Ordnungswidrigkeitenrecht Aufsatz Teil 3 Flashcards

formaler Rahmen

1
Q

Was bedeutet Opportunitätsprinzip im Ordnungswidrigkeitenrecht?

A

Bei der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten besteht die Möglichkeit der Ahndung, nicht jedoch die Pflicht, § 47 Abs. 1 OWiG (Opportunitätsprinzip)

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2
Q

Was bedeutet Untersuchungsgrundsatz?

A

Im Bußgeldverfahren gilt der Untersuchungsgrundsatz. Das jeweils mit der Verfolgung der Ordnungswidrigkeit betraute Organ muss den Sachverhalt von Amts wegen umfassend erforschen.
Nicht nur belastende, also gegen den Betroffenen
sprechende Umstände sind zu ermitteln, sondern auch entlastende, sofern sich Anhaltspunkte für sie ergeben. Das folgt aus § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 160 Abs. 1 und 2 StPO. Verbleiben nach Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten Zweifel über den Ablauf des Geschehens, so ist der Sachverhalt zu unterstellen, der für den Betroffenen günstiger ist. Es gilt der Satz „Im Zweifel für den Angeklagten“, der die Voraussetzungen von Tatbestand, Rechtswidrigkeit und Vorwerfbarkeit ebenso erfasst wie Verfahrenshindernisse, beispielsweise die Verjährung.

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3
Q

Ablauf des Bußgeldverfahrens

A
  1. Vorverfahren
    a) zuständige Behörde
    Herrschaft über das Vorverfahren: Verwaltungsbehörde § 35 Abs. 1 OWiG
    Ihre
    Aufgabe ist es, das Verfahren einzuleiten, Ermittlungsmaßnahmen anzuordnen und eine das Vorverfahren abschließende Entscheidung zu treffen, Verhängung eines Bußgeldbescheids

sachliche Zuständigkeit § 36 OWiG oder Spezialregelung
§ 36 Abs. 1 Nr. 2 OWiG: Die
jeweils oberste Behördenspitze ist zuständig, also bei Verwaltungskompetenz der Länder deren oberste Fachbehörde –
in der Regel der Fachminister (z.B. Landesumweltminister,
Landesinnenminister) –, bei Verwaltungskompetenz des Bundes der zuständige Bundesminister. Diese Zuständigkeiten
können wiederum durch Rechtsverordnung auf andere Stellen
übertragen werden (§ 36 Abs. 2 und 3 OWiG)

örtlich zuständig: § 37 OWiG
die Behörde, in deren Bezirk die Ordnungswidrigkeit begangen oder entdeckt wurde (Nr. 1) oder der Betroffene seinen Wohnsitz hat (Nr. 2).
Sonderfälle regeln die Abs. 2 bis 4

b) Ermittlungstätigkeit
aa) Beweismittel
prinzipiell jedes taugliche Erkenntnismittel (Auskünfte einholen, recherchieren im Internet, Akte beiziehen,

Weil ein Bußgeldbescheid nach etwaigem Einspruch Bestand vor Gericht haben muss, sollte sie ihr
Augenmerk aber auf die fünf Beweismittel, die dem Gericht
zur Ermittlung zur Verfügung stehen:
1. Einlassung des Betroffenen
Gemäß § 55 Abs. 1 OWiG
ist dem Betroffenen Gelegenheit zu geben, sich zu der
Beschuldigung zu äußern (Anhörungsbogen, persönliche Vernehmung)
2. Zeuge
Zeuge ist jeder, der Angaben über Tatsachen
machen kann, Zeuge darf Grds. Nicht lügen (vor Gericht nicht, vor der Behörde schon aber Meineid falls Lüge vor Gericht —> mind. 1 Jahr Freiheitsstrafe, daher am Besten auch vor Behörde nicht lügen)
Zeugnis verweigern darf: Engere Familie, Verlobte, ärztliche Schweigepflicht (Ärzte, Therapeuten usw., Anwälte, Pastor, Steuerberater, Notar, Abgeordnete, Beamte/Soldaten haben Zeugnisverweigerungsrecht
Auskunft verweigern: soll einen zwar nicht selber belasten aber das lenkt auf sich
3. Sachverständige
Der Sachverständige hilft der Behörde,
indem er ihr seine besondere Sachkunde zur Verfügung
stellt (abstrakte Auskünfte oder entscheidungserhebliche Tatsachen, wie Blutalkoholkonzentration zum Tatzeitpunkt), fertigen Gutachten an
Selbe Regeln wie bei Zeugen
4. Urkunden
Beweise über eine Tatsache (zb Kopie der Grundbucheintragung als Urkunde)
5. Augenschein ( in Augenscheinnahme)
Mitarbeiter der Behörde machen sich Eindruck über Beschaffenheit einer Sache oder Lage (ist zu protokollieren)

bb) Grenzen der Ermittlungstätigkeit
Manche Handlungsweisen sind dem Bußgeldverfahren
aus Gründen der Verhältnismäßigkeit entzogen. § 46
Abs. 3 S. 1 OWiG nennt ausdrücklich Anstaltsunterbringung, Verhaftung und vorläufige Festnahme sowie Zwangsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Post- und Fernmeldegeheimnis. Daneben scheiden Maßnahmen aus, die auch im
Strafverfahren einen beschränkten Wirkungsbereich haben, weil sie nur zur Ermittlung erheblicher Straftaten eingesetzt werden dürfen. Gemeint sind etwa Rasterfahndung (§ 98a StPO), Überwachung der Telekommunikation (§ 100a StPO)
oder Schleppnetzfahndung (§ 163d StPO). Denn wenn nicht
einmal jede mutmaßliche Straftat den Einsatz dieser Mittel
rechtfertigt, dürfen sie erst recht nicht bei der Aufklärung von Ordnungswidrigkeiten zum Einsatz kommen

cc) Die Rolle der Polizei
Polizei wird im Bußgeldverfahren verschiedenartig tätig
(Verkehrsordnungswidrigkeiten verfolgen und ahnden (§ 26 Abs. 1 S. 1), als Ermittler der Behörde tätig werden, Recht des ersten Zugriffs…)

c) Abschluss des Vorverfahrens
Ist der entscheidende Beamte davon überzeugt, dass der Betroffene die Ahndungsvoraussetzungen der Ordnungswidrigkeit verwirklicht hat, kann er einen Bußgeldbescheid erlassen. Er kann auch eine Verwarnung aussprechen, wenn deren Voraussetzungen vorliegen (§§ 56 ff. OWiG).31 Schließlich darf er das Verfahren einstellen, wenn Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte dies gebieten (§ 47 Abs. 1 OWiG). Konnte der Beamte die persönliche Überzeugung nicht gewinnen, muss er das Verfahren einstellen (§ 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 170 Abs. 2 S. 1 StPO). Dies ist dem Betroffenen formlos mitzuteilen (§ 50 Abs. 1 S. 1 OWiG)

  1. Verwarnung und Bußgeld
    a) Verwarnung
    §§ 56 ff. OWiG
    mit und ohne Verwarngeld
    Die Ordnungswidrigkeit muss geringfügig sein, d.h. nach
    Bedeutung und Grad der Vorwerfbarkeit (vgl. § 17 Abs. 3
    S. 1 OWiG) eine Geldbuße von nicht mehr als 35 Euro
    angemessen erscheinen lassen (§ 56 Abs. 1 S. 1 OWiG)
    Verwarnung mündlich oder schriftlich

b) Bußgeldbescheid
§ 66 OWiG
muss Angaben zur Person des Betroffenen und etwaiger Beteiligten enthalten § 66 Abs. 1 Nr 1 OWiG, also vollständigen Namen, Wohnort, Wohnung, Geburtstag und Geburtsort; bei Minderjährigen
auch Namen und Wohnort der gesetzlichen Vertreter
Tat ist so genau wie möglich zu bezeichnen, Beweismittel sind zu benennen usw.

  1. Zwischenverfahren und Hauptverfahren
    a) Zwischenverfahren
    §§ 66,67
    Betroffener kann Einspruch einlegen (hindert den Eintritt der Rechtskraft des Bußgeldbescheids sowie dessen Vollstreckbarkeit § 66 Abs. 2 Nr 1a OWiG)
    schriftlich oder zur Niederschrift bei der Verwaltungsbehörde, die den Bußgeldbescheid
    erlassen hat

b) Hauptverfahren
Hauptverhandlung vor Gericht –> Betroffene hat Anwesenheitspflicht § 73 Abs. 1 OWiG

  1. Rechtsbeschwerde, Vollstreckung, Kosten, Wiederaufnahme des Verfahrens
    a) Rechtsbeschwerde
    einzige Rechtsmittel des Bußgeldverfahrens
    Sie darf gegen die in § 79 Abs. 1 S. 1 OWiG
    genannten Entscheidungen eingelegt werden, wobei das Beschwerdegericht das Recht hat, sie auf Antrag auch in anderen Fällen zuzulassen (§§ 79 Abs. 1 S. 2, 80 OWiG). Befugt zur Einlegung sind der Betroffene und seine gesetzlichen Vertreter, der Verteidiger und die Staatsanwaltschaft
    Frist für Einlegung 1 Woche

b) Vollstreckung
Der Bescheid, der alle notwendigen Belehrungen enthält, ist rechtskräftig; dennoch weigert Z sich ohne Angabe von Gründen, das Geld zu bezahlen. Was kann die Verwaltungsbehörde tun, um das
Geld zu bekommen? Vollstreckungsverfahren §§ 89 ff. OWiG einleiten
Voraussetzung: Nichtanfechtbarkeit, also die Rechtskraft
es darf keine Vollstreckungsverjährung eingetreten sein

c) Kosten und Auslagen
§§ 105 ff. OWiG
Betroffene trägt Kosten und Auslagen
sollte die Behörde Bescheid nach Einspruch zurücknehmen oder die Staatsanwaltschaft stellt das Verfahren ein, dann trägt der Staat die Kosten und Auslagen
wird das Verfahren aus Zweckmäßigkeitserwägungen eingestellt, kann dem Betroffenen auferlegt werden, seine notwendigen Auslagen selber zu tragen

d) Wiederaufnahme des Verfahrens
kaum praxisrelevant
§ 85 OWiG
dient dazu, Justizirrtümer auch nach Eintritt der Rechtskraft beseitigen zu könne und so extremen Ungerechtigkeiten im Einzelfall entgegenzuwirken

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