Idealismus / Realismus /Imperialismus-Debatten Flashcards
klassischer Idealismus
-Kant 1795
-Zeitalter der Aufklärung, Demokratisierung, Frz. Revolution: Legitimität kommt nicht mehr von Gott
-Freiheit und Gleichheit als unveräußerliche Rechte bedarf der Gesetze
-Herrschaft der Gesetze national und Völkerrecht gegen Despotie, gegen Herrschaft der Gewaltmittel
- Menschenbild der klassischer Idealismus: nicht per se positiv, aber mittels Vernunft und Erfahrung lernfähig, friedlicheres Zusammenleben möglich (Erfahrung der Frz. Revolution)
-entscheidend bleibt Gesellschaft, kritisch gegenüber Staat (und Hobbes‘ Leviathan) -> Kant weist Eingriffe des Staats in Privatsphäre, Eigentum etc zurück, die Hobbes fordert
-Misstrauen gegenüber monarchischen Herrschern
Kants Vorstellungen von Staat
-Republik einzige friedliche Verfassung
-Menschen bilden Staaten als Schutz, um Angriffe/Kriege zu vermeiden → qua Vernunft nicht-kriegerischer Staat
-Vertrauen kann entstehen: „wechselseitiges Zutrauen im künftigen Frieden“
-eigentlich Weltrepublik, da aber nicht gewollt: föderales System freier Staaten -> keine Kolonialreiche, sondern unabhängige freie Staaten
-dazu: Weltbürgerrecht und Besuchsrecht in anderen Ländern
- SOLL-Bestimmungen für gutes Zusammenleben: Einmischungsverbot, Abrüstungsgebot, Verschuldungsverbot,
Anerkennung von (Welt-) Bürgerrechten
-> Prinzipien, an denen Gegenwart gemessen wird
Idealismus nach Norman Angell
1910
-histor. Hintergrund: Erster Weltkrieg
-> als Ursache gesehen: Machtpolitik, Imperialismus
-nach katastrophaler Erfahrung: Idee einer friedlichen Welt
-Grundfrage: Wie SOLL int. Politik beschaffen sein, um Weltfrieden zu verwirklichen?
-Normen und Werte wichtig (Herrschaft der Gesetze) -> Völkerrecht,
-menschliche Einsicht und Vernunft
-Rolle von Kooperation und Diplomatie wichtiger als militärische und andere Machtmittel -> Völkerbund
-Akteure sind Individuen und international Individuen und Staaten
-internationale Politik als Positivsummenspiel
-positives Verständnis von Marktwirtschaft
aktuelle Version des Idealismus
nicht so prüfungsrelevant
Kosmopolitismus
wie Kant: bewusster Vorgriff auf vernünftige Verhältnisse → sollen Defizite aktueller Entwicklungen offen legen
-Frage der Herstellung von Weltbürgerschaft unter Bedingungen der Globalisierung
-aktuelle Konflikte schaffen gemeinsame Problem- und Handlungshorizonte → Lernprozesse
-Werte der Aufklärung sollen global gelten: Gleichheit, Freiheit, gegenseitige Anerkennung
-Ergänzung der ökonomischen Globalisierung, Rolle der Nationalstaaten
-(Welt-)Öffentlichkeit als zentraler Mechanismus der Verständigung
-Aufwertung der UNO
bekannte Vertreter: David Held, Jürgen Habermas und Ulrich Beck
→ Kritik (1) idealistisch, d.h. abstrahiert etwa von Tatsache der Konkurrenz
→ Kritik (2): globale Verhältnisse heißt westliche Verhältnisse
Realismus
-Vertreter: Carr, Morgenthau, Aron
-historisch: entstanden in Zeiten des Ost-West-Konflikts, Idealismus sei Grund für Faschismus und Zweiten Weltkrieg
-Realismus als politische Theorie rationaler und guter Außenpolitik
-Grundfrage: wie IST int. Politik beschaffen? …
-„realistisch sein“: dem Anspruch nach Fakten erkennen durch Erfahrung und Vernunft → positivistische Theorie
-nicht moralisch sein, gute Absichten, idealistisch; wishful thinking
-Hauptannahmen:
(1) internationales System ist grundsätzlich
anarchisch, Anarchie muss durch Macht geordnet werden -> braucht Hegemonialmacht/mächte
(2) es geht um Macht und Sicherheit der Nationen, die wachsen soll; Hobbes‘sches Menschenbild auf Staaten projiziert
Staat kann sich bei Strafe des Schadens/Untergangs keine Moral leisten
6 Prinzipien des Realismus
- In Politik und Gesellschaft herrschen objektive Gesetze, die wissenschaftlich erforscht werden können. Die menschliche Natur ist unveränderlich und Grundlage
(internationaler) Politik. - Zentrales Konzept der IP ist „Machtinteresse“ –„interest defined as power“ – um Verhalten von „Staatsmännern“ (sic) zu verstehen. Macht bedeutet Kontrolle über das Handeln anderer. Internationale Institutionen sind historische Überbleibsel, die von Gleichheit der Nationen ausgehen. Tatsächlich existiert extreme Ungleichheit. Supermächte können – und sollen – Ordnung entsprechend ihren Machtinteressenschaffen.
- „Machtinteresse“ ist eine objektive, universelle Kategorie –ihr konkreter Inhalt muss aber immer im jeweiligen politischen und
kulturellen Kontextbestimmt werden. Staaten können verschiedene Ziele verfolgen. - Staaten können sich keine abstrakten moralischen Prinzipien leisten, sondern müssen sich auf Macht und Sicherheit
konzentrieren. - Alle Staaten sind hinsichtlich ihrer Machtinteressen zu analysieren, nicht hinsichtlich ihrer moralischen Aspirationen
- Die Sphäre der Politik ist autonom von anderen (Ökonomie, Recht, Moral…) und muss als solche betrachtet und betrieben werden. Es geht immer um die Frage der Macht.
Realismus in Politik
-internationale Politik: zentral souveräne Nationalstaaten, „nationales Interesse“: Macht akkumulieren, garantiert Sicherheit (Kolonien
spielen keine Rolle)
-Frieden als balance of power, Abschreckung, notfalls militärische Gewalt – Anerkennung anderer Interessen
-„high politics“ (Sicherheit) wird privilegiert gegenüber „low politics“ (wird aber gesehen; Morgenthau „economic man“)
-Kooperation/Bündnisse zur Absicherung von Machtinteressen
-Selbsthilfe wegen Konkurrenz wichtiger als Kooperation
-int. Politik als Nullsummenspiel der Machtverteilung
-Inneres nationaler Gesellschaften als „black box“
-Klassischer Realismus: Theorie der Außenpolitik (Morgenthau: Politics
among Nations)
- Wissenschaftler: sieht Politikern über Schulter, will verstehen -> damit auch Wissenschaft politisch einflussreicher als Idealismus
Debatten um Imperialismus
Niedergang britischer Vorherrschaft ->
„Eine politisch und ökonomisch multipolare Welt“ (ten Brink 2008: 8)
-Aufrüstung, zunehmende geopolitische Spannungen; Frage von Krieg und Frieden auf der Tagesordnung
Vor und parallel zu Idealistischer Theorie
-Zusammenhang von ökonomischer Konkurrenz und politischer Staatenkonkurrenz, Kapitalismus und Geopolitik
-Erste Ansätze aus liberaler Perspektive: John A. Hobson (1902)
-Ausarbeitung in den Organisationen der ArbeiterInnenbewegung: R.
Hilferding, R. Luxemburg, V.I. Lenin, N. Bucharin, meist nichtakademisch
Hobson
Ende des Imperialismus als Krisenlösung
-Aufrechterhaltung von Kolonien, Armen etc Ressourcenverschwendung -> mit gesparten Geld kann eigenen Arbeiten mehr bezahlt werden
-“Der Imperialismus“ (1902) unter dem Eindruck des Burenkriegs, Auseinandersetzung mit britischem Kolonialismus
-Kolonialismus dient nur Partikularinteressen (einzelne Unternehmer, Banken)
-Ursache: Unterkonsumtion im Land führt zu Druck, neue Territorien und Märkte zu erschließen
-Lösung: Reformpolitik, höhere Löhne = Kaufkraft für ArbeiterInnen
Hilferding
-“Finanzkapital” (1910)
-Kapitalismus vor allem dadurch gekennzeichnet, dass sich Kapital immer weiter zentralisiert
-Neue Phase kapitalistischer Entwicklung: Konzentration, Zentralisation von Kapital
->Bildung von Monopolen und Kartellen
->„Aufhebung der freien Konkurrenz“,
„Monopolkapitalismus“
-führt irgendwann zu Fusion von Industrie- und Bankkapital: „Finanzkapital“, noch stärkere Aufhebung der Konkurrenz, dynamischer Kapitalismus wird undynamisch, noch stärkere Konzentration
-Monopolkapital hat Interesse an Protektionismus, Ausweitung des eigenen Wirtschaftsgebiets
-> Aufgegriffen u.a. von Lenin: „Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“ (1916) -> Imperialismus = Kampf der zentralen Staaten um Kolonien
-Marxistische Erklärung des 1. Weltkriegs (weil feindliches Aufeinanderstoßen der Staaten bei Expansion etc)
-Lösung: Revolution, Sozialismus
weitere marxistische Ansätze um Imperialismus
Wladimir Iljitsch Lenin:
– ähnlich wie Hobson
– Konkurrenzkapitalismus wird zu Monopolkapitalismus („Kouponschneider“) ….„Rentnerstaat“
– aber: Imperialismus als „Fäulnis“ des Kapitalismus → führt zu Niedergang;
der Staat kann nach der Revolution die monopolistische Wirtschaft übernehmen und steuern -> Monopolisierungstendenz arbeitet sozialistsicher Revolution zu, weil dann einfach Monopol staatlich übernommen werden muss
Karl Kautsky:
– formeller (Besetzung, Ausbeutung anderer Länder) und informeller (Länder sind souverän, aber stark abhängig) Imperialismus
– Ultra-Imperialismus als Stadium, „in dem der Konkurrenzkampf der Staaten durch ihr Kartellverhältnis ausgeschaltet wird.“ → Reformen sind möglich
-> wenn mehr ausgebeutet wird, kann mehr im Norden verteilt werden
Rosa Luxemburg:
– Kapitalismus ist expansiv und benötigt „nicht-kapitalistische Milieus“ (u.a. Kolonien …. später von Feminist*innen weiterentwickelt)
– Milieus erschöpfen sind → führt zu Niedergang
aber Kapitalismus nimmt immer wieder nicht-kapitalistische Milieus und eignet sich diese an (früher Kolonien, heute Natur etc)
Gemeinsamkeiten klassischer Imperialismustheorien
ökonomische Konkurrenz schlägt um in
zwischenstaatliche / inter-imperialistische Konkurrenz
Kampf um Absatz-, Kapital- und Rohstoffmärkte, nationale Konzentration & Zentralisation von Kapital, Entstehung von Kartellen und Monopolen, „Finanzkapital“; Konkurrenz staatlich protegierter
Kapitalismen
→ hochaktuell!
Bezug Schumpeter
1919 als Kritik an Lenin
-Imperialismus ist historisch überholt, Nationalismus und Militarismus als feudalistische Überreste
-Kapitalismus ist anti-imperialistisch, Handel ist friedlich
-Starke Nationen müssen auf Aggressionen der Nachzügler reagieren (Bsp. GB auf Dtl.)
Bezug Hannah Arendt
-Nationalistische und rassistische Massenbewegungen wie Nationalsozialismus erzeugen Imperialismus und Totalitarismus
-Klassenbasis: „Mob“ (Ausgeschlossene „überschüssige und deklassierte Menschen“) und Bürgertum -> Bürgertum sucht sich Mob und organisiert diesen, Mob springt auf diese Versprechen auf zb Nazis Versprechen eines großen Deutschlands
- nicht wie bei Lenin Arbeiteraristokratie
-„Panbewegungen“ mit völkisch antisemitischer Ausrichtung in Ländern mit schwachen Nationalstaaten (Russland, ÖsterreichUngarn)
Übersicht über Unterschiede Theorien
auf Folien der 5. Einheit