Prediger Flashcards

1
Q

Bibel project Video anschauen

A

Just do it

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2
Q

Titel

A

Titel „Kohelet“ (תֶלֶהֹק; qöhelet):

❖ nach dem sprechenden Hauptcharakter des Buches, dem „Prediger“

❖ kommt nur in Prediger vor1

❖ = Titel, kein Eigenname:2
▪ geht auf das hebr. Verb להק (qhl; „sammeln, versammeln“) zurück
▪ = „der Versammelnde“ bzw. der „Versammlungsleiter od. - sprecher“ 3

❖ LXX: Ἐκκλησιαστής (= Mitglied der ἐκκλησία) → Vulgata: Liber Ecclesiastes → englische Bezeichnung: ‚Ecclesiastes‘

❖ deutsche Bezeichnung „Prediger“ = v.a. durch LUTHER geprägt

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3
Q

Kanonizität

A

Kanonizität: umstritten4 – aber nie grundlegend bestritten:

❖ Einwände gegen Kanonizität: (1) Spannungen und schwer zu harmonisierende Passagen im Buch selbst (z.B. 2,2a mit 7,3; 2,2b mit 8,15; 4,2 mit 9,4)

(2) Spannungen und schwer zu harmonisierende Passagen mit der Tora bzw. anderen Teilen des ATs = fehlende Orthodoxie (z.B. 1,3; 11.9; vgl. Num 15,39) (3) der säkulare Charakter des Buches

❖ UND: Prediger wird im NT nicht direkt als Schrift zitiert - wenn auch sehr häufig auf das Buch angespielt wird

❖ ABER: Kanonizität des Buches wurde vom Mainstream der jüdischen und später christlichen Gemeinschaft nie ernsthaft bestritten: ▪ apokryphe Bücher Jesus Sirach (ca. 190 v.Chr.) + Weisheit Salomos (1.Jh. v.Chr.)
beziehen sich auf Prediger als Heilige Schrift6
▪ Textfunde von Qumran
bestätigen den frühen autoritativen Charakter des Buches7
▪ frühe Kirche akzeptierte die Kanonizität ausnahmslos:
✓ Prediger ist in nahezu allen Kanonlisten enthalten8
✓ die frühen Kirchenväter zitieren Prediger als Heilige Schrift9

▪ → Frage = ‚Warum ist das Buch kanonisch?‘ nicht: ‚Ist das Buch kanonisch?‘10 → das Predigerbuch hatte schon vor der Zeitenwende kanonischen Status

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4
Q

Stellung im Kanon

A

hebräische Tradition:

▪ Talmud (bT Baba Batra 14b): Rut – Ps – Hi – Spr – Pred – Hld – Klgl – Dan – Est ▪ Prediger wird den Megillot („Festrollen“) zugeordnet11

❖ LXX: ▪ Spr, Pred + Hld werden als Schriften Salomos nebeneinander gestellt: Ps – Oden – Spr – Pred – Hld – Hi ▪ →Vulgata + westliche Bibeln: Hi – Ps – Spr – Pred – Hld

❖ in allen Traditionen: Spr – Pred – Hld gehören in genau dieser Reihenfolge zusammen

→ Bücher ergänzen sich gegenseitig und sind für eine ausgewogene Lehre notwendig

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5
Q

Verfasserschaft

Die Überschrift des Buches

A

1,1: „Worte des Predigers, des Sohnes Davids, der Königs von Jerusalem!“

❖ „Kohelet“ (תֶלֶהֹק; qöhelet) = kein Eigenname, sondern ein Titel (s.o.) → wird nirgends konkret identifiziert

❖ „Sohn“ (ןֵּב, Ben) = ‚Sohn/Enkel‘ bzw. einfach ‚Nachfahre‘: ▪ wird häufig im AT für Nachfahren verwendet die viele Generationen nach dem genannten Menschen leben (siehe z.B. Söhne Davids (יֵּנְּב דִוָד, bünê-däwîd) in 2Chr 13,8; 23,3; 32,33; Esr 8,2; u.v.m.)
▪ → = ein Sohn oder ein Nachkommen Davids

❖ das Buch selbst nennt keinen Verfasser explizit! Hinzu kommt: Aussagen über Entstehungszeit des Buches bzw. zeitgeschichtliche Angaben fehlen

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6
Q

Verfasserschaft

Bestreitung der salomonischen Verfasserschaft

A

Entgegen der frühen jüdischen13 und frühen christlichen Meinung14 ist es seit dem 17. Jh. n.Chr. weitgehender Konsens (auch unter konservativen Exegeten), dass das Predigerbuch nicht von Salomo geschrieben worden ist.

Vertreter (Auswahl):
❖ IBN EZRA (12. Jh.) ❖ LUTHER (16. Jh.)15 ❖ GROTIUS (1644) ❖ MICHAELIS (1751) ❖ EWALD (1826) ❖ DE WETTE (1844) ❖ KRÜGER (BKAT) ❖ SCHWIENHORST-SCHÖNBERGER

inkl. vieler konservativer Exegeten, z.B.: ❖ DELITZSCH (Biblischer Commentar) ❖ YOUNG ❖ KIDNER (TOTC) ❖ HENGSTENBERG (KAT) ❖ STOLL (WStB) ❖ LONGMAN (NICOT) ❖ BARTHOLOMEW (BCOTWP) ❖ u.A.

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7
Q

Verfasserschaft

Argumente gegen die salomonische Verfasserschaf

A

❖ Name Salomo wird – im Gegensatz zum Buch der Sprüche (1,1; 10,1; 25,1) oder dem Hohenlied (1,1) – nicht erwähnt

❖ Stil + Sprache weisen in die nachexilische Zeit:
▪ persische Lehnwörter in 2,5 (םיִסֵּדְּרַפ; par
•Dësîm; ‚Lustgärten‘) und 8,11 (םָגְּתִפ; pit•gäm; ‚Urteilsspruch‘) ▪ Vokabular und Syntax weisen auf ein spätes Hebräisch (Mischna-Hebräisch)
▪ viele Aramaismen
▪ midraschartiger Stil

❖ hohe ideen – und theologiegeschichtliche Entwicklung:
▪ Skeptizismus im Buch (z.B. die kritische Hinterfragung des TEZ) wird als Gegenbewegung zur früheren Weisheit verstanden (siehe z.B. Spr 10-22) = die sogenannte ‚Krise der Weisheit‘ ▪ grundsätzlich: viele Aussagen des Predigers spiegeln eine hochentwickelte, stark reflektierte Weisheit wider

❖ inhaltliche Unstimmigkeiten: ▪ 1,16 + 2,9: „…ich habe die Weisheit vergrößert und vermehrt, mehr als jeder, der vor mir über Jerusalem war…“
▪ Königskritik von Salomo? (vgl. z.B. 4,13; 7,19; 8,2-4; 9,14-15; 10,4-7)
▪ Königsherrschaft wird in der Vergangenheit beschrieben (1,12ff.) und das Königsamt als Außenstehender betrachtet (8,2-8)
▪ Spannungen und vermeintliche Widersprüche (z.B. 7,16-17; 8,10.12b-14) + spätere Überarbeitungen (z.B. 12,9-11.12.14; 7,27; 11,9b) weisen auf vermeintliche Redaktoren
▪ soziale und ökonomische Umstände (Wohlstand, Ungerechtigkeit, usw.) passen eher ins 5. Jh. v.Chr. als in die Zeit Salomos = ‚Sitz im Leben‘

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8
Q

Verfasserschaft

5 Modelle zur Erklärung, wenn Salomo nicht den Prediger geschrieben hat

A

(1) literarkritische Erklärung:

Spannungen und Widersprüche = das Ergebnis seiner langen Wachstumsgeschichte (C. SIEGFRIED; G.A. BARTON; D. BUZY; A.LAUHA)

(2) biografische Erklärung:

der Prediger zeichnete seine Gedanken so auf, wie sie kamen → vorliegende ‚Struktur’ = chronologisch bedingt (V.ZAPLETAL; F. ZIMMERMANN)

(3) gattungskritische Erklärung:

Prediger = das Ergebnis von einem Autor, der v.a. im Rahmen (1,1-11 + 12,8-14) erscheint, „der dann die Geschichte einer realen oder fiktiven Person namens Kohelet erzählt, die im Corpus des Buches (1,12-12,7) in Form einer langen Rede ausführlich zu Wort kommt und darin ihre eigenen Geschichte erzählt, in der nicht selten frühere Ansichten späteren Erkenntnissen weichen müssen.“ → Kohelet + Autor des Buches = verschiedene Personen (M.V. FOX; T. LONGMAN)

(4) Zitatentheorie:

erklärt die Spannungen und Widersprüche mit der Annahme, dass der Prediger häufig zitiert und sich dann mit den Ansichten kritisch auseinandersetzt; PROBLEM: Zitate sind nicht als solche gekennzeichnet (R.N. WHYBRAY; D.MICHEL; F.J. BACKHAUS; L. SCHWIENHORST-SCHÖNBERGER; N. LOHFINK)

(5) rezeptionsorientierte Erklärung:

in Verbindung mit der Zitatentheorie: Spannungen und Widersprüche im Buch = intendierte Form der Argumentationsstrategie, die den Leser in besonderer Weise an der Konstitution des Textverständnisses beteiligen soll; Form des Buches = Diatribe (In der Diatribe steht die Behandlung unterschiedlicher Themen unter einer gemeinsamen Grundidee, die häufig am Anfang des Werkes programmatisch entfaltet wird und anschließend auf unterschiedliche Situationen des alltäglichen Lebens appliziert und anhand vieler von der Tradition vorgegebenen Themen und Motive durchgespielt wird). = fiktiver Dialog mit den Gegnern des Predigers (N. LOHFINK; L. SCHWIENHORST-SCHÖNBERGER)

ALLERDINGS: In der neueren Forschung sieht man das Predigerbuch wieder zunehmend als Einheit.

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9
Q

Verasserschaft pro Salomo

Verteidigung der salomonischen Verfasserschaft

A

❖ Titel König in Jerusalem (םִָלָשוּריִב ךְֶלֶמ, meºlek• Bîrûšäläºim) und Sohn Davids ( דִוָד־ןֶב, Ben-Däwìd), die Bezeichnung als „Weiser“ (םכח; Hkm - vgl. 1Kön 5,26-32; 10,23-29; 2Chr 1,7-13)) und v.a. die autobiografischen Beschreibungen in Pred 1-2 weisen deutlich in die Richtung Salomos

❖ sprachliche Argumente lassen keine eindeutige Datierung zu:
▪ persische Lehnworte können auch mit phönizischem und syrischem Dialekt erklärt werden (siehe z.B. DELITZSCH, DRIVER, GORDIS, KOEHLER) ▪ Hebräisch im Prediger = besonders und einzigartig (!) → kann keiner Epoche wirklich zugeordnet werden: „The book fits into no known period of the history of the Hebrew language.”
▪ Aramaismen gibt es schon zu Beginn des 1.Jt.s. v.Chr.
▪ mit Sprache und Stil kann auch für eine vorexilische Abfassung argumentiert werden
→ es gibt schlicht zu wenig außerbiblische hebräische Texte, anhand derer eine umfassende Sprachgeschichte erstellt werden könnte

❖ die Annahme einer ‚Krise der Weisheit‘ bzw. einer theologiegeschichtlichen Entwicklung innerhalb der alttestamentlichen Weisheitsliteratur ist spekulativ und basiert auf falschen Voraussetzungen; die Möglichkeit paralleler Vorstellungen wird verkannt20

❖ die scheinbaren inhaltlichen Unstimmigkeiten lassen sich bei genauer Exegese gut erklären:
▪ 1,16 + 2,9: auch vor David gab es viele Herrscher über Israel und Jerusalem → Aussage darf nicht auf die israelitischen Könige begrenzt werden
▪ Spannungen und Königskritik (die übrigens auch bei jedem anderen König – vgl. 1,1 – überraschen würden) lassen sich gut mit dem polaren Denken des Predigers erklären ▪ gerade die häufige Erwähnung von Königen, Herrschern und Prinzen (26x!) weist eher auf die vorexilische Zeit
▪ die Suche nach dem ‚Sitz im Leben‘ = spekulativ und häufig nicht mit dem Text zu verifizieren

❖ viele Parallelen zu den anderen salomonischen Schriften – sowohl auf linguistischer als auch auf konzeptioneller Ebene

❖ jüdische + christliche Tradition: Salomo = Verfasser des Buches

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10
Q

Verfasserschaft
ALTERNATIVE LÖSUNG

A

Trennung Verfasser – Prediger:

❖ Prolog + Epilog (Pred 1,1-11 + 12,9-14) + 7,27
= Worte des Verfassers
→ auf den Prediger wird sich in der 3.P.Sg. bezogen

❖ Pred 1,12-12,8 = die eigentlichen Worte des Predigers → Prediger selbst (Salomo?) spricht in der 1P. Sg. (außer in 7,27!) 21

Allerdings: ❖ Worte des Predigers scheinen schon in 1,3 zu beginnen
❖ die Funktion der einzigen Wortmeldung des Verfassers innerhalb des Korpus (7,27) ist nicht ersichtlich und erscheint künstlich
❖ im AvO und AT war es üblich, dass der Sprechende/Schreibende die 1. und 3.P. Sg. im Wechsel für sich selbst verwendete

→ keine Notwendigkeit, die Aussagen des Buches in zwei Stimmen aufzuteilen

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11
Q

Fazit Verfasserschaft

A

es gibt keine Gründe, die dagegen sprechen, dass Salomo nicht nur die literarische Person, sondern auch der tatsächliche Verfasser des Predigerbuches ist.

Somit kann man mit guten Argumenten – allerdings ohne allzu dogmatisch zu sein – an der langen jüdischen und christlichen Tradition festhalten.

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12
Q

Warum ist das Predigerbuch so ein herausforderndes Buch?

A

(1) Viele Aussagen sind nur schwer zu verstehen und scheinen dem Rest der Heiligen Schrift zu widersprechen:

❖ 1,2.14; 2,11.17; 3,19; 11,8; 12,8 „…alles ist nichtig (und ein Haschen nach Wind)“
❖ 1,13: „…ein übles Geschäft hat Gott den Menschen Kindern gegeben, sich darin abzumühen“
❖ 1,17: „Auch richtete ich mein Herz darauf, Weisheit zu erkennen und Erkenntnis von Tollheit und Torheit zu haben. Doch erkannte ich, dass auch das nur ein Haschen nach Wind ist.“
❖ 7,1: „Besser der Todestag als der Geburtstag“
❖ 7,16: Sei nicht allzu gerecht und gebärde dich nicht übermäßig weise.“

(2) Die Aussagen des Predigers = die Aussagen des inspirierten Verfassers (!):
❖ = Unterschied zu den Reden von Hiobs Freunden / des Pharao / der Pharisäer / Satans usw.
❖ im ganzen (!) Predigerbuch spricht der inspirierter Verfasser selbst
→ die schweren Aussagen können nicht einfach dem „natürlichen Menschen, unabhängig vom Geist Gottes und der göttlichen Offenbarung“ zugeordnet werden

(3) Der Prediger ist ganz offensichtlich ein gläubiger Mensch

(4) Es gibt große Unterschiede im grundsätzlichen Verständnis des Buches

FOLGE: Die meisten Ausleger (und Bibelleser) sehen das Predigerbuch negativ, pessimistisch oder sogar widersprüchlich und erkennen so gut wie keine kohärente Gesamtbotschaft des Buches. Damit ist es für viele nahezu irrelevant für den Glauben und nimmt in ihrer Theologie und Bibellektüre nur einen sehr geringen Platz ein.

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13
Q

Woran sieht man, dass der Prediger ein grundsätzlich gläubiger Mensch ist

A

❖ Gott wird selbstverständlich vorausgesetzt: 1,13; 2,24f.; 3,10ff.; 4,17; 5,1ff.; 6,2; 7,13ff.; 8,2ff.; 9,1.7; 11,5.9; 12,7.13f.

„So redet ein Skeptiker, ein grundsätzlicher Zweifler
nicht. Gott! Siebenunddreißig Mal wird … der Name Gottes ausgesprochen. Diese Tatsache ist bei der Lektüre von Wort zu Wort in Rechnung zu stellen.“

❖ Gott ist der Ursprung von allem: 1,13; 2,24f.; 3,10ff., 3,13; 5,17ff.; 6,2; 3,13; 7,29; 8,15.17; 11,5; 12,1

❖ Gott ist absolut souverän: 3,14f.; 7,13ff.; 9,1;

❖ Gott wird am Ende alle Menschen richten: 3,17; 11,9; 12,14 (vgl. 8,12-13)

❖ Der Mensch wird aufgefordert Gott zu gefallen (2,26) , ihn zu fürchten (3,14; 5,6; 7,18; 8,12.13; 12,13) und an ihn zu denken (12,1)

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14
Q

Es gibt große Unterschiede im grundsätzlichen Verständnis des Buches?

A

❖ Pessimismus (RYRIE, ANDERSON, BISHOP, CRENSHAW, LOADER)

❖ Botschaft ex negativo? (ZIMMERLI, S. 238; LAUHA, S. 23F, 191; LOADER, LONGMAN)

❖ Skeptiker (J. PEDERSEN, PFEIFFER, KLOPFENSTEIN, MURPHY, CRENSHAW, FOX)

❖ Nicht Empiriker, sondern erkenntnistheoretischer Skeptiker (MICHAEL)

❖ Sinn- und Lebenskrise des Predigers (O. KAISER)

❖ „Messianische Weissagung“ (HERTZBERG, S. 238)

❖ Freude – ‘Preacher of Joy’ (FORMAN, GORDIS, GOOD, LOHFINK, WHYBRAY)

❖ „Hohelied der Gottesfurcht“ (DELITZSCH in Anlehnung an HEINE: „Hohelied der Skepsis“)

❖ Pessimismus + Optimismus = Realismus Unterschiede sind v.a. durch unterschiedliche Betonung bestimmter Aussagen bedingt:

❖ pessimistische Auslegung: Betonung der Motto- und Rahmenverse bzw. der Nichtigkeitsaussagen

❖ optimistische Auslegung: Betonung des refrainartigen Aufrufs zur Freude ABER: im Buch selbst wird beides betont

→ das eine darf nicht gegen das andere ausgespielt werden31

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15
Q

Was versteht man unter dem
epistemologischen Ausgangspunkt des Predigers?

A

Der epistemologische Ausgangspunkt des Predigers ist die empirisch beobachtete Lebenswirklichkeit:

❖ ohne Frage: das Predigerbuch = das vollkommen inspirierte Wort Gottes ➔ Frage ≠ ob das Predigerbuch inspiriert ist, sondern auf welche Art und Weise dies geschah

❖ der Prediger setzt sich hin und betrachtet und beschreibt das Leben einfach so wie es ist = beobachtete Lebenswirklichkeit: ▪ Erkenntnisquelle = v.a. das beobachtete Leben „A person acquires wisdom not by receiving divine revelation but by recording observations about what works or fails to work in daily life.”
▪ = typisch für die Weisheitsliteratur im AvO und im AT

❖ der Prediger arbeitet v.a. empirisch: Beobachtungen, Erfahrungen, Fragen, Fallbeispiele, Reflexionen, Schlussfolgerungen usw.:36
▪ Ausgangspunkt = der Mensch bzw. seine eigenen Erfahrungen, Beobachtungen, Reflexionen usw. (vgl. das häufige Vorkommen der 1P.Sg. im Predigerbuch37) ✓ mehr als 80x kommt die 1P.Sg. im Predigerbuch vor ✓ im Hebräischen oft durch zusätzliches Personalpronomen (יִנֲא, ´ánî) betont
▪ Methode = beobachten, nachdenken, erforschen, meditieren, prüfen, bewerten, evaluieren, schlussfolgern

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16
Q

Woran zeigen sich die empirische Epistemologie und der Ausgangspunkt bei der beobachteten Lebenswirklichkeit im Buch Prediger?

A

Verwendete Wahrnehmungsverben:

Beobachten
Nachdenken
Erforschen
Meditieren

Prüfen
Bewerten
Evaluieren

Schlussfolgern

17
Q

Der epistemologische Ausgangspunkt bei der empirisch beobachteten Lebenswirklichkeit widerspricht dabei nicht der Inspiration.
Woran zeigt sich das?

A

❖ Inspiration bezieht sich auf das WAS der Offenbarung (Inhalt) + auf das WIE der Offenbarung (= Gattung inkl. dem epistemologischen Ausgangspunkt)

❖ Inspiration bedeutet: Gott hat für die Offenbarung eines bestimmten Inhaltes auch eine bestimmte Art und Weise (Gattung + epistemologischer Ausgangspunkt) gewählt = Teil der Offenbarung

ABER: hermeneutisch – also im Blick auf die Auslegung des vollkommen irrtumslosen Wort Gottes – gibt es einen wichtigen Unterschied, zwischen einem „So spricht der HERR…“-Text (z.B. Ex 20ff.; Am 1,3; Ob 1; Mi 2,3; Hag 1,2; Sach 1,3; u.v.m.) und einer Aussage wie „Besser in einer Ecke auf dem Dach wohnen als mit einer streitsüchtigen Frau im gleichen Haus“ (Spr 21,9).

Extra-Karte: Wie sind dabei die Aussagen des Predigers?

18
Q

Wie sind die Aussagen des Predigers im Predigerbuch?

A

Die Aussagen des Predigers:

(1) sind beschreibende Aussagen über das beobachtete Leben:
▪ Gott wird nicht explizit als Offenbarungsquelle genannt – wie z.B. durch die Offenbarungsformeln der atl. Propheten (z.B. „So spricht JHWH“ o.Ä.)
▪ Aussagen sind v.a. indikative Beschreibungen der beobachteten Lebenswirklichkeit (nur wenig Imperative sind zu finden)

(2) beschreiben nur einen Teil der Lebenswirklichkeit unter einer bestimmten Perspektive

(3) sind deshalb zunächst ‚beobachtete Wahrheiten‘ nicht automatisch ‚absolute Wahrheiten

drei Beispiele:

„Pläne kommen durch Beratung zustande, und mit weiser Überlegung führe Krieg!“ (Spr 20,18)

„Schlägst du den Spötter, so wird der Einfältige klug; und weist man den Verständigen zurecht, so wird er auf Erkenntnis achtgeben.“ (Spr 19,25)

„Dem, der zugrunde geht, gebt Bier, und Wein denen, die verbittert sind. Sie sollen trinken und ihre Armut vergessen und nicht mehr an ihr Elend denken.“ (Spr 31,6f.)

→ ‚beobachtete Wahrheiten‘ wollen v.a. Prinzipien vermitteln, wobei v.a. das kommunizierte Prinzip bindend bleibt – nicht unbedingt die beobachtete Lebenswirklichkeit42 FAZIT: Der epistemologische Ausgangspunkt des Predigerbuches ist die empirisch beobachtete Lebenswirklichkeit.

19
Q

Wie ist die Perspektive des Predigers?

A

“Unter der Sonne”

Im Predigerbuch selbst wird nicht nur das empirische und beobachtende Vorgehen beschrieben, sondern auch die Perspektive, unter der diese Beobachtung geschieht.

Der Prediger betrachtet das Leben aus dem menschlichen, auf das Irdische und Sichtbare begrenzten Blickwinkel.

20
Q

Wo kommt “unter der Sonne” vor?

A

❖ Wendung kommt 29x in Pred vor – sonst nie im AT!: 1,3.9.14; 2,11.17-20.22; 3,16; 4,1.3.7.15; 5,12.17; 6,1.12; 8,9.15.17; 9,3.6.9.11.13; 10,5

❖ vgl. „unter dem
Himmel“ (םִיָמָשַה תַחַת, TaºHat haššämäºyim) in 1,13; 2,3; 3,143

❖ vgl. auch „auf der Erde“ (ץֶרָאָה־לַע, `al-hä´äºrec) in 5,1; 7,20; 8,14.16; 11,2; 12,7

❖ = Teil der zentralen Frage in 1,3 (vgl 2,11; 6,11)

21
Q

Was bedeutet “unter der Sonne”?

A

kennzeichnet den Gegensatz zwischen Himmel und Erde bzw. zwischen Transzendenz und Immanenz:
▪ „unter der Sonne“/„unter dem Himmel“/„auf der Erde“ = die diesseitige Schöpfung - Gegensatz = ‚über der Sonne/Himmel‘
▪ siehe v.a. 5,1 und 12,7 (Staub → Erde vs. Geist → Gott); vgl. Ex 17,14; Dtn 7,24; 9,14

❖ kennzeichnet die Beschränkung auf die jetzige Zeit:
▪ ‚die Sonne sehen‘ steht im Predigerbuch sinnbildlich für das Leben – nur lebende Menschen können die Sonne sehen (6,5; 7,11; 9,6; 11,7)
▪ → „unter der Sonne“ = das diesseitige Leben bzw. die jetzige Lebenszeit

❖ kennzeichnet gleichzeitig die universale Reichweite:
▪ „unter der Sonne“ = ALLES unter der Sonne
▪ vgl. das häufige Vorkommen von „alles“ (לָכ, kol) im Bezug auf die Perspektive „unter der Sonne“45 „The phrase ‚ under the sun’ reinforces the universal sweep of the thematic statement and its rationale. Nothing falls outside the area circumscribed by TaºHat haššäºmeš, except Sheol and heaven.”
„Damit wird der Raum eingegrenzt und qualifiziert, in dem nach einem Gewinn gefragt wird. Er ist immanent und universal zugleich.“47
❖ = anthropologischer
Fragehorizont: ▪ = die Perspektive des Menschen ▪ = typisch für die atl. Weisheit

22
Q

Fazit “unter der Sonne”

A

FAZIT:

❖ der Prediger betont immer wieder die Perspektive, mit der er das Leben erforscht und reflektiert: aus der jetzigen, menschlichen Perspektive

❖ = nicht Perspektive eines Ungläubigen, sondern Perspektive des Menschen:
▪ der Mensch (ob gläubig oder nicht) kann solange er auf dieser Erde lebt keine andere Perspektive einnehmen
▪ auch gläubige Menschen ringen mit der Frage nach Sinn, Bedeutung und v.a. der Unergründlichkeit des Lebens

Die Aussagen im Buch Prediger sind also v.a. Beobachtungen, Erfahrungen und Schlussfolgerungen aus menschlicher Perspektive – zunächst unter Absehung Gottes!

23
Q

Die vorläufige Antwort des Predigers auf die zentrale Frage nach dem Gewinn des Menschen bzw. der Frage nach dem Sinn des Lebens ist:

A

„Alles ist לֶבֶה (hebel)“

24
Q

Wichtigkeit von hebel im Predigerbuch

A

Das Wort לֶבֶה(hebel) ist Schlüsselbegriff und zentrale Kernaussage im Predigerbuch:

❖ 38 von 73 atl. Vorkommen sind im Predigerbuch zu finden

❖ allein im rahmenden Thema- und Mottovers (1,2+12,8) kommt לֶבֶה 8x vor

25
Q

Bedeutung und Aussageabsicht von לֶבֶה sind umstritten

Warum ist das wichtig?

A

❖ Verständnis/Deutung von לֶבֶהist aber entscheidend für das Gesamtverständnis des Buches „We can say that the history of interpretation of Ecclesiastes is one mainly of its meaning of hebel.”

❖ → negative Sicht auf das Predigerbuch ist dadurch bedingt, dass לֶבֶהzu schnell als ‚sinnlos bzw. vergeblich‘ übersetzt wird

26
Q

Die wörtliche Bedeutung von לֶבֶה:

A

❖ = ‚Dampf‘, ‚Hauch‘ oder auch ‚Nebel‘

❖ allerdings: wörtlich wird לֶבֶה nur 3x im AT verwendet (Ps 62,10; Spr 21,6: Jes 57,13)

❖ → לֶבֶה wird hauptsächlich metaphorisch verwendet: (vgl. an einem kalten Wintertag ausatmen)

▪ was sieht man: Dampf
▪ was noch: Dampf ist substanz- /gewichtslos
▪ was noch: Dampf ist nach einer Sekunde wieder verschwunden
▪ was noch: Dampf ist nicht zu fassen (vgl. „Haschen nach Wind“)

27
Q

Die metaphorische Bedeutung von לֶבֶה im Alten Testament

A

❖ לֶבֶה steht für Gehaltlose (Jer 10,8.15; 14,22; 16,19; );

Wertlose (2Kön 17,15; Jer 2,5; 10,4) oder Nutzlose (Klgl 4,17)

❖ לֶבֶה steht für die
Vergänglichkeit, Begrenztheit (Hi 7,16; Spr 31,30)

❖ לֶבֶה steht für die Kürze und Unsicherheit des Lebens (Hi 7,16; Ps 33,6f.; 78,33; 144,4 + der Name „Abel“ (לֶבֶה; hebel) in Gen 452)

28
Q

Die metaphorische Bedeutung von לֶבֶה im Predigerbuch:

A

bedeutet nicht ‚sinnlos‘, ‚vergeblich‘ oder ‚absurd

bedeutet nicht ausschließlich ‚begrenzt‘ oder ‚vergänglich‘

bedeutet v.a. ‚unergründlich‘, ‚vorübergehend‘, ‚flüchtig‘, ‚vergänglich‘, ‚nicht zu fassen bzw. zu kontrollieren

Details Skript S 29

29
Q

Hebel bedeutet v.a. ‚unergründlich‘, ‚vorübergehend‘, ‚flüchtig‘, ‚vergänglich‘, ‚nicht zu fassen bzw. zu kontrollieren.

Warum?

A

(1) passt am besten zur Metapher ‚Dampf‘ bzw. ‚Hauch‘:

(2) passt am besten zur wichtigen Näherbestimmung durch „Haschen nach Wind“

(3) passt am besten zum Gesamtduktus des Predigerbuches:

Aber hebel ist eine mehrdeutige Metapher
- je nach Kontext
- da Schlüsselwort immer gleich übersetzen

30
Q

theologische Aussage Hebel Texte

A

❖ das Leben ist wie Dampf oder ein Hauch: unergründlich, vorübergehend, flüchtig, vergänglich, nicht zu fassen oder zu kontrollieren

❖ das Leben + die Frage nach einem guten Leben bzw. der Bedeutung des Lebens ist für den Menschen aus seiner jetzigen Perspektive „unter der Sonne“ rätselhaft, unergründlich und nicht zu fassen oder zu kontrollieren:
▪ Leben + Tun des Menschen hat Sinn und Bedeutung – aber der Mensch kann diese nicht ergreifen, vollkommen verstehen (3,11) oder kontrollieren; das Leben bleibt ihm ein Rätsel
▪ = anthropologische Aussage

Hebel beschreibt die Geheimnisse und offenen Fragen des Lebens

❖ = die harte Lebenswirklichkeit + bewusste literarische Strategie

31
Q

Hebel auch im NT, nicht auf AT begrenzt

A

Röm 8,20-21

❖ Paulus benutzt bewusst die Übersetzung der LXX für לֶבֶה: ματαιότης
❖ = ähnliche Aussage wie im Predigerbuch:
▪ Nichtigkeit = Vergänglichkeit (siehe φθορᾶς in V.21) + Unergründlichkeit
▪ ganze Schöpfung ist unterworfen = „alles unter der Sonne“ ▪ = auch nach Tod und Auferstehung von Jesus noch so: „auf Hoffnung hin“ + Futur ἐλευθερωθήσεται „freigemacht werden wird“

32
Q

Fazit hebel

A

Das Buch des Predigers beschreibt also v.a. die Beobachtungen, Überlegungen und Schlussfolgerungen des Predigers.

Der Prediger versucht dabei aus seiner menschlichen Perspektive heraus ein gutes Leben zu finden und die Bedeutung des Lebens bzw. des Tun des Menschen zu erfassen.

Allerdings muss er feststellen, dass ein gutes Leben allein „unter der Sonne“ nicht zu finden ist und dass dem Menschen die Bedeutung des Lebens aufgrund seiner Begrenztheit und einseitigen Perspektive rätselhaft, unerklärlich und unverständlich bleibt.

Allerdings: der Prediger bleibt dort nicht stehen.

Gerade weil der Mensch den Sinn des Lebens letztlich nicht erfassen kann, soll er Gott fürchten, dass Leben genießen, im Heute leben, mutig vorangehen und sich in seiner Mühe freuen.

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GOTTESVERSTÄNDNIS des Predigerbuches

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  • entspricht dem ganzen ünrigrn AT und NT
  • Gott Schöpfer von allem
    -Gott der Gebende:

Geben = die Aktivität, mit der Gott am meisten im Buch beschrieben wird77 ▪ Gott = der Gebende von ALLEM – dem Schönen und dem Schweren, dem Guten und dem Schlechten

  • Gott absolut souverän
  • Gott = unerforschlich und nicht zu fassen
    Gott ist zwar grundsätzlich erkennbar, aber letztlich nicht zu fassen
    Beziehung Gott – Mensch = distanzierter als in anderen atl. Texten —- ABER: Gott ist kein abwesender Gott, der seine Schöpfung sich selbst überlässt

Gott = Richter: 3,15.17f.; 5,5f.; 7,16-17; 11,9; 12,14

▪ Gericht macht den Gottlosen Angst: 8,13; 11,9
▪ gibt dem Gottesfürchtigen Zufriedenheit im Bezug auf die Ungerechtigkeit in der Welt: