6 - Dramenanalyse Flashcards
Absurdes Theater
Vor allem im Zusammenhang mit dem französischen Existentialismus der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts verbreitete Dramenform, die sich jeglichen Anspruchs einer nachvollziehbaren Wirklichkeitsnachahmung zugunsten der Darstellung der Sinnlosigkeit der menschlichen Existenz verweigert. Nach Alfred Jarrys Drama „Ubu Roi“ sind vor allem die Dramen von
Eugène Ionesco und Samuel Beckett Beispiele für diese Sonderform des Dramas.
Akt
Dominierende Gliederungseinheit im Drama, welche räumliche und inhaltliche Strukturierung gewährleistet. Der Akt lässt sich weiter untergliedern in Szenen oder Auftritte.
Anagnorisis
Element der klassischen Tragödie und häufig Bestandteil der Peripetie im dritten Akt: Umschlag von Unwissenheit in Erkenntnis, z. B. infolge eines plötzlichen Erkennens von Verwandtschaftsverhältnissen (etwa in Sophoklesʼ Drama „Elektra“ oder Goethes Schauspiel „Iphigenie auf Tauris“).
Analytisches Drama
Dramenform, bei der das entscheidende Ereignis der Bühnenhandlung zeitlich voraus liegt und im Verlauf der Bühnenhandlung enthüllt wird. Beispiele für analytische Dramen sind Sophoklesʼ Drama „König Ödipus“ oder Kleists Komödie „Der zerbrochne Krug“
Antagonist
Gegenspieler des Protagonisten, als Kontrast gegen diesen konzipiert und ihm in der Figurenkonstellation gegenübergestellt. (z. B. Mephistopheles in Goethes „Faust“).
Antilabe
Aufteilung eines Verses im Drama auf zwei oder mehr Sprecher, dramaturgisches Mittel zur Steigerung der Lebhaftigkeit und Dramatik des Dialogs (->Stichomythie)
Aristotelisches Drama
Bezeichnung für eine streng gebaute Dramenform, die auf die von Aristoteles (Poetik, 8. Kapitel) entworfene Dramentheorie zurückgeht. Das aristotelische Drama fordert zum einen die Einhaltung der ->drei Einheiten von Handlung, Ort und Zeit und ist zum anderen der ->Katharsis verpflichtet.
Auftritt / Szene
Kleinstes Gliederungssegment des Dramas, die das Geschehen zwischen zwei Personenwechseln innerhalb eines Aktes bezeichnet.
Aufzug
Seit dem 18. Jh. gebräuchliche Bezeichnung für den Akt im Drama
Beiseitesprechen
Auch: A-part-Sprechen. Monolog einer Figur, der von anderen anwesenden Figuren aber nicht gehört wird bzw. gehört werden soll.
Boten
Funktionsfiguren, die Nachrichten von weiter entfernt gedachten Orten zum Bühnengeschehen bringen.
Botenbericht
Dramaturgisches Hilfsmittel, das es ähnlich wie die ->Teichoskopie ermöglicht, Geschehnisse, die bereits stattgefunden haben und die für den Fortgang der Handlung relevant, auf der Bühne jedoch nicht darstellbar sind (z. B. Schlachten), den dramatischen Figuren und auch den Zuschauern zu vergegenwärtigen.
Bürgerliches Trauerspiel
Form des Trauerspiels, die in der deutschsprachigen Literatur seit der Mitte des 18. Jahrhunderts entsteht (Lessings „Miss Sara Sampson“ [Uraufführung 1755] und „Emilia Galotti“[Uraufführung 1772]). Im Gegensatz zur klassischen Tragödie entstammt das Personal nicht mehr dem heroischen Bereich. Stattdessen agieren Angehörige des niederen Adels oder zunehmend des entstehenden gebildeten Bürgertums. Thematisiert werden nicht mehr wie in der klassischen Tragödie ‚öffentliche‘ Staatsaktionen, sondern Probleme der ‚privaten‘ („bürgerlichen“) Wertewelt. Die Veränderungen auf den Ebenen des dramatischen Personals und der Thematik gehen einher mit Modifikationen der traditionellen formalen Merkmale der Tragödie: Aufhebung der ->Ständeklausel, Gebrauch der Prosa anstatt des in der klassischen
Tragödie üblichen Alexandriners, zunehmende Aufweichung der Lehre von den ->drei Einheiten.
Chor
Eine Gruppe von Sprechern im Drama, die nur als Kollektiv spricht
Commedia dell’arte
Volkstümliche Improvisations- und Maskenkomödie des 16. und 17. Jahrhunderts in Italien mit festgelegtem Handlungsschema und typisierten dramatischen Figuren (z. B. Arlecchino [Harlekin]).
Deus ex Machina
Ein Begriff, der eine ganz und gar unerwartete und unmotivierte Lösung eines Konfliktes in einem Theaterstück bezeichnet. In der Regel in Form eines unvorbereiteten Auftritts eines Gottes, der oft mit Hilfe von speziellen Maschinen der Bühnentechnik inszeniert wurde und der eine Aporie der dramatischen Handlung lösen kann.
Dialog
Wechselrede der Figuren bzw. das Gespräch im Drama. Das grundlegende sprachliche Wesenselement des Dramas, da der Dialog sowohl den Ablauf der Handlung bestimmt als auch der Charakterisierung der Figuren sowie der Darstellung ihrer Konflikte dient
Diener / Vertrauter
Eine der Hauptfigur ständisch und dramaturgisch untergeordnete Figur, die für jene nicht nur Aufgaben erfüllt, sondern auch als Gesprächspartner fungiert, dem Gedanken, Gefühle und Motivationen anvertraut werden können. Beispiele sind etwa die dramatischen Figuren Franziska und Just in Lessings „Minna von Barnhelm“.
Drei Einheiten
Unter den drei Einheiten versteht Aristoteles die Einheit des Ortes, der Zeit und der Handlung, die von klassizistischen Theoretikern in Berufung auf die aristotelische Poetik als Norm etabliert worden sind: Einheit der Handlung, Einheit des Ortes, Einheit der Zeit
Einheit der Handlung
Das Drama muss einen Handlungsstrang aufweisen, dem alle Einzelhandlungen zugeordnet sind. Es darf nur bedingt Nebenhandlungen und keine Parallelhandlungen geben. Idealtypischer tektonischer Aufbau des Dramas: Exposition,
Einheit des Ortes
Das gesamte Drama soll sich an einem einzigen Ort ohne Szenenwechsel abspielen. Möglichkeiten der Informationsvermittlung über Handlungen, die sich außerhalb dieses Handlungsschauplatzes abspielen, sind Teichoskopie, Botenbericht, Chor.
Einheit der Zeit
Aus der tektonischen Form ergibt sich zwangsläufig die Einheit der Zeit, die besagt, dass sich die Handlung in einem zeitlichen Kontinuum über maximal einen Tag (in strenger Form: zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang) erstrecken darf.
Dokumentartheater
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstehende Dramenform zur Darstellung historischer Ereignisse oder Personen auf der Grundlage historischer Quellen. Beispiele sind etwa die Dramen „Die Ermittlung“ von Peter Weiss oder „Der Stellvertreter“ von Rolf Hochhuth
Epilog
Der eigentlichen Dramenhandlung folgendes, deutlich abgegrenztes Nachwort, das eine zwischen Dramentext, Autor und Publikum vermittelnde Position einnehmen kann (->Prolog). In der neueren Dramatik ist dieses seit der Antike verwendete dramatische Bauelement insbesondere vom ->Epischen Theater wieder aufgegriffen worden
Episches Theater
Bezeichnung für eine von Bertolt Brecht entwickelte offene Form des Theaters, die im Gegensatz zum klassischen aristotelischen Drama steht. Hierzu verfremdet Brecht die dramatische Handlung (VerfremdungsEffekt, auch einfach V-Effekt): Die übliche Dramenform wird aufgelöst, stattdessen werden Einzelszenen aneinandergereiht. Das unmittelbare Geschehen wird u.a. durch die Einführung eines Erzählers, von Szenenüberschriften oder
durch den Einschub von Liedern verfremdet dargestellt. Die Schauspieler sollen Distanz zu ihren Rollen wahren. Ziel des Epischen Theaters ist es, die Bühnenillusion zu durchbrechen und eine kritiklose Einfühlung der Zuschauer in das Bühnengeschehen zu verhindern
Exposition
Die Exposition vermittelt, idealtypisch am Anfang des Dramas und vor dem ersten situationsverändernden Handlungsmoment, das Hintergrundwissen um die in der Vergangenheit liegenden und die Gegenwart bestimmenden Voraussetzungen und Gegebenheiten (Vorgeschichte, Zustände, Zeit, Ort, Personen), auf denen die folgende konflikthafte Handlung beruht (->Fünfaktschema)