Polizei- und Ordnungsrecht Flashcards

1
Q

Prävention vs. Repression: Doppelfunktionale Maßnahme

A
  • hM: Schwerpunkt der Maßnahme aus Sicht eines verständigen Bürgers (bzw. nach der Zwecksetzung der Polizei)
    -> eA: Objektiv: wie für durchschnittlichen Amtswalter sich darstellt
    -> aA: Subjektiv: vom konkreten Amtswalter bezweckt
  • aA: Wahlrecht des Betroffenen
    > keine Rechtswegverdoppelung: Streitgegenstand gem. § 17 II S. 1 GVG unter allen rechtlichen Aspekten zu beurteilen
    wA: es liegen zwei VA vor, für die der jeweilige Rechtsweg beschritten werden muss
    con: künstliche Konstruktion
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2
Q

Prävention vs. Repression: Verhütung von Straftaten und Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten

A
  1. Verhütung von Straftaten, § 1 IV Alt. 1 HSOG = Teilschutzgut der öffentlichen Sicherheit, das auch bei der bevorstehenden Begehung von Straftaten betroffen ist
    - umfasst auch Vorfeldmaßnahmen, bei denen noch keine Gefahr vorliegt
  2. Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten
    = in zeitlicher Hinsicht präventiv, gegenständlich aber repressives Strafverfahren
    - Anwendungskonflikt mit StPO (-), da Verdacht (-)
    - aber: Gesetzgebungskompetenz des Bundes als Annex zum gerichtlichen Verfahren gem. Art. 74 I Nr. 1 GG
    -> BVerfG: (eher) Annexkompetenz, bei der jeweiligen Vorschrift ist zu prüfen, ob Bund abschließend Gebrauch gemacht hat
    -> BVerwG: kein repressives Polizeihandeln
    -> Dritte Kategorie, da weder Gefahr noch Verdacht, sodass weder Prävention noch Repression -> Art. 70 GG (Landeskompetenz)
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3
Q

Schutzgut: Öffentliche Sicherheit

A
  • Zustand der Unversehrtheit
  1. der subjektiven Rechte und Rechtsgüter jedes Einzelnen,
  2. der objektiven Rechtsordnung
  3. der Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates und sonstiger Hoheitsträger
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4
Q

Schutzgut: Öffentliche Sicherheit: Unversehrtheit der objektiven Rechtsordnung

A
  • umfasst alle (geschriebenen und ungeschriebenen) Rechtsnormen, die Verbote und Gebote aufstellen (nur Außenrecht!)

Ausnahme: Legalisierungswirkung von Genehmigungen (es liegt eine behördliche Erlaubnis zur Verletzung der objektiven Rechtsordnung vor)

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5
Q

Schutzgut: Öffentliche Sicherheit: subjektive Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen

A
  • Subsidiaritätsklausel: § 1 III HSOG
    -> greift nur ein, wenn privates Recht ausschließlich privatrechtliche geschützt ist
    -> bei einem Fall, bei dem auch eine Verletzung der objektiven Rechtsordnung gegeben ist, entfällt § 1 III HSOG
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6
Q

Schutzgut: bei Selbstgefährdung

A
  • Art. 2 I GG schließt Recht auf Selbstgefährdung ein (Selbstbestimmungsrecht)
  • bei Suizid:
    1. Formelle Rechtmäßigkeit
    -> Zuständigkeit: je nach EGL - § 1 III HSOG (Subsidiaritätsklausel) greift nicht, da nur ausschließlich private Rechte vorliegen dürfen; Leben ist jedoch aus Art. 2 II GG auch subjektiv-öffentliches Recht
    2. Materielle Rechtmäßigkeit
    > Gefahr:
    -> eA: (-)
    pro: “Recht auf Suizid”
    -> aA: (+)
    pro: Wertung des § 32 I Nr. 1, IV HSOG zeigt, dass Selbsttötung rechtlich missbilligt ist und die Staatsgewalt hiergegen polizeirechtlich vorgehen kann - Bürger hat mitunter Anspruch auf staatlichen Schutz vor sich selbst
    > Besondere Prüfung der Polizeipflichtigkeit im Einzelfall
    > Einfluss Urteil des BVerfG
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7
Q

Schutzgut: Öffentliche Sicherheit: Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates oder sonstiger Hoheitsträger

A
  • Einrichtungen = Behörden, Körperschaften, Anstalten etc (Sachkomplexe)
  • Veranstaltungen = ad hoc gebildete Handlungskomplexe
  • idR spezialgesetzlicher Schutz
  • aber bspw. bei Naturereignissen oder Photographierverbot von SEKs relevant
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8
Q

Schutzgut: Öffentliche Ordnung

A

= Gesamtheit außerrechtlicher ungeschriebener Regeln für das Verhalten des Einzelnen in der Öffentlichkeit, deren Beachtung nach den jeweils herrschenden Anschauungen für ein geordnetes staatsbürgerliches Zusammenleben unerlässlich ist

  • Reservefunktion
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9
Q

Gefahr: Konkrete Gefahr

A

Gefahr = Sachlage, die bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für ein polizeiliches Schutzgut führen wird

> Prognose im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit und der zeitlichen Nähe des Schadenseintritts: je größer das Ausmaß des Schadens, umso geringere Anforderungen sind an die Wahrscheinlichkeit und die zeitliche Nähe des Schadenseintritts zu stellen (die ex-ante Perspektive eines fähigen, besonnenen und sachkundigen Beamten)

Konkret = im betreffenden Einzelfall besteht Gefahr tatsächlich (zu dem Zeitpunkt der Verfügung)

  • Störung: wegen Fortsetzung, Intensivierung oder Auslösung neuer Gefahren möglich, daher auch bereits realisierte Gefahr eine Gefahr in diesem Sinne
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10
Q

Gefahr: Abstrakte Gefahr im HSOG

A
  • Konkrete Gefahr ist tatbestandliche Voraussetzung für §§ 11-43 HSOG
  • Abstrakte Gefahr = Gefahr, die in gedachten, typischen Fällen, dh aus bestimmten Arten von Handlungen oder Zuständen, in abstracto zu entstehen pflegt (typischerweise gefährlich)
  • Abstrakter Gefahr wird mit § 71 HSOG begegnet (Gefahrenabwehrverordnung)
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11
Q

Gefahr: Anscheinsgefahr

A

= wenn im Zeitpunkt des polizeilichen Eingriffs die Polizei aufgrund einer sorgfältigen Sachverhaltserforschung eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung annehmen durfte, es sich aber im Nachhinein zeigt, dass doch keine Gefahr bestanden hatte
(Kostentragung: Anscheinsstörer nur dann, wenn er bei rückschauender Betrachtung nach Aufklärung des SV tatsächlich die Anscheinsgefahr veranlasst und zu verantworten hat)

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12
Q

Gefahr: Gefahrverdacht

A

= Konstellation, in der im Zeitpunkt des polizeilichen Eingreifens der SV noch nicht vollständig bekannt ist (=Diagnose unsicher) oder aus anderen Gründen die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadens für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung noch nicht ausreichend prognostiziert werden (= Prognose unsicher)

  • Genaue Bestimmung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit - idR handelt es sich um ein Problem auf Rechtsfolgenseite (nur Gefahrerforschungseingriff, gestützt auf PGK (str.) direkt oder analog oder aus behördlichem Amtsermittlungsgrundsatz, §§ 24 I, 26 I LVwVfG (eher (-))
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13
Q

Gefahr: Putativgefahr

A

= wenn nach bloßer subjektiver Gefahreinschätzung ohne hinreichend objektivierbare Anhaltspunkte eine Gefahr angenommen wird

  • Maßnahmen, die aufgrund einer Putativgefahr getroffen werden, sind stets rechtswidrig
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14
Q

Gefahr: Gegenwärtige Gefahr

A

= wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses auf das geschützte Rechtsgut bereits begonnen hat oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zeitlich unmittelbar bevorsteht

  • erforderlich bei bestimmten HSOG-Maßnahmen
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15
Q

Gefahr: Erhebliche Gefahr

A

= drohender Schadenseintritt für ein bedeutsames Rechtsgut
-> Leben, Gesundheit, Freiheit, Bestand des Staates

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16
Q

Gefahr: Gefahr im Verzug

A

= wenn die grundsätzlich vorgeschriebene Einhaltung von Verfahrensnormen (insb. Einschaltung einer Behörde oder eines Richters) nicht rechtzeitig vor Eintritt des zu erwartenden Schadens möglich ist, dh wenn ohne sofortiges Einschreiten der drohende Schaden eintreten würde

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17
Q

Verantwortlichkeit: Verhaltensstörer, § 6 HSOG

A
  • Theorie der unmittelbaren (bzw. der letzten) Verursachung (hM)
    = derjenige ist verhaltensverantwortlich, dessen Verhalten in einer Kausalkette möglicher Gefahrenverursachungsbeiträge die letzte (die eigentliche und wesentliche) Ursache vor dem Eintritt der Gefahr gesetzt hat und damit die Gefahrengrenze überschritten hat, nicht aber derjenige, dessen Verhalten nicht oder nur mittelbar zur Entstehung der Gefahr beigetragen hat
    -> entscheidend ist das Fehlen wesentlicher Zwischenursachen

-> “Zweckveranlasser” = wer die Gefahr bezweckt oder eine Ursache setzt, durch die andere zur Herbeiführung der Gefahr veranlasst werden
–> subjektive Theorie: Billigende Inkaufnahme der Gefahr
–> objektive Theorie: Gefahr ist typische Konsequenz der gezeigten Verhaltensweise
–> vermittelnde Theorie: Störereigenschaft dessen, der die Störung subjektiv bezweckt oder aus dessen Verhalten sie zwangsläufig folgt

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18
Q

Verantwortlichkeit: Zustandsstörer, § 7 HSOG

A
  • Anknüpfungspunkt: Gefahr von Sache selbst oder von ihrer Lage im Raum
  • Inhaber der tatsächlichen Gewalt (tatsächliche Einwirkungs- oder Verfügungsmöglichkeit)
    -> Herrschaftswille nicht erforderlich
    pro: Effektivität der Gefahrenabwehr
  • Eigentümer
    -> Zivilrecht
    -> Dereliktion ausgeschlossen, § 7 III HSOG
  • Andere berechtigte Personen
    -> dinglich Verfügungsberechtigter
    -> schuldrechtlich Verfügungsberechtigter
  • grds. parallele Verantwortlichkeit, jedoch Ausschluss der Eigentümerverantwortlichkeit (Ermessensebene), wenn Inhaber der tatsächlichen Gewalt ohne Willen des Eigentümers (§ 7 II S. 2 HSOG)
  • Altlastenfälle
    -> eA: keine Deckelung (gerade hinsichtlich Kosten)
    -> BVerfG: Art. 14 GG iVm Verhältnismäßigkeitsprinzip (Kriterien: Kosten übersteigen Verkehrswert; Herkunft der Gefahr; Vorverhalten; Nutzung)
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19
Q

Verantwortlichkeit: Unmittelbare Ausführung, § 8 HSOG

A
  • Subsidiär zu §§ 6, 7 HSOG
  • keine Befugnisnorm, nur iVm Eingriffsnormen
  • insb. P: Abgrenzung zum sofortigen Vollzug
  • Prüfung:
    1. Hypothetischer Grund-VA
    2. Eilbedürftigkeit
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20
Q

Verantwortlichkeit: Inanspruchnahme einer nicht verantwortlichen Person, § 9 HSOG

A
  • Kumulative Voraussetzungen
  • insb. Obdachlosenfälle = Sofortige Wiedereinweisung eines Mieters nach erfolgreicher Räumungsklage durch Vermieter, weil Obdachlosigkeit droht und Stadt keine Unterbringungsmöglichkeit hat
    (Vermieter ist wegen Berechtigung zur Räumung kein Verhaltensverantwortlicher)
  • ggf. spezialgesetzliche Verantwortlichkeiten
    -> Ortshaftung (§ 18 HSOG)
    -> Kontakt- und Begleitperson (§ 15 HSOG)
21
Q

Verantwortlichkeit: Hoheitsträger

A
  • hM: jurP des ÖffR (-), außer in absoluten Notfällen und bei expliziter Ermächtigung ist jeder Verwaltungsbereich für sich selbst zuständig
    pro: Einhaltung der Zuständigkeitsgrenzen, die sonst unterlaufen würden
  • aA: außer wenn Polizei direkt in die hoheitliche Tätigkeit der anderen Person eingriffe
    pro: Gesetzesbindung der Verwaltung, Art. 20 III GG
    pro: materielle Polizeipflicht (Verwaltung hat dafür zu sorgen, dass in ihrem Aufgabenbereich keine Gefahr entsteht) und formelle Polizeipflicht (kann durch Polizeiverfügung hierzu verpflichtet werden)
    pro: Ausnahmen ergeben sich speziell aus Sonderrecht (bspw. § 35 StVO) (e contrario)
    pro: auch Zwangsmaßnahmen sind nach § 22 LVwVG unzulässig (e contrario)
    con: Schluss von materieller auf formelle Polizeipflichtigkeit
    pro: warum sollte in vielen Bereichen (Gewerberecht, ImSchR für Staat keine Polizeipflicht gelten)
22
Q

Verantwortlichkeit: Rechtsnachfolge

A
  • allgemeine Voraussetzungen: Übergangsfähigkeit (keine Höchstpersönlichkeit) und Übergangstatbestand (str. insb. auf allen Ebenen: Ausreichen eines zivilrechtlichen Übergangstatbestandes wegen Vorbehalt des Gesetzes)
  1. Abstrakte Zustandsverantwortlichkeit: nicht erforderlich, da ex lege neue Zustandsverantwortlichkeit
  2. Abstrakte Verhaltensverantwortlichkeit: (-)
    pro: Polizeipflicht knüpft an Einstehen für persönlichen Verhalten an
  3. Konkretisierte (VA) Zustandsverhantwortlichkeit
    -> VGH Kassel (+) mit Verweis auf Dinglichkeit des VA bzw. analoge Anwendung zivilrechtlicher Übergangstatbestände
    -> Lit. (-), da Dinglichkeit des VA eine reine Konstruktion mit Ergebnisbezug ist und für Analogie planwidrige Regelungslücke fehlt (Gesetzgeber wurde nur bei Dereliktion in § 7 III HSOG tätig)
  4. Konkretisierte (VA) Verhaltensverantwortlichkeit
    - (-), Konkretisierung selbst ist kein Übergangstatbestand und e con § 61 V HBO (VA der Bauaufsicht gelten auch für und gegen Rechtsnachfolger)
23
Q

Ermessen

A
  • Entschließungsermessen = Entscheidungsfreiheit darüber, ob bei Erfülltsein des TB der Ermessensnorm die Behörde überhaupt etwas unternimmt oder untätig bleibt (“Ob” des Einschreitens)
  • Auswahlermessen = Wahlfreiheit über die Art und Weise (“Wie” des Einschreitens)
    > Mittelauswahl (insbes. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz)
    > Störerauswahl
24
Q

Ermessen: mehrere Verantwortliche

A
  • wenn Verantwortlichkeit mehrerer bejaht
    (unzureichende Ermittlung mehrerer Verantwortlichter entgegen § 24 HVwVfG stellt bereits teilweisen Ermessensausfall dar)

-> eA: Verhaltens- vor Zustandsverantwortlichem
pro: Verhaltensverantwortlicher idR näher an der Gefahr
con: starre Ermessensbindung hat keine gesetzliche Grundlage
con: Grundsatz der effektiven Gefahrenabwehr läuft dem zuwider

-> aA: zivilrechtliche Absprachen
con: Polizei hat mitunter keine Kenntnis von Wirksamkeit zivilrechtlicher Verhältnisse
con: Effektivität der Gefahrenabwehr

-> wA (hM): allein Effektivität der Gefahrenabwehr: wer zum Zeitpunkt der Entscheidung die Gefahr am sichersten, zuverlässigsten und schnellsten beseitigen kann
pro: Ermessen nach Zweck der EGL, §§ 40 I HVwVfG, 4 I, 5 I HSOG -> hier Gefahrenabwehr

  • newa: Theorie der Doppelverantwortlichkeit: Verhaltens- und Zustandsstörer ist vor einfachen Verhaltens- oder Zustandsstörer heranzuziehen
    con: s.o.
25
Q

Verwaltungsaktqualität polizeilicher Maßnahmen

A

Zweifel an der Verwaltungsaktqualität könnten sich mit Blick auf den Regelungscharakter ergeben. Die in Rede stehenden polizeilichen Maßnahmen stellen in erster Linie schlicht hoheitliches Handeln dar. Sie werden daher von Teilen der Literatur als regelungsersetzende Realakte eingestuft (eA)

Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass auch einer tatsächlichen Handlung Regelungscharakter in Form einer konkludenten Duldungsverfügung – mit Blick auf die Sicherstellungsanordnung einer Herausgabeverfügung – innewohnen kann (aA).

  • Entscheidung:
    -> umfassendes Rechtsschutzsystem der heutigen VwGO, daher Konstruktion überflüssig (historisch wurde nur Schutz ggü VAs gewährt)
    -> Vollstreckungshandlungen nicht nur auf Grundlage eines Verwaltungsakts möglich, wie § 47 II HSOG zeigt

-> Kriterium ist also allein § 35 HVwVfG

26
Q

Befragungs- und Auskunftspflicht

A
  • Befragungs- und Anhaltebefugnis, § 12 I HSOG
    -> Anhalten ist kein Festhalten (Grenze ca. 15 Minuten) und keine Freiheitsentziehung, sondern nur eine Freiheitsbeschränkung (Art. 104 I GG)
  • Auskunftspflicht, § 12 II HSOG
27
Q

Identitätsfeststellung

A
  • § 18 HSOG
  • Personalien (funktional zu verstehen) = Vor- und Familienname, Geburtsname, Geburtstag, Geburtsort, Größe, Geschlecht, Beruf, Wohnort, Staatsangehörigkeit
  • Orthaftung
28
Q

Erkennungsdienstliche Maßnahmen

A
  • § 19 HSOG
  • abschließender Katalog an Maßnahmen, sodass etwa Anfertigung von Tonbandaufnahmen nicht möglich ist
  • vs. § 81b StPO:
  • Abgrenzung anhand der Beschuldigteneigenschaft des Betroffenen (§ 133 StPO)
    > P: Wegfall der Beschuldigteneigenschaft im Widerspruchsverfahren
    -> BVerwG: Zeitpunkt der ursprgl. Anordnung maßgeblich
    -> VGH/OVG: Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides wegen Einheit des Verfahrens (§ 79 I Nr. 1 VwGO)
    con: nur Grds.-Regelung der Einheit des Verfahrens, das materielle Recht (hier Zweck des § 81b StPO) kann hiervon abweichen
  • P: Verfassungskonformität des § 19 II Nr. 2 HSOG: umfasst mit “vorbeugender Bekämpfung von Straftaten” grds. die Straftatenverhütung und Strafverfolgungsvorsorge
    > Allgemeines Gefahrabwehrrecht bei Ländern: Art. 70 I GG
    > aber: Kompetenz des Bundes nach Art. 74 I Nr. 1 GG erfasst nicht nur die Strafverfolgung, sondern auch die Verfolgungsvorsorge
    > Hat Bundesgesetzgeber mit § 81b I Alt. 2 abschließend von seiner Kompetenz Gebrauch gemacht?
    -> Verfassungskonforme Auslegung: § 19 II Nr. 2 HSOG nur als Befugnisnorm zur Strafttatenverhütung, solange Betroffener kein Beschuldigter (mehr) ist; § 81b StPO trifft keine abschließende Regelung
    pro: Erkennungsdienstliche Behandlung auch von Nicht-Beschuldigten erscheint uU zweckmäßig, sodass in ihrem Kompetenzbereich auch die Länder diese Maßnahme regeln können sollen
29
Q

Vorladung

A
  • § 30 HSOG

= Gebot an eine Person, zu einer bestimmten Zeit oder für eine bestimmte Zeitspanne an einem bestimmten Ort zu erscheinen und dort bis zur Erledigung der in der Vorladung bezeichneten Angelegenheit zu verweilen

  • Durchsetzung mittels Zwang (= Vorführung) durch § 30 III, IV HSOG
    -> Ergänzung (nicht Ersetzung!) der allgemeinen Vorschriften der §§ 47 ff. HSOG für Ordnungs- und Polizeibehörden und §§ 68ff. HVwVfG für Verwaltungsbehörden
30
Q

Platzverweis, Wohnungsverweis, Aufenthaltsverbot

A
  • § 31 I HSOG: Platzverweis und Betretungsverbot (Alternativen des S. 1)
    -> P: “Ort” auch große Bereiche wie Gemeinden umfasst (hinreichend bestimmt)
    pro: im Rahmen des Ermessens überprüfbar
    -> P: “vorübergehend”: bis zu 2 Wochen, Einzelheiten str.
  • § 31 II HSOG:
    -> § 31 II S. 1 HSOG: Wohnungsverweis
    -> § 31 II S. 2 HSOG: Wohnungsbetretungsverbot und Kontaktverbot
  • § 31 III HSOG:
    -> § 31 III S. 1 HSOG: Aufenthaltsverbot
    -> § 31 III S. 2 HSOG: Kontaktverbot
31
Q

Gewahrsam

A

= ein mit hoheitlicher Gewalt hergestelltes Rechtsverhältnis, kraft dessen einer Person die Freiheit in der Weise entzogen wird, dass sie von der Polizei in einer dem polizeilichen Zweck entsprechenden Weise verwahrt und daran gehindert wird, sich fortzubewegen

  • § 32 I Nr. 1 HSOG: Schutzgewahrsam
  • § 32 I Nr. 2 HSOG: Sicherheitsgewahrsam
  • § 32 I Nr. 3 HSOG: Durchsetzungsgewahrsam (kein Zwangsmittel, sondern spezielle Standardmaßnahme)
  • § 32 I Nr. 4 HSOG: Schutz privater Rechte (wegen Subsidiarität wenig relevant)
  • §§ 33-35: Regelungen hinsichtlich festgehaltener Personen (nicht nur nach § 32 HSOG)
    -> § 34 I, II HSOG: “unverzügliche” Bekanntgabe des Grundes = ohne jede Verzögerung, die sich nicht aus sachlichen Gründen rechtfertigen lässt
32
Q

Durchsuchung und Untersuchung von Personen; Durchsuchung von Sachen

A
  • Durchsuchung von Personen: § 36 I-IV HSOG
  • Untersuchung von Personen: § 36 V HSOG
  • Durchsuchung von Sachen: § 37 HSOG
    -> Abs. 1 Nr. 1: Verweis auf § 36 HSOG (wer durchsucht werden darf, dessen Sachen dürfen auch durchsucht werden)
33
Q

Betreten und Durchsuchen von Wohnungen

A
  • § 38 HSOG: Befugnisnorm
  • § 39 HSOG: Verfahrensvorschriften
  • Auslegungshintergrund: Art. 13 GG
34
Q

Sicherstellung

A

= die hoheitliche Entziehung der tatsächlichen Gewalt über eine Sache zwecks Begründung tatsächlicher Gewalt und Ausschluss anderer von der Einwirkung auf die Sache sowie die hoheitliche Begründung tatsächlicher Gewalt über die Sache (VGH Kassel)
-> keine Differenzierung zwischen Beschlagnahme und Sicherstellung in Hessen

  • § 40 HSOG: Befugnis
  • §§ 41-43 HSOG: Verwahrung; Verwertung; Herausgabe
  • Abschleppfälle: idR geht es nicht um Entziehung und Neubegründung tatsächlicher Gewalt, daher § 40 HSOG (-) und idR zwangsweise Durchsetzung des Wegfahrgebots
    -> aber ggf. § 40 I Nr. 2 HSOG (Schutz vor Diebstahl)
  • Sicherstellung ist nur die Anordnung und muss ggf. gesondert nach §§ 47 ff. HSOG zwangsweise durchgesetzt werden
35
Q

Gefahrenabwehrverordnung, §§ 71ff. HSOG

A

I. EGL, §§ 72-74 HSOG
-> § 71 HSOG definiert Gefahrenabwehrverordnung
-> ggf. vorrangig anzuwendende Spezialermächtigungen (Art. 297 EGStGB)

II. Formelle Rechtmäßigkeit
1. Zuständigkeit, § 72 HSOG (Verbands- und Organkompetenz)
2. Verfahren (abhängig vom jeweiligen Organ)
3. Form, § 78 HSOG (zwingender Katalog, bei Nichtbeachtung folgt Nichtigkeit)
4. Verkündung, Art. 20 III GG (aus Rechtsstaatsgebot folgt, dass Bürger die Gesetze im materiellen Sinne kennen können müssen)
-> VerkG

III. Materielle Rechtmäßigkeit
1. Abstrakte Gefahr (Abgrenzung insb. zu Allgemeinverfügung, § 35 S. 2 HVwVfG, die sich zwar auch an bestimmten/bestimmbaren Personenkreis richtet, aber konkrete Gefahr erfordert (oft Abgrenzungsprobleme in zeitlicher Hinsicht)
2. Schutzgut
3. Ermessen
4. weitere Voraussetzungen gem. §§ 75, 76, 79 HSOG (tw. deklaratorisch)

36
Q

Organisation der Behörden, die die Aufgabe der Gefahrenabwehr haben (§ 1 I S. 1 HSOG)

A

A. Gefahrenabwehrbehörden, §§ 82-84 HSOG
a. Verwaltungsbehörden, §§ 82-84 HSOG (-> Organkompetenz nach §§ 41 HKO, 66 HGO)
b. Ordnungsbehörden, §§ 85-90 HSOG
aa. Allgemeine Ordnungsbehörden, §§ 85-89 HSOG
bb. Sonderordnungsbehörden, § 90 HSOG

B. Polizeibehörden iwS, §§ 91-99 HSOG
a. Polizeibehörden ieS, §§ 91-98 HSOG
b. Hilfspolizeibeamte, § 99 HSOG

37
Q

Sachliche Zuständigkeit

A
  1. Zuständigkeitszuweisung nach lex specialis (insb. Standardmaßnahme)
  2. Grundsätzliche Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden, § 1 Abs. 1-3 iVm § 2 S. 1, 2 HSOG
  3. Ausnahmen von der grundsätzlichen Zuständigkeit
    a. Zuweisung von Gefahrenabwehraufgaben an die allgemeinen Ordnungsbehörden, § 89 I HSOG iVm § 1 HSOG-DVO
    b. Zuständigkeit der Polizeibehörden für vorbeugende Straftatenbekämpfung (§ 1 IV HSOG) und Vollzugshilfe (§ 1 V HSOG)
    c. Eilfallkompetenz (eng auszulegen) von Ordnungsbehörden und Polizeibehörden (§ 2 S. 1 HSOG)
  • Abgrenzung von Zuständigkeit von allgemeinen Ordnungsbehörden und Polizeibehörden: grundsätzlich gleichermaßen zuständig, jedoch Grundsatz der Erstbefassung (= zuständig, wer als erster mit der Gefahrenlage konfrontiert ist)
38
Q

Örtliche Zuständigkeit

A
  • §§ 100-103 HSOG
  • Polizeidienststellen: im ganzen Landesgebiet, § 101 I S. 1 HSOG
  • Gefahrenabwehrbehörden (Verwaltungsbehörden und Ordnungsbehörden, s. § 1 HSOG) nur für ihren Amtsbereich
    -> aber Ausnahmen, § 100 II-IV HSOG
39
Q

Verfahren bei Polizeimaßnahmen

A
  1. Spezialregelung / Standardmaßnahme
  2. HVwVfG
    -> § 28 HVwVfG: trotz Gefahr im Verzug kann auf Anhörung nicht verzichtet werden, wenn etwa noch durch Telefonat o.ä. möglich
    –> Heilung nach § 45 HVwVfG
40
Q

Zwang: Anwendungsbereich

A
  • §§ 47 HSOG erfassen nur die Durchsetzung von VA der Ordnungs- und Polizeibehörden
    -> Vollstreckung der VA allgemeiner Verwaltungsbehörden: HVwVG
    -> Vollstreckung aller Geldforderungen: HVwVG
  • Ausnahme von VA-Erfordernis: abgekürztes Verfahren gem. § 47 II HSOG
41
Q

Zwang: Gestrecktes Verfahren

A
  1. Vollstreckungsfähiger VA, § 47 HSOG
    = wenn unanfechtbar oder wenn Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung (§§ 70, 74, 80 II VwGO)
  2. P: Rechtswidrigkeitszusammenhang
  3. Adressat
    -> auch Hoheitsträger? kein § 73 HVwVG, aber dieser Grundgedanke liegt auch Polizeirecht zugrunde (Ausnahme: öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften)
  4. Verfahren
    a. Entschließungsermessen, § 47 I HSOG
    b. Auswahlermessen, § 48 HSOG
    c. Androhung, §§ 48 II iVm §§ 53, 58 HSOG
    d. Festsetzung bei Zwangsgeld, § 50 I HSOG (str. bei anderen Zwangsmitteln)
    e. Ausführung (insb. Ermessen während gesamter Ausübung, § 5 HSOG, § 40 HVwVfG)
42
Q

Zwang: Abgekürztes Verfahren

A
  • kein vollstreckungsfähiger Grund-VA
  • Voraussetzung:
    1. zur Abwehr einer Gefahr erforderlich (insb. wenn §§ 6-9 HSOG-Verantwortlicher nicht zur Verfügung steht)
    2. Handlung “innerhalb ihrer Befugnisse” (Inzidente Prüfung eines fiktiven Grund-VA)
    (3. Androhung entfällt, § 53 I S. 4 HSOG)
43
Q

Zwang: Abgekürztes Verfahren: Abgrenzung zur unmittelbaren Ausführung

A
  1. Willenselement
  2. An- bzw. Abwesenheit des Verantwortlichen
    con: hypothetische Annahmen
    con: Gesetz schweigt hierzu
  3. VGH Kassel: § 8 HSOG vorrangig
    pro: Gesetzgeber hat Subsidiarität selbst festgelegt, da insbesondere §§ 6-9 HSOG genannt sind und damit auch § 8 HSOG umfasst ist
44
Q

Zwang: Rechtswidrigkeitszusammenhang

A
  1. Grundverfügung darf nicht nichtig sein
    pro: gem. § 43 III LVwVfG rechtlich nicht existent, keine Vollstreckung möglich
  2. Bei bestandskräftiger GV: auf die Frage der Rm kommt es nicht an (hM)
    -> siehe etwa e con § 47 II HSOG (“innerhalb der Befugnisse”)
  3. Bei nicht bestandskräftiger GV
    - > eA: GV muss rechtmäßig sein
    pro: Art. 20 III GG - durch Vollstreckung einer rw GV werde die Rw noch vertieft (früher hM)
    - > aA: GV muss nur wirksam sein; Rm nicht erforderlich
    pro: Rm ist in einem eigenen Verwaltungsverfahren zu klären (hM), RS auch über einstweiligen RS möglich
    pro: Effizienz der Verwaltung
    - > wA: differenziert zwischen Bestandskraft (Rm irrelevant) und Vollstreckung nach § 80 II (Rm relevant)
    pro: im Falle des § 80 II ist VA gerichtlich noch überprüfbar
    - -> auch bei Sofortvollziehbarkeit besteht mit § 80 V VwGO eine Rechtsschutzmöglichkeit
    => iE: könnte dahinstehen, wenn GV rechtmäßig wäre (Schoch: GV in diesen SV immer rm)
45
Q

Schadensausgleich

A
  • Rechtmäßige Inanspruchnahme einer nicht verantwortlichen Person: § 64 I S. 1 HSOG
    -> Unbeteiligter Dritter (eben nicht § 9 HSOG): § 64 I S. 1 HSOG analog
  • Polizeihelfer = die Zustimmung der Behörden bei der Wahrnehmung von Aufgaben freiwillig (= nicht HSOG-verantwortlich) mitgewirkt oder Sachen zu Verfügung gestellt haben: § 64 III HSOG
  • Rechtswidrige polizeiliche Maßnahmen: § 64 I S. 2 HSOG, keine Differenzierung nach Verantwortlichkeit
  • weitergehende Ansprüche: § 64 IV HSOG
    -> § 64 I HSOG positivieren allein allgemeinen Aufopferungsanspruch
46
Q

Schadensausgleich: Ansprüche bei Anscheinsgefahr und Gefahrverdacht

A
  • hM: Trennung von Primärebene und Sekundärebene
  • Fraglich allerdings, wie sich normativ “gerechter Schadensausgleich” begründen lässt
    -> § 64 I S. 1 HSOG passt nicht direkt
47
Q

Kostenersatz

A
  • Kosten nach §§ 104 ff. HSOG betreffen nur interne Kosten
  • Spezialregelungen in § 8 II, 49, 43 III HSOG
  • allgemein im Übrigen: HVwKostG iVm Verwaltungskostenordnung
  • hM: Kostentragung nur bei Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns (“Fehlerhafte Verwaltungstätigkeit ist im Rechtsstaat zu korrigieren, nicht aber zu vergüten”)
  • Ermessen: bei Spezialregelungen bestimmt sich dies nach § 5 HSOG (Ermessen besteht somit)
48
Q

Verfassungskonformität Art. 297 EGStGB

A
  1. Gesetzgebungskompetenz des Bundes
    - > Gefahrenabwehr als Landeskompetenz, Art. 70 GG
    - > aber Art. 297 I EGStGB an § 184f StGB (und § 120 I 1 Nr. 1 OWiG) gekoppelt -> Annexkompetenz der Gefahrenabwehr mit spezifischem Bezug zum StrafR
  2. Bestimmtheitsgebot
    a) Art. 103 II
    - > Anwendbarkeit
    - -> con: Gefahrenabwehrrecht kein Bezug zur Strafe
    - -> pro: Verknüpfung mit § 184f StGB (und § 120 I 1 Nr. 1 OWiG)
    - > Beachtung
    - -> “öffentlicher Anstand” - unbestimmt, aber bestimmbar
    b) Art. 80 I
    - > Inhalt und Ausmaß unproblematisch
    - > Zweck?
    - -> “öffentlicher Anstand” unklar -> verfassungskonforme Auslegung
  3. Widerspruchsfreiheit gesetzlicher Bestimmungen (aus Art. 20 III)
    - > §1 ProstG -> Einheit der Rechtsordnung str.
    - > Widersprüchliche Normbefehle an Normadressat (-)
  4. Berufsfreiheit
    - > Schutzbereich (+)
    - > Berufsausübungsregel
  5. Eigentumsfreiheit
    - > Inhalts- und Schrankenbestimmung