Revision: Sachlichrechtliche Gesetzesverletzung und Zweckmäßigkeit Flashcards
Sachlichrechtliche Gesetzesverletzung: Allgemein: Grundlage
- ausschließlich die Urteilsurkunde
-> Frage der Beweisbarkeit stellt sich hier nicht
Sachlichrechtliche Gesetzesverletzung: Allgemein: Beruhen
- Beruhen ergibt sich idR aus dem Urteil selbst
-> bei Darstellungsfehler: Beruhen (+), wenn wegen der Art der Urteilsdarstellung die Voraussetzungen für die Kontrolle der richtigen Rechtsanwendung fehlen
Sachlichrechtliche Gesetzesverletzung: Allgemein: Beschwer
- idR (+)
-> außer etwa bei fehlerhafter Anwendung des § 55 StGB, wenn nachträgliche Gesamtstrafe als günstiger für den Angeklagten trotz Fehlen der Voraussetzungen angenommen wurde - idR aber trotzdem zuerst sachlichrechtliches Problem darstellen und abschließend auf fehlende Beschwer eingehen
Sachlichrechtliche Gesetzesverletzung: Darstellungsprüfung: Allgemein
= wenn Darstellung und Würdigung des festgestellten Sachverhalts unklar, widersprüchlich oder ersichtlich nicht vollständig sind, wenn sie Denkfehler enthalten oder Erfahrungssätze missachten
- ausgenommen: Rechtliche Würdigung; Rubrum; Angewendete Vorschriften
-> Tenor: wird nur im Zusammenhang mit Urteilsgründen betrachtet; wenn das Urteil dann nicht ohnehin aufgehoben wird, kann er im Einzelfall isoliert zu berichtigen sein
Sachlichrechtliche Gesetzesverletzung: Darstellungsprüfung: Persönliche Verhältnisse
- idR relevant für Rechtsfolgenseite
-> auch im Rahmen der Strafzumessungsgründe relevant
Sachlichrechtliche Gesetzesverletzung: Darstellungsprüfung: Sachverhaltsschilderung
- erforderlich ist ein zum objektiven und subjektiven (!) Tatbestand in sich geschlossener, vollständiger, eindeutiger und widerspruchsfreier Sachverhalt
- einzelne TBM müssen in konkrete Handlungen und Tatsachen aufgeschlüsselt werden
-> Rechtsbegriffe grds. kein Ersatz für sachliche Feststellungen
-> kein Rückgriff auf HV-Protokoll möglich
Sachlichrechtliche Gesetzesverletzung: Darstellungsprüfung: Beweiswürdigung
- Beweiswürdigung muss auf einer tragfähigen, verstandesgemäß einsehbaren Tatsachengrundlage beruhen, der Schluss auf die Schuld des Angeklagten muss aus rationalen (intersubjektiv vermittelbaren und einsichtigen) Gründen möglich sein
-> Beweiswürdigung somit revisibel, wenn sie in sich lückenhaft, widersprüchlich oder unklar ist oder gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt - nur objektive Anforderungen werden überprüft, die subjektive Gewissheit ist nicht revisible Domäne des Tatgerichts
Sachlichrechtliche Gesetzesverletzung: Darstellungsprüfung: Beweiswürdigung: Lücken
= wenn nicht alle aus dem Urteil ersichtlichen Umstände gewürdigt sind, die Schlüsse zugunsten oder zulasten den Angeklagten zulassen
- Beweiswürdigung darf nicht letzten Endes nur bloße Vermutung enthalten, die nicht mehr als einen Verdacht begründen kann (fehlende intersubjektive Nachvollziehbarkeit)
Sachlichrechtliche Gesetzesverletzung: Darstellungsprüfung: Beweiswürdigung: Sachverständigengutachten
- nicht einfach blind folgen
- zumindest die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Darlegungen des Sachverständigen müssen wiedergegeben werden
-> Mitteilung über Wert bei BAK reicht allerdings - insb. lückenhafte Beweiswürdigung, wenn Gutachten gar nicht erwähnt wird oder einfach “aus den Feststellungen des Sachverständigen” folgt
Sachlichrechtliche Gesetzesverletzung: Darstellungsprüfung: Beweiswürdigung: Abgrenzung: in dubio pro reo
- sachlichrechtlicher Grundsatz, kein Darstellungsfehler
- verletzt, wenn das Tatgericht den Angeklagten verurteilt hat, obwohl es ausweislich der Urteilsgründe Zweifel an dessen Schuld hatte
-> Zweifel, die das Tatgericht hätte (!) haben sollen, sind hier unbeachtlich
Sachlichrechtliche Gesetzesverletzung: Gesetzesanwendung: Allgemein
= wenn das Tatgericht auf der Schuld- und Rechtsfolgenseite eine auf den von ihm selbst festgestellten SV nicht anzuwendende Norm angewendet oder umgekehrt eine anzuwendende Norm des materiellen Rechts nicht oder nicht richtig angewendet hat
- nur schriftliche Urteilsgründe!
- keine eigene Beweiswürdigung!
Sachlichrechtliche Gesetzesverletzung: Gesetzesanwendung: Schuldspruch
- OS: “Fraglich ist, ob die Feststellungen des angefochtenen Urteils die Verurteilung wegen … tragen.”
- bei Berufungsbeschränkung: Wirksamkeit der Beschränkung setzt voraus, dass das angefochtene Urteil seine Prüfung ermöglicht (=> nicht wirksam, wenn die Feststellungen der Tat, sei es auch nur zur inneren Tatseite, so knapp, unvollständig unklar oder widersprüchlich sind, dass sie keine hinreichende Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung bilden)
- wenn aufgrund des festgestellten SV weitere Delikte verwirklicht wurden: Prüfung dieser
-> dann in Zweckmäßigkeit: Hinweise auf Verschlechterungsverbot (§ 358 II S. 1 StPO), allenfalls Abwägung, ob veränderter Schuldspruch nachteilig - Verstoß gegen § 260 IV S. 1 StPO (Angabe der Schuldform fehlt): keine Begründung der Revision, sondern Berichtigung des Schuldspruchs durch Revisionsgericht (§ 354 I StPO analog)
Sachlichrechtliche Gesetzesverletzung: Rechtsfolgenausspruch: Allgemein
- Darstellung der Strafzumessungsgründe
-> Lücken, die zur Besorgnis Anlass geben, das Tatgericht habe wesentliche Gesichtspunkte hinsichtlich der Wahl der Rechtsfolge nicht gesehen - daneben auch eigentliche Gesetzesanwendung bei Rechtsfolgen
Sachlichrechtliche Gesetzesverletzung: Rechtsfolgenausspruch: Strafrahmen
- Fehlende Mitteilung des angewendeten Strafrahmens, wenn verschiedene Strafrahmen in Betracht kommen und das Gericht auch sonst nicht erkennen lässt, welchen Strafrahmen es zugrunde gelegt hat
-> es bedarf aber keiner Quantifizierung - Falscher Strafrahmen (schlichter Fehler)
- Darstellungsmangel, wenn kein (möglicher) minder schwerer Fall angenommen oder geprüft wird, obwohl es sich anhand der Feststellungen aufdrängt oder die Annahme zumindest nicht fern liegt
- § 49 StGB (s. separat)
Sachlichrechtliche Gesetzesverletzung: Rechtsfolgenausspruch: Strafrahmen: § 49 StGB
- Einfacher Rechenfehler
-> Berechnung sowohl der neuen Ober- als auch der neuen Untergrenze (Untergrenze Geldstrafe bleibt (unverändert) Untergrenze Geldstrafe) - Fehlerhafte Gesetzesanwendung bei obligatorischer Strafrahmenverschiebung
- Fehlerhafte Gesetzesanwendung bei fakultativer Strafrahmenverschiebung
-> insb. Darstellungsmangel, wenn Urteil § 49 StGB nicht erörtert, insb. bei möglicherweise verminderter Schuldfähigkeit (Alkohol oder auch Drogen)