Revision: Grundlagen und Zulässigkeit Flashcards
Statthaftigkeit
- gegen erst- und zweitinstanzliche Urteile der Landgerichte, § 333 StPO
- gegen Urteile des Strafrichters und des Schöffengerichts (Sprungrevision), § 335 StPO
- bei gleichzeitiger Berufung: Sprungrevision wird als Berufung behandelt, § 335 III StPO
-> aber: Revisionsanträge und Begründung sind trotzdem in der vorgeschriebenen Form und Frist anzubringen, § 335 III S. 2 StPO
Zuständiges Revisionsgericht
- idR nicht anzugeben
- §§ 335 II StPO (Sprungrevision)
- § 121 I Nr. 1 GVG (OLG)
- § 135 I GVG (BGH)
Rechtsmittelbefugnis
- Revisionsberechtigung des Angeklagten und der StA, § 296 I StPO
- Revisionsberechtigung des Nebenklägers, § 401 I StPO
- Revision durch Verteidiger: nach § 297 StPO zur Revisionseinlegung aus eigenem Recht und in eigenem Namen
-> Verstoß gegen Verbot der Mehrfachverteidigung nach § 146 StPO oder bei zwischenzeitlich eingetretenem Berufsverbot: Wirksamkeit nach § 146a II StPO (bis unanfechtbarer Zurückweisung bleibt Verteidiger handlungsbefugt)
Beschwer
= die unmittelbare Beeinträchtigung eigener Rechte oder schutzwürdiger Interessen des Betroffenen durch das angefochtene Urteil
-> Angeklagter: Verurteilung
-> StA: Wahrnehmung der staatlichen Rechtspflege (unabhängig von konkreter Beschwer)
- § 339 StPO: StA darf zu ungunsten des Angeklagten Revision nicht gestützt auf die Rüge einlegen, es seien (zum Nachteil des Angeklagten) Rechtsnormen verletzt, die nur zu seinen Gunsten geschaffen wurden
Beschwer: Nebenkläger
= soweit er durch das angefochtene Urteil gerade in seiner Stellung als Nebenkläger verletzt ist (MG/S § 400 Rn 1)
== die unterlassene oder fehlerhafte Anwendung eines Strafgesetzes, auf das sich seine Anschlussbefugnis nach § 395 StPO stützt
- nicht hinsichtlich der Rechtsfolgenentscheidung, § 400 I StPO
- § 339 StPO analog
Ordnungsgemäße Revisionseinlegung: Erklärung
= jede Erklärung, die den Anfechtungswillen des Beschwerdeführers erkennen lässt
-> unbestimmte Anfechtung: zulässig, weil die Entscheidung über das geeignete Rechtsmittel idR erst nach Kenntnis des schriftlichen Urteils sinnvoll getroffen werden kann
–> bis zum Ende der Revisionsbegründungsfrist erforderlich, sonst als Berufung behandelt
Ordnungsgemäße Revisionseinlegung: Adressat
- ausschließlich das Gericht, dessen Urteil angefochten wird (ggf. auch durch entsprechende Weiterleitung möglich)
-> entscheidend ist aber nur gem. § 341 I StPO das “Gericht”, dh Fehler bei Az. oder Spruchkörper sind irrelevant
Ordnungsgemäße Revisionseinlegung: Form
- Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle
-> Rechtspfleger wird persönlich aufgesucht und Erklärung wird in bestimmter Form abgegeben, § 24 I Nr. b RPflG, MG/S Einl. Rn. 135
-> Protokoll der Sitzungsniederschrift: richterliches Protokoll (§ 271 StPO) ersetzt Form, § 8 I RPflG
-> andere Protokolle: schriftliche Erklärung, wenn “selbst gelesen und genehmigt” des Angeklagten - Schriftlich
-> handschriftliche Unterzeichnung nicht erforderlich (e con § 345 II StPO), solange feststeht, dass das Schriftstück dem Gericht mit Wissen und Wollen des Berechtigten zugeleitet worden ist
-> durch Telefax möglich, allerdings muss Original handschriftlich unterschrieben sein und Telefaxschreiben muss diese Unterschrift enthalten
-> bei pdf-Anhang: Ausdruck, der zu den Akten kommt, erfüllt die Schriftform
-> bei Computerfax: maßgeblich ist ebenfalls Ausdruck
Ordnungsgemäße Revisionseinlegung: Frist
- Beginn mit Verkündung des Urteils
-> § 341 II: mit Zustellung, wenn Angeklagter abwesend (rein faktische Abwesenheit maßgeblich)
-> nach § 145a III StPO unzulässige Doppelzustellung: zuletzt bewirkte Zustellung, § 37 II StPO
-> Rückausnahme nach § 341 II StPO: Verkündung maßgeblich, wenn diese in den gesetzlich vorgesehenen Fällen in Anwesenheit des Verteidigers mit nachgewiesener Vertretungsmacht stattgefunden hat (insb. § 234 StPO iVm §§ 231 II, 231b I StPO) - Ende nach § 43 StPO mit Ablauf des Wochentages der nächsten Woche, an welchem das Urteil verkündet war
-> maßgeblich ist Eingang bei Gericht
-> Zweifel hinsichtlich Eingangszeitpunkt zugunsten des Angeklagten, allerdings muss feststehen, dass Erklärung überhaupt eingegangen ist
Ordnungsgemäße Revisionseinlegung: Frist: Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, §§ 44ff. StPO
- Zulässigkeit
a. Antragstellung innerhalb einer Woche nach Wegfall des Hindernisses, § 45 I StPO
-> aber auch gem. § 45 II S. 3 StPO von Amts wegen möglich (!)
b. Revisionseinlegung innerhalb derselben Frist, § 45 II S. 2 StPO
c. Glaubhaftmachung der Tatsachen zur Begründung des Antrags, § 45 II S. 1 StPO
d. Zuständigkeit des Revisionsgerichts, § 46 I StPO
B. Begründetheit
= unverschuldete Fristversäumung des Angeklagten, § 44 S. 1 StPO
a. Verschulden der Post in Anlehnung an § 270 S. 2 ZPO
b. Verschulden der Justiz, etwa § 44 S. 2 StPO
c. Verschulden des Verteidigers oder dessen Angestellter (keine Zurechnung, aber ggf. Mitverschulden)
Mögliche Einhaltung der Revisionsbegründungsfrist
- Beginn
a. mit Ablauf der Revisionseinlegungsfrist, § 345 I S. 1 StPO
b. mit wirksamer (!) Zustellung des Urteils, § 345 I S. 2 StPO (idR Vermerk des Anwalts oder Eingangsstempel) - Ende nach § 43 StPO (1 Monat)
- bei Fehlen eines Kalenders “jedenfalls nicht vor Ablauf des …”
Mögliche Einhaltung der Revisionsbegründungsfrist: Unwirksamkeit der Urteilszustellung
- Verstoß gegen § 36 I S. 1 StPO (ohne Anordnung des Vorsitzenden)
-> Verweis des § 37 StPO in die ZPO beachten (bspw. Heilung)
-> Grundvoraussetzung ist die eindeutige richterliche Bezeichnung des Zustellungsempfängers - Fehler bei der Ersatzzustellung, §§ 37 StPO iVm §§ 178, 180, 181 ZPO
- Fehler beim Empfangsbekenntnis, § 37 StPO iVm § 174 ZPO
-> nur wirksam, wenn der Verteidiger persönlich Kenntnis vom Gewahrsam an dem ihm zustellungshalber übersandten Schriftstück erhalten hat und durch Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses den Willen äußert, das Schriftstück als zugestellt anzunehmen - Fehler bei Zustellung an Wahlverteidiger, § 145a StPO
-> gesetzlich normierte Zustellungsvollmacht gilt nur, wenn sich die Vollmacht bereits bei den Akten befindet
-> aber Möglichkeit der rechtsgeschäftlichen Zustellungsvollmacht (!) - Urteilszustellung trotz mangelnder Fertigstellung des Protokolls, § 273 IV StPO
-> insb. nicht unterschrieben oder Änderung ohne Genehmigung durch Protokollvermerk
-> auch möglich bei schwerwiegender Mangel- oder Lückenhaftigkeit trotz Unterschrift
Mögliche Einhaltung der Revisionsbegründungsfrist: Gegenstand der Zustellung
- grds. nur Urteil in Ausfertigung
-> amtliche Abschrift oder Ablichtung, die mit Ausfertigungsvermerk, Unterschrift des Urkundsbeamten und dem Gerichtssiegel versehen ist
Mögliche Einhaltung der Revisionsbegründungsfrist: Wiedereinsetzung
- grds. möglich
- allerdings grds. nicht zur bloßen Möglichkeit der Nachholung von weiteren Verfahrensrügen
-> Frist des § 345 StPO ist hier an sich nicht versäumt
Fehlen von Rechtsmittelrücknahme/-verzicht
= wenn derjenige, der das Rechtsmittel eingelegt hat/einzulegen hat, die Rücknahme bzw. den Verzicht in der für die Rechtsmitteleinlegung vorgeschriebenen Form erklärt und diese Erklärung bei dem mit der Sache befassten Gericht eingeht
-> bedingungsfeindlich, unwiderrufbar und unanfechtbar
-> allerdings: unwirksam, wenn unzulässige Beeinflussung erfolgte
- Beachte
-> Rechtsmittelrücknahme/verzicht muss tatsächlich erfolgt sein (ggf. Beweiskraft des Protokolls, § 274 S. 1 StPO, aber Genehmigung erforderlich, § 273 III S. 3 StPO)
-> § 302 I S. 2: Ausschluss bei Verständigung
-> § 302 II: Ausdrückliche Ermächtigung des Verteidigers
-> Bewusstsein der Tragweite der Erklärung