4/4 (Rechtsschutz) Flashcards
P: Rechtsschutz gegen FNP
- eA: weder § 47 (keine Satzung) noch § 42 (kein VA), als vorbereitender BPlan (§ 1 II BauGB) nur verwaltungsinterne Funktion
- aA (Rspr): § 47 Nr. 1 VwGO analog (planwidrige Regelungslücke und vergleichbare Interessenlage zu Normenkontrolle bei BPlan) in Ausnahmesituationen
pro: wenn § 35 III S. 3 BauGB: nutzungsausschließende rechtliche Außenwirkung, aber Kontrolle nur hinsichtlich dieser Norm
Drittschützende Normen im Bauplanungsrecht
- Art der baulichen Nutzung
- § 30 I BauGB: selbst (-): Gemeinde grdsl. frei, ob DrS;
Ausn.: § 9 I Nr. 1 BauGB i. V. m. §§ 2-11 BauNVO (Festsetzungen im BPlan): Absoluter DrS wegen Gebietserhaltungsanspruch, der aus der bodenrechtlichen Schicksalsgemeinschaft (Austauschverhältnis) der Grundstückseigentümer folgt
- § 34 I BauGB: „Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung“ vermittelt DrS, Rechtsverletzung notwendig (d. h. nur relativer DrS - fehlt an Planungsentscheidung, die Austauschverhältnis begründen würde)
- § 34 II BauGB: lex spec. ggü. § 34 I BauGB: faktisches Baugebiet -> auch Gebietserhaltungsanspruch (absoluter DrS) (pro: Gleichstellung von beplantem und unbeplantem Innenbereich durch § 34 II)
- § 35 I, II BauGB: „Öffentliche Belange“ vermittelt relativen DrS
- § 31 I BauGB: DrS, soweit Ausnahme drittschützende Normen betrifft (wie § 30 I BauGB)
- § 31 II BauGB: „nachbarliche Interessen“ vermittelt relativen DrS (Gebot der Rücksichtnahme), unabhängig davon, ob Befreiung eine nachbarschützende Norm betrifft
- § 14 BauGB (Veränderungssperre): (-), da § 14 II (öffentliches Interesse)
- § 15 I BauNVO: Ausgleich kollidierender Interessen im Einzelfall - relativer DrS wegen Gebot der Rücksichtnahme
- Erschließung grds. (-), es sei denn, Nachbar muss Notwegrecht (§ 917 BGB) aufgrund mangelnder Erschließung dulden - Maß der baulichen Nutzung
- § 9 I Nr. 1 BauGB i. V. m. §§ 16 ff. BauNVO: nur ausnahmsweise DrS, wenn Festsetzung im Einzelfall gerade Ausgleich der Umgebungsnutzungsinteressen bezweckt
Drittschützende Normen im Bauordnungsrecht
- § 3 LBO: bauordnungsrechtliche Generalklausel, sofern nicht verdrängt
- § 5 VII LBO: Gewährung von DrS in voller Abstandsflächentiefe, sofern Nachbar selbst „seine“ Abstandstiefe einhält (Treu und Glauben)
- § 11 LBO: grds. (-), es sei denn Nachbar ist in besonderer Weise betroffen
- § 15 LBO: (+), da Schutz vor Ausbreitung von Feuern auf angrenzende Grundstücke
- § 37 LBO: (-), dienen i. d. R. ausschließlich der Allgemeinheit
- § 55 LBO: (+), aber heilbar (unterbliebene Anhörung)
- allgemeines Umweltrecht: (-) (aber “Anspruch auf gesunde Umwelt” ggf. als Sonderfall von Art. 2 II GG)
P: Art. 14 I GG als drittschützende Norm im Baurecht?
- BVerwG (früher): (+)
- BVerwG (heute): (-)
pro: Abwehransprüche über die normierten Grenzen hinaus bestehen nicht, weil die Vorschriften des einfachen Baurechts als Inhalts- und Schrankenbestimmungen iSv
Art. 14 I 1 GG einen unmittelbaren Rückgriff auf Verfassungsrecht ausschließen
pro: Parallele zum Bestandsschutz (eigentumskonkretisierende Vorschriften)
pro: jeder Eingriff dürfte zumindest über eine Beeinträchtigung Rücksichtsnahmegebot vorrangig zu prüfen sein - Ausnahme (BVerwG): wenn das Grundstück des Nachbarn unmittelbar gegenständlich durch das genehmigte Bauvorhaben in Anspruch genommen wird (bspw. Entstehung eines Notwegerechts gem. § 917 für den Bauherrn ggü dem Nachbarn)
[nicht auch hier: Rücksichtsnahmegebot?]
Gebietserhaltungsanspruch (= absoluter Drittschutz)
- Erfordert nicht die Geltendmachung einer
konkreten, spürbaren Beeinträchtigung durch ein Vorhaben - Nachbar muss im selben Plangebiet (auch faktisches Baugebiet genügt) belegen sein
- Ableitbar aus
-> BPlan iVm BauNVO bzgl. der Art der Nutzung (auch bzgl. der §§ 12-14, insoweit Ergänzung der Baugebietsfestsetzungen)
-> § 34 II iVm BauNVO bzgl. Art der Nutzung
=> Maß der Nutzung: nur nach § 15 I 2 BauNVO (Gebot der Rücksichtnahme: relativer DrS)
Allgemeines Rücksichtnahmegebot (= relativer Drittschutz)
- Erfordert die Geltendmachung einer konkreten, spürbaren Beeinträchtigung durch ein Vorhaben
- Nachbar muss nicht im selben Plangebiet belegen, sondern rein faktisch betroffen sein
- muss einfachrechtlich ausgeprägt sein (hM), vgl. “P: Dogmatik des Rücksichtsnahmegebots”
P: Rechtmäßigkeit der reformatio in peius (als separater Prüfungspunkt nach Grund-VA) - P: Zulässigkeit der reformatio in peius
eA: zulässig
pro: § 79 I 1 VwGO lässt positive oder negative Abweichungsmöglichkeit zu
pro: § 79 I 2, II und § 68 I 1 VwGO machen deutlich, dass reformatio in peius von VwGO vorausgesetzt wird, wenn auch nicht eindeutig normiert ist
pro: Grundsatz der umfassenden Selbstkontrolle der Recht- und Zweckmäßigkeit der Verwaltung
aA: unzulässig
pro: Kläger durfte darauf vertrauen, dass er mit Widerspruchsverfahren nicht noch schlechter gestellt wird (Art 19 IV GG hat Zweck, Stellung zu verbessern, nicht zu verschlechtern)
-> dagegen con: Art. 20 III: Selbstkontrolle der Verwaltung, die an Recht und Gesetz gebunden ist, kann es erforderlich machen, Entscheidung auch zu Ungunsten des Klägers zu korrigieren
pro: ne ultra petita-Grundsatz, wonach im Rechtsschutzverfahren nicht über Begehren hinausgegangen werden dürfe
-> dagegen con: Widerspruchsverfahren ist kein reines Rechtsschutzverfahren, sondern dient auch der Kontrolle der Verwaltung
con: Schutzwürdiges Vertrauen setzt Bestandskraft des VA voraus, was ja gerade durch Widerspruchsverfahren verhindert wird
con: § 71 mit Anhörung erlaubt Kläger, Widerspruch zurückzuziehen -> nicht schutzlos
pro: bei Ermessensentscheidungen wird Ermessensentscheidung der unteren Behörde torpediert
dagegen con: explizit vorgesehen für Gerichte (§ 114 I 1 VwGO, § 40 VwVfG), aber auch durch Institut der Fachaufsicht für nächsthöhere Behörde
P: Rechtmäßigkeit der reformatio in peius (als separater Prüfungspunkt nach Grund-VA) - P: EGL?
- hL und BVerwG: in VwGO ist reformatio in peius weder als zulässig noch als unzulässig normiert -> Landesgesetzgeber kann im entsprechenden Fachrecht Normen zur Verböserungsmöglichkeit schaffen
1. § 73 I Nr. 1 VwGO -> (-), da von der Zuständigkeit nicht auf die Befugnis geschlossen werden kann
- §§ 48, 49 VwVfG (analog)
pro: in der Verböserung ist eine (Teil)Rücknahme bzw. ein (Teil)Widerruf des vergleichsweise begünstigenden VA zu erkennen
con: VA, der von den §§ 48, 49 VwVfG vorausgesetzt wird, steht erst am Ende des gesamten Verfahrens
con: §§ 48, 49 VwVfG räumen Ermessensspielraum ein, der bei einem rechtswidrigen Ausgangs-VA nicht besteht
con: §§ 48, 49 VwVfG können nicht erklären, warum der Widerspruchsbehörde eine Entscheidung über die Zweckmäßigkeit (§ 68 I 1) zukommen sollte
con: §§ 48, 49 VwVfG ermächtigen gerade nicht zu inhaltlicher Umgestaltung - Normen des Fachrechts, die dem Ausgangs-VA zugrunde liegen (Schoch, wohl hM)
P: Rechtmäßigkeit der reformatio in peius (als separater Prüfungspunkt nach Grund-VA) - P: Formelle Rechtmäßigkeit: Zuständigkeit
- eA: Selbsteintrittsrecht der Widerspruchsbehörde muss bestehen, weil diese zwar die Sachkompetenz habe, nicht jedoch die Wahrnehmungskompetenz nach außen
- > vgl. § 47 V S. 2 LBO!
- h. M.: die Widerspruchsbehörde vermittelt durch den Devolutiveffekt als nächsthöhere Behörde gem. § 73 VwGO tritt an die Stelle der Ausgangsbehörde
- > umstritten ist, ob überdies auch
- -> ein umfassendes Weisungsrecht notwendig ist (s. § 47 V S. 1 LBO!)
- -> Ausgangs- gleich Widerspruchsbehörde sein muss
- -> ein Selbsteintrittsrecht bestehen muss (vgl. eA)
Begriff des Nachbarn
Nicht eindeutig geregelt, also aus Sinn und Zweck der nachbarschützenden Vorschriften zu entwickeln
-> grds. jeder, der von der Errichtung oder der Nutzung der baulichen Anlage in seinen rechtlichen Interessen betroffen ist
–> personelle Komponente: aufgrund der Grundstücksbezogenheit des öffentlichen Baurechts kommen grds. nur der Eigentümer oder der sonst dinglich
Berechtigte als Nachbar in Betracht (aber: s. “Nachbarschutz für obligatorische Berechtigte”)
–> räumliche Komponente: nach den Auswirkungen des Vorhabens auf das Grundstück zu bestimmen
Festsetzungen des BPlans als drittschützende Norm
- BPlan iVm BauNVO: Grundstückseigentümer innerhalb des Planbereichs bilden eine sog. „bau- und bodenrechtliche Schicksalsgemeinschaft“
-> Gebietserhaltungsanspruch: der Nachbar kann unabhängig vom Vorliegen einer tatsächlichen und persönlichen Störung oder Beeinträchtigung geltend machen, dass durch die Abweichung von den Festsetzungen des Gebietstyps das örtliche Gepräge
in unzulässiger Weise beeinträchtigt wird (aber nur bezüglich der Art der Nutzung, nicht des Maßes - aber Ausnahme: wenn sich aus dem Bebauungsplan ergibt, dass dieser entsprechende Festsetzungen enthält, um (auch) private Belange zu schützen)
pro: Austauschverhältnis: weil der Eigentümer in der Ausnutzung seines Grundstücks öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterliegt, kann er sie auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen - Planübergreifender Nachbarschutz (BVerwG): § 15 I S. 2 BauNVO iVm Rücksichtsnahmegebot: auch außerhalb des Geltungsbereichs des BPlan kann Verstoß gerügt werden, wenn Rücksichtsnahmegebot verletzt ist
pro: räumlicher Geltungsbereich des § 15 I S. 2 BauNVO erstreckt sich auch auf Umgebung - BPlan iVm Festsetzungen der Gemeinde nur dann, wenn Gemeinde damit private Belange schützen wollte
- > jedoch auch bei nicht nachbarschützenden Festsetzungen, wenn Gebot der Rücksichtnahme (aus § 15 I 2 BauNVO) verletzt ist
P: Rechtsverletzung - § 15 BauNVO als drittschützende Norm
- über den Gebietserhaltungsanspruch hinaus
- > Rspr. und Literatur: aus § 15 I BauNVO lässt sich eine nachbarschützende Funktion ableiten
- > einzelfallmäßige Ausprägung des allgemeinen Rücksichtnahmegebots zu verstehen
- -> Verletzung des Rücksichtnahmegebots setzt jedoch eine konkrete Rechtsbeeinträchtigung voraus: Nachbar muss in a) qualifizierter und b) zugleich individualisierter Weise beeinträchtigt sei
P: Rechtmäßigkeit der reformatio in peius (als separater Prüfungspunkt nach Grund-VA) - P: Richtiger Klagegegner
- eA: § 79 I Nr. 1 VwGO: Klagegegenstand ist VA in der Gestalt, welche er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat, folglich Ausgangs-VA-Erlasser
pro: uneingeschränkte Weisungsbefugnis der Widerspruchsbehörde gegenüber der Ausgangsbehörde, sofern Fachaufsichtsbehörden - aA: auf Widerspruchsbescheid abzustellen, da sonst Ausgangsbehörde über von ihr nicht so erlassenen und ggf auch nicht gewollten VA prozessieren muss
P: Rechtmäßigkeit der reformatio in peius (als separater Prüfungspunkt nach Grund-VA) - P: Materielle Rechtmäßigkeit
- Vereinbarkeit des Widerspruchsbescheids mit jeweils einschlägigem materiellem Recht
[2. Maßgabe des § 48 I 2 VwVfG]
pro: Ersetzung eines belastenden durch einen belastenderen VA stellt sich als Aufhebung eines begünstigenden VA dar
-> con: VA, der von den §§ 48, 49 VwVfG vorausgesetzt wird, steht erst am Ende des gesamten Verfahrens
-> con: Unterscheidung von begünstigendem und belastendem VA verliert an Trennschärfe
Prüfung: reformatio in peius
[Vorgelagert in der Zulässigkeit: P: richtiger Klagegegner]
I. Rechtmäßigkeit des ursprünglichen VA
II. Rechtmäßigkeit der Verböserung des VA im Widerspruchsbescheid
1. Rechtsgrundlage, §§ 73, 68 I 1 VwGO iVm Fachrecht (hM)
-> Rechtsgrundlage (P)
2. Rechtsfehlerfreie Anwendung
a. Formelle Rechtmäßigkeit (P)
b. Materielle Rechtmäßigkeit
aa. Grds. Zulässigkeit der reformatio in peius (P)
bb. Voraussetzung der reformatio in peius
aaa. Sachkompetenz der Widerspruchsbehörde
bbb. Voraussetzungen der Rechtsgrundlage
ccc. Grenze der reformatio in peius: Vertrauensschutz
Öffentliches und privates Nachbarschutzrecht
- Versuch der parallelen Ausgestaltung
- > bspw. § 906 BGB und § 3 BImSchG / Gebot der Rücksichtnahme: gleiche Beeinträchtigungsschwellen (BGH/BVerwG)
- > drittschützende öffentlich-rechtliche Vorschriften des Baurechts als Schutzgesetze iSd § 823 II
- > wer Vorhaben gem. BPlan errichtet bzw. nutzt, handelt nicht rechtswidrig iSd ZivilR (§§ 1004, 906) - str.
- -> Baugenehmigung beeinträchtigt private Rechte Dritter jedoch nicht (vgl. § 58 III LBO)
- Auswirkung auf allgemeines RSB?
- > ganz hM: (-), da nicht unbedingt klägerfreundlicher (höhere Gerichtskosten; Amtsermittlung nur vor dem VG; Beibringungsgrundsatz vor dem ZivilG) => “Doppelgleisigkeit”
Nachbarschutz für obligatorische Berechtigte
- BVerfG: Mietrecht an einer Wohnung ebenfalls als Eigentumsposition vom Schutz des Art. 14 I umfasst
pro: Vergleich des Mietrechts mit dem Erbbaurecht
con: Mietrecht leitet sich vom Eigentumsrecht des Eigentümers ab - > dagegen con: dies gilt auch für dinglich Berechtigte, die jedoch als Nachbarn behandelt werden
- sonstige Miet- oder Pachtverhältnisse: entsprechende Abwehransprüche aus Schutznorm stehen nur dem Eigentümer zu, der Grundstück “repräsentiert”
- > Ausnahme: Inhaber am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (BVerfG: aus Art. 14 I GG)
- sofern andere RG durch Schutznorm geschützt sind, sind auch andere obligatorisch Berechtigte anspruchsberechtigt (va Art. 2 II GG, aber vorrangig: § 22 BImSchG, Rücksichtsnahmegebot)