01 Empirische Methoden Flashcards
Wie können ökonomische Fragestellungen wissenschaftlich untersucht werden?
- Theoretische Analyse
- Empirische Studie
Theoretische Analyse (5)
- Verbalanalytische Überlegungen über Zusammenhänge
- Beschreibungen von komplexen Umgebungen möglich, aber häufig nur spekulative Aussagen über Zusammenhänge
- Hier: Formalisierung der Zusammenhänge in einem mikroökonomischen Modell
- Analyse mit Spiel- und Vertragstheorie (Mathematik)
- Beschränkung auf das Wesentliche
Empirische Studien - Arten (3)
- Felddaten
- Experimente
- Fallstudien
Empirische Studien - Felddaten
- Ergebnisse in realen Unternehmen mit ökonometrischen Methoden ausgewertet
- Problem: Nur wenige Unternehmensdatensätze zur Verfügung
Empirische Studien - Experimente
- Sehr vereinfachte Situation
- Sehr viele Faktoren kontrollierbar -> Genauer Test einer Theorie möglich
- Feldexperimente: Manipulation meist außerhalb des Labors
Empirische Studien - Fallstudien
- Nur beschreibend
- Stehts nur ein Einzelfall
- Aber: fördert das genauere Verständnis der Situation
Ökonomisches Experiment - Definition (Brockhaus)
„Methodisch-planmäßige Herbeiführung von reproduzierbaren, meist variablen Umständen zum Zwecke wissenschaftlicher Beobachtung“
Validität
Misst ein Experiment das, was es messen soll?
Interne Validität: Erlauben die Daten kausale Folgerungen?
- Ist das Design so, dass der beobachtete Effekt nur durch eine bestimmte Sache ausgelöst wird?
- Ist die Auswertung der Daten korrekt?
Externe Validität: Können wir die Beobachtungen aus dem Labor auf das Verhalten in der „Realität“ übertragen?
Externe Validität - Isomorphie
Ein Experiment muss die für die „reale Welt“ relevanten Strukturen abbilden
Vorteile von ökonomischen Experimenten (5)
- Replizierbarkeit
- Randomisierte Zuteilung der Treatments
- Situationen, die nicht gut im Feldexperiment abbildbar sind (z.B. gefährlich)
- Kontrolle über Präferenzen durch monetäre Anreize
- Kontrolle über Bedingungen
Nachteile von Experimenten
Kosten
- Teilnehmer müssen Geld verdienen, damit Entscheidungen relevant sind
Häufig nur kleine Stichproben
- Experimentatoren haben zu wenig Geld
- Zufallslosung kann schief gehen (zufällig nur Männer in Treatmentgruppe)
Externe Validität
- Teilnehmer häufig Studierende
- Lassen sich die Ergebnisse auf die „reale Welt“ übertragen?
Grenzen von Experimenten
- Grenzen der Kontrolle (2)
- Weitere Grenzen (9)
Grenzen der Kontrolle
- Umwelteinflüsse: Bei schlechtem Wetter kommen nur Studierende aus Uni-Nähe
- Grundgesamtheit: Welcher Typ Student nimmt an Experimenten teil?
Weitere Grenzen
- Experimente sind nur beispielhafte Evidenz
- Keine Allgemeingültigkeit wie Theorien
- Vereinfachte Darstellung einer realen Fragestellung
- Teilnehmer oft Studenten –> Ergebnisse übertragbar?
- Geringe Bezahlung (Low Stakes)
- Geringe Anzahl an Teilnehmern/Beobachtungen
- Unerfahrene Teilnehmer
- Einfluss durch Beobachter
- Selbstselektion der Teilnehmer
- Aber: Durch Replikationen von Experimenten werden Ergebnisse robuster
Vorgehen bei Experimenten (5 Schritte)
- Festlegung der Forschungsfrage
- Design des Experiments
- Vorbereitung des Experiments
- Durchführung des Experiments
- Datenanalyse und Aufschreiben des Papiers
Festlegung der Forschungsfrage
- Genaue Formulierung
- Abgrenzung von der bereits vorhandenen Literatur
- Standardhypothese
- Evtl. alternative Hypothese z.B. soziale Präferenzen
Kontrolle (8)
- Wichtigster Vorteil ökonomischer Experimente
- Gleiche Bedingungen für alle Teilnehmer (c.p.)
- Kontrolle über Präferenzen
- Konstanter Ablauf -> Replizierbarkeit möglich
- Kontrolle über Informationsstand der Teilnehmer
- Kontrolle und Steuerung über Sprache (Instruktionen) -> Framing
- Kontrolle/Messung der tatsächlichen Entscheidungen
- Keine Täuschung der Teilnehmenden
Daten der Forschung (2x2 Cluster)
- Zufällige Daten / Experimentelle Daten
- Felddaten / Labordaten
Beispiele für Zufällige Daten x Felddaten
- Bruttosozialprodukt
- Inflationsraten
Beispiele für Zufällige Daten x Labordaten
- Entdeckung des Penizillins
Beispiele für Experimentelle Daten x Felddaten
- Gesetzesänderungen
- Exogene Schocks
Beispiele für Experimentelle Daten x Labordaten
- Wirtschaftliches Verhalten
- Entscheidungsverhalten
Kontrolle durch Randomisieren
Zufällige Aufteilung der Teilnehmer in Treatment- und Kontrollgruppe
- Keine Selbstselektion möglich
- Treatment und Kontrollgruppe gleich in allen Aspekten (große Stichproben)
- Kausaler Effekt kann nun sauber bestimmt werden
Idee: „Verändere eine Variable (Treatmentvariable) und halte alles andere konstant (c.p.)“
-> Unterschiede im Verhalten sind nun auf diese eine Änderung zurückzuführen. -> Treatmenteffekt
Wozu brauchen wir Experimente (Vernon Smith) (6)
- Testen einer Theorie
- Untersuchung, warum die Theorie versagt
- Erhebung von “stylized facts” als Basis für eine neue Theorie
- Vergleich von verschiedenen Umwelten
- Vergleich von verschiedenen Institutionen
- Bewerten und Testen von Strategien und Politiken
Wozu brauchen wir Experimente? - Testen einer Theorie
- Ökonomische Theorien bilden die Basis für ein experimentelles Design
- Im Experiment werden die Annahamen der Theorie implementiert (z.B. Produktionstechnologie, Informationen der Teilnehmer)
- Vergleich der theoretischen Vorhersagen (des theoretischen Gleichgewichts) mit den experimentellen Daten
- Beispiel: Ergebnisse aus dem Gefangenendilemma oder Ultimatumspiel
Wozu brauchen wir Experimente? - Untersuchung, warum die Theorie versagt
- Experimentelle Ergebnisse zeigen, dass z.B. im Ultimatumspiel nicht das theoretische Gleichgewicht gespielt wurde
- Experimente können uns helfen zu verstehen, warum eine Theorie versagt bzw. welche Annahme nicht korrekt ist, z.B.
Risikopräferenzen
Soziale Präferenzen
Begrenzte Rationalität
Zeitpräferenzen
Wozu brauchen wir Experimente? - Erhebung von „stylized facts“ als Basis für eine neue Theorie
- Experimente sind der Startpunkt für Behavioral Theory bzw. Verhaltensökonomie
- Verschiedene Designs können helfen zu erforschen, welche Faktoren einem Modell fehlen, um Verhalten vorherzusagen
- Abkehr der Vorstellung des Homo Oeconomicus
- Beispiele:
Soziale Präferenzen
Verlustaversion
Risikoaversion
Reziprozität
Wozu brauchen wir Experimente? - Vergleich von verschiedenen Umwelten
Im Experiment kann man verschiedene Umwelten testen
- Vergleich von verschiedenen Kostenfunktionen, Produktionsfunktionen
- Vergleich von verschiedenen Ausstattungen
- Vergleich von Anreizstrukturen
Wozu brauchen wir Experimente? - Vergleich von verschiedenen Institutionen
Der Vergleich wird im Gegensatz zur Realität exogen eingeführt und nicht auf Basis von ökonomischen oder politischen Zwängen
- Verschiedene Aktionsformen
- Verschiedene Reservationswerte
- Verschiedene Löhne
Test von Institutionen bevor sie an den Markt gehen
- Neue Regeln für ebay
- Einführung einer neuen Behörde oder Kontrollinstanz
Wozu brauchen wir Experimente? - Bewertung und Testen von Strategien und Politiken
- In der Realität sind Tests von verschiedenen Strategien sehr teuer und die Ergebnisse durch Störfaktoren verzerrt
o Z.B. neue Steuer, Marktstrukturen, Einführung von Mindestlöhnen
Kategorien von Experimenten nach Harrison & List
- Konventionelles Laborexperiment
- Künstliches Feldexperiment
- Geframtes Feldexperiment
- Natürliches Feldexperiment
-> Überschneidungen der Kategorien häufig möglich
Konventionelles Laborexperiment
- Studierende als Teilnehmer
- Abstrakter Kontext
Künstliches Feldexperiment
Teilnehmer sind nicht Studierende
Geframtes Feldexperiment
- Teilnehmer sind nicht Studierende
- Aufgabe, Produkt oder Informationsset haben bestimmten Kontext
Natürliches Feldexperiment
- Teilnehmer sind nicht Studierende
- Teilnehmer sind sich nicht bewusst, dass sie an einem Experiment teilnehmen
- Aufgabe wird in einer natürlichen Umgebung ausgeführt
Experimente in Virtual Reality
- Teilnehmer wissen, dass sie an einem Experiment teilnehmen
- Aufgabe wird in realistisch modellierten virtuellen Umgebungen ausgeführt
- Neue Messmöglichkeiten durch millimetergenaues Tracking
- Neue „hybride“ Methode aus Elementen von konventionellen und Feldexperimenten
Experimente in VR - Vorteile
- Erhöhung der externen Validität durch gesteigerten Realismus der Umgebung und der Aufgabe, ohne den Vorteil der Kontrolle einer Laborumgebung zu verlieren
- Durchführung unmöglicher oder gefährlicher Settings sowie sehr kostspieliger Experimente
Chosen/abstract effort
Teilnehmer wählen eine Zahl, die mit Kosten verbunden ist
Real effort
Teilnehmer führen eine „echte“ Aufgabe aus
- Realistischeres Setting
- Kostenfunktion bzw. Disnutzen der Arbeitsanstrengung sind für den Experimentator nicht messbar
- Starke Unterschiede in den Fähigkeiten der Teilnehmer
- Intrinsische Motivation für die Aufgabe
Täuschung
Keine Täuschung der Teilnehmer in ökonomischen Experimenten
- „Ungeschriebenes Gesetz“ der experimentellen Wirtschaftsforschung
- Reputationsverlust bei den Teilnehmern -> Bei allen nachfolgenden Experimenten werden die Teilnehmer eine Täuschung erwarten -> Kontrollverlust
- Forschung wird nicht anerkannt und wird sehr schwer publizierbar sein
- In der Psychologie ist Täuschung erlaubt -> Vorsichtiger Umgang mit Teilnehmern, die an solchen Studien teilnehmen
Was zeichnet ein gutes Experiment aus?
Sieben Fragen von Shyam Sunder, Yale University
- Was ist die Frage, die Sie mit Hilfe des Experiments beantworten wollen? (Die Frage sollte ein einzelner Satz mit einem Fragezeichen am Ende sein.)
- Was wissen Sie bisher über mögliche Antworten auf Ihre Frage?
- Was sind mögliche Wege, um Ihre Frage zu beantworten? Denken Sie über Experimente sowie über andere mögliche Methoden nach.
- Was sind die Vor- und Nachteile eines Experiments in Bezug auf Ihre Fragestellung? Es könnte besser sein, kein Experiment durchzuführen.
- Wie wahrscheinlich ist es, dass die Ergebnisse des Experiments Sie und andere überraschen? Wie wahrscheinlich ist es, dass die Ergebnisse einen Einfluss auf die Meinung von anderen haben?
- Wie würden Sie das Experiment durchführen? (Schreiben Sie das Design und die Instruktionen auf.)
- Ist Ihr Design so einfach wie möglich?