Persönlichkeit und Gesundheit Flashcards
Definition Persönlichkeit
= umfassender psychologischer Begriff, beinhaltend
o Individual difference-variables: Merkmale/Charakteristika, in denen sich Menschen voneinander unterscheiden, z.B. Werte/Normen
o Zeitliche überdauernde und stabile Merkmale (Traits, Habits), oft nicht direkt beobachtbar, aber aus dem Verhalten erschließ- oder erfragbar
- Persönlichkeit hängt mit der physischen und psychischen Gesundheit auf vielfältige Art und Weise zusammen
o Kurzfristige wie längerfristige Merkmale (states vs. traits)
o Positiv (gesundheitsfördernd) wie negativ (Gesundheitsrisiko)
o Interaktive Effekte (Person x Situation) →Interaktionismus
o Rekursive Effekte→Transaktionismus
Welche Vermittlungsmechanismen gibt es?
Physiologische Reaktionen
Direkte Verhaltensfolgen
Indirekte Verhaltensfolgen
Auswahl gesundheitsrelevanter Umwelten & Situationen
Krankheitsverhalten
Was gehört zu den physiologischen Reaktionen?
o kognitive & affektive Reaktionen als Bestandteile von Persönlichkeitsmerkmalen
o negative affektive Zustände (z.B. Angst, Stress): erhöhte kardiovaskuläre & immunologische Belastung
Was gehört zu den direkten Verhaltensfolgen?
o Persönlichkeitsmerkmale sind direkt mit spezifischem Gesundheitsverhalten verbunden
o Feindseligkeit: erhöhter Alkoholkonsum und Rauchen
o Gewissenhaftigkeit: weniger Nikotin & Alkohol, mehr körperliche Aktivität
Was gehört zu den indirekten Verhaltensfolgen?
o Persönlichkeitsmerkmale bedingen Verhalten, das indirekt gesundheitsfördernd bzw. -gefährdend ist
o Optimismus: aktives Bemühen um Lösung kontrollierbarer Probleme verkürzt aversive Zustände
o Feindseligkeit: antagonistisches Verhalten→weniger soziale Unterstützung
Was gehört zur Auswahl gesundheitsrelevanter Umwelten & Situationen?
o dynamische/transaktionale Person-Umwelt-Beziehung
o hohe Selbstwirksamkeitserwartung: eher Wahlanspruchsvoller, befriedigender Berufe → fördert positives Befinden
Was gehört zu Krankheitsverhalten?
o Wahrnehmung von Symptomen und alle Verhaltensweisen von Personen, die sich als krank wahrnehmen
o Neurotizismus: mehr Berichte körperl. Symptome bei objektiv fehlenden Beeinträchtigungen
o gefährlich: mangelnde Symptomwahrnehmung bei objektiver Erkrankung
Alternative Erklärungen (Wirkmechanismen 6 & 7)
- Gemeinsame Ursachen:
o Zusammenhang von Persönlichkeit & Gesundheit reflektiert gemeinsame genetische Prädisposition
o genetisch erhöhte physiologische Stressreaktivität: bedingt koronare Herzkrankheit & Neurotizismus - Persönlichkeit ist Folge von Gesundheit/Krankheit:
o Persönlichkeitsveränderung durch pathologische Prozesse: erhöhte Aggressivität durch Alzheimer
o reaktive Persönlichkeitsveränderung: sozialer Rückzug nach Krebsdiagnose
Persönlichkeitstypen und Gesundheit
- Typ-A-Verhalten: Ehrgeiziges Leistungsstreben, Konkurrenzdruck, Zeitdruck, Ungeduld, Aggressivität, Feindseligkeit, Selbstwertrelevante Attribution bei Misserfolgen
- Soll einen gewichtigen Anteil an der Entstehung koronarer Herzerkrankungen (KHK) haben (Friedman & Rosenman)
Kognitive Persönlichkeitsmerkmale und Gesundheit → psycholog. Zugang
- Gesundheitsrelevante Überzeugungen und Beliefs
o Optimismus/Pessimismus
o Selbstwirksamkeitsüberzeugungen
o Kontrollerwartungen/-Überzeugungen
o Kohärenzsinn
o Hardiness - Selbst bezogene kognitive Personenmerkmale
o Selbstwertschätzung
o Selbstkonzept - Kognitive Fertigkeiten
o Bewältigungsstil
o Problemlösefähigkeit
Dispositioneller Optimismus (Scheier & Carver, 1985)
= Generalisierte positive Erwartungshaltung hinsichtlich Zukunft, Ergebnisse, Selbstwirksamkeit, etc.
Effekte über verschiedene Variablen vermittelt:
o situationsangemessenes Coping, erhöhtes Gesundheitsverhalten, mehr soziale Unterstützung
o Auch psychophysiolog. & neurobiolog. Mediatorvariablen wahrscheinlich
Wirkungspfade/Mediatoren (Franke, 2013) dispositionellen Optimismuses
Optimisten: reduzierteres physiolog. Reaktionspotential (weniger gestresst), günstigere Situationsbewertung, effektivere Stressbewältigung, erhalten mehr soziale Unterstützung
Selbstwirksamkeitserwartung – self efficacy
- = Überzeugung, gewünschtes Verhalten auch angesichts von Barrieren ausführen zu können (Bandura, 1997)
- Hohe Selbstwirksamkeitserwartung im Hinblick auf spezifische Problemsituationen, z.B. ein Diätprogramm durchzustehen oder mit dem Rauchen aufzuhören → entscheidender Prädiktor für erfolgreiches Gesundheitsverhalten
- Theorien des Gesundheitsverhaltens lassen Selbstwirksamkeitserwartungen als zentrale, gesundheitspsychologisch relevante Variable erscheinen
- Schwarzer (2004): generalisiertes und zeitlich stabiles Konstrukt
→ generalisierte Erwartung, Ziele zu erreichen, Handlungen setzen zu können und auch die nötigen Fertigkeiten dafür zu besitzen
Selbstwirksamkeit & Gesundheit (Schwarzer, 2004)
Eine der am besten untersuchten Variablen im Zusammenhang mit Gesundheit und Krankheit (vgl. Schwarzer, 2004):
o Enge Beziehung zur Krankheitsbewältigung
o Raschere Genese nach Operationen
o Enge Zusammenhänge mit Wohlbefinden und Lebensqualität
o Stärkeres Durchhaltevermögen bei Verhaltensänderungsprogrammen
o Enger Bezug zu verschiedenen Formen des Gesundheitsverhaltens
o Negative Beziehungen zu Depressivität, Ängstlichkeit und Neurotizismus
o Positive Bezüge zu dispositionalem Optimismus internalen Kontrollüberzeugungen etc.
→Selbstwirksamkeit als zentrale kognitive Ressource
Emotionale Persönlichkeitsmerkmale
- Emotionalitätsvariablen
o Negative Emotionalität/ emotionale Instabilität/ Neurotizismus
o Feindseligkeit und Ärger
o Positive Emotionalität - Emotionsausdruck & -Expressivität
- Emotionsregulation
- Emotionale Kommunikation
Negative Emotionalität/Neurotizismus (Weber & Vollman, 2005)
- Erhöhte Bereitschaft, negative Emotionen, wie Ängstlichkeit, Niedergeschlagenheit, Traurigkeit, Schuldgefühle, etc. zu erleben
- Erhöhte emotional-negative Reagibilität (in Situationen vermehrt mit negativen Emotionen und Stressgefühlen zu reagieren) → Stressanfälligkeit
- Assoziiert mit einer Reihe psychischer Risiken wie geringes Selbstwertgefühl, negative Zukunftserwartungen, Hilflosigkeitserleben
- Starker Risikofaktor für eine Reihe von Störungen und Erkrankungen, insb. Depression, somatische Stressstörung, Morbiditätsrisiko, Mortalität
- Gegenteil von Wohlbefinden, positiver Emotionalität, Glückserleben, Lebensqualität
- Enge negative Assoziation mit Kohärenzsinn, Optimismus & Selbstwirksamkeit
Feindseligkeit, Ärger
- Feindseligkeit, erhöhte Ärgerneigung und ineffektive Ärgerregulation seit Jahrzehnten als gesundheitliche Risikofaktoren bekannt
- Bezüge ähnlich wie bei negativer Emotionalität; Ärgerneigung z.T. als Komponente der negativen Emotionalität angesehen
- Feindseligkeit als die eigentlich gesundheitsrelevante Komponente des Typ-A- Verhaltens erkannt
- Zentrale Komponenten des Konstrukts:
o Erhöhte Neigung, Ärger und Feindseligkeit zu erleben
o Offener und meist direkter Ausdruck von Ärger und Feindseligkeit
o Misstrauische, feindselige Einstellungen und Haltungen - Intensive Forschungstätigkeit; enge Zusammenhänge mit
o Erhöhter Morbidität im somatischen Bereich, insb. KHK
o Risikoverhaltensweisen wie Rauchen oder Alkoholkonsum
o Reduziertem subjektivem Wohlbefinden, Depressivität, Stressanfälligkeit, etc.
Positive Emotionalität
- Konzeptuelles Gegenstück zu negativer Affektivität
- Bis jetzt jedoch theoretisch wenig konzipiert
- Zentraler Konstrukt: subjektives Wohlbefinden
- Häufiges Erleben positiver Emotionen wie Freude, Glück, Zufriedenheit, etc.
- Analog negativer Affektivität → zentrale emotionale Ressource & protektiver Faktor gegenüber Stress, Depressivität, etc.
- Erwarteter enger Bezug zu Optimismus, Selbstwirksamkeit, Resilienz, Kohärenzsinn, etc.
Fakten über emotionale Positivität (Fredrickson, 2009)
- Positive Emotionen fühlen sich gut an und machen glücklich
- Emotionale Positivität regt das Denken an und erweitert das Bewusstsein
- Positivität schafft Ressourcen
- Positivität fördert die Widerstandskraft
- Eine Positivitätsrate von mehr als 3:1 prognostiziert erhöhtes subjektives Wohlbefinden (3 mal so viel positive Emotionen wie negative)
- Menschen können ihre Positivitätsrate steigern!
Emotionsregulation
- Kann als eine Fertigkeit/ Kompetenz betrachtet werden
- Wichtiger Forschungsansatz der klinischen & Gesundheitspsychologie, ausgehend von der Copingforschung Lazarus‘
- Prozesse, mit denen Individuen versuchen, die Art, die Intensität oder die Dauer von Emotionen in eine bestimmte Richtung zu beeinflussen, sowie auf das mit diesen Bemühungen erzielte Ergebnis
Theorien der Emotionsregulation
o Prozessmodell der ER von James Gross (1998)
o Modell adaptiver Emotionsregulation (Berking, 2015)
Funktionale Strategien der Emotionsregulation
o Positives Appraisal
o Umstrukturierung durch wohlwollendes reappraisal, Humor und alternative Sichtweisen, Distanzierung, positive Umdeutung
Dysfunktionale Strategien der Emotionsregulation
o Unterdrückung negativer Emotionen → erhöhte physiologische Aktivierung
o Sensitivierung und Intensivierung→Karastrophisieren
o Dysfunktionales Verhalten als ER-Strategie (z.B. Rauchen, Alkoholkonsum)
Adaptive ER-Strategien (Gross, 1998)
o Aktive Versuche, Situationen zu verändern
o Aufmerksamkeitslenkung auf positive Aspekte der Situation
o Fokussieren der Aufmerksamkeit auf Herausforderungen
o Kognitive Umstrukturierung negativer Gedanken
o Funktionale Reduktion emotionaler Reaktionen (Entspannung, offener Ausdruck, Erleben, etc.)
Dysfunktionale ER-Strategien (Gross, 1998)
o Passivität im Umgang mit Situationen
o Fokussieren der Aufmerksamkeit auf negative und bedrohungsrelevante Aspekte der Situation; Verhaftenbleiben im Negativen
o Intensivierung negativer Bewertungen (Katastrophisieren)
o Aktive Unterdrückung negativer Emotionen
o Problematischer Umgang (Alkohol, Nikotin, „Ausagieren“, Streit, Vermeidung)
Emotionsregulation und Gesundheit (Berking, 2015)
- Adäquater Umgang mit Emotionen spielt eine wichtige Rolle für die psychische Gesundheit
- Dysfunktionale Versuche der Emotionsregulation häufig assoziiert mit psychischen Problemen: z.B.
o Essattacken, um von Ärger abzulenken
o Vermeidungsverhalten, um Ängste kurzfristig zu reduzieren
o Alkoholkonsum, um Gefühle von Einsamkeit zu lindern - Empirisch sind dysfunktionale Reaktionen auf belastende Emotionen bei Personen mit psychischen Störungen häufiger anzutreffen bzw. sagen die Entwicklung einer solchen Störung vorher
- Ebenso zeigte sich, dass Personen mit unterschiedlichen Störungen weniger häufig adaptive Emotionsregulationsstrategien verwenden
- Defizite an adaptiven ER-Strategien sagen die Entwicklung von Gesundheitsproblemen vorher
Emotionsregulation & psychische Gesundheit (Berking, 2015)
- Zusammenhänge von spezifischen ER-Strategien und psychischer und somatischer Gesundheit bis jetzt eher allgemein beforscht
- Vorliegende Befunde zeigen positive Effekte von Humor und humorvollen Umbewertungen auf die Wahrnehmung und Bewertung sowie Bewältigung belastender Situationen und Ereignisse
o Coping function of humor
o Messbar über „Coping-Humor-Scale” - Zusammenhänge zwischen positiven ER-Strategien und Erhalt positiver sozialer Unterstützung
- Zusammenhänge zwischen positiver ER und Wohlbefinden, Lebensqualität
- Positive/funktionale ER-Strategien positiv assoziiert mit Selbstwirksamkeit, Selbstwertgefühl, Sense of Coherence, Resilienz
- Negative Assoziation mit Ängstlichkeit, Niedergeschlagenheit/Traurigkeit und Depressivität
→ Positive ER und ER-Fertigkeiten wichtige psychologische Ressourcen
Resiliente Persönlichkeit
- Resilienz
o Wiederherstellung normaler Funktionsfähigkeit nach erlittenem Trauma
o Erhalt der Funktionsfähigkeit trotz vorliegender beeinträchtigender Umstände - Resilienz als Personenmerkmal = resiliente/invulnerable Persönlichkeit
o Ausgeprägte Unabhängigkeit
o Hohes Selbstbewusstsein/hoher Selbstwert
o Überzeugung, dass das Leben sinnvoll ist
o Hohe Selbstwirksamkeitserwartung
o Gelegentlich auch religiöse Bindung und
o Hohe intellektuelle Fähigkeiten - Resilienz als Person-Umwelt-Interaktion
Hardiness (Kobasa, 1979)
- Widerstandsfähigkeit; Schutzfaktor gegenüber Belastungen und vor Krankheiten
- Muster aus 3 kognitiven Variablen
o Glaube an Kontrolle über eigene Lebensumstände → „control“
o Hohes Engagement für eigene Ziele und Werte → „commitment“
o Suche nach Herausforderungen in neuen Situationen → „challenge“ - Studien zeigen, dass hardiness
o Als Puffer ggü. stressreichen Erfahrungen, v.a. im Arbeitskontext, fungiert
o Aber auch unabhängige und direkte Effekte auf die psychische und somatische Gesundheit ausübt
o Zusammenhänge nicht nur querschnittlich sondern auch längsschnittlich gegeben
→ funktionale Effekte!
Fazit Persönlichkeit und Gesundheit (Weber, 2005)
- Trotz diverser methodischer und konzeptueller Probleme kann davon ausgegangen werden, dass die Persönlichkeit über verschiedene Vermittlungspfade einen Einfluss auf die psychische wie somatische Gesundheit ausübt
- Zusammenhänge mit körperlicher Gesundheit sind viel geringer
- Bei psychischer Gesundheit Gefahr der Konstruktüberlappung
- Typenkonzeptionen von Persönlichkeit haben sich nicht als sinnvoll erwiesen
- Zentral: kognitive und affektive Merkmale
- Sehr häufig inkonsistente Beziehungen → weitere Forschung nötig
- Breites Feld, viele Zusammenhänge noch nicht untersucht
- Wichtig Berücksichtigung des Kontextes und von Mediatoren und Moderatoren