Kommunalrecht Flashcards
Kommunale Selbstverwaltungsgarantie: Art. 28 II S. 1 GG
- Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft = Aufgaben,
die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf die örtliche Gemeinschaft einen spezifischen Bezug haben und
von dieser örtlichen Gemeinschaft eigenverantwortlich und selbständig bewältigt werden können
Kommunale Selbstverwaltungsgarantie: Art. 137 HV
- weiter als Art. 28 II GG
- ausschließlicher Träger der gesamten örtlichen öffentlichen Verwaltung
= alle im Gemeindegebiet anfallenden öffentlichen Aufgaben, ohne dass es sich um Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft handeln muss
Kommunale Selbstverwaltungsgarantie: Eigenverantwortliche Regelung
- Ob der Aufgabenwahrnehmung
-> aber “berechtigende Pflichten” - Wie der Aufgabenwahrnehmung / Gemeindehoheiten
a. Gebietshoheit (aber: Vorbehalt des Gesetzes!): Hoheitsgewalt ggü jedermann im Gemeindegebiet
b. Verwaltungshoheit
c. Satzungshoheit
d. Planungshoheit
e. Organisationshoheit
f. Personalhoheit (Dienstherrenfähigkeit)
g. Finanzhoheit
Kommunale Selbstverwaltungsgarantie: gesetzliche Einschränkbarkeit
- Art. 28 II S. 1 GG: im Rahmen der Gesetze
- Art. 137 I S. 2 HV: Beschränkung der Aufgaben, denen eine Gemeinde sich widmen darf
- Art. 137 III S. 2 HV: Art und Weise kommunaler Aufgabenwahrnehmung durch Aufsicht des Staates (reine Rechtmäßigkeitskontrolle)
- § 3 S. 2, 3 HGO: Eingriffe in die Rechte der Gemeinde nur durch Gesetz zulässig (auch RVO)
Kommunale Selbstverwaltungsgarantie: Grenzen der gesetzlichen Einschränkbarkeit
- hM: Kernbereich kommunaler Selbstverwaltung nicht einschränkbar
= Wesensgehalt darf nicht ausgehöhlt werden
-> jedenfalls Universalität des gemeindlichen Wirkungskreises - Einschränkbarkeit des Randbereichs (nur aus Gründen des Gemeinwohls)
-> Art. 28 II S. 1 GG: Aufgabenentzug insbesondere nur dann möglich, wenn Sicherstellung ordnungsgemäßer Aufgabenerfüllung nicht gegeben ist (aber: reine Verwaltungsvereinfachung, Gründe der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der öffentlichen Verwaltung (-))
-> Art. 137 I S. 2 HV: dringendes öffentliches Interesse für Aufgabenentzug (Gesetzgeber hat Beurteilungsspielraum)
-> Übermaßverbot der Einschränkung gemeindlicher Eigenverantwortlichkeit (str. ob auch für Aufgabenentzug)
Kommunale Selbstverwaltungsgarantie: subjektives Recht
- ganz hM: (+)
-> Art. 28 II S. 1 GG
-> Art. 137 III HV: Gewährleistung des Rechts auf Selbstverwaltung - Klagebefugnis
- Beschwerdebefugnis
-> Kommunale Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 I Nr. 4b GG (beachte Subsidiarität bei Landesgesetzen)
-> Kommunale Grundrechtsklage nach § 46 StGHG
Kommunalverfassung: Organe
- Gemeindevertretung als oberstes Organ der Gemeinde, § 9 I HGO
-> Stadtverordnetenversammlung - Gemeindevorstand, § 9 II HGO
-> Magistrat
Kommunalverfassung: Organe: Gemeindevertretung: Aufgaben
- § 9 I S. 2 HGO: wichtige Entscheidungen und Überwachung der gesamten Verwaltung
-> Konkretisierung in § 50f. HGO
a. § 50 I HGO: Entscheidung über alle Angelegenheiten der Gemeinde, soweit HGO nichts anderes vorgibt (-> § 66 HGO: Gemeindevorstand für laufende Verwaltung zuständig)
b. § 50 I S. 2 HGO: Übertragungsmöglichkeit auf Gemeindevorstand oder Ausschuss möglich (im Rahmen von § 51 HGO)
c. § 50 II HGO: Überwachung (außer Auftragsangelegenheiten nach § 4 II HGO) mit den (abschließend aufgezählten) Überwachungsmitteln, jedoch auch § 50 III HGO (laufende Unterrichtung)
Kommunalverfassung: Organe: Gemeindevertretung: Innere Organisation
- Vorsitz durch Vorsitzenden der Gemeindevertretung
-> Verhandlungsleitung inklusive Einhaltung der Sitzungsordnung (§ 60 HGO) und Hausrecht (§ 58 IV S. 1 HGO), die Ordnungsmittel umfassen (Sachruf; Wortentzug; Rüge - weitergehende Ordnungsmittel wie Geldbußen oder Ausschluss bedürfen Satzung) - Geschäftsordnung, § 60 HGO
-> Innenrecht, sofern nicht als Satzung erlassen (insofern begründet Verstoß keine Rechtswidrigkeit), dennoch § 47 I Nr. 2 VwGO direkt - Öffentlichkeitsgrundsatz, § 52 HGO
-> Ausnahme, wenn öffentliches Wohl oder berechtigtes Interesse des Einzelnen es verlangt - Beschlussfähigkeit, § 53 HGO
- P: Verfahrensfehlerfolgen:
-> hM: rechtswidrige Beschlüsse (ebenso wie insoweit unstr. Satzungen und RVO) sind unwirksam, ausgenommen bei Verstoß, der Ergebnis nicht beeinflusst haben kann (insb. bloße Ordnungsvorschrift)
pro: Gleichlauf
-> aA: grds. wirksam, nur bei besonders schwerwiegendem Verstoß (vgl. § 44 HVwVfG) unwirksam
pro: Widerspruchspflicht des Bürgermeisters nach § 63 HGO überflüssig
pro: Widerspruchsrecht nach verfahrensfehlerhaften Wahlen gem. § 55 VI HGO, das dann auch sinnlos wäre
Kommunalverfassung: Organe: Gemeindevertretung: Fraktionen
- § 36a HGO
-> in bestimmten Fällen: Ein-Person-Fraktion (§ 36b HGO) - kein Fraktionszwang, aber Fraktionsdisziplin zulässig
- hM: kein Anspruch auf Aufnahme in eine Fraktion
pro: Arbeitsfähigkeit der Fraktion
pro: § 36b HGO
pro: Telos: politischer Zusammenschluss - Fraktionsausschluss: nur nach Anhörung und aus wichtigem Grund zulässig
pro: Einbuße von Rechten
-> hM: Kommunalverfassungsstreit (Fraktionen als Teile der Gemeindevertretung, zu denen sich die Mitglieder öffentlichrechtlich zusammengeschlossen haben)
Kommunalverfassung: Organe: Gemeindevertretung: Ausschüsse
- Übertragung zur endgültigen Beschlussfassung durch Gemeindevertretung möglich, soweit nicht nach § 51 HGO unübertragbar (§ 62 HGO)
- Spiegelbildlichkeitsprinzip, Art. 20 I, II GG iVm Art. 28 I S. 2 GG = Widerspiegelung der Zusammensetzung des Plenums nach Fraktionsstärke
-> § 55 I S. 1 Alt. 1 HGO; § 62 II S. 1 Hs. 1 HGO
-> BVerwG entgegen VGH Kassel: Zusammenschluss für gemeinsamen Wahlvorschlag unzulässig, wenn nicht Mehrheitsverhältnisse darin abgebildet sind -> § 55 II S. 1 HGO verfassungskonform auszulegen - Fraktionen ohne Vertreter dürfen Vertreter mit beratender Stimme entsenden, § 62 IV S. 2 HGO
Kommunalverfassung: Organe: Gemeindevertretung: Gemeindevertreter
- freies Mandat, § 35 HGO
-> Sicherung der Mandatsausübung, § 35a HGO
-> Hinderungsgründe, § 37 HGO (Inkompatibilitätsregelung - hindert aber nicht sog. “Scheinkandidatur”) - Ausschluss bei widerstreitenden Interessen
- Vertetungsverbot: § 35 II S. 1 iVm § 26 S. 3, 2 HGO (S. 1 nicht anwendbar, da nur Ehrenbeamte; Gemeindevertreter gelten aber als ehrenamtlich Tätige)
-> aber: grundsätzliches besonderes Treueverhältnis aus Mandat - Verschwiegenheitspflicht: § 35 II S. 1 iVm § 24 HGO
Kommunalverfassung: Organe: Gemeindevertretung: Gemeindevertreter: Ausschluss bei widerstreitenden Interessen
- § 35 II S. 1 iVm § 25 HGO
- Vor- und Nachteil weit zu verstehen: nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich oder ideelle Interessen
- P: Unmittelbarkeit
-> eA: wenn Entscheidung ohne Hinzutreten weiterer Umstände eine natürliche oder juristische Person direkt berühre
con: wenn Ergebnis dennoch zwangsläufig feststeht, läuft Schutzzweck leer
-> VGH Kassel/hM: wenn aufgrund besonderer persönlicher Beziehungen zu dem Gegenstand der Beschlussfassung ein individuelles Sonderinteresse an der Entscheidung besteht, das zu einer Interessenkollision führen kann - Ausschluss der Interessenskollision, wenn Angehöriger einer Berufs- oder Bevölkerungsgruppe, deren gemeinsame Interessen berührt werden, § 25 I S. 2 HGO
= größere Anzahl von Gemeindeeinwohnern, die ein gemeinsames, di im Wesentlichen identisches, Interesse oder Interessensbündel verbindet - auch präjudizierende Entscheidungen erfasst, bspw. im vorbereitenden Ausschuss
- Mitteilungspflicht, § 25 IV S. 1 HGO
-> § 25 III HGO: Entscheidung über Interessenskollision (bei unrechtmäßiger Annahme: Kommunalverfassungsstreit) - Verlassen des Beratungsraums, § 25 IV S. 2 HGO
-> auch nicht im Zuschauerraum? Wortlaut (Beratungsraum), Telos (Beeinflussung dennoch)
Kommunalverfassung: Organe: Gemeindevorstand
- Bürgermeister als Vorsitzendem, Erster Beigeordneter und weiteren Beigeordnetem, § 65 I HGO
- Verwaltungsbehörde der Gemeinde: laufende Verwaltung der Gemeinde, § 66 I HGO (Auflistung in S. 3 nicht abschließend)
-> wichtige Angelegenheiten sind demgegenüber solche, die unter finanziellen, wirtschaftlichen oder sonstigen Aspekten für die Gemeinde von Bedeutung sind (Gemeindevertretung hat idR einen weder gerichtlich noch aufsichtsrechtlich zu überprüfenden Beurteilungsspielraum)
Kommunalverfassung: Organe: Gemeindevertretung: Gemeindevorstand: Vertretungsbefugnis
- §§ 66 I S. 3 Nr. 7, 71 HGO
- Wirksamkeit nach außen außer in Fällen von grober Missachtung nicht abhängig von ordungsgemäßer interner Willensbildung oder Übereinstimmung den Außenhandelns mit internem Willensbildungsakt
- Verpflichtungen der Gemeinde (ÖffR oder private Verträge; Zusicherung), § 72 II HGO
-> hM: Unterzeichnung durch nur einen der beiden Gesamtvertreter: schwebend unwirksam (für nachträgliche Genehmigung ist wiederum § 71 II HGO einzuhalten, VGH Kassel)
-> aA: Unwirksamkeit, da zugleich Formvorschrift, für die keine Heilungsmöglichkeit besteht
con (BGH): bloße Vertretungsregelung, da Länder keine Gesetzgebungskompetenz für Formerfordernisse (-> BGH sieht anders als VGH Kassel aber keine Heilungsmöglichkeit, sondern fordert Neuvornahme) - Treuwidriges Berufen auf Verstoß gegen § 71 HGO (BGH):
-> Nichtigkeitsfolgen für Vertragspartner führt zu schlechthin unerträglichen Ergebnissen und Ausgleich auch sonst nicht zu erreichen
-> wenn das für die Entscheidung zuständige Organ den Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts gebilligt hat
Kommunalverfassung: Bürgermeister
- kein eigenständiges Gemeindeorgan (§ 9 HGO), sondern Teil des Gemeindevorstandes
-> Vorsitzender des Gemeindevorstandes (§ 65 I HGO)
-> Bestimmung der Aufgabe der Beigeordneten (§ 70 I S. 3 HGO)
-> Eilkompetenz ggü Gemeindevorstand, § 70 II, III HGO - Recht zu Widerspruch und Beanstandung (§§ 63, 74 HGO)
-> Widerspruch hat aufschiebende Wirkung
-> erneute Beschlussfassung; hiergegen Beanstandung möglich
-> RS gegen Beanstandung: AK (VGH Kassel), obwohl mangels Außenwirkung eher Kommunalverfassungsstreit
-> aufschiebende Wirkung des Widerspruchs kann analog § 80 VwGO beseitigt werden
Bürgerbegehren und Bürgerentscheid
- § 8b I HGO: bei wichtigen Angelegenheiten der Entscheidung
-> Negativkatalog § 8b II HGO - Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens: Gemeindevertretung
- Wirkung wie ein Beschluss der Gemeindevertretung, § 8b VII HGO
- bei Unzulässigkeit laut Gemeindevertretung: jeder Unterzeichner ist klagebefugt (VGH Kassel)
-> VGH Kassel: Verpflichtungsklage (denn VA - Kommune tritt Bürger als Teil der Exekutive entgegen; Außenwirkung und Regelungswirkung)
-> VG Darmstadt: allgemeine Leistungsklage (da Zulassung keine VA-Qualität habe) - einstweiliger Rechtsschutz ebenfalls möglich, wenn kassatorisches Bürgerbegehren gegen Gemeindevertretungsbeschluss (VGH Kassel)
Kommunalverfassungsstreit
A. Zulässigkeit
I. Verwaltungsrechtsweg (P)
II. Statthafte RSF (P)
III. Klagebefugnis, § 42 II analog
-> (P)
IV. ggf. Feststellungsinteresse
-> jedes Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art
V. Richtiger Klagegegner
> Rechtsträgerprinzip idR (-): es geht gerade um einen Streit innerhalb des Rechtsträgers - unklar wäre dann, wie dieser konkret dem Urteil nachkommen sollte
Funktionsträgerprinzip: das Organ, dem gegenüber die behauptete Innenrechtsposition bestehen soll
VI. Beteiligten- und Prozessfähigkeit (P)
VII. Allgemeines RSB
> Antrag an Kommunalaufsichtsbehörde: idR kein Anspruch auf Einschreiten (steht im Ermessen der Aufsichtsbehörde)
Inzidentkontrolle: keine erga-omnes-Wirkung
B. Begründetheit
OS: abhängig von statthafter Klageart - wenn Handeln/Unterlassen des Klagegegners rechtswidrig war und der Kläger dadurch in seinen organschaftlichen Rechten verletzt wurde
Kommunalverfassungsstreit: Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs
Rechtsstreitigkeit
- > eA: Impermeabilitätstheorie (Laband) - Insichprozess
pro: Rechtsverhältnis kann nur zwischen Außenrechtsträgern bestehen (Beziehung zwischen selbstständigen Rechtsträgern)
- > aA: Rechtsstaatlichkeitstheorie
pro: Art. 20 III GG lässt keine rechtsfreien Räume zu
pro: staatliches Organisationsrecht wird auch als verbindlich betrachtet (wofür der Rechtscharakter gegeben sein muss)
Öffentlich-rechtlich
- > idR unproblematisch (+)
- > innerhalb einer Gemeinderatsfraktion: Bildung einer Fraktion liegt idR Vertrag über die Organteilrechte zugrunde, sodass der Vertrag öffentlich-rechtlichen Charakter hat
Nichtverfassungsrechtlicher Art
- > keine Verfassungsorgane, sondern Organe gem. § 23 GemO
- > idR kein Streit über Normen, die unmittelbar in der Verfassung wurzeln
Kommunalverfassungsstreit: Statthafte Klageart
eA: Klageform sui generis (früher OVG Münster)
aA: sui generis nur angezeigt, wenn keine andere Klageart direkt oder analog statthaft ist:
- AK / VK / FFK: idR (-), da VA fehlt
- Allgemeine LK und FK (+)
pro: Rechtsverhältnis kann weit verstanden werden (alle organschaftlichen Rechtsverhältnisse)
- > pro: keine Beschränkung auf Außenrechtsverhältnisse - Bei Kassationsbegehren
-> eA: Rechtsgestaltende Aufhebungsklage als Sonderfall der allgemeine Leistungsklage
con: Kassation als Rechtsgestaltung ist Leistungsklage fremd
-> aA: Rechtsgestaltende Aufhebungsklage als eigenständige Klageform
con: wenn rechtswidrige Rechtsnorm kassiert werden soll, liegt aufgrund der eo ipso Nichtigkeit der rechtswidrigen Rechtsnorm kein Bezugsgegenstand vor, auf den rechtsgestaltend eingewirkt werden kann
-> wA: Feststellungsklage
pro: rechtswidrige Rechtsnormen sind eo ipso nichtig und damit unwirksam, sodass lediglich Rechtswidrigkeit festgestellt werden braucht
[P: Teleologische Reduktion von § 43 II (Subsidiarität) bei Träger hoheitlicher Gewalt (Ehrenmanntheorie)] - NK (+)
- > insbesondere Konkurrenzsituation zwischen FK und NK bei Kassation von rechtswidrigen Rechtsnormen - Vorläufiger Rechtsschutz nach § 123 I VwGO