zu gelangen? (Ökonomie)
- Was ist denn eine „gute“ Entscheidung? (normativer Ansatz) ->hierfür gibt es eine Norm/ein Rationalitätskalkül: Wähle die Option, die den HÖCHSTEN (ERWARTETEN) NUTZEN verspricht
- Wie findet man das raus? Mit einer Nutzwertanalyse. Basiert auf einem präskriptiven entscheidungstheoretischen Modell, dem MAU-Modell!
Was ist das MAU-Modell (Präskriptiver Ansatz, Entscheiden unter Sicherheit) von Keeney und Raiffa?
- Keeney und Raiffa
- Präskriptives Entscheidungsmodell, welche Option hat den höchsten Nutzen?
- MAU=Multi-Attribute Utility=ADDITIVES MULTIATTRIBUTES NUTZEN-MODELL
- Entwickelt für Entscheidungen unter Sicherheit, bei denen zwischen Optionen gewählt werden muss, die mehrere Attribute besitzen
Beispiel aus der betrieblichen Praxis:
Entscheid zwischen IPad und Samsung (Optionen), Preis, Displaygrösse etc. (Attribute), 9,1“ und 10,2“ etc. (Attributausprägungen)
Wie funktioniert das MAU-Modell (Präskriptiver Ansatz, Entscheiden unter Sicherheit) von Keeney und Raiffa?
- Der multiattribute Nutzenwert (MAU) von jeder Option (i) wird berechnet, indem man die Summe (Summenzeichen) der Wichtigkeit (w, weight) der Attribute (j) mal subjektive Nützlichkeit (Nutzwert, u, utility) der jeweiligen Attributsausprägungen (ij) rechnet
- > Dann wählt man die Option mit dem höchsten MAU-Wert
MAUi = Summenzeichen wj x uij
- Schritt: Wie wichtig sind mir die Attribute?
man hat insgesamt 1 Punkt zu vergeben, man muss es aufteilen (w1=0.5, w2=0.3 usw.) - Schritt: Wie subjektiv gut (nützlich) ist die jeweilige Attributausprägung?
man bewertet bei jeder Option von 1-3, 3 ist am besten (u11=3, u12=2 usw. dann u21=2, u22=1 usw.) - Schritt: Ich berechne für alle Optionen den MAU-Wert. Wie?
w1=0.5 x u11=3 = 1.5 , w2=0.3 x u12=2 = 0.6 usw. 1.5 + 0.6 = 2.1 usw.
Der Algorithmus zusammengefasst:
- Bestimmen Sie die Wichtigkeit jedes Attributes
- Bewerten Sie die Attributsausprägungen der Optionen auf allen Attributen
- Berechnen Sie für jede Option deren MAU-Wert
- Wählen Sie die Option mit dem höchsten MAU-Wert
Ganz einfach gesagt: Ich habe zwei Handys. Ich schaue mir die unterschiedlichen Attribute an (Preis, Grösse) und sage wie wichtig mir Preis ist, wie wichtig Grösse ist. Dann schaue ich wie teuer die Handys sind und wie gross, und sage, ob ich das persönlich gut oder schlecht finde. Dann sage ich: je wichtiger mir ein Attribut ist und je besser ein Handy dieses erfüllt, desto besser bewerte ich es.
Vorteile und Nachteile des MAU-Modells? (Präskriptiver Ansatz, Entscheiden unter Sicherheit)
NACHTEILE
1. Setzt VOLLSTÄNDIGE INFO über alle Optionen&Attribute voraus, fehlt Info, funktioniert es nicht.
- Präskriptiver und nicht deskriptiver Ansatz, daher kann es KEINE PSYCHOLOGISCHE VALIDITÄT beanspruchen
- a) Setzt VERGLEICHBARKEIT ALLER ATTRIBUTE und damit die Kompensierbarkeit zwischen Vor- und Nachteilen voraus.Selbst wenn die Vergleichbarkeit aller Attributwerte abstrakt gegeben ist, so ist der spezifische Abwägungsprozess doch nicht garantiert.
z. B. Ich habe nicht viel Geld und muss mich entscheiden ob ich eine neue Waschmaschine oder einen neuen Geschirrspüler möchte. Diese sind nicht vergleichbar. Dann probiere ich es abstrakt, z.B. Preis-Leistungsverhältnis. - b) Setzt PRÄFERENZIELLE UNABHÄNGIGKEIT zwischen den Attributen voraus. Damit ist gemeint, dass die Präferenzordnung auf einem Attribut nicht von den Attributausprägungen auf den anderen Attributen abhängen darf.
z. B. Meine Präferenzrangreihe [Rotwein Weisswein Bier] darf nicht abhängig sein von der Hauptspeise!
z. B. eine Wohnung mit Balkon finde ich besser als ohne. Aber wenn Wohnung an befahrener Strasse ist finde ich ohne besser als mit (Präferenzumkehr), im Grünen mit besser als ohne->Präferenz ist also abhängig von Lage, dann darf ich MAU nicht anwenden
- a) Setzt VERGLEICHBARKEIT ALLER ATTRIBUTE und damit die Kompensierbarkeit zwischen Vor- und Nachteilen voraus.Selbst wenn die Vergleichbarkeit aller Attributwerte abstrakt gegeben ist, so ist der spezifische Abwägungsprozess doch nicht garantiert.
- Wird schnell sehr KOMPLEX und ohne Hilfsmittel nicht mehr handhabbar
VORTEILE
- Systematisch, macht Entscheidungsprozess transparent und nachvollziehbar
- Nutzt alle Infos der Optionen aus
- Kompensatorisch: Nachteile auf einem Attribut können ausgeglichen werden durch Vorteile auf anderem
Entscheiden unter Sicherheit (Deskriptiver Ansatz)
Deskriptiver Ansatz befasst sich mit Fragen:
- Wie entscheiden Menschen tatsächlich? (Psychologie)
z. B. Kaufentscheidungen - Warum verstossen Menschen manchmal gegen die Modelle normativen Entscheidens?
- Welche Faktoren beeinflussen unsere realen Entscheidungen?