WS 3 & 4 Flashcards
Was sind allgemeine Ziele /Fragen der kognitiven Neurowissenschaften / Neuropsychologie?
Kognitive Neurowissenschaft will Hirnkorrelate zu mentalen Prozessen abbilden. Es geht um die Kombination von kognitiven Methoden mit neurowissenschaftlichen Verfahren. Die kognitive Neuropsychologie beschäftigt sich mit kognitiven Problemen, die durch Gehirnverletzungen verursacht wurden. Ziel ist es die Leistungen bei Gehirnverletzungen zu erklären und auf allgemeinpsychologische kognitive Fähigkeiten zu schlussfolgern.
Nennen Sie zwei Klassiker aus den Anfängen der Neuropsychologie und beschreiben Sie kurz ihre wichtigsten Leistungen.
- Paul Broca: Linksfrontale Läsion versteht , aber spricht nicht
- Carl Wernicke: Schnittstelle temporal / parietal spricht, aber versteht nicht
Welche Folgen hat das philosophische Leib-Seele-Problem auf die kognitive und neurowissenschaftliche Modellbildung?
Es wird klar getrennt (Zwei-Sprachen-Konzeption)
- Mentalistisch (psychologisch): Begriffe wie z. B. entscheiden oder überlegen
- Psychikalisch (physiologisch): raumzeitliche Zustandsbeschreibung wie z. B. Aktivität in Area V1
Was ist die Ursache von einem funktionalen Defizit? Besteht bei der Bildung kognitiver Theorien die Notwendigkeit der Berücksichtigung biologischer Befunde? Ist ein biologisch fundiertes Modell besser als ein rein psychologisches?
Inwieweit kann die Aktivierung eines Areals ein psychologisches (mentales) Phänomen erklären?
Die Aktivität der an Entscheidungen beteiligten Nervennetze ist durch Gründe beeinflussbar. Wenn mir etwas gesagt wird, wird das Argument in neuronale Aktivität übersetzt. Die Neuronenpopulationen beginnen, nach konsistenten Zuständen zu suchen.
Was für Formen der Dissoziation gibt es? Was ist eine Assoziation? Wie sind diese Erkenntnismittel jeweils zu bewerten?
Grundannahme: Gemeinsam auftretende kognitive Leistungen liegen gemeinsamen kognitiven Prozessen zugrunde, dissoziierte kognitive Leistungen liegen unterschiedlichen kognitiven Prozessen zugrunde.
- Einfache Dissoziation: Patient X mit Störung im System Z kann Lesen aber keine Gesichter erkennen. Also ist System Z für Lesen, aber nicht für Gesichter erkennen zuständig. Problem ist, es könnte auch ein gemeinsames Modul sein, nur die Aufgaben sind unterschiedlich schwer.
- Doppelte Dissoziation: Patient Y kann nicht lesen, aber Gesichter erkennen. System Z ist bei ihm intakt, aber System W beschädigt (System W ist bei Patient X intakt). Königsweg der neuropsychologischen Theoriebildung.
- Assoziation: Patient mit Störung in System A kann nicht Lesen und nicht Rechnen. Also ist System a für Rechnen und Lesen zuständig. Eine Läsion kann aber zwei unabhängige Systeme beschädigt haben.
Wie unterscheiden sich Symptomgruppenbildungen von funktionalen Störungsbildern als Herangehensweisen in der Neuropsychologie?
- Syndromgruppenbildung: Clusterbildung von Patienten mit ähnlichen Symptomen.
- Funktionale Störungsbilder: Beschreibung von Patienten anhand eines systematisch getesteten Katalogs seiner Funktionsstörungen.
Warum liest man in der Neuropsychologie häufig von Fallstudien? Sind Gruppenvergleiche mit hoher Stichprobe nicht als einziges wirklich aussagekräftig?
Es wird keine Information weggemittelt, wenn jeder Einzelfall als Experiment zur Testung einer kognitiven Theorie verwendet wird. Einzelfälle haben paradigmatischen Charakter und sollten also für ein bestimmtes kritisches Problem entscheidend sein.
Was versteht man unter konvergierenden Operationen in der Neuropsychologie?
Konvergenz durch Indizsammlung aus beiden Bereichen, Gesunden und Patienten zur Sicherung der aufgestellten Modelle.
Was versteht man unter Modulhypothese und was kann man an ihr kritisieren? Nennen Sie drei Eigenschaften kognitiver Module nach Fodor und diskutieren Sie diese kritisch.
Beispielsweise können Gesichter erkennen und Lesen zwei funktional unterschiedliche Module statt einem visuellen Modul sein. Module müssen folgende Eigenschaften besitzen: Verkapselung, Spezifität, Verbindlichkeit, Angeborenheit, Peripherität. Die Kognition kann zu einer App-Sammlung werden. Es gibt Nachweise für Crosstalk-Phänomene (zwischen allen möglichen Modulen).
Nennen Sie eine Alternative zur Modulhypothese und beschreiben Sie die zentralen Charakteristika dieser Alternative. Was kann sie besser als die Modulhypothese?
PDP (parallel distributed processing):
- Modellierung von Kognition mittels neuronaler Netze
- Wissen als Muster von Verbindungsstärken innerhalb einer Menge von Verarbeitungseinheiten
- Kein Alles- oder – nichts in konnektionistischen Systemen
- Komplexe Interkonnektivität von Verarbeitungseinheiten
- z. B. kann eine Einheit an vielen Gedächtnisinhalten beteiligt sein.
Vorteil: erklärt regelgeleitetes Verhalten ohne explizite gespeicherte Regel; nur leichte Leistungsausfälle neuronaler Systeme bei Schädigungen; Abruf komplexer Inhalte aufgrund eines Teilinhalts.Q
Nennen und beschreiben Sie unausgesprochene Annahmen der kognitiven Neurowissenschaften.
- Modulhypothese: Module müssen folgende Eigenschaften besitzen: Verkapselung, Spezifität, Verbindlichkeit, Angeborenheit, Peripherität.
- Isomorphismus von Kognition und physiologischen Grundlagen: Einhergehen von anatomischen Zentren mit psychologischen Funktionen; entsprechend spezifische Störungen.
- Transparenz: pathologische Leistung als valider Indikator für die Störung eines kognitiven Systems.
Erläutern Sie anhand eines stichhaltigen Beispiels den Sinn qualitativer (gegenüber quantitativen) Verfahren.
Wenn ich wissen will, warum jemand ein Müsli kauft, kann ich schlecht einen quantitativen Frageborgen aushändigen, auf dem Argumente bewertet werden sollen, die ich mir selbst ausgedacht habe. Qualitative Verfahren erlauben es, durch inhaltsanalytische Verfahren Kategorien zu bilden, die dann weiter quantitativ vermessen werden können.
Was sind Vor- und Nachteile inhaltsanalytischer Verfahren (z. B. basierend auf Interviews)?
- Vorteil: relevante Kategorien werden von der untersuchten Person generiert (nicht von Untersucher vorgegeben)
- Nachteil: subjektive Komponenten z. B. was ist relevant? Wie definiert man die Kategorien? etc.
Mit welchem Argument könnte man behaupten, qualitative Forschung sei Teil der quantitativen Forschung?
Die nominalskalierten Daten entsprechen Häufigkeiten und zählen somit zur quantitativen Forschung.
Vor welchem (wissenschafts-) theoretischen Hintergrund haben sich qualitative Verfahren entwickelt?
Introspektion als Methode z. B. Würzburger Schule und kritische Psychologie (noch weitere genannt, aber die halte ich auch für wissenschaftstheoretisch im Gegensatz zu nur theoretisch).
Was haben Metaphern mit qualitativen Verfahren zu tun?
Metaphern wirken sich auch unbewusst auf Wahrnehmung, kognitive Prozesse und Handlungen aus. Ich muss also genau darauf achten, welche Metaphern ich verwende. Kategorienbildung erfolgt meist mit Hilfe von Metaphern. Die Auslegekunst (Hermeneutik) ist ein theoretischer Hintergrund der qualitativen Forschung.