Kriminalität von Polizisten Flashcards

1
Q

Wann sind Polizisten befugt Gewalt anzuwenden?

A
  • Im Namen des Volkes und zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung §§ 64 ff PolG BW
  • Zur Durchsetzung polizeilicher Maßnahmen sog. “unmittelbaren Zwang” (vgl. §§ 63 II, 64 ff. PolG BW)
  • > nur dann gerechtfertigt, wenn sie innerhalb der gesetzlichen Grenzen stattfindet und verhältnismäßig ist
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2
Q

Wann tritt Polizeigewalt in der Regel ein

A

Im Rahmen komplexer, unübersichtlicher und pannungsgeladener Interaktionsgeschenhen

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3
Q

Was sind auslößer für Polizeigewalt

A
  • mangelhafte Kommunikation
  • fehlende Transparenz
  • Diskriminierung
  • Bewusste Eskalation
  • eine schlechte Einsatzplanung
  • Stress und ein dadurch drohender Kontrollverlust zugrunde
  • aktive Handlungen (Vermummung, Pyrotechnik, Filmen etc.)
  • Nichtbefolgen von Anweisungen durch die Betroffenen
  • Nichtbeachtung von Höflichkeitsformen
  • Intoxikation
  • Frustration
  • Schlechte Einsatzplanung
  • Mangelnde Ressourcen
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4
Q

Was ist eine “Definition” für Polizeigewalt?

A

„Gewalt ist […] keine ontologische oder vorsoziale Kategorie, sondern eine normative, moralische und ethische. Manche absichtlichen Verletzungen von Personen gelten als Gewalt, andere nicht. Was als Gewalt
gedeutet, verstanden und bezeichnet wird, unterliegt je spezifischen zeitlichen, sozialen und kulturellen
Bedingungen und Ordnungen.“

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5
Q

Was sind Probleme in der Definitionsfindung der Polizeigewalt

A
  • keine klaren Begriffe
  • keine trennscharfe Grenzen durch Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
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6
Q

welchen § gibt es StGB bezgl. Polizeigewalt?

A

§ 340 StGB - Körperverletzung im Amt

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7
Q

Was erfasst die PKS alles unter den § 340 StGB?

A

auch Körperverletzungen durch andere Amtsträger (Lehrer, im öffentlichen Dienst)

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8
Q

Welche Ermittlungen können zur Beobachtung der Gewalt der Polizisten herangezogen werden? Welche werte zeigen sich hier?

A

Die Staatsanwaltsstatistik (Sachgebiet 53) wegen rechtswidriger Gewaltausübung und Aussetzung von Polizeibeamten
ab 2020 ein Anstieg mit einem Höchstwert von 2.790 Erledigungen von Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte im Jahr 2021

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9
Q

Wie sieht die Prozentuale Verteilung im Abschluss der Verfahren bzgl. Polizeigewalt aus?

A
  • 0,6 % sonstige Erledigungen
  • 2,3 % Angeklagte/Strafbefehle
  • 3,9% Oppornitätseinstellung (u.a. §§ 153 Abs. 1, 153sa StPO)
  • 93 % Einstellung mangels hinreichenden Tatverdacht
    -> Straftaten im gesamten haben eine Einstellungsquote von 30,3%
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10
Q

Was sind Erklärungsansätze für die Erledigungspraxis der Staatsanwaltschaft hinsichtlich des § 380 StGB?

A
  • komplexe/widersprüchliche Beweislage (insb. Probleme bei der Identifizierung der Täter)
  • eigene Ermittlungstätigkeit der Polizei selbst
    Solidarisierungseffekte zw. Polizeibeamten
  • institutionellen Nähebeziehung zwischen Polizei, Staatsanwaltschaft und Justiz, die mit Vorannahmen bspw. bei der Zeugenbefragung
  • Polizist:innen sind die Situation der Zeugenaussage vor Gericht gewohnt und mit der Fachsprache vertraut und sie werden von Gericht und Staatsanwaltschaft generell als sehr glaubwürdig eingeschätzt
  • für StA sind Verfahren gg. Polizeibeamten besondere Verfahren
    -> Besonderer Ermittlungsaufwand bei wenigen Ressourcen- Rückgriff auf interne polizeiliche Ermittlungen
  • StA ist mit besonderen Erwartungen aus Polizei und Öffentlichkeit konfrontiert?
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11
Q

Wie hoch ist die Verurteilungsquote beo §340 StGB verfahren?
wie hoch ist im vergleich die Verurteilungsquote bei verfahren der einfachen Körperverletzung?

A
  • § 340 StGB: 33,8%
  • § 223 StGB: 70,3 %
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12
Q

In welchen zwei Teilen wurde die Dunkelfeldstudie von Singelstein durchgeführt?

A

Teil 1.
-> 3.300 Teilnehmende mit eigener körperlicher Gewalterfahrung durch Polizisten

Teil 2.
-> 63 Interviews mit Experten aus Polizei, Justiz und Zivilgesellschaft

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13
Q

Warum ist der Erste Teil der Studie von Singelstein nicht repräsentativ?

A

Die quantitative Befragung ist ausdrücklich nicht repräsentativ, was an der gewählten Rekrutierungsstrategie liegt. Diese bestand aus einem Schneeballsystem unter Mitwirkung sogenannter „Gatekeeper:innen“,
die über einen Zugang zu bestimmten gesellschaftlichen Teilbereichen verfügen (u.a. Fußballfans, marginalisierte Gruppen, politischer Aktivismus, Journalismus)

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14
Q

Wie hoch ist das Dunkelfeld in der Statistik der Polizeigewalt?

A

Lediglich 14 % der Fälle, in denen
Gewalterfahrungen geschildert wurden, gelangten ins Hellfeld, d.h. wurden den Strafverfolgungsbehörden
bekannt

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15
Q

Wieso ist das Anzeigeverhalten der Betroffenen von Polizeigewalt so gering?

A
  • den Betroffenen wurde aktiv von der Anzeigeerstattung abgeraten
  • Erfolgsaussichten von Anzeigen seien gering
  • für Opfer hohe psychische Belastung
  • von seiten der Polizei wird häufig mit Gegenanzeige reagiert
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16
Q

Was sind Gründe gegen eine Anzeige?

A
  • “Eine Anzeige hätte nichts gebracht, da Polizisten nichts zu befürchten haben”
  • “Ich konnte den Täter nicht identifizieren”
  • “Ich befürchtete eine Gegenanzeige”
  • “Ich dachte ich kann die Tat nicht beweisen”
  • ” eine andere Person hatte schon Anzeige erstattet”
17
Q

Wo erfolgen die meisten Polizeikontackte?
Wo der Rest

A
  • Polizeieinsätze auf Demonstrationen/politischen Aktionen (55 %)

Rest:
- 25 % entfielen auf Fußballspiele und andere Großveranstaltungen
- 20 % auf Einsätze außerhalb von Großveranstaltungen

18
Q

Was ist auffällig an Polizeikontackten außerhalb von Großveranstaltungen?

A
  • 45 % der befragten People of Color (PoC) und 29 % der Personen mit Migrationshintergrund berichten von
    Kontakten mit der Polizei außerhalb von Großveranstaltungen.
    Bei Personen ohne Migrationshintergrund nur 18 %

->

19
Q

Wie kommen Polizeikontackte außerhalb von Großveranstaltungen zu Stande?

A
  • Polizei wegen Konflikten gerufen
  • Personenkontrollen
  • Einsatz gegen eine dritte Person
  • Kontrolle im Straßenverkehr
  • Fest-/Ingewahrsamnahme
  • Wohnungs-/Hausdurchsuchung
  • Polizei selbst aufgesucht
  • sonstige
20
Q

Wer ist Täter von Polizeigewalt?
Was ist Auffällig?

A

Überwiegend junge (bis 30 Jahre) männliche Polizisten
Auffällig ist, dass in 95% der Fälle mehrere Beamte während des Vorfalls vor Ort sind und die Gewalt trotzdem nur von einer Person ausgeübt wird

21
Q

Welche Folgen hat die Polizeigewalt für die Betroffenen?

A
  • gravierende psychische und physische Folgen

19% erlitten schwerwiegende Verletzungen (Gelenkverletzungen, Knochenbrüche)

erhebliche Verletzungen übermäßig außerhalb von Großveranstaltungen und nei weiblichen/älteren Personen

22
Q

Was sind Kriminalpolitische Forderungen zur Vermeidung von Polizeigewalt?

A
  • Einführung einer Kennzeichnungspflicht
  • Einführung von unabhängigen Beschwerde- und Ermittlungsstellen
  • “Defund the Police”
  • Bodycams
  • Polizeiausbildung und Arbeitsbedingungen anpassen
23
Q

Wie Äußerte sich das BVerwG bzgl. der Kennzeichnungspflicht der Polizisten?

A

„Die erleichterte Aufklärbarkeit von Übergriffen von Polizeivollzugsbediensteten verstärkt die Gesetzesbindung der Verwaltung und beugt solchen Verstößen vor. Die Verhinderung, Verfolgung und Aufklärung von
Straftaten dient der Verwirklichung des Rechtsstaates und hat deshalb eine hohe Bedeutung. Dies gilt insbesondere für solche Straftaten, die Polizeivollzugsbedienstete im Amt begehen. Die Begehung einer Straftat durch einen Amtsträger anlässlich der Wahrnehmung einer hoheitlichen Aufgabe erschüttert das Vertrauen in die Integrität staatlichen Handelns. Deshalb muss bereits der Anschein vermieden werden, dass
gegen Amtswalter des Staates weniger effektiv ermittelt wird oder dass insoweit erhöhte Anforderungen
an eine Anklageerhebung gestellt werden“

24
Q

Was hat der Landtag bzgl. der Kennzeichenpflicht im Sommer 2023 beschlossen?

A

Polizisten und Polizistinnen, die bei besonderen
Einsatzlagen schwere Schutzausrüstung und Helme tragen, eine persönliche 5-stellige Nummer tragen müssen, die eine nachträgliche Identifizierbarkeit sicherstellen soll

25
Q

Wie heisst die beschwerdestelle in England und wie in Deutschland? Welchen unterschied haben sie?

A

England: IOPC -> Independent Office for Police Conduction
Befugnis, die polizeiinterne Bearbeitung
von Beschwerden zu beaufsichtigen
oder anzuleiten. In besonders schweren
Fällen kann die IOPC eigenständige
Untersuchungen einleiten.

Deutschland: Amnesty International:
Unabhängige Beschwerdestellen
werden bereits seit vielen Jahren u.a.
von Amnesty gefordert.

26
Q

Was bedeutet: “Defund the Police” (USA)

A

Umverteilung öffentlicher Gelder, insbesondere Investiotionen in moderne Sozial-, Quatiers- und Präventionsarbeit statt teure, gewalttätige Ermittlungsarbeit der Polizei

27
Q

Was sind Probleme der Bodycams?

A

tatsächliche Anwendungspraxis der Bodycams ist klar auf den Schutz der Beamt:innen
ausgelegt und sie sind oft gerade in den Situationen ausgeschaltet, in denen das Videomaterial zur Überprüfung des Verhaltens der Beamt:innen nützlich gewesen wäre. Insofern ist von einer „einseitigen Drohkulisse“ und einem Fortbestehen des Machtgefälles zwischen Polizei und Bevölkerung die Rede. Die Bodycams stärken also vielmehr die Position der Polizei als dass sie vor übermäßigen Gewaltanwendungen
durch diese schützen

mangelhaft ausgestalteten Rechtsgrundlagen geschuldet. In § 44 Abs. 5, 8 PolG BW
etwa wird das Anschalten mit „kann“ in das polizeiliche Ermessen gestellt und die Speicherung ist nur zum
Schutz von Polizeibeamten oder anderen Personen vor einer Gefahr für Leib und Leben zulässig.

Datenschutz ist problematisch und wird als Argument dafür ins Feld geführt, warum Bodycams nicht immer
angeschaltet sein können

28
Q

Welche Ansätze bezgl. der verbesserten Prävention der Polizeigewalt gibt es von Seiten der Polizei selbst?

A
  • Ausbildung der Polizisten soll angepasst werden
    Thema Diskriminierung in allen Facetten neue Schwerpunkte setzt. Auch Themenbereiche wie Berufsethik und interkulturelle Kompetenz sollen nun noch intensiver behandelt werden
  • Arbeitsbedingungen der Beamt:innen verbessern um Stress vorzubeugen (z.B. Ausbildung in Teilzeit)