3/9 (Überblick Eigentumsschutz; EBV I: §§ 985, 987ff.) Flashcards
Vindikationsanspruch: Berechtigter Anspruchsteller
- Eigentümer, wobei rein rechtliche, keine wirtschaftliche Betrachtung erfolgt (auch Leasinggeber)
- Miteigentümer: unabhängig von anderen Miteigentümern berechtigt, jedoch kann gem. §§ 1011, 432 nur der Besitz an alle Miteigentümer verlangt werden
- Gesamthandseigentümer: grds. nur gemeinschaftlich berechtigt und auf Herausgabe an alle gerichtet, wenn nicht Einzelvertretungsmacht für einen Gesamthandseigentümer bestimmt wurde
- P: Anwartschaftsberechtigter
Vindikationsanspruch: Berechtigter Anspruchsteller: P: Anwartschaftsberechtigter
- eA (wohl hM): § 985 (analog)
pro: AWR als wesensgleiches Minus zum Eigentum
con: Kollision von Herausgabeanspruch mit dem Eigentümer - > dagegen con: wegen § 986 I S. 2 sind beide Ansprüche inhaltsgleich, da idR auch der Eigentümer nur Herausgabe an den AWR-Berechtigten verlangen kann
pro: so stehen dem Besitzer auch ggü dem AWR-Berechtigten die Ansprüche aus §§ 987 ff. zu - aA: § 985 (analog) (-)
pro: Herausgabeansprüche nach §§ 1007 I und II bzw. 861 BGB ausreichend schützend
Vindikationsanspruch: Anspruchsgegner
- Besitzer der Sache, unabhängig von der Art des Besitzes
- P: Gesamthandseigenschaften
- > OHG und KG (+), Organbesitz
- > Außen-GbR mit BGH wohl auch (+), ansonsten Mitbesitz der Gesellschafter (§ 866)
Vindikationsanspruch: Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen der Voraussetzungen
- grds. bis zur Erfüllung des Anspruchs
- bei gerichtlicher Geltendmachung genügt Vindikationslage zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit
- > weder nachfolgende Veräußerung der Sache durch den klagenden Eigentümer schadet dem Erfolg der Klage noch nachfolgende Übergabe der Sache an einen Dritten durch den verklagten Besitzer (§§ 265, 266 ZPO)
- -> aber hM: Kläger muss seinen Klageantrag auf Herausgabe an den Erwerber der Sache umstellen, um der Abweisung der Klage als unbegründet zu entgehen (sog. Relevanztheorie)
Vindikationsanspruch: Kein Recht zum Besitz, § 986 - Systematik
- Absolutes Recht zum Besitz
- Relatives Recht zum Besitz
- Recht muss gerade dem Anspruchsgegner (Besitzer) zustehen
- > echtes (originäres) Besitzrecht (§ 986 I S. 1 Alt. 1)
- > abgeleitetes Besitzrecht (§ 986 I S. 1 Alt. 2): Voraussetzungen:
- -> Oberbesitzer muss ggü dem E zum Besitz berechtigt sein
- -> Oberbesitzer muss zur Übertragung des Besitzes an einen Dritten berechtigt sein
- -> Dritter muss ggü Oberbesitzer zum Besitz (aufgrund eines wirksamen Rechtsverhältnisses) berechtigt sein
- Recht muss gerade gegenüber dem Anspruchsberechtigten (Eigentümer) bestehen
- > beachte: § 936 II
Vindikationsanspruch: Kein Recht zum Besitz, § 986: P: Einwendung oder Einrede
- eA: Einrede
pro: Wortlaut wie bei § 273: “kann verweigern” - aA: Einwendung
pro: § 986 gestaltet lediglich die “Rechte Dritter” aus § 903 aus
pro: Parallele zu § 1007 III und § 861 II, die Einwendungen seien
Vindikationsanspruch: Kein Recht zum Besitz, § 986: P: Fremdbesitzerexzess
- mM: Recht zum Besitz (-), wenn der Besitzer zwar prinzipiell zum Besitz berechtigt ist, jedoch im Einzelfall sein Besitzrecht überschreitet
pro: “Nicht-so-berechtigter-Besitzer” ist angesichts dieser Handlung nicht berechtigt - hM: Recht zum Besitz (+)
pro: tatsächliches Handeln kann zugrundeliegendes Rechtsverhältnis nicht berühren, welches ein Recht zum Besitz begründet
pro: Aufteilung in rechtmäßigen und unrechtmäßigen Besitz ist künstlich
pro: Eigentümer ausreichend durch Ansprüche aus Vertrag und Delikt geschützt
Vindikationsanspruch: Kein Recht zum Besitz, § 986: Besitzrecht bei jederzeitiger Kündigungsmöglichkeit
1) § 985
- Anspruch entsteht automatisch in dem Zeitpunkt, in dem das Besitzrecht entfällt
- > Verwahrung und Leihe (und GoA): jederzeitige Herausgabe möglich (§§ 695, 604 III) -> konkludente Kündigung
pro: schwebende Vindikationslage, da für Besitzer ein Recht zum Haben, nicht zum Behalten begründet wurde
2) §§ 987 ff.
- BGH: Verwahrer und Entleiher werden wie unberechtigter Besitzer behandelt (§ 989)
pro: müssen jederzeit mit Herausgabe der Sache rechnen
- Lit: solange rechtmäßige Besitzer, wir der Eigentümer die Sache nicht herausverlange
pro: bis zur Kündigung begründet der Vertrag ein Recht zum Besitz (wenn auch nur zum Haben, nicht zum Behalten der Sache)
Vindikationsanspruch: Kein Recht zum Besitz, § 986: P: Recht zum Besitz aus Anwartschaftsrecht
- Konstellation: idR nur relevant, wenn Vorbehaltskäufer und AWR-Berechtigter (bspw. infolge eines gutgläubigen Erwerbs) nicht personenidentisch sind, da Vorbehaltskäufer idR aus dem Kaufvertrag ein Recht zum Besitz hat
- eA: (+)
pro: wesensgleiches Minus zum Eigentum: Übergang der Besitz- und Nutzungsbefugnis bereits mit AWR-Entstehung erfolgt
con: AWR soll (nach schuldrechtlicher Vereinbarung) kein Recht zum Besitz verleihen, sondern Eigentumserwerb des AWR-Berechtigten absichern - aA (BGH, wohl hL): (-)
pro: bloße Vorstufe kann keine Besitzbefugnis verleihen, da dies mit Vollrecht Eigentum zusammenhängt
pro: Eigentümer hat nach wie vor das “stärkere” Besitzrecht
pro: AWR-Berechtigter nicht schutzbedürftig, da es nur an ihm liegt, den Bedingungseintritt und somit die Zuweisung der Besitzbefugnis herbeizuführen
-> Entscheid: kann meist dahinstehen, da aA dem AWR-Berechtigten Berufung auf § 242 BGB zugesteht, wonach es kurz vor Eintritt der Bedingung / letzter Ratenzahlung treuwidrig wäre, sich auf § 985 zu berufen (dolo agit qui petit quod statim rediturum est)
Vindikationsanspruch: Kein Recht zum Besitz, § 986: P: Zurückbehaltungsrecht (§§ 273, 1000) als Recht zum Besitz
- eA (BGH): (+)
pro: § 986 hat Verteidigung gegen Vindikationsanspruch abschließend geregelt und erfasst daher alle Gegenrechte
con: Zurückbehaltungsrechte als Einreden, obwohl § 986 nach hM Einwendungen darstellt
con: Zirkelschlussargument (vor allem bei § 1000): bei Annahme eines Zurückbehaltungsrechts würde ein EBV gar nicht mehr vorliegen, was aber Voraussetzung für die Verwendungsersatzansprüche sind, die § 1000 voraussetzt - aA (hL): (-)
pro: Zurückbehaltungsrechte sind selbstständige Rechte, die § 985 unmittelbar gegenüberstehen
pro: Zurückbehaltungsrechte sollen Gleichzeitigkeit der Erfüllung, nicht aber Besitzlage zu regeln
pro: Zurückbehaltungsrecht führt zu Verurteilung Zug-um-Zug, Besitzrecht iSd § 986 führt zu Klageabweisung - > Ausnahme: § 1003 I S. 2 (Verweis auf Befriedigungsbefugnis impliziert Besitzrecht)
Vindikationsanspruch: Kein Recht zum Besitz, § 986: Analoge Anwendung des § 986 II (über §§ 929 S. 1, 931 hinaus)
- hM: immer dann, wenn das Eigentum “über den Kopf des Besitzers hinweg” übertragen werde
- > § 929 S. 2
- > § 930
pro: Wortlaut zu eng, da § 986 II den allgemeinen Rechtsgedanken zum Ausdruck bringt, dass der Erwerber nicht nur mit Rechten Dritter zu rechnen habe, sondern sie auch respektieren muss
Vindikationsanspruch: Kein Recht zum Besitz, § 986: P: Recht zum Besitz auch bei aliud-Lieferung?
- vgl. Parallele zum Kondiktionsanspruch des Verkäufers bei (höherwertigem) aliud (zuerst zu diskutieren, ob (höherwertiges) aliud eine Nichtleistung oder die Leistung einer mangelhaften Sache darstellt - hM: § 434 III)
- eA: (-)
pro: bei Nacherfüllungsverlangen des Verkäufers hat Verkäufer ohnehin Anspruch aus §§ 439 IV, 346
pro: Käufer nicht schutzbedürftig; muss höherwertiges aliud nach § 273 nur gegen mangelfreie Sache herausgeben - aA: (+)
pro: einheitliche Gestaltung des § 434 III: kein Unterschied zwischen aliud und peius
pro: Kondiktion soll ausgeschlossen werden, damit Verkäufer nicht über Nachbesserungs- und Minderungsrecht disponieren kanm
pro: Anfechtung der Tilgungsbestimmung möglich (+) - > vgl. wiederum Hofmann: problematisch, da auch sonst die Tilgungsbestimmung angefochten werden können müsste
Vindikationsanspruch: Rechtsfolge: Allgemein
- der Störungszustand ist zu beseitigen = der Besitzer muss sich in seinen Rechtskreis zurückziehen
- > der Besitzer muss die Sache aus seinem Vermögen ausgliedern
- > Besitzer muss Eigentümer den unmittelbaren Besitz an der Sache verschaffen (beschränkt sich nicht auf die Duldung der Wegnahme, sondern begründet eine positive Handlungspflicht zur “Auskehrung”)
- > § 986 I 2: bei Besitzberechtigung eines Dritten kann der Eigentümer vom unrechtmäßigen unmittelbaren Besitzer nur Herausgabe an den Dritten verlangen, der ihm gegenüber zum Besitz berechtigt
- > unberechtigter Mitbesitzer: nur Herausgabe des auf ihn entfallenden Besitzanteils
Vindikationsanspruch: Rechtsfolge: Anspruch gegen mittelbaren Besitzer
- unstr.: Abtretung des Herausgabeanspruch gegen den unmittelbaren Besitzer aus § 870 BGB
- str.: Anspruch auf Verschaffung des unmittelbaren Besitzes? (vor allem: Möglichkeit eines solchen Klageantrags)
- > eA: (-)
pro: für mittelbaren Besitzer rechtlich unmöglich
pro: § 985 würde zu einem Besitzverschaffungsanspruch - > aA: (+), solcher Antrag ist möglich
pro: wenn nur Titel gerichtet auf Abtretung des Herausgabeanspruchs, dh auf Abgabe einer Willenserklärung (§ 894 ZPO), ist eine Herausgabevollstreckung (§§ 883, 885 ZPO) nicht zulässig - -> wenn aber Antrag auf Herausgabe gestellt wird:
a) BMV besteht noch: Eigentümer kann sich Herausgabeanspruch nach § 886 ZPO überweisen lassen und anschließend aus diesem Anspruch gegen den unmittelbaren Besitzer vollstrecken
b) BMV besteht nicht mehr (Sache zurückgegeben): Herausgabevollstreckung (§§ 883, 885 ZPO) möglich
Vindikationsanspruch: Anwendbarkeit schuldrechtlicher Vorschriften: P: Abtretbarkeit
- hM: nicht möglich
pro: dinglicher Anspruch kann nicht von seinem Stammrecht abgetrennt werden - > Anspruch entsteht beim Erwerber des Stammrechts (“Eigentum”) stets neu
- > Umdeutung (§ 140) in Einziehungsermächtigung möglich
- > Schuldrechtliche Folgeansprüche (§§ 987 ff.) abtretbar
- aber Ausübungsermächtigung (§ 185 I analog) zugunsten eines Dritten möglich, der den Vindikationsanspruch trotz Fehlens der Eigentümerstellung in eigenem Namen geltend machen kann