Sitzung 5 Flashcards

1
Q

Was sind konstruktivistische Analysen der Internationalen Politik?

A

Konstruktivistische Analysen der internationalen Politik: theorieorientierte Untersuchungen von Zusammenhängen grenzüberschreitender Interaktionen (messen nicht nur materiellen, sondern auch ideellen Einflüssen auf die Internationale Politik eine entscheidende Rolle bei). Müssen Normen, Ideen, Gender, Werte,Identitäten, Weltbilder erfassen, um ihren Einfluss auf Außen- und internationale Politik zeigen zu können.

  • Diese ideellen Faktoren sind „Konstruktionen“ = Sinn- und Bedeutungszusammenhänge, die in weltgesellschaftliche Kommunikations- und Interaktionsprozessen entstehen. = Gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit (markante Unterschiede zwischen Gesellschaften) –> Schwierigkeiten, gemeinsame Sicherheitsstrategie formulieren,wenn Bedrohungen anders wahrgenommen werden.
  • Politischen Strategien und Entscheidungen liegen unterschiedliche Wirklichkeitskonstruktionen zugrunde. Kein Konsens bei weltgesellschaftlichen Konstruktionen der Wirklichkeit in der Internationalen Politik (wie groß war die Bedrohung durch Saddam Hussein?)
  • Bei konstruktivistischen Analysen der internationalen Politik handelt es sich um sprachliche Konstruktionen eines bestimmten Wirklichkeitsausschnitts.
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2
Q

Was wird unter der “Reflexivität konstruktivistischer Analysen” verstanden? (3)

A
  • Reflexivität konstruktivistischer Analysen: nicht nur Fokus auf konstruktivistische Einflussfaktoren und deren Konstruiertheit, sondern auch Konstruktionscharakter der eigenen Analysen. Andere konstruktivistische Analysen beziehen nur Verhaltenserwartungen (Normen, Identitäten, Kultur) in das Interessenkalkül bestimmter Akteure ein.
  • In konstruktivistischen Analysen werden hauptsächlich Gegenstände untersucht, deren Bedeutung umstritten ist. Es muss klar gemacht werden, warum das Untersuchungsergebnis dann innerhalb der Umstrittenheit Partei ergreift für die eine und gegen die andere Bedeutung. (zB empirische Diskursanalyse oder plausibilisierte Abwägungen über dominante Wirklichkeitskonstruktionen)
    Dafür muss aber die Unterschiedlichkeit beider Deutungen erfasst werden, und die Kontingenz der eigenen Deutung muss reflektiert werden. Erst dann lassen sich Aussagen über Bedeutungen ideeller Faktoren in einem spezifischen politischen Handlungszusammenhang machen.
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3
Q

Was macht die wissenschaftliche Analyse des Konstruktivismus? (3)

A
  • Wissenschaftliche Analyse soll vor allem politische Zusammenhänge, Ereignisabfolgen, Strukturen und Entscheidungen erklären, und sogar Theorien bilden.
    Theorien sind aber auch Konstruktionen, da sie eine bestimmte Bedeutung zuschreiben und diese als dominante identifizieren.
  • Umstrittene Bedeutungen entstehen aufgrund von Sprache. Es bedarf ein Vorverständnis der Begriffe, Textstrukturen und Text-Kontexte. Ohne sie lassen sich keine Text-Analysen vornehmen. Dieses Vorverständnis fließt aber in der Deutung erneut in, und es können Bedeutungen „hineingelesen“ werden.
  • Die politikwissenschaftliche Wirklichkeitskonstruktion wird in starkem Maß durch öffentlichen Diskurs beeinflusst und geprägt. Politikwissenschaft stellt keine Wahrheiten zur unmittelbaren politischen Umsetung bereit, sondern leistet einen Beitrag zum politischen Diskurs um die Deutung internationaler Politik und stellt somit selbst ein ideellen Einfluss auf Außen- und internationale Politik dar.
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4
Q
  • Konstruktivismus VS Rationalismus

- Was ist IB-Materialismus?

A
  • Im Gegensatz zum Konstruktivismus verwendet der Rationalismus ausschließlich materielle Faktoren und objektive Interessen als zentrale Erklärungsfaktoren für die internationale Politik. Bei der Analyse von Ansätzen, Theorien und Paradigmen sollte der Kontext der aktuellen Debatte nicht als Erklärung verwendet werden. Dafür muss das eigene Wissenschaftsverständnis hinterfragt werden.
  • IB-Materialismus: betrachtet Militärpotenziale, Hegemoniestrukturen, Interdependenzen und die anarchische Struktur des Internationalen Systems als Naturzustand.
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5
Q
  • Welche Debatte fand in den letzten 15 Jahren statt?

- Warum hat sich der Konstruktivismus verändert?

A
  • Debatte der letzten 15 Jahre: welche Bedeutung soll man nicht-materiellen Faktoren wie Bedeutungszuschreibungen, Ideen, Werte, Gender, Identitäten, Normen, subjektive Weltsichten der handelnden Akteure für die Erklärung der Internationalen Politik beimessen? Durch Verbindung mit der Sozialpsychologie hat sich ein Segment der Internationalen Politik in enger Verbindung mit der Friedensforschung zu einer empirischen, theorieorientierten Sozialwissenschaft entwickelt.
  • Kontext des konstruktivistischen Perspektivenwechsels in der Internationalen Politik: Wissenschafts- und Theorieentwicklung geschieht als Reaktion auf den Wandel der Wirklichkeit, bzw. auf eine neue Weltbeschreibung. Alte Theorien werden nur noch bedingt weiterverwendet, bzw. ganz verworfen (deshalb Debatte in den 1930ern um das Versagen des Völkerbunds zwischen “Idealismus” und “Realismus”, und in den 1970ern angesichts der wirtschaftlichen Krisenerscheinungen zwischen “Neorealismus” und “Globalismus”) –> Nach Ende des Kalten Kriegs verändert sich das Weltbild –> Debatte zwischen Konstruktivismus und Rationalismus.
  • Wissenschaftsverständnis hat sich aber auch entwickelt –> durch interdisziplinäre Verbindungen mit anderen Teilbereichen sind Theoriekonzepte in die IB eingeflossen, die allesamt darüber einstimmen, dass der Rationalismus theoretisch zu eng gefasst ist. In Soziologie, Wirtschaftswissenschaften, Ethnologie, Philosophie sind konstruktivistische Ansätze bereits präsent und viel verbreiteter als in der Politikwissenschaft.
  • Vor allem in Policy-Forschung und Internationale Beziehungen haben konstruktivistisches Gedankengut aufgenommen (überraschend, weil viel eher Politische Soziologie und Politische Kulturforschung in Kontakt mit konstruktivistischen Theorien als Internationale Beziehungen hätte kommen müssen)
  • IB-Forscher sind Mitglieder einer scientific community, die unser Denken beeinflussen
  • Ende des Ost-West Konflikt und „Neues Denken“ = theoriewidriges Verhalten. à damalige Naturgesetze der internationalen Politik auf den Kopf gestellt. –> Anarchie also „what states make of it“, Konstruktion, keine materielle, sondern soziale (Un-)ordnung.
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6
Q
  • Wendts gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit
  • Social Theory of International Politics
  • Staats- VS. Sozialkonstruktivismus
  • Wann ist ein Staat ein Staat?
A
  • Wendt: gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit: Staaten sind Akteure und internationale Politik und deren Ordnung ist die Gesellschaft. –> Staaten sind die Konstruktion jener Wirklichkeit, in der sie interagieren und kommunizieren (also internationale Politik + Strukturen). Wie beim „Neuen Denken“ können Akteure also Regeln verändern.
  • Social Theory of International Politics: Staaten werden personifiziert (States are people too). Für ihn ist internationale Politik eine zwischenstaatliche Konstruktion (deshalb „Staatskonstruktivismus“)
  • Staats- VS. Sozialkonstruktivismus: Staaten strukturieren Wirklichkeit VS Gesellschaft strukturiert Wirklichkeit der IP. Staaten sind gesellschaftlich konstituierte Strukturen (inter-, transnational und innergesellschaftlich)
  • Staaten gelten dann als Staaten, wenn sie und ihre RepräsentantInnen innergesellschaftlich konstituiert und international anerkannt werden (Bartelson) Staaten lösen sich auf, wenn ihre Organe und RepräsentatInnen in der innergesellschaftlichen Konstruktion der Wirklichkeit ihre Legitimation verloren haben und die internationale Anerkennung ihrer RepräsentantInnen entfällt (DDR zB)
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7
Q
  • Wie werden Transformationsprozesse der Internationalen Politik am besten erfasst?
  • Was wird unter der doppelten sozialen Konstruktion des soziologischen Sozialkonstruktivismus in den Internationalen Beziehungen verstanden? (2)
A
  • Um Transformationsprozesse der Internationalen Politik zu erfassen eignet sich der Sozialkonstruktivismus = auf welche Weise entsteht gesellschaftliche Ordnung und wie kommt es, dass sie uns als scheinbar objektive Wirklichkeit gegenübertritt? Gesellschaftsordnung ist kein Naturgesetz, sondern eine ständige menschliche Produktion. Für das Fortbestehen der sozialen Welt ist eine gesellschaftliche Kontinuität menschlichen Handelns notwendig.
    –>Wenn sich soziales Handeln verändert, verändert sich auch die soziale Ordnung.
  • Soziologischer Sozialkonstruktivismus in der Internationalen Beziehung: doppelte soziale Konstruktion:
    o Konstruktion des eigenen Staates, seiner RepräsentantInnen und über die eigene Gesellschaft hinausgehende Ziele = stabile und wandlungsresistente Konstruktion
    o Konstruktion der internationalen Umwelt der eigenen Gesellschaft, bzw. des Staates = stark umstritten.
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8
Q
  • Was ist Globalisierung?
  • Warum ist die gesellschaftliche Konstruktion der Internationalen Politik nicht zum zentralen Untersuchungsgegenstand der konstruktivistischen IB-Analyse geworden? (2)
A
  • Globalisierung: zunehmende Bedeutung Staatsgrenzen überschreitender Interaktionen und Kommunikationen, an denen keine staatliche RepräsentantInnen beteiligt sind, die aber die Struktur der Internationalen Politik mitbestimmen.
  • Zwei Gründe, warum gesellschaftliche Konstruktion der IP nicht zum zentralen Untersuchungsgegenstand in der konstruktivistischen IB-Analyse geworden ist:
    o Die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit ist nur selten in die internationale Politik involviert (Ausnahme: Kriege). Nur wenige gesellschaftliche und transnationale Akteure sind an Kommunikation und Interaktion beteiligt, die über die Staatsgrenzen hinweg geht.
    o Soziale Konstruktion der IP nicht einheitlich, sondern je nach Kontext verschieden. Entscheidend für Handeln in Handeln, das über Staatsgrenzen hinweg geht, ist die Konstruktion der IP, die die Akteure, die die IP strukturieren, haben. Weltbilder, Konstruktionen von staatlichen RepräsentantInnen, NGOs im Feld der internationalen Politik und epistemic communities (Haas) sind zu einem wichtigen Untersuchungsgegenstand geworden.
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9
Q
  • Was ist der sozialkonstruktivistisch ergänzter Rationalismus?
  • Was ist reflexiver Konstruktivismus?
A
  • Sozialkonstruktivistisch ergänzter Rationalismus = Interessen nicht durch materielle Strukturen determiniert, sondern auch das Resultat von Normwirkung, Wissen, Handlungsoptionen (= Wie Akteure sich und ihre Umwelt in der Handlungssituation sehen)
  • reflexiver Konstruktivismus: zudem noch wissenschaftliche Beobachtungsweise und Weltkonstruktionen selbst in die Betrachtung mit einbezogen, Analyse wird nicht nur im Hinblick auf das eigene Beobachten, sondern auch auf seiner Wirkung auf gesellschaftliche Konstruktionen internationaler Politik (Weltbilder, nationale Interessen, Feindbilder) bezogen.
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10
Q
  • Was ist das Problem konkurrierender konstruktivistischer Erklärungsfaktoren?
  • Was ist das Problem der fehlenden Staatstheorie?
A
  • Problem konkurrierender konstruktivistischer Erklärungsfaktoren: Viele konstruktivistische konkurrierende Ansätze wollen Zustandekommen von Interessen erklären. Sehr stark akteursspezifische Herangehensweisen (immer unterschiedlich) à Es bräuchte ein Akteursmodell, welches NICHT NUR verdeutlicht, auf welcher Weise ideelle und materielle Faktoren zusammenwirken/kollidieren, SONDERN AUCH, wie ideelle Strukturen zustandekommen und woraus sie ihren Einfluss gewinnen.
  • Problem der fehlenden Staatstheorie: Das etablierte Kategorieschema des Neorealismus und Rationalismus wird im Konstruktivismus teilweise übernommen: zwar geht es nicht mehr um materielle, sondern ideelle Strukturen, aber der handelnde Akteur bleibt trotzdem der Staat. Problem: Dem Staat in diesem Sinne fehlt die Anlagen dazu, Ideen zu verarbeiten, Normen zu erkennen, Werte zu besitzen, also sich in seiner sozialen Umwelt wahrzunehmen. Wo lassen sich Ideen, Normen, Werte. Leitbilder, Kultur, Identität, Wissen und Argumentation empirisch auffinden, wenn nicht in sprachlichen Äußerungen? ABER der Staat redet ja nicht! Aussagen stammen nie vom Staat, sondern von RepräsentantInnen stellvertretend. Repräsentation basiert auf verschiedenen Ordnungen gesellschaftlich-staatlicher Organisationsweisen, die ideelle Faktoren für Präferenzen beeinflussen. (zB Ein Präsident spricht für einen Staat, aber wie stark ist der innerstaatliche Rückhalt?).
    Richtiger Akteur wäre die Gesellschaft als Ganzes (aber nicht möglich). Sozialkonstruktivismus in dern IB und Staatskonstruktivismus starkt rediktionistisch, da sie Stabilität und Wandel der Strukturen, die internationale Politik beeinflussen, nicht berücksichtigen. Auch die Regierung stellt nicht wirklich den Staat dar, da auch Fachminister in der internationalen Politik agieren. Darüber hinaus handeln immer mehr nichtstaatliche Akteure (national und transnational) in der internationalen Politik mit. Kern konstruktivistischer Analysen: Konstruktionen, ihr Zustandekommen und Auswirkungen auf Handlungsorientierungen.
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11
Q
  • Was wird unter der Notwendigkeit der Selbstbeobachtung bei der Analyse gesellschaftlicher Konstruktionen der Wahrheit verstanden?
  • Welches Problem löst der reflexive Konstruktivismus? Wie?
A
  • Notwendigkeit der Selbstbeobachtung bei der Analyse gesellschaftlicher Konstruktionen der Wahrheit: Analysen der internationalen Politik sollen den wissenschaftlichen Diskurs, der seinen Beitrag zur gesellschaftlichen Konstruktion der Wirklichkeit leistet, analysieren. Aber genau dadurch wird der Sozialkonstruktivismus selber zum Untersuchungsgegenstand. Wenn die Konstruktion der Wirklichkeit analysiert wird, geschieht dies auf Grundlage unserer eigenen Weltkonstruktion, die sehr ähnlich mit der untersuchten Konstruktion der Wirklichkeit ist.
    –> Einschränkung der Erkenntnismöglichkeiten. (eigener Blickwinkel also begrenzt) à epistemologische Nebenwirkung der konstruktivistischen Perspektive in den IB.
  • Der reflexive Konstruktivismus: Um diese Probleme zu lösen, bedarf es einer einheitlichen theoretischen reflexiven Perspektive, die sowohl gesellschaftliche Konstruktionen analysiert, und gleichzeitig das eigene Konstruieren reflektiert. GESELLSCHAFTLICHE KONSTRUKTION DER WIRKLICHKEIT MUSS MIT DER WISSENSCHAFTLICHEN KONSTRUKTION DER POLITIK ÜBEREINSTIMMEN. –> Beobachtung zweiter Ordnung. Es geht also um das Beobachten des Beobachters: wie beobachtet der Beobachter? Der Beobachter hat einen blinden Fleck, den man dadurch ausgleichen kann.
    Beobachtet wird sowohl der Prozess des Beobachtens wie auch die verwendeten Kategorien, Konzepte, Weltbilder, Theorien und die Konstruktion der IP. Bei aktiven Beobachtungssystemen werden selbstgewählte Beobachtungsmechanismen verwendet (die also konstruiert sind). ABER: Auch beim Beobachten zweiter Ordnung handelt es sich um subjektive Beobachtung. Es gibt auch selbskritische Beobachtung.
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