Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung (GoB) Flashcards
Bilanzidentität §201 Abs 2 Z 6
Entsprechend dem Grundsatz der Bilanzidentität muss die
Schlussbilanz eines Geschäftsjahres
mit der Eröffnungsbilanz des folgenden Geschäftsjahres identisch (Bilanzverkettung) sein (8 201 Abs 2 Z6). Dieser Grundsatz stellt die korrekte Erfassung des Totalerfolges eines Unternehmens sicher.
Grundsatz der Bilanzwahrheit § 195 UGB
Dieser Grundsatz ist als Forderung nach richtiger und willkürfreier Bilanzierung zu verstehen. Die Vermögen und Schulden sowie Erträge und Aufwendungen sind richtig auszuweisen (Tatsächlichen Gegebenheiten entsprechend). Maßstab sind die gesetzlichen Bestimmungen und die GoB.
- Grundsatz der Bilanzklarheit und Übersichtlichkeit § 195 UGB
Im Grundsatz der Bilanzklarheit geht es um die klare und übersichtliche Gestaltung von Bilanz und Erfolgsrechnung. Die in der Bilanz dargestellten Sachverhalte sollen eindeutig und verständlich bezeichnet und ausreichend detalliert sein sowie in einer sinnvollen Reihenfolge zueinander stehen.
Bruttoprinzip (Saldierungsverbot) § 196 Abs. 2 UGB
Außerdem lässt sich aus diesem Grundsatz die Anwerndung des Bruttoprinzips ableiten. Das Brutto
prinzip besagt, dass Aktiva nicht mit Passiva und Erträge nicht mit Aufwendungen saldiert werden
dürfen. Das Saldierungsverbot gilt dann nicht, wenn die rechtlichen Voraussetzungen für eine Auf
rechnung vorliegen. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn zwischen Schuldner und Gläubiger ldenti
tät besteht, wenn die Forderungen und Verbindlichkeiten gleichartig sind und die Forderung und die
Verbindlichkeit die gleiche Fälligkeit haben.
Vorsichtsprinzip § 201 Abs. 2 Z4 UGB
Nach dem Grundsatz der Vorsicht soll bei der Bewertung eine Vorgangsweise gewählt werden, die überhöhte Ausschüttungen und damit eine Aufzehrung der Haftungssubstanz vermeidet. Vorsichtig bewerten heißt, dass kein zu guter Eindruck von der Lage des Unternehmens vermittelt werden soll. Sollte ein Wertansatz mit Unsicherheit verknüpft sein, bedeutet vorsichtig bewerten nicht, dass der ungünstigste Wert heranzuziehen ist. Um vorsichtig zu bilanzieren muss jedoch ein nach vernünftiger unternehmerischer Beurteilung plausibler Wert unter dem Erwartungswert verwendet werden.
Der Vorsichtsgrundsatz findet sich in mehreren Ausprägungen, nämlich dem Realisationsprinzip und dem Imparitätsprinzip, dem Anschaffungskostenprinzip, dem Niederstwertprinzip auf der Ak tivseite und dem Höchstwertprinzip auf der Passivseite. Wertminderungen sind unabhängig davon zu erfassen, ob das Geschäftsjahr mit einem Gewinn oder einem Verlust abschließt.
Realisationsprinzip
Das Realisationsprinzip besagt, dass erfolgswirksame Vorgänge dann im Jahresabschluss zu erfassen sind, wenn sie realisiert sind. Gewinne dürfen erst dann ausgewiesen werden, wenn sie durch einen Umsatzakt realisiert wurden. Als Realisationszeitpunkt gilt der Zeitpunkt der Erfüllung einer vertraglich übernommenen Leistungsverpflichtung (zB Eigentumsübergang, Übergang der wirtschaftlichen Verfügungsmacht, Gefahrenübergang, Vertragserfüllung, Beendigung einer Dienstleistung). Bei Dauerschuldverhältnissen
(Miet-, Pachtverträge) und bei Zinserträgen wird eine zeitanteilige Realisierung angenommen, Bis
zum Realisationszeitpunkt sind die Produkte höchstens mit den (fortgeführten) Anschaffungs- bzW
Herstellungskosten zu bewerten. Dadurch wird erreicht, dass noch nicht realisierte Erträge nicht in
die GuV aufgenommen werden. Beim abnutzbaren Anlagevermögen bilden die Anschaffungskosten
vermindert um die planmäßige Abschreibung die Wertobergrenze.
Durch dieses Prinzip wird zugleich das Nominalwertprinzip festgelegt: Eine inflationsorientierte Bilanzierung ist ausgeschlossen.
Anschaffungswertprinzip § 203 /§ 206 UGB
GegenständedesAnlagevermögenssindmitdenAnschaffungs‐ oder Herstellungskosten,vermindertumAbschreibungengemäߧ 204,anzusetzen“§ 203Abs.1
GegenständedesUmlaufvermögenssindmitdenAnschaffungs‐ oder Herstellungskosten,vermindertumAbschreibungengemäߧ 207,anzusetzen.“§ 206Abs.1
Grundsatz der Unternehmensfortführung (Going-Concern) § 201 Abs. 2 Z 2
Dieser Grundsatz ist von grundlegender Bedeutung für die Wertansätze im Jahresabschluss. Die Bewertung erfolgt unter der Annahme des Weiterbestehens des Unternehmens. Wenn tatsächliche Umstände (zB insolvenzrechtliche Überschuldung, Zahlungsunfähigkeit) oder rechtliche Gründe (zB Konkursverfahren) die Beendigung des Unternehmens bedingen, muss vom Going-Concern-Prinzip abgegangen werden. Dies führt dazu, dass (je nach den Umständen des Ein zelfalls) idR die Zerschlagungswerte anzusetzen sind und passivseitig zB Abfertigungsrückstellungen entsprechend zu erhöhen sind sowie Vorsorge für die Abwicklungskosten zu treffen ist.
- Zeitliche Abgrenzung (Periodizität) § 198 Abs 5 bzw. 6 UGB
Aufwendungen und Erträge sind im Jahresabschluss unabhängig vomn Zeitpunkt der zugehörigen Zahlungen zu berücksichtigen. Damit wird das Prinzip der periodengerechten Gewinnermittlung ver ankert. Die mit den abgesetzten Leistungen verbundenen Ausgaben sollen den entsprechenden Um satzerlösen periodengleich gegenübergestellt werden. Ausgaben, die den Produkten bzw Dienstleis tungen nur indirekt zugeordnet werden können, sind entweder in die Herstellungskosten der Be triebsleistungen einzubeziehen oder sofort als Aufwand zu verrechnen. Wertsteigerungen (zB erhaltene Schenkungen, Währungsgewinne) oder Wertminderungen (zB Wäh rungsverluste, durch höhere Gewalt bedingte Wertminderungen), die weder streng zeitraumbezogern sind, noch sachlich abgegrenzt werden können, werden der Periode zugerechnet, in der sie angefallen sind.
- Grundsatz der Einzelbewertung § 201 Abs 2 Z 3 UGB
Vermögensgegenstände und Schulden sind grundsätzlich einzeln zu bewerten. Wertminderungen deutig. bei einem Gegenstand dürfen nicht mit Wertsteigerungen bei einem anderen ausgeglichen werden. Die Abgrenzung von eigenständig bewertbaren Einheiten (Bewertungseinheit) ist nicht immer eindeutig.
Unter bestimmten Voraussetzungen kann vom Grundsatz der Einzelbewertung abgegangen werden und auf Ausnahmeregelungen zurückgegriffen werden (ZB Bewertung zum Festwert, Durchschnittsbewertung, Gruppenbewertung, Verbrauchsfolgeverfahren).
- Bilanzkontinuität (formell § 223 Abs. 1, materiell § 201 Abs 2 Z1)
Der Grundsatz der Bilanzkontinuität besagt, dass gleichartige Vermögensgegenstände, Schulden und Rückstellungen nach gleichen Grundsätzen und Methoden zu bilanzieren und zu bewerten sind wie in den Vorjahren (materielle Bilanzkontinuität). Die einmal gewählten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden sind grundsätzlich beizubehalten und dürfen nicht willkürlich gewechselt werden. Zu den Bewertungsmethoden zählen zB die Abschreibungsmethode und die geschätzten Nutzungs dauern, Zinssätze, mit denen Forderungen abgezinst werden, und die Aktivierung oder Nichtaktivie rung von Gemeinkosten im Rahmen der Herstellungskosten. Wertansätze in der Bilanz sind beizubehalten, es sei denn, bilanzierbare Wertänderungen sind eingetreten. Auch einmal angewendete Gliederungsgrundsätze und Kontenbezeichnungen sind grundsätzlich beizubehalten (formelle Kontinuität). Ein Abweichen von diesen Grundsätzen ist nur bei Vorliegen besonderer Umstände und unter Beachtung der Zielsetzung des “true and fair view” zulässig. Solche könnten zB die Änderung der Rechtslage, die Einbeziehung in einen Konzern oder technische Umwälzungen sein. Sofern sie nicht unwesentlich sind, sind Änderungen der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden im Anhang anzu geben, zu begründen und ihr Einfluss auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage ist darzulegen (S 201 Abs 3). Der Grundsatz der Bilanzkontinuität gilt neben dem Jahresabschluss auch für alle sons tigen Berichte, welche nach österreichischem Recht aufzustellen sind. Auch nach österreichischem Steuerrecht ist ein willkürliches Abweichen von den Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden nicht erlaubt.
- Grundsatz der Vollständigkeit § 196 Abs 1 UGB
Nach dem Grundsatz der Vollständigkeit hat der Jahresabschluss alle bilanzierungsfähigen Vermögensgegenstände und Schulden, Rückstellungen und Rechnungsabgrenzungsposten, Aufwendungen und Erträge zu enthalten.
Das Vollständigkeitsgebot wird in der Bilanz durch gesetzlich vorgesehene Wahlrechte eingeschränkt (zB Aufwandsrückstellungen). Das RÄG 2014 hat Internationalen Trends folgend einige Wahlrechte eliminiert.
- Grundsatz des Bilanzstichtages § 193 Abs 1/2 UGB
Nach dem Stichtagsprinzip sind die objekteiven Verhältnisse, wie sie am Bilanzstichtag bestanden haben, für die Bilanzierung und Bewertung maßgeblich. Wertänderungen, deren Ursache nach dem Bilanzstichtag liegt, dürfen ebenso wie Sachverhalte, die nach diesem Stichtag eingetreten sind, nicht berücksichtigt werden (Bilanzstichtagsprinzip). Der Informationsstand des Bilanzierenden über die Verhältnisse am Bilanzstichtag kann sich zwi schen dem Bilanzstichtag und dem Bilanzerstellungstag deutlich unterscheiden. Bei der Bilanzerstel lung sind alle Informationen über Sachverhalte, die vor dem Bilanzstichtag eingetretern sind, zu be rücksichtigen, auch wenn sie dem Bilanzierenden erst nach dem Bilanzstichtag bekannt werden (Wertaufhellungsprinzip). Mit der Frage, bis zu welchem Zeitpunkt wertaufhellende Erkenntnisse im Jahresabschluss für das abgelaufene Geschäftsjahr zu berücksichtigen sind, beschäftigt sich die AFRAC-Stellungnahme 16: Wertaufhellung und Wertbegründung (UGB). Die Wertbegründung der Sachverhalte muss jedoch stets vor dem Bilanzstichtag eingetreten sein.
- Grundsatz der Wesentlichkeit (Materiality) § 189a Z10, § 196a Abs 2 UGB
Gem Art 6 Abs 1 lit i BilanzRL müssen die Anforderungen der RL in Bezug auf Ansatz, Bewertung, Darstellung, Offenlegung und Konsolidierung nicht erfüllt werden, wenn die Wirkung der Einhaltung unwesentlich ist. Nach § 189a Z 10 sind Informationen wesentlich, wenn vernünftigerweise zu erwarten ist, dass die Auslassung oder fehlerhafte Angabe Entscheidungen beeinflusst, die die Nutzer auf der Grundlage des Jahres- oder Konzernabschlusses treffen. Die Wesentlichkeit ist von der Größe (quantitative Beurtei. lung) oder der spezifischen Eigenschaft des Postens oder der Fehlerhaftigkeit der Angabe (qualitative Beurteilung) abhängig. Selbst wenn ein einzelner Posten für sich genommen als unwesentlich angese hen werden kann, können mehrere unwesentliche gleichartige Posten zusammen wesentlich sein, Die Wesentlichkeit kann sich aus quantitativen oder qualitativen Überlegungen ergeben.” Bei bestimmten Bestimmungen verweist das UGB explizit auf die Wesentlichkeit (zB beim Ansatz von Rückstellungen [8 198 Abs 8 z 31, bei bestimmten Bewertungsvereinfachungen [$ 209 Abs 1] oder im Bereich der Konsolidierung [8 249 Abs 2, $ 255 Abs 21). Der Grundsatz der Wesentlichkeit ist ausschließlich auf Abschlüsse anzuwenden und schränkt die Verpflichtung zur Führung vollständiger und richtiger Aufzeichnungen nicht ein.
- Grundsatz des wirtschaftlichen Gehalts § 196a Abs 1 UGB
Nach dem Grundsatz des wirtschaftlichen Gehalts sind die Posten des Jahresabschlusses unter Be rücksichtigung des wirtschaftlichen Gehalts der betreffenden Geschäftsvorfälle oder der betreffen den Vereinbarungen zu bilanzieren und darzustellen, unabhängig davon, welche formal juristische Ausgestaltung getroffen wurde. Ein wesentlicher Anwendungsfall ist die Zuordnung von Vermögens gegenständen (zB bei der Bilanzierung von Leasingverhältnissen sowie beim Abstellen auf den wirt schaftlichen Eigentümer). Der Grundsatz des wirtschaftlichen Gehalts ist in $ 21 BAO für steuerliche Zwecke normiert.