Ordnungswidrigkeitenrecht Aufsatz Teil 1 Flashcards
Voraussetzungen der Ahndung eines Verhaltens, Darstellung der möglichen Rechtsfolgen, Grundlagen und Ablauf des Bußgeldverfahrens Es geht um das vorsätzlich vollendete Handlungsdelikt im Grundsatz (42 cards)
Warum sind Ordnungswidrigkeitenrecht und Strafrecht eng verwandt, was ist der Unterschied?
Beide verletzen gesetzlich verankerte Ge- oder Verbote und werden mit negativen Folgen geahndet. Der Unterschied liegt im
Maß des Unrechts: Straftaten sind besonders verabscheuungswürdig und werden vom Staat mit seiner schärfsten Waffe bekämpft – dem Strafrecht. Ordnungswidrigkeiten sind dagegen weniger schlimm und beruhen meist auf menschlichen Schwächen wie Nachlässigkeit, Unzuverlässigkeit oder Bequemlichkeit; sie brauchen daher nicht so streng geahndet zu werden.
Dazu passen die Verfahrenskonzepte: Bei Straftaten sind die Strafverfolgungsbehörden grundsätzlich verpflichtet einzuschreiten (§§ 152 Abs. 2, 163 Abs. 1 StPO,
Legalitätsprinzip), bei Ordnungswidrigkeiten steht die Einleitung eines Bußgeldverfahrens im Ermessen der zuständigen
Behörde. Jedes Verfahren kann zu jedem Zeitpunkt ohne Verhängung einer Rechtsfolge beendet werden (§ 47 Abs. 1 OWiG, Opportunitätsprinzip).
Was bestimmt § 3 OWiG?
§ 3 OWiG bestimmt, dass ein Verhalten als Ordnungswidrigkeit geahndet werden kann, wenn die Möglichkeit der Ahndung in einem Gesetz bestimmt worden ist. Die Formulierung nimmt Bezug auf Art. 103 Abs. 2 GG, der das Gesetzlichkeitsprinzip für das Strafrecht neben seiner einfachgesetzlichen Ausprägung in § 1 StGB verfassungsrechtlich absichert.
Neben dem Bestimmtheitsgebot, dem Verbot belastender Analogie und dem Rückwirkungsverbot folgt aus § 3
OWiG, dass die Ahndung eines Verhaltens als Ordnungswidrigkeit nur möglich ist, wenn eine gesetzliche Grundlage
existiert, die dies zulässt.
Autofahrer A fährt innerhalb einer geschlossenen Ortschaft mit 75 km/h. Woraus ergibt sich, dass es sich um ein ordnungswidriges Verhalten handelt?
von Vorschrift zu Vorschrift hangeln:
es handelt sich um Straßenverkehr, daher StVG
–> § 24 StVG handelt um “Verkehrsordnungswidrigkeiten”
–> erklärt (unter Androhung von Geldbuße in Abs. 2) für ordnungswidrig, dass jemand einer Vorschrift zuwiderhandelt, die aufgrund § 6 Abs. 1 StVG erlassen wurde, darunter fällt auch die StVO
–> Verstöße gegen die StVO, die als Ordnungswidrigkeit geahndet werden können, stehen in § 49 StVO
–> Nach § 49 Abs. 1 Nr. 3 StVO handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig gegen eine Vorschrift über die Geschwindigkeit nach § 3 StVO verstößt
–> § 3 Abs. 3 Nr. 1 StVO schreibt vor, dass die zulässige
Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften auch unter günstigsten Umständen für alle Kraftfahrzeuge 50 km/h beträgt
–> Die Rechtsgrundlage, die die Ahndung der Geschwindigkeitsübertretung des A zulässt, lautet also § 24 StVG
i.V.m. §§ 49 Abs. 1 Nr. 3, 3 Abs. 3 Nr. 1 StVO.
Was besagt § 1 Abs. 1 OWiG? Warum ist es wichtig?
§ 1 Abs. 1 OWiG ist zu beachten: Dieser legt fest, dass das Gesetz die Ahndung mit
einer Geldbuße zulassen muss. Das ist ernst zu nehmen. Es
gibt nämlich Gesetze, bei denen der Gesetzgeber das beschriebene Verhalten als ordnungswidrig bezeichnet, die
Zulassung der Ahndung mit Geldbuße aber vergessen hat.
(Z.B. lautete § 67a PStG: „Wer eine kirchliche Trauung oder
die religiöse Feierlichkeit einer Eheschließung vorgenommen
hat, ohne dass zuvor die Verlobten vor dem Standesamt erklärt hatten, die Ehe miteinander eingehen zu wollen, begeht
eine Ordnungswidrigkeit […].“8
Es fehlte in der Norm ein
Satz wie: „Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße
geahndet werden.“ Ohne eine solche Befugnis gab es keine
Möglichkeit, das Verhalten zu ahnden. Umgekehrt sind Vorschriften, die die Ahndung einer Handlung mit Geldbuße
zulassen, auch dann taugliche „Gesetze“, wenn das in ihnen
missbilligte Verhalten nicht ausdrücklich als ordnungswidrig
bezeichnet wird. So etwas gibt es in bayerischen Gesetzen,
die regelmäßig folgendermaßen beginnen: „Mit Geldbuße
kann belegt werden, wer..)
Wie lautet der dreistufige Deliktaufbau? (Kurzfassung)
Tatbestand, Rechtswidrigkeit, Vorwerfbarkeit
Der Täter muss tatbestandsmäßig, rechtswidrig und schuldhaft handeln. Schuld wird in der Terminologie des OWiG als Vorwerfbarkeit bezeichnet, beide Begriffe sind indes synonym. Geldbußen dürfen nur verhängt
werden, wenn diese drei Merkmale der Ordnungswidrigkeit
erfüllt sind. Fehlt eines, muss der Bußgeldbescheid unterbleiben oder der Betroffene, falls das Verfahren bereits bei Gericht anhängig ist, freigesprochen werden
Wie wird der Tatbestand untergliedert? Worum geht es im Tatbestand?
objektiver TB
subjektiver TB
Der Tatbestand prägt den Charakter der Ordnungswidrigkeit, er wird ergänzt durch die §§ 8 ff. OWiG und ungeschriebene Rechtssätze
Warum geht es beim objektiven Tatbestand?
Der objektive Tatbestand beschreibt die äußeren Merkmale
der Ordnungswidrigkeit, also das, was in der Außenwelt geschieht und sich nicht nur in der inneren Gedankenwelt des
Täters abspielt.
Täter Wer –> jedermann kann eine Ordnungswidrigkeit verüben
( Es gibt auch Ordnungswidrigkeiten, die nur besondere Personen begehen können (z.B. § 405 Abs. 1 AktG: „als Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats oder als Abwickler)
Tathandlung
sonstiges Tatbestandsmerkmal
Beispiel zum objektiven Tatbestand
Großmutter G hält sich als Haustier einen
gutmütigen Dackel, den sie überall frei herumlaufen lässt.
Enkel E hat ihr erzählt, dass es die Ordnungswidrigkeit
des § 121 Abs. 1 Nr. 1 OWiG gibt, die das Umherbewegenlassen bestimmter Tierarten mit Bußgeld bedroht.
Zum objektiven Tatbestand der genannten Norm gehört zunächst das Wörtchen „Wer“, aus dem sich ergibt, dass jedermann diese Ordnungswidrigkeit verüben kann. Daneben ist
die missbilligte Tathandlung beschrieben: das Freiumherbewegenlassen eines gefährlichen Tieres einer wildlebenden Art oder eines bösartigen Tieres.
Überträgt man dies auf das Beispiel, ist schnell festzustellen, dass eine Ahndung nicht in Frage kommt:
Zwar hat G ein Tier, den Dackel, sich frei umherbewegen lassen. Bei diesem handelt es sich aber weder um ein gefährliches Tier einer wildlebenden Art noch um ein bösartiges.
In welche Delikte lassen sich Ordnungswidrigkeiten unterteilen? (gehört mit zum obj. TB)
Ordnungswidrigkeiten lassen sich in Tätigkeitsdelikte und
Erfolgsdelikte unterteilen.
Bei Tätigkeitsdelikten genügt, dass der Täter die geforderte Handlung vornimmt, etwa ein Kraftfahrzeug mit einer Blutalkoholkonzentration von mehr als 0,5
‰ führt (§ 24a Abs. 1 StVG), während Erfolgsdelikte verlangen, das aus der Handlung des Täters ein Erfolg resultiert,
etwa andere Personen geschädigt, gefährdet, behindert oder
belästigt werden (§ 24 StVG i.V.m. §§ 49 Abs. 1 Nr. 1, 1
Abs. 2 StVO).
Bei den Erfolgsdelikten ist zu prüfen, ob die Handlung, die der Täter vorgenommen hat, ursächlich dafür
war, dass der Erfolg eingetreten ist. Wie im Strafrecht nimmt
man also eine Kausalitätsprüfung vor, die sich orientiert an
den dafür entwickelten Kriterien, vorzugsweise der Lehre
von der gesetzmäßigen Bedingung.
W ist Mitglied des örtlichen Theatervereins
und spielt im aktuellen Bühnenstück einen Sanitäter. Er
trägt auf der Bühne eine Uniform des Roten Kreuzes, ohne dafür eine Erlaubnis zu besitzen. Hat W den objektiven
Tatbestand des § 125 Abs. 1 OWiG erfüllt?
Das Tragen der Uniform ist Benutzung des Wahrzeichens des
„Roten Kreuzes“. W hat keine Erlaubnis, handelt also „unbefugt“. Folglich scheinen alle objektiven Voraussetzungen gegeben zu sein. Gleich, welchen Inhalt die Bühnenrolle hat,
ist jedoch allen Zuschauern des Bühnenstücks klar, dass W
als Schauspieler kein wirklicher Vertreter des „Roten Kreuzes“ ist, sondern sich nur verkleidet hat. Verkleiden ist für
Schauspieler sozialüblich. Ein solches sozialübliches Verhalten schließt den objektiven Tatbestand aus, weil es das geschützte Rechtsgut nicht unerlaubt gefährdet. Diesen Aspekt erörtert man im Strafrecht unter dem Stichwort „objektive Zurechnung“, deren Kriterien auch im Ordnungswidrigkeitenrecht gelten. W hat also keine Ordnungswidrigkeit begangen.
Worum geht es beim subjektiven Tatbestand?/Was gehört zum subj. TB?
Zum subjektiven Tatbestand gehört grundsätzlich Vorsatz.
Das steht in § 10 OWiG. Der Vorsatz muss sich auf die
Merkmale des objektiven Tatbestandes beziehen, was aus der Formulierung des § 11 Abs. 1 S. 1 OWiG herzuleiten ist.
Aus wie vielen und welchen Elementen besteht der Vorsatz? (subjektiver Tatbestand)
Nach h.M. besteht der Vorsatz aus zwei Elementen: Der
Täter muss um die Merkmale des objektiven Tatbestandes
wissen und ihre Verwirklichung wollen. (Wissen und Wollen)
Welche Arten von Vorsatz gibt es?
Man unterscheidet drei Arten des Vorsatzes:
- Absicht (dolus directus ersten Grades),
- Wissentlichkeit (dolus directus zweiten Grades) und den
- bedingten Vorsatz (Eventualvorsatz): Dem absichtlich Handelnden kommt es gerade darauf an, dass die Merkmale des
objektiven Tatbestandes verwirklicht werden, der wissentlich Handelnde sieht den Eintritt als sichere Folge seines Handelns voraus, der bedingt vorsätzlich Handelnde hält die Verwirklichung der objektiven Merkmale nur für möglich, findet sich aber damit ab.
Alle Vorsatzformen sind grundsätzlich gleichwertig, genügen also der Verwirklichung des
subjektiven Tatbestandes
Beispiel bedingten Vorsatz´(Eventualvorsatz)
: L fährt mit seinem Wagen auf eine grüne Ampel zu. Etwa 30 Meter davor schaltet die Ampel auf Gelb
um. L gibt Gas. Ihm ist bewusst, dass er es möglicherweise nur bei Rot schafft, hält das aber wegen eines Termins, den er einhalten muss, für nicht so wichtig. Als L
die Kreuzung passiert, zeigt die Ampel auf Rot (§ 24
StVG i.V.m. §§ 49 Abs. 3 Nr. 2, 37 Abs. 2 Nr. 1 StVO)
–> L kam es nicht darauf an, bei Rot zu fahren (er hatte also keine Absicht). Sicher vorhergesehen hat er seinen Fehltritt auch nicht (er handelte also nicht wissentlich). Wohl aber hat er die Möglichkeit erkannt und sich wegen seines Termins damit abgefunden. Dies ist bedingter Vorsatz.
Was ist ein Tatumstandsirrtum?
Wenn jemand bestimmte Umstände nicht mitbekommen hat, sie also nicht kennt und deswegen eine Ordnungswidrigkeit begeht
Beispiel: In der Stadt R kommt es zu einer Spontanversammlung von Jurastudenten, die gegen die Schließung ihrer Fakultät seitens der Landesregierung protestieren wollen. Die Stimmung droht in Gewalttätigkeit umzuschlagen, sodass die Polizei sich berechtigterweise entschließt, die Veranstaltung zu beenden. Polizist P fordert die Menge dreimal deutlich auf, auseinander zu gehen;
die Studenten lassen sich davon aber nicht beeindrucken.
Kurz nach den Aufforderungen kommt Jurastudent M
vorbei, der von den Ereignissen nichts mitbekommen hat.
M freut sich, einige seiner Kommilitonen zu treffen, und
schließt sich der „Meute“ an.
= M könnte die Ordnungswidrigkeit des § 113 Abs. 1 OWiG
verwirklicht haben, dessen objektiver Tatbestand erfüllt ist:
Er hat sich einer öffentlichen Ansammlung angeschlossen,
obwohl ein Träger von Hoheitsbefugnissen die Menge dreimal rechtmäßig aufgefordert hat, auseinander zu gehen. Weil M die Aufforderung des Polizisten nicht mitbekommen hat,
kennt er aber einen Umstand nicht, der zum gesetzlichen
Tatbestand (gemeint: § 113 Abs. 1 OWiG) gehört: die dreimalige Aufforderung. Er handelt also nicht vorsätzlich (§ 11 Abs. 1 S. 1 OWiG). Diesen Fall nennt man Tatumstandsirrtum. M hat kein Bußgeld zu befürchten.
besondere subjektive Merkmale (Vorsatz bzgl. TM)
Was ist das ? Gib ein Beispiel
Manchmal verlangt der subjektive Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit etwas über den Vorsatz Hinausgehendes, das sind dann besondere subjektive Merkmale
Beispiel: § 33 Abs. 5 Nr. 1 AWG, der (verkürzt) lautet: „Ordnungswidrig handelt, wer unrichtige oder unvollständige Angaben tatsächlicher Art macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen eine Genehmigung oder eine Bescheinigung zu erschleichen.“ Hier verlangt der subjektive Tatbestand erstens Vorsatz (§ 10 OWiG), zweitens dass der Täter handelt, „um für sich oder einen anderen eine Genehmigung oder eine Bescheinigung zu erschleichen“. Die Erschleichung
der Genehmigung oder Bescheinigung muss also nicht wirklich eintreten, vielmehr muss der Täter sie nur – subjektiv – im Zeitpunkt der Tathandlung herbeiführen wollen. Das folgt aus der Formulierung „um […] zu“.
Was prüft man, wenn der Tatbestand bejaht wurde?
Die Rechtswidrigkeit, also die Frage, ob der Täter ausnahmsweise das Recht hatte, tatbestandsmäßig zu handeln (weil Rechtfertigungsgründe vorliegen)
Wann hatte der Täter ausnahmsweise das Recht, tatbestandsmäßig zu handeln?
Wenn ein Rechtfertigungsgrund vorlag.
Welche Rechtfertigungsgründe gibt es?
Notwehr § 15 OWiG
rechtfertigende Notstand § 16 OWiG
Einwilligung
(im Strafrecht § 32 und 34 StGB)
(Beispiel: Nach einem Verkehrsunfall transportiert der
Krankenwagenfahrer F den schwer verletzten K unter
Außerachtlassung aller Geschwindigkeitsbegrenzungen ins
nächste Krankenhaus und rettet ihm so das Leben. Auf
der Fahrt wird F geblitzt.
Der Krankenwagenfahrer hat mit der Außerachtlassung der Geschwindigkeitsbegrenzungen den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit erfüllt, nämlich § 24 StVG i.V.m. §§ 49
Abs. 1 Nr. 3, 3 Abs. 3 StVO. Das ist aber nur eine Seite der
Medaille. Der genannte § 35 StVO befreit in seinem Abs. 5a
Fahrzeuge des Rettungsdienstes von den Vorschriften der
StVO, also auch von denen über die Geschwindigkeit, wenn
höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden. F kann sich auf diesen Rechtfertigungsgrund berufen. Er hat also tatbestandsmäßig, nicht aber rechtswidrig gehandelt, weshalb er kein Bußgeld zu befürchten hat)
Was ist ein Erlaubnisumstandsirrtum?
Wenn in der Vorstellung des Täters Umstände gegeben sind, die bei ihrem tatsächlichen Vorliegen einen anerkannten Rechtfertigungsgrund erfüllen würden
–> der Täter geht also irrig davon aus, dass Umstände vorliegen, die am Ende doch nicht vorliegen
Beispiel: K simuliert, ist also gar nicht
schwer verletzt, sondern unversehrt. Krankenwagenfahrer
F geht hingegen davon aus, es mit einem lebensbedrohlich verletzten Menschen zu tun zu haben. Wie ist das
Verhalten des F nun zu würdigen?
(F hat den Tatbestand des § 24 StVG i.V.m. §§ 49 Abs. 1
Nr. 3, 3 Abs. 3 StVO erfüllt, denn er hat vorsätzlich die Geschwindigkeitsgrenzen missachtet. Dies geschah auch rechtswidrig, denn weil objektiv keine höchste Eile geboten war, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden, kann F sich nicht auf § 35 Abs. 5a StVO (und auch nicht auf § 16 OWiG) berufen. Das Besondere an dem Fall ist, dass das Handeln des F durch § 35 Abs. 5a StVO gerechtfertigt wäre, wenn seine Vorstellung der Wirklichkeit entspräche. F irrt also über das Vorliegen von Umständen, die ihn bei tatsächlichem Vorliegen rechtfertigen würden. Eine solche Vorstellung nennt man Erlaubnisumstandsirrtum. Er ist gesetzlich nicht geregelt und seine Lösung umstritten. Dass der Täter wegen eines Vorsatzdeliktes nicht sanktioniert werden darf, ist dabei nahezu unumstritten. Am besten ist es, die Konstellation mit dem BGH entsprechend den Regeln des Tatumstandsirrtums (§ 11 Abs. 1 OWiG analog) zu behandeln, denn der Tatumstandsirrtum unterscheidet sich zwar formal vom Erlaubnisumstandsirrtum, qualitativ sind die beiden sich aber sehr ähnlich, weil der Täter sich jeweils eine Situation vorstellt, die mit der Rechtsordnung im Einklang steht. Weil § 11 Abs. 1 OWiG zugunsten des Täters analog angewendet wird, kommt man
auch mit dem Verbot belastender Analogie (§ 3 OWiG) nicht
in Konflikt. )
Wie lautet der Obersatz der Rechtswidrigkeit?
Die Tatbestandsmäßigkeit indiziert die Rechtwidrigkeit, es sei denn es liegt ausnahmsweise ein Rechtfertigungsgrund vor
Was ist zu untersuchen, wenn Tatbestand und Rechtswidrigkeit bejaht wurden?
Ob dem Täter sein Unrecht persönlich vorwerfbar ist (Vorwerfbarkeit)
Die individuelle Persönlichkeit des Täters wird dahingehend beleuchtet, ob er etwas dafür konnte, tatbestandlich und rechtswidrig gehandelt zu haben
= wenn er in der Lage ist, sein Unrecht einzusehen
(Im Strafrecht Schuld)
Unrechtsbewusstsein - Verbotsirrtum
wann liegt es vor? Beispiel mit Erklärung
Ein Verbotsirrtum liegt vor, wenn dem Täter das Unrechtsbewusstsein fehlt, d.h. wenn er davon ausgeht, durch sein Verhalten kein Unrecht zu verwirklichen
Beispiel: Wirt W bietet in seiner Schankwirtschaft nur
alkoholische Getränke an, weil er auf „Gesundheitsapostel, die sogar in Kneipen nur Cola und Wasser trinken
wollen“, keine Lust hat. Eines Tages flattert ihm ein Anhörungsbogen ins Haus. In diesem wird ihm eine Ordnungswidrigkeit nach § 28 Abs. 2 Nr. 1 GastG zur Last
gelegt, weil er entgegen § 6 S. 1 GastG keine alkoholfreien Getränke verabreicht. Er macht geltend, er habe
nicht vorwerfbar gehandelt, weil er die Normen des GastG
nicht gekannt und deshalb sein Verhalten für erlaubt gehalten habe.
Der Tatbestand der genannten Ordnungswidrigkeit ist erfüllt, ein Rechtfertigungsgrund nicht ersichtlich. Knackpunkt des Falles ist, dass W sein Verhalten für sanktionsfrei gehalten
hat. Ihm fehlte, so formuliert § 11 Abs. 2 OWiG, bei Begehung der Tat die Einsicht, etwas Unerlaubtes zu tun. Eine solche Fehlvorstellung nennt man Verbotsirrtum. Ob er die Vorwerfbarkeit ausschließt, macht § 11 Abs. 2 OWiG davon abhängig, ob der Irrtum für den Täter vermeidbar oder unvermeidbar war. Für eine Unvermeidbarkeit wird vom Täter einiges verlangt: Er muss all seine geistigen Erkenntniskräfte einsetzen und eventuell auftauchende Unrechtszweifel mit Nachdenken und – falls erforderlich – der Einholung sachkundigen Rechtsrates aufzuklären versuchen. Erfasst der Bußgeldtatbestand ein Verhalten im Rahmen der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit, sind die Prüfungs- und Erkundigungspflichten des Täters besonders hoch: Es gehört zu den
Pflichten einer Berufsausübung, sich über Regeln und Gesetze zu informieren, die in dem entsprechenden Berufszweig gelten. Daher war der Verbotsirrtum in dem Beispiel vermeidbar und W erwartet ein Bußgeld.
Welcher § ist bei dem Unrechtsbewusstsein relevant?
§ 11 Abs. 2 OWiG