1/9 (Grundlagen, Besitz) Flashcards
Sachenrechtliche Grundsätze: Absolutheitsmerkmale im Einzelnen (drei charakteristische Konstellationen) - Trias der Dinglichkeitseigenschaften
- Sukzessionsschutz: der Erwerber einer absoluten Rechtsposition wird vor weiteren Verfügungen des Veräußerers an Dritterwerber (=Sukzession) geschützt (vs. schuldrechtlich kann ein Verkäufer die Sache so oft verkaufen (=versprechen) wie er möchte, als Eigentümer aber nur einmal verfügen)
- > es gilt das verfügungsrechtliche Prioritätsprinzip (hat jedoch keine Auswirkung auf Verpflichtungsgeschäft, dh bedeutungslos, an wen zuerst “verkauft” wurde) - Schutz vor der Rechtsverletzung Dritter: der Inhaber der absoluten Rechtsposition wird vor Rechtsverletzungen Dritter geschützt:
a. negatorisch (1004)
b. schadenersatzrechtlich (823 I)
c. bereicherungsrechtlich (812)
(relative nur inter partes geschützt) - Schutz vor Vollstreckungsmaßnahmen: Inhaber einer abs. Rechtspos. wird vor Zwangsvollstreckungsmaßnahmen von Drittgläubigern geschützt
- > Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahme vs. Gesamtvollstreckung (=Insolvenz)
- > Insolvenz als Prüfstein des Sachenrechts: Quote der Insolvenz erstreckt sich nur auf relative Positionen, absolute nicht antastbar
=> Absolute Rechtspositionen behelligen den Rechtsverkehr (Erfordernis der Feststellung der Inhaberschaft)
Sachenrechtliche Grundsätze: Warum strikte Entkoppelung von inter partes vs. erga omnes?
- Verkehrsschutz: Auseinandersetzung mit relativen Rechtspositionen soll vermieden werden (Rechtsklarheit) -> Orientierungssicherheit des Rechtsverkehrs im Umgang mit absoluten Rechtspositionen
- Vertragsautonomie: kann derart frei gestaltet sein, indem Sachenrecht als Verkehrsschutzfilter dient
(Bspw. wird in Frankreich tw. die Vertragsfreiheit eingeschränkt, um den Verkehrsschutz zu gewährleisten)
Sachenrechtliche Grundsätze: Abschließende Regelung der absoluten Rechtspositionen?
Nein, nur bezogen auf körperliche Gegenstände (§ 90)
- nicht erfasst ist das Immaterialgüterrecht, oder das allgemeine Persönlichkeitsrecht
- Fragestellung jedoch ähnlich: Unterschied von absolut vs. relativ und Übergang derselben ineinander findet sich als Problemstellung auch im Immaterialgüterrecht (Sachenrecht als Vorbild für Immaterialgüterrecht)
Die absolute Zuordnung anderer Rechtsgüter ist nicht im Sachenrecht geregelt
(bspw. Inhaberschaft von Forderungen - s. Abtretungsrecht, s. §§ 398 ff.)
Sachenrechtliche Grundsätze: Trennungs- und Abstraktionsprinzip (Bedeutung und Funktionsweise)
- Das schuldrechtliche und das dingliche Geschäft werden rechtlich getrennt
(- Abstraktionsprinzip auch im Stellvertretungsrecht (Vollmachtserteilung und Grundgeschäft: Innen vs. Außenwirksamkeit); Abtretungsrecht) - BSp: C wird davor geschützt, dass Verpflichtungsgeschäft zwischen A und B unwirksam ist (C muss sich nicht mit der davorliegenden causa befassen) -> kann sich auf klare Sachenregelung verlassen
- durch das Abstraktionsprinzip wird das dingliche Geschäft vor Fehlern des schuldrechtlichen Geschäfts isoliert und geschützt -> dingliche Rechtslage wird dadurch stabilisiert (“Eigentum ist stabil und gesund, während die schuldrechtliche causa von Siechtum und Krankheit geprägt ist.”)
Sachenrechtliche Grundsätze: Trennungs- und Abstraktionsprinzip: Zwingend?
Möglichkeiten aus BGB AT:
- 158, 159: Bedingungskonstruktion, sodass Verfügungs- und Verpflichtungsgeschäft in ihrer Wirksamkeit voneinander abhängig sind (nur bei konkreten Anhaltspunkten)
pro: e con § 925 II: Bedingungsfeindlichkeit der Auflassung explizit normiert - 139: Teilnichtigkeit (konkludent bzw. ergänzende Vertragsauslegung) (konsequent betrieben würde jedoch bei ergänzender Vertragsauslegung das TAP für den Großteil der Verträge hinfällig)
- > Jedoch: Verkehrsschutz als Grund des TAP - über diesen dürfen die Vertragsparteien nicht im Wege der Privatautonomie disponieren (Dritte werden ja durch TAP geschützt)
- > jedoch hM: es muss ausdrücklich vereinbart sein, dann Aufhebung des TAP möglich (nicht durch ergänzende Vertragsauslegung)
Sachenrechtliche Grundsätze: Trennungs- und Abstraktionsprinzip (Reduzierte Fehler von Verfügungsgeschäften)
- Verfügungsgeschäfte können ihrerseits Mängel haben
- soweit Mangel sowohl Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft betrifft, spricht man von Fehleridentität (oder Fehlerkongruenz), bspw. Geschäftsunfähigkeit
Sachenrechtliche Grundsätze: Trennungs- und Abstraktionsprinzip (echte Durchbrechungen)
- ausnahmsweise wird der Nichtigkeitsgrund wichtiger befunden als der Verkehrsschutz, bspw. bei Sittenwidrigkeit (aber bei Verfügungsgeschäft: Eigentumslage als solche ist sittlich indifferent, nur Zwecke sind für Sittenwidrigkeitsbewertung relevant), oder Bsp. 3 (sicheres Wissen um Nichtigkeit der vorhergehenden Causa, dann disk.: 826?)
- bei Kreditsicherheiten wird im Falle einer Übersicherung (wenn sich jemand zu viel Kreditsicherheit einräumen lässt) die Sittenwidrigkeit aber auch auf das dingliche Geschäft erstreckt (später detailliert)
- 123: Täuschung: müsse auch das Verfügungsgeschäft erfassen (hM) -> in der Sache eine echte Durchbrechung des Abstraktionsprinzips, begründbar als Ausnahme mit der Interessenslage des Getäuschten (Täuschung und Drohung als schlimmste Widerfahrnis im Rechtsverkehr - aber dagegen: Verkehrsschutz Dritter!)
Sachenrechtliche Grundsätze: Traditions- und Publizitätsgrundsatz
- zur Änderung der dinglichen Rechtslage ist über den rechtlichen Konsens hinaus ein tatsächlicher Manifestationsakt erforderlich
- > bei Grundstücken: Eintragung ins Grundbuch § 873ff.
- > bei beweglichen Sachen: grds. Übergabe § 929ff.
- > Telos: Verkehrsschutz (wenn A an B übereignet, muss er das irgendwie nach außen zu erkennen geben, damit C sich dies ansehen können -> Ermöglichung für Dritte, Eigentumszuordnung zu treffen)
- Konsensprinzip in anderen Rechtsordnungen (dort: anderer Verkehrsschutz)
- bei Forderungszession: kein Publizitätsakt notwendig
Sachenrechtliche Grundsätze: Spezialitätsgrundsatz (Bestimmtheitsgrundsatz)
- im Ausgangspunkt muss jede verbindliche Regelung in der Rechtsordnung hinreichend bestimmt sein
- weil absolute Rechte aber auch Dritte betreffen, ist im Verfügungsrecht ein höherer Grad an Bestimmtheit erforderlich als im Vertragsrecht
-> dingliche RG müssen sich auf konkrete, bereits vorhandene oder zumindest bestimmbare Sachen beziehen
–> RG muss inhaltlich so bestimmt sein, dass ein Dritter allein anhand des Inhalts der Vereinbarung ohne Zuhilfenahme anderer Anhaltspunkte erkennen kann, an welcher einzelnen Sache welches dingliche Recht besteht bzw. welche Rechtsänderung vorgenommen wird
=> weder an Teilen von Sachen noch an Sachgesamtheiten bestehen dingliche Rechte - beachte: asset deal vs. share deal
Sachenrechtliche Grundsätze: Numerus clausus (der Sachenrechte) / Typenzwang / Typenfixiertheit
- die Erscheinungsformen dinglicher Rechte sind zwingend abschließend gesetzlich geregelt
- > Typenzwang: Beschränkung auf die gesetzlich normierten Typen
- > Typenfixierung: Inhalt und Umfang der dinglichen Rechte sind durch das Gesetz zwingend vorgeschrieben
- Verkehrsschutzgründe: Berechenbarkeit für Dritte (Rechtsverkehr (jedermann) muss sich auf absolute Rechtspositionen verlassen können)
- Kein Verbot der Rechtsfortbildung für die Rspr. (aber hohe Anforderungen) - “Gebot der ruhigen Hand”
- > Treuhandeigentum (Sicherungsübereignung), AWR
- Teilaspekt des n.c.: § 137 (Rechtsgeschäftliches Verfügungsverbot)
Besitz §§ 854 ff BGB - Begriff des Besitzes
= die von einem Herrschaftswillen getragene tatsächliche Herrschaft einer Person über eine Sache
- > zwischen Person und Sache muss eine räumliche und auf gewisse Dauer angelegte feste Beziehung bestehen, die die tatsächliche Einwirkung auf die Sache ermöglicht
- > maßgeblich ist die Verkehrsanschauung
Besitz §§ 854 ff BGB - Arten: Eigenbesitz (§ 872) vs. Fremdbesitz
- maßgeblich ist der natürliche Wille, der sich in seiner jeweiligen Ausprägung nach außen manifestieren muss
- > auch der Wechsel von Fremd- zu Eigenbesitz muss nach außen deutlich werden
- unabhängig von der Eigentumslage
Besitz §§ 854 ff BGB - Arten: Fremdbesitz (vs. Eigenbesitz)
- Fremdbesitzer: jeder, der eine Sache besitzt, aber so, dass er anerkennt, dass ein anderer Eigentümer ist (Bspw. Mieter)
Besitz §§ 854 ff BGB - Arten: Unmittelbar (vs. mittelbar)
- unmittelbar:
1. tatsächliche Gewalt wird selbst (§ 854 I) - nach Verkehrsauffassung (auch Schlafende, abgeschlossene Fahrräder, vgl. Gewahrsambegriffe aus dem Strafrecht) - oder durch einen Besitzdiener (§ 855) ausgeübt
2. + Besitzwille (Fremder Ball landet in umzäuntem Garten): setzt keine Geschäftsfähigkeit voraus; hat keinen rechtsgeschäftlichen Charakter - 854 II: auch durch Rechtsgeschäft übertragbar, bspw. Besitz an Holzhaufen im Wald durch Einigung
Besitz §§ 854 ff BGB - Arten: Mittelbar (§ 868) (vs. unmittelbar)
= der es in der Hand hat, die tatsächliche Sachherrschaft durch Vermittlung eines anderen auszuüben
- > zwischen mittelbarem und unmittelbarem Besitzer: Besitzmittelverhältnis (Besitzkonstitut)
- > rein kraft rechtlicher Regelung (unmittelbarer Besitzer hat nach wie vor alleinige tatsächliche Gewalt): “vergeistigte Sachherrschaft”
- auch gestufter mittelbarer Besitz möglich
- > Eigentümer -> Pächter -> Mieter : Bezeichnet als : Mittelbarer Eigenbesitzer 2. Stufe -> Mittelbarer Fremdbesitzer 1. Stufe -> Unmittelbarer Fremdbesitzer
Vererblichkeit (§ 857 BGB)
- der (unmittelbare/mittelbare/Eigen-/Fremd-) Besitz des Erblassers geht auf die Erben über
Besitzdiener (§ 855)
- Soziales Abhängigkeitsverhältnis,
- das nach außen erkennbar ist*
- Ausübung der tatsächlichen Sachherrschaft
- Unterordnungswille
- > “Herrschaft über den Besitzdiener ist die Herrschaft über die Sache”
- > Besitzdiener hat zwar tatsächliche Gewalt, aber keinen Besitz (§ 855 aE)
- klassisches Beispiel: Arbeitnehmer
- nicht zu verwechseln mit Besitzmittler oder Geheißperson
*eA: stets erforderlich wegen Sicherheit des Rechtsverkehrs (Publizität)
aA: nur erforderlich, wenn für das jeweilige Rechtsgeschäft (bspw. Verfügung) Publizität erforderlich ist
Schutz des Besitzes - Possessorischer Besitzschutz (§ 858 ff.)
- geschützt wird der Besitz als Faktum unabhängig davon, wem der Besitz zusteht (possessorisch); Recht zum Besitz ist grds. irrelevant (missv. § 863) - Schutz des staatlichen Gewaltmonopols
- aktivlegitimiert sind uB, mB (§ 869), und Mitbesitzer (§ 866)
- > der mB macht letztlich den uB geltend, deshalb ist erforderlich, dass gegen den uB verbotene Eigenmacht ausgeübt wird
- > bspw. nicht der Fall, wenn ein Mieter gegen den Willen des Vermieters die Sache an X gibt
- > Mitbesitz wird nur vor Dritten geschützt und ist nicht zwischen Mitbesitzern anwendbar
Schutz des Besitzes - Petitorischer Besitzschutz (§ 1007)
- Anspruch gem. § 1007 I
- Anspruch gem. § 1007 II
- zwei unterschiedliche AGL
- Bedeutung des 1007:
- aus 1007 III S. 2 iVm 986 setzt sich Recht zum Besitz stets durch - warum existiert dieser aber neben 985
- Besitzschutz, um Ersetzung zu ermöglichen
- Es werde das “bessere Recht zum Besitz” (hM)
- Vorschrift trage einer Verdinglichung obligatorischer Besitzrechte Rechnung
Funktionen des Sachenrechts
- Zuordnungsfunktion: Klärung der Berechtigung - negativ formuliert: der Ausschließung (zB § 903 BGB)
- Definitionsfunktion: Schaffung von Rechtsklarheit und -sicherheit (zB §§ 854 I, 855, 1113 I BGB)
- Differenzierungsfunktion: Schaffung von Voll- und Teilrechten zur Nutzungs- und Vermarktungsoptimierung (zB §§ 1018 ff., 1204 ff. BGB)
- Transaktionsfunktion: Bereitstellung von Erwerbsregelungen, um die Umlauffähigkeit von Sachen zu ermöglichen (zB §§ 873 ff., 929 ff. BGB)
- Absicherungs- und Gewährleistungsfunktion: Ausgleich für Verletzung und Gefährdung zugewiesener Voll- und Teilrechte durch ein System von Ansprüchen des Berechtigten auf Herausgabe (zB § 985 BGB), Schadensersatz (zB § 989 BGB), Nutzungsersatz (zB §§ 987 I, 988 BGB), Wertersatz (zB § 987 II BGB) und Ent- schädigung (zB § 906 II 2 BGB) sowie Abwehr – Beseitigung und Unterlassung – von Störungen (zB § 1004 I BGB)
Begriff der Sache: körperlicher Gegenstand
- Gegenstand = alles, was Objekt von Rechten sein kann
- körperlich = wenn die Materie räumlich zutage tritt; auf den Aggregatzustand kommt es nicht an
- str. insb. bei Daten
Begriff der Sache: Bestandteile
= Teile einer Sache, die durch körperliche Verbindung miteinander ihre zunächst bestehende Selbstständigkeit verloren haben