Politisches System Ö und EU 3 Flashcards
Beschreiben Sie in Worten, wie man die effektive Anzahl von Parteien nach Laakso und
Taagepera (1979) berechnet! Wofür ist diese Zahl ein Indikator? Wenn bei der nächsten
Nationalratswahl ÖVP, SPÖ und FPÖ dramatisch an Stimmen verlieren und im Gegenzug fünf neue
Kleinparteien in den Nationalrat einziehen, in welche Richtung würde sich die effektive Anzahl von
Parteien verändern?
𝑁
Die effektive Anzahl von Parteien nach Laakso und Taagepera (1979) wird folgendermaßen berechnet:
Für jede Partei wird der Stimmenanteil (oder Sitzanteil)
𝑝
𝑖
p
i
quadriert.
Alle quadrierten Werte werden summiert.
Der Kehrwert dieser Summe ergibt die effektive Anzahl der Parteien:
1
∑
𝑝
𝑖
2
N=
∑p
i
2
1
Diese Zahl ist ein Indikator für die Fragmentierung eines Parteiensystems, d. h., wie viele Parteien effektiv zur politischen Machtverteilung beitragen.
Falls ÖVP, SPÖ und FPÖ stark an Stimmen verlieren und fünf neue Kleinparteien in den Nationalrat einziehen, steigt die Fragmentierung, und die effektive Anzahl der Parteien würde zunehmen.
Wann gab es in der Zweiten Republik Kompletterneuerungen, wann Teilerneuerungen der
Bundesregierung? Was müsste passieren, damit beim nächsten Regierungswechsel von einer
Kompletterneuerung bzw. einer Teilerneuerung der Bundesregierung sprechen würden?
-Kompletterneuerung: 1970
-Teilerneuerung: 47, 66, 83, 87, 00, 07, 17
-Teilerneuerung: wenn entweder SPÖ oder ÖVP Teil der Regierung bleiben
-Kompletterneuerung: weder ÖVP noch SPÖ mit Regierungsbeteiligung
Immer wieder wird in der Öffentlichkeit ein sogenanntes „Familienwahlrecht“ diskutiert, bei
dem auch Kinder stimmberechtigt sind, dieses Stimmrecht aber bis zur Erreichung des Wahlalters
von den Eltern ausgeübt wird. Gegen welchen Grundsatz des geltenden österreichischen
Wahlrechts würde so ein Familienwahlrecht möglicherweise verstoßen? Warum?
Verstoß gegen B-VG Art. 26 Abs. 1: Wahlrecht ist gleich, frei, geheim, persönlich und unmittelbar!
Für welche Wahlen haben EU-BürgerInnen in Österreich das aktive und passive Wahlrecht, für
welche nur das aktive?
EU-Bürger:innen in Österreich haben:
✅ Aktives und passives Wahlrecht bei:
Bezirksvertretungswahlen in Wien
Nur aktiv :
EU Wahlen
Gemeinderatswahlen
Warum hatte die Einführung des Frauenwahlrechts im Jahr 1918 indirekt Konsequenzen für die
Wahlbeteiligung (auch der Männer!) in Österreich bis in die 1990er-Jahre?
Weil in Kärnten, Vorarlberg, Steiermark und Tirol durch die Einführung des Frauenwahlrechts die
Wahlpflicht eingeführt wurde (Befürchtung der Christlich-sozialen und Deutschnationalen, dass
konservative Frauen nicht wählen gehen). Die Einführung der Wahlpflicht ist Länderkompetenz und
weil die Sozialdemokraten dagegen waren, blieb es bei diesen vier Bundesländern.
Welche drei Gruppen von Faktoren werden vom Civic Voluntarism-Modell für die Teilnahme
an Wahlen als relevant identifiziert? Geben Sie für jede Gruppe einen Faktor an, der in Österreich
mit der Wahlbeteiligung bei Nationalratswahlen korreliert! Beschreiben Sie jeweils den
Zusammenhang (wie hängt das jeweilige Merkmal konkret mit Wahlbeteiligung zusammen)!
Das Civic Voluntarism-Modell identifiziert drei Gruppen von Faktoren, die die Wahlteilnahme beeinflussen:
Ressourcen (Zeit, Geld, Bildung)
Beispiel: Bildungsniveau
→ In Österreich zeigt sich: Höher gebildete Personen nehmen häufiger an Nationalratswahlen teil, da sie sich besser informieren können und politisches Interesse oft ausgeprägter ist.
Politische Motivation (Interesse, Effizienzüberzeugung, Pflichtgefühl)
Beispiel: Politisches Interesse
→ Personen mit hohem politischen Interesse gehen wahrscheinlicher zur Wahl, weil sie sich stärker mit politischen Themen und Parteien auseinandersetzen.
Mobilisierung durch Netzwerke (Familie, Freunde, Vereine)
Beispiel: Politische Sozialisation im Elternhaus
→ Menschen, deren Eltern regelmäßig wählen gehen, zeigen oft eine höhere Wahlbeteiligung, da Wählen als Norm vermittelt wird.
. Wie hat sich der Gender Gap im Wahlverhalten zwischen der ersten Republik und heute
verändert?
-Erste Republik: Frauen konservativ, Männer extrem links oder rechts
-Heute: Frauen: links der Mitte, Männer rechts der Mitte
Wie hat sich das Wahlverhalten der ArbeiterInnen seit den 1970ern verändert? Was muss man
dabei allerdings bedenken?
SPÖ verliert an Stimmen, FPÖ gewinnt stark, ÖVP nimmt leicht ab, allerdings schwindet auch Anzahl
der Arbeiterinnen.
Was ist Parteiidentifikation? Wie hat sie sich in den letzten Jahrzehnten entwickelt und was
sind drei mögliche Folgen dieser Entwicklung?
Parteiidentifikation ist die langfristige, psychologische Bindung einer Person an eine bestimmte Partei, unabhängig von einzelnen Wahlen oder Kandidaten.
Entwicklung in Österreich:
In den letzten Jahrzehnten ist die Parteiidentifikation stark zurückgegangen. Besonders die traditionelle Bindung an SPÖ und ÖVP hat abgenommen, während Wechselwähler:innen zugenommen haben.
Drei mögliche Folgen:
Zunahme der Wahlvolatilität → Mehr kurzfristige Wechsel zwischen Parteien.
Erfolg neuer oder populistischer Parteien → Parteien wie die FPÖ oder NEOS profitieren.
Geringere Wahlbeteiligung → Weniger stabile Parteibindung kann zu Wahlenthaltung führen.
Was ist Issue Ownership? Welche zwei Arten kann man unterscheiden und was bedeuten sie?
-Issue ownership: Parteien werden mit bestimmten Themen in Verbindung gebracht.
-Assoziative IO: Welche Partei wird mit welchem Thema assoziiert? Eigene Meinung nicht relevant.
-Kompetenz IO: Welche Partei hat die höchste Kompetenz? Also: Parteien setzen auf die besten
Themen.
Was ist „retrospektives Wählen“ , und wie wirkt es sich auf das Wahlverhalten aus ?
-Retrospektives Wählen bedeutet, dass Wähler:innen ihre Wahlentscheidung auf Basis der vergangenen Leistung der Regierung oder Partei treffen, anstatt zukünftige Versprechen zu bewerten.
Auswirkungen auf das Wahlverhalten:
-Belohnung oder Bestrafung: Wähler:innen wählen die amtierende Partei erneut, wenn sie mit ihrer Leistung zufrieden sind, oder bestrafen sie durch Abwahl.
-Wirtschaftliche Lage als Faktor: Gute wirtschaftliche Entwicklung stärkt Regierungsparteien, Krisen führen oft zu Stimmenverlusten.
-Mehr strategisches Wählen: Wähler:innen können zwischen Parteien wechseln, um schlechte Regierungsführung abzustrafen.
Nennen Sie vier Voraussetzungen, die in Österreich vorlagen, sodass die
Sozialpartnerschaft großen Einfluss in der Politikgestaltung erlangen konnte!
-Hoher Verflechtungsgrad zw. Verbänden und Parteien (SPÖ, ÖVP)
-Hoher Zentralisierungsgrad der Verbände (= starke Dachverbände)
-Hoher Konzentrationsgrad der Verbände (= wenige, umfassend organisierte Verbände)
-Hohe Akzeptanz in der Bevölkerung
Welche Kammern und Gewerkschaften werden von welcher politischen Partei
dominiert? Über welche Teilorganisation ist die jeweilige Partei in der jeweiligen
Kammer/Gewerkschaft repräsentiert?
-Österreichischer Gewerkschaftsbund bis auf eine ÖVP Ausnahme durch die Fraktion Christlicher
Gewerkschafter > SPÖ-nahe durch die Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter
Arbeiterkammern > SPÖ-nahe durch die Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter
Wirtschaftskammer > ÖVP-nahe durch Wirtschaftsbund
Landeswirtschaftskammer > ÖVP-nahe durch Bauernbund
Was bedeutet Konzertierung, was bedeutet Akkordierung? Welche Formen der Akkordierung
unterscheidet man?
Der Begriff „Konzertierung“ bezeichnet eine koordinierte Abstimmung oder Zusammenarbeit verschiedener Akteure.
Akkordierung bezeichnet die Vereinbarung oder Abstimmung zwischen mehreren Parteien, um eine gemeinsame Entscheidung oder Vorgehensweise festzulegen.
. Multilaterale Akkordierung – Abstimmung zwischen mehreren Staaten oder internationalen Organisationen.
Bilaterale Akkordierung – Abstimmung zwischen zwei Parteien oder Staaten.
Was bedeutet Korporalismus und Pluralismus ?
Korporalismus bezeichnet ein System, in dem wenige, hierarchisch organisierte Interessenverbände (z. B. Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände) eng mit dem Staat zusammenarbeiten und in politische Entscheidungsprozesse eingebunden sind. Beispiel: Österreichische Sozialpartnerschaft.
Pluralismus hingegen beschreibt ein System, in dem viele verschiedene, unabhängig agierende Interessenvertretungen frei konkurrieren, ohne staatliche Steuerung oder privilegierten Zugang zur Politik. Beispiel: USA mit zahlreichen Lobbygruppen.
Was ist der Unterschied zwischen Föderalismus und Dezentralisierung?
-Föderalismus ist ein politisches System, in dem die Macht zwischen einer zentralen Regierung und mehreren subnationalen Einheiten (z. B. Bundesländer) verfassungsrechtlich aufgeteilt ist. Diese Einheiten haben eigene Gesetzgebungskompetenzen. Beispiel: Österreich, Deutschland, USA.
-Dezentralisierung bedeutet die Übertragung von Aufgaben und Entscheidungskompetenzen von der Zentralregierung an untergeordnete Ebenen (z. B. Gemeinden), ohne dass diese eine eigene Souveränität haben. Dezentralisierung kann auch in einem Einheitsstaat stattfinden. Beispiel: Frankreich mit starker kommunaler Verwaltung.
Was bedeutet „self-rule“? Was bedeutet „shared-rule“? Über welche Institutionen ist in
Österreich das Konzept „shared rule“ verwirklicht?
-„Self-rule“ bedeutet die Autonomie einer politischen Einheit, ihre eigenen Angelegenheiten ohne Einmischung von außen zu regeln, wie z. B. durch eigene Gesetze oder Verwaltung.
-„Shared-rule“ bezeichnet die gemeinsame Entscheidungsmacht oder Kooperation zwischen verschiedenen politischen Einheiten, um gemeinsam über bestimmte Angelegenheiten zu entscheiden, oft auf einer höheren Ebene.
In Österreich wird das Konzept des „shared-rule“ durch Institutionen wie den Bundesrat, die Landtage und die Kanzlerämter verwirklicht, da diese Institutionen in der Gesetzgebung und Verwaltung zwischen der zentralen (Bundes-)Regierung und den Bundesländern gemeinsam agieren.
Nennen Sie zwei Faktoren, die dazu beitragen, dass der österreichische Föderalismus oft als
stark „exekutivlastig“ bezeichnet wird!
1.Verflechtung von Gesetzgebung und Vollziehung
In Österreich werden viele Gesetze auf Bundesebene beschlossen, aber von den Ländern vollzogen (z. B. Baurecht, Naturschutz, Sozialhilfe).
Die Vollziehungskompetenz der Landesregierungen gibt ihnen erheblichen Einfluss auf die praktische Umsetzung von Gesetzen, was die Exekutive gegenüber der Legislative stärkt.
2.Mittelbare Bundesverwaltung
Viele Bundesgesetze werden nicht von eigenen Bundesbehörden, sondern von den Landesbehörden im Auftrag des Bundes vollzogen.
Das bedeutet, dass Landeshauptleute und ihre Landesregierungen als verlängerte Arme des Bundes agieren und somit eine starke exekutive Machtstellung haben.
Beispiele: Die Bezirksverwaltungsbehörden (Bezirkshauptmannschaften) setzen viele Bundesgesetze um, etwa im Gewerberecht oder im Straßenverkehrsrecht.
Durch diese Struktur wird die Macht der Exekutive auf Landesebene gestärkt, während das Parlament weniger direkte Kontrolle über die Umsetzung der Gesetze hat.