1 - Wissenschaftliche und literaturtheoretische Grundbegriffe Flashcards
Allusion
Auch: Anspielung. Allgemein für einen indirekten, angedeuteten Hinweis auf Titel, Formulierungen, Figuren, Situationen usw. aus einem als bekannt vorausgesetzten Text
Arbiträr / motiviert
Strukturalistische Unterscheidung für zufällige Relation
von Signifikant und Signifikat beziehungsweise begründete Relation.
Argumentation
In Sprache gefasste Strategie zur Begründung und Plausibilisierung wissenschaftlicher Thesen
Autor
Literaturwissenschaftliche Bezeichnung für die empirisch-historische Person des Textproduzenten, im juristischen Sinne des Urhebers eines Textes, im Unterschied zur textexternen Handlungsrolle und der text-internen Figur des Erzählers oder lyrischen Ichs. Traditionell wird der Autor als intentionales Subjekt verstanden, das einen bestimmten Sinn in seinen Text hineinlegt.
Bedeutung
Bezeichnung für die im Schreiben und beim Lesen vollzogene Aufladung von Zeichen und Zeichenverknüpfungen mit Sinnzuschreibungen durch angeborene und kulturelle erlernte emotive und kognitive Prozesse.
Begriff
Wort oder Wendung, die in einem historisch und systematisch abgegrenzten Sinn gebraucht werden und daher meist eine Begriffsgeschichte haben
Buch
Abgeleitete Bezeichnung aus den Buchenholztafeln, in die Runen geritzt wurden, für das seit der Antike bekannte Medium der Schriftaufzeichnung auf Holz, Ton, Wachs, Leder oder Papier, den Kodex. Es ermöglicht im Unterschied zur Schriftrolle den Textvergleich durch Seitenvergleich. Überschriften, Autorenname, Gattungszuweisung, Verlag, Seitenzählung und Kapiteleinteilung usw. sind erst seit dem Spätmittelalter und dann verstärkt durch den Buchdruck gebräuchlich werdende Gliederungen des Textes.
Darstellung / Appell / Ausdruck
Begriffstrias aus Karl Bühlers Buch „Sprachtheorie“
von 1934 für die drei Grundfunktionen eines Zeichens, nämlich die Darstellung von Gegenständen und Sachverhalten, der Appell an den Empfänger und der Ausdruck vonseiten des Senders
Denotat / Konotat
Linguistische Unterscheidung für die wörtliche Bedeutung eines Zeichens gegenüber der übertragenen Bedeutung eines Zeichens (z. B. Ironie, Anspielung usw.)
Diskurs
Allgemein für „Unterredung“, „Vortrag“ oder „Abhandlung”. Bezeichnet in der Literaturwissenschaft vor allem die historische Gesamtheit effektiv geschehener Aussagen und der Praktiken innerhalb eines historisch umgrenzten Rahmens, denen eine spezifische Regelhaftigkeit immanent ist.
Distribution
Im Unterschied zur Seite der Textproduktion und der Textrezeption Bezeichnung für das Feld des Textvertriebs durch Verlag, Buchhandel, Werbung usw.
Epoche
Seit dem 18. Jahrhundert genutzter Terminus zur historischen Klassifikation literarischer Texte nach voneinander abgrenzbaren Zeiträumen.
Falsifikation
Widerlegung einer wissenschaftlichen Aussage oder Theorie durch ein Gegenbeispiel.
Form / Inhalt
Dichotomie, die die Annahme bezeichnet, derzufolge Form und Inhalt eines Textes zu trennen seien, so dass auch bei einem Formwechsel wie etwa einer Übersetzung der Inhalt als invariante Bedeutung erhalten bliebe.
Gattung
Bezeichnung zur Klassifikation von Textgruppen (vor allem nach der klassischen Trias von Lyrik, Epik und Dramatik); wird heute auch durch den neutraleren Begriff ‚Textsorte‘ ersetzt
Gebrauchsliteratur
Bezeichnung für Literatur, die für einen genau umrissenen Situationskontext geschrieben wurde (z. B. Flugblätter, Agitprop-Literatur usw.).
Genre
Bezeichnung häufig im Sinne von „Untergattung“ (etwa für „Novelle“ oder „Roman“ als Untergattung der Epik) oder auch für narrative Schemata, die mit bestimmten Stoffbereichen verknüpft sind (z. B. „Western“, „Thriller“).
Hypothesenbildung
Aufstellung von plausiblen und im weiteren Verlauf der
Untersuchung begründbaren Vermutungen
Immunisierung
Wissenschaftstheoretischer Begriff für Theorien und Methoden, die sich gegenüber einer Überprüfung abschotten
Institution
Im weiteren Sinne regelhafte Verfestigung menschlichen Handelns, die es verbindlich erwartbar und berechenbar machen. Institutionen sind mit konkreten Handlungsnormen und Rollenerwartungen verknüpft, die von all denjenigen erfüllt werden müssen, die an den jeweiligen Formen der Interaktion und Kommunikation teilnehmen möchten (z. B. Autor, Kritiker, Verleger, Leser usw.). Literatursoziologisch relevante Institutionen sind diejenigen Einrichtungen (oft rechtlich verfasste Körperschaften), die die Produktion, Distribution und Rezeption von Literatur regeln.
Kommunikation
Zwischenmenschliche Informationsvermittlung mit Hilfe
sprachlich oder außersprachlich kodierter Botschaften
Kulturelles Wissen
Das historisch variable und kulturabhängige Wissen, das in jedem Sinnbildungsprozess (z. B. Interpretation) mit eingeht und ihn erst ermöglicht.
Kanon
- Ein Korpus von Werken, die in einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe für eine bestimmte Zeit als allgemeingültig und verbindlich gelten oder gelten sollen (materialer Kanon). 2. Ein Korpus von Interpretationen, in dem festgelegt wird, welche Bedeutungen und Wertvorstellungen mit den kanonisierten Texten verbunden werden (Deutungskanon). Kanones erfüllen die Funktionen der Identitätsstiftung, Legitimation und Handlungsorientierung
Kohäsion / Kohärenz
Während sich die Kohäsion auf die äußere Gestalt des
Textes, das heißt die sprachlichen Mittel und ihren textinternen Zusammenhang bezieht, verweist die Kohärenz auf die inhaltliche Ebene des Textes und seinen textinternen thematischen Zusammenhang
langue / parole
Von dem Genfer Sprachwissenschaftler Ferdinand de Saussure eingeführtes strukturalistisches Begriffspaar für die fundamentale Differenz von Sprache als abstraktes Zeichensystem (langue) und Sprache als konkreter Sprachrealisierung (parole).
Lesen / Textverstehen
Bezeichnung für den emotiv-kognitiven Prozess bei der
Textrezeption
Leser
Bezeichnung für die textrezipierende, empirisch-historisch beobachtbare Person oder textinterne, fingierte Figur. Der intendierte bzw. implizite Leser ist der von einem Autor vorgesehene Leser seines Textes, der ideale Leser derjenige, der alle in einem Text angelegten Bedeutungsangebote realisiert
Literarisches Leben
Allgemein für die Gesamtheit aller Handlungen und Äußerungen der Literaturproduktion, -distribution und -rezeption