2- Editionen (nicht Klausurrelevant im SS 2018) Flashcards
Apparat
Editionswissenschaftlicher Begriff, der das Variantenverzeichnis in einer wissenschaftlichen Textausgabe bezeichnet, das abweichende überlieferte Versionen des edierten Textes sowie sämtliche Editoreneingriffe dokumentiert. Der Begriff umfasst alle Bestandteile einer wissenschaftlichen Ausgabe außer dem Textteil selbst, d.h. das Variantenverzeichnis, Informationen des Herausgebers über die Anlage und die editorischen Prinzipien der Ausgabe, über verwendete Abkürzungen und Siglen, Beschreibung der ausgewerteten Überlieferungsträger sowie Angaben und Materialien zu Entstehungs-, Überlieferungsund
Wirkungsgeschichte des edierten Werks, Register und Konkordanzen sowie möglicherweise den edierten Text sprachlich und inhaltlich erläuternde Kommentare des Herausgebers. Das Variantenverzeichnis innerhalb des Apparats ist entweder einen Einzelstellenapparat, der listenartig alle Varianten verzeichnet, oder ein integraler Apparat, der demgegenüber varianten und invarianten Text gemeinsam darstellt und daher auch ein genetischer, die Entstehung des Textes dokumentierender Apparat ist. Der lemmatisierte (auch positive) Apparat ist ein mit Stichwörtern aus dem Haupttext (Lemmata) versehener Einzelstellenapparat. Ein nichtlemmatisierter (auch negativer) Apparat dagegen beschränkt sich auf die Verzeichnung der vom edierten Text abweichenden
Stellen
Ausgaben
(hier beschreibt der Glossar mehrere Arten von Ausgaben, welche ich in einzelne Lernkarten augeteilt habe): Historisch-kritische Ausgaben, Kritisch-kommentierte Ausgaben, Studienausgaben, Leseausgaben, Kritische Faksimile-Edition, Regestausgaben
Ausgabe letzter Hand
Editionswissenschaftlicher Begriff für die letzte von einem Autor zu Lebzeiten autorisierte Ausgabe seines Textes.
Crux
Im Zuge der Textkritik ermittelte Stelle eines Textträgers, die weder durch Emendation noch durch Konjektur plausibel-nachvollziehbar korrigiert werden kann
Editorischer Bericht
Teil des Apparats einer historisch-kritischen oder kritisch-kommentierten Ausgabe, in der die Prinzipien der Textkonstitution des edierten Textes beschrieben und begründet werden.
Editio princeps
Erstausgabe des ersten selbständigen Drucks eines Textes.
Erläuterungen
Dem Text meist in Form eines Anhangs beigegebene Kommentierung einzelner Textstellen (z. B. Erläuterungen zu Eigennamen, zum historischen Hintergrund, zur Wortgeschichte).
Emendation
(lat. emendare ‚berichtigen‘, ‚verbessern‘) Editionswissenschaftlicher Begriff für die Korrektur eindeutiger Druck-, Hör- oder Schreibfehler des überlieferten Textes durch den Editor. Die Grenze zur Konjektur ist nicht immer scharf zu ziehen. Daher gelten strenge Regeln, um willkürliche, deutende oder interpretatorisch geleitete Korrekturen ausschließen zu können. Die Emendation ist der Recensio, dem Sammeln und der Durchsicht möglicher Textzeugen und der Examinatio, der kritischen Prüfung der ausgewählten Textzeugen nachgeordnet.
Fassung
Editionswissenschaftliche Bezeichnung für die voneinander abweichenden (vollendeten oder nicht vollendeten) Ausführungen eines Werkes
Kollation
(lat. conferre ‚zusammentragen‘) Zeichengenauer Vergleich von Texten verschiedener Textträger eines Werks, um Übereinstimmungen und Unterschiede festzustellen. Die Kollation ist die Grundlage, um die Verwandtschafts- bzw. Abhängigkeitsverhältnisse verschiedener Textzeugen eines Werks beurteilen zu können
Konjektur
(lat. coniectura ‚Vermutung‘) Editionswissenschaftlicher Begriff für den Eingriff eines Editors in den überlieferten Text aufgrund einer plausiblen und begründbaren Vermutung, um einen originalen Textzustand wiederherzustellen.
Kontamination
Mischtext aus verschiedenen Textträgern, also verschiedenen Fassungen. In der Editionswissenschaft strikt verboten
Kommentar
Editionswissenschaftliche Bezeichnung für sprachliche und sachliche Erläuterungen eines Textes durch den Herausgeber.
Konkordanz
(lat. concordare ‚übereinstimmen‘) Zusammenstellung aller in einem Text oder bei einem Autor vorkommender Wörter (manchmal auch Gedanken) mit Stellenbeleg. Mit Hilfe einer Konkordanz können Bezüge oder Korrespondenzen innerhalb eines Textes oder Werkes bestimmt werden.
Korruptele
-> Crux.
Lachmann, Karl
(1793–1851) Begründer der modernen Textkritik und -edition. Er orientierte sich für sein editorisches Verfahren an der Klassischen Philologie. Friedrich Beißner (Stuttgarter Hölderlin-Ausgabe), Hans Zeller (C.F. Meyer-Ausgabe) u.a. haben dagegen Apparate für neuphilologische Editionen entwickelt, die vor allem die Entstehungsvarianten berücksichtigen (genetischer Apparat). Die moderne Critique génétique versucht noch stärker den Text als Prozess zu verstehen, nicht als ein einmal gesichertes Ergebnis. Sie ist bemüht, eine Geschichte der Schreibweisen und eine Ästhetik literarischer Produktion zu erarbeiten.
Lemma
Editionswissenschaftlicher Begriff für ein Wort oder einen Textteil aus einem edierten Text, das im kritischen Apparat wiederholt wird, um eine eindeutige Zuordnung von kritischem Text und Variante zu gewährleisten. Das Lemmazeichen ( ] ) wird als Trennung zwischen Lemma und zugeordnetem varianten Text eingesetzt.
Leittext
Im Zuge der Textkritik ermittelter Textträger, der den Text / das Werk mit der größten Authentizität überliefert und daher als zu edierender Text festgelegt wird.
Lesart
-> Variante.
Normalisierung
Angleichung unterschiedlich gebrauchter Wortformen oder orthographischer Zeichen innerhalb des Leittextes. Die Normalisierung wird bei der historisch-kritischen Edition literarischer Texte vermieden.
Modernisierung
Angleichung eines zu edierenden Textes an geltende orthographische Normen. Die Modernisierung ist bei der historisch-kritischen Edition literarischer Texte verboten. In Studien- oder Leseausgaben ist sie weit verbreitete Praxis
Primäre Dunkelheit
Textstellen, die von Autoren bewusst verschlüsselt wurden oder im Gegensatz zur sekundären Dunkelheit bereits für zeitgenössische Leser erläuterungsbedürftig waren.
Raubdruck
Nicht vom Autor autorisierte Drucklegung, bzw. eine illegale Form des Nachdrucks; seit der Durchsetzung des Urheberrechts, die im 18. Jahrhundert beginnt und erst 1901 kodifiziert wird.
Recensio
(lat. recensere mustern) Arbeitsschritt des Sammelns und Bewertens aller erreichbaren (unter Umständen zusätzlich auch aller erschließbaren) Textzeugen bzw. Textträger, die auf ihre Beziehungen zueinander geprüft werden müssen.
Sekundäre Dunkelheit
Textstelle, die erst im Laufe der Zeit erläuterungsbedürftig geworden ist, im Gegensatz zur primären Dunkelheit.
Sigle
Feststehende Abkürzungen für Wörter, Namen, Ausgaben usw. durch Buchstaben oder Zeichen
Stemma
(Stammbaum) Schematisierte Darstellung überlieferter Textzeugen und vermuteter Archetypen. Ein Stemma verdeutlicht die Verwandtschafts bzw. Abhängigkeitsverhältnisse verschiedener Textzeugen eines Werks.
Textkritik
Editionswissenschaftliche Bezeichnung für alle Vorgänge, die für die Erarbeitung einer (Historisch)-kritischen Ausgabe notwendig sind.
Textstufen
Bezeichnung für die im Prozess des Schreibens beobachtbaren Korrekturen, Streichungen, Verbesserungen usw. eines Autors, die in einem genetischen Apparat dargestellt werden.
Variante
auch: Lesart. Abweichungen zwischen verschiedenen Textträgern eines Werks. Man unterscheidet Entstehungsvarianten (Veränderungen des Textes durch den Autor) und Überlieferungsvarianten (absichtliche oder zufällige Veränderungen des Textes durch fremde Hand)
Historisch-kritische Ausgaben
Der anspruchsvollste Editionstyp. Sie bieten den kritisch gesichteten Text mit Apparat, der die Textgeschichte abzubilden versucht und dem Prinzip der Vollständigkeit und der Überprüfbarkeit verpflichtet ist. Sie machen möglichst alle Texte des Autors, alle editorisch relevanten Textträger, alle Varianten, alle erreichbaren Materialen im Entstehungskontext sowie Dokumente zur Entstehungs- und Text- und Wirkungsgeschichte zu Lebzeiten des Autors und Sacherläuterungen zugänglich
Kritisch-kommentierte Ausgaben
Sie rangieren eine Stufe unter der historischkritischen Ausgabe, bieten den kritisch geprüften Text einer Fassung mit Apparat, der die Text- und Wirkungsgeschichte und Sacherläuterungen zu Einzelstellen zugänglich macht
Studienausgaben
Sie bieten den kritisch geprüften Text, oft auch in modernisierter Orthographie, mit einem im Vergleich zur historisch-kritischen Ausgabe oft gekürzten Kommentarteil
Leseausgaben
Sie bieten den Text ohne kritische Textrezension, meist in moderner Textgestalt
Kritische Faksimile-Edition
Sie stellen die Faksimiles von Handschriften einer möglichst diplomatischen Transkription gegenüber
Regestausgaben
Sie bieten statt eines getreuen Textabdrucks eine Zusammenfassung der zentralen inhaltlichen Elemente nach exakt festgelegten Regeln.