Wissenschaftstheorie Flashcards

1
Q

Was ist Wissenschaftstheorie?

A

Teilgebiet der Philosophie erforscht, wie die Wissenschaften die Regelmäßigkeiten der
Außenwelt erkennen und erkennen sollen
dazu zählt insbesondere: Epistemologie: Lehre von den Möglichkeiten der Erkenntnis Methodologie: Lehre von der Vorgehensweise bei wissenschaftlicher
Tätigkeit

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2
Q

zwei Arten von Begriffen

A

• logische Begriffe (z.B. UND, ODER, NICHT)
- Bedeutung als bekannt vorausgesetzt
• empirische Begriffe
- diese sind zu präzisieren
- Präzisierung erfolgt durch Nominaldefinitionen

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3
Q

Nominaldefinitionen

A

Festlegung der Bedeutung eines Begriffs (Definiendum) durch einen
oder mehrere bereits bekannte Begriffe (Definiens)

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4
Q

Definiendum

A

Begriff, der zu definieren ist

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5
Q

Definiens

A

Begriffe, die Inhalt des Definiendum darstellen

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6
Q

Wie kann dann unendlicher Regress von Folgedefinitionen verhindert
werden?

A
  1. Legitim an Punkt abzubrechen, bei dem plausiblerweise argumentiert
    werden kann, dass definiens durch Alltagssprachgebrauch hinreichend
    definiert ist
  2. Nutzen von Prädikationen (z.B. „Dies ist ein Tisch.“)
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7
Q

Intension

A

Menge der Merkmale, die gegeben sein müssen, damit die Objekte mit dem Begriff bezeichnet werden können
- Intension Engel: allgegenwärtiges, unsichtbares und den Menschen schützendes
Wesen
- Intension Bundesland: Teilstaat der Bundesrepublik mit eigenen legislativen,
exekutiven und judikativen Organen

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8
Q

Extension

A

Menge aller Objekte, die die Intension des Begriffs erfüllen

  • Extension Engel: unklar, ggf. {}
  • Extension Bundesland: {BW, BY, BE, BB, HB; HH, HE, MV, NI, NW, RP, SL, SN, ST, SH, TH}
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9
Q

Realdefinitionen

A

Definition eines Begriffes, die (möglichst wesentliche) Merkmale und Erscheinungen eines Gegenstandes wiedergibt, um den Gegenstand durch Hinweis auf seine charakteristischen Eigenschaften von allen
anderen Gegenständen zu unterscheiden
Beispiel: Der Süßkirschenbaum ist ein mittelgroßer Laubbaum mit
hartem Holz und essbaren, süßen Früchten, den Kirschen.

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10
Q

operationale Definitionen

A

Zuordnung von Begriffen zu beobachtbaren Sachverhalten (siehe
Operationalisierung)
Beispiel: Bildung → Schulbildung, Berufsbildung

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11
Q

Aussagen

A

Wahrheitsfähige Kombinationen von Begriffen

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12
Q

Arten von Aussagen

A

a) Analytische Aussage
- Beurteilung des Wahrheitsgehalts (nur) durch Logik
b) Normative Aussage
- Beurteilung des Wahrheitsgehalts durch übergeordnete normative
Aussage (und Logik)
c) Empirische Aussage
- Beurteilung des Wahrheitsgehalts durch beobachtbare Fakten (und Logik)

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13
Q

Analytische Aussagen

A

• wahr oder falsch unabhängig vom Zustand der Welt
- analytisch wahr
 Tautologie (Aussage, die, unabhängig vom Wahrheitswert der zugrunde
liegenden Bestandteile, immer wahr ist, z.B.: „Es regnet oder es regnet nicht.“)
- analytisch falsch
 Kontradiktion (Aussage, die, unabhängig vom Wahrheitswert der zugrunde
liegenden Bestandteile, immer falsch ist, z.B.: „Es regnet und es regnet nicht.“)

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14
Q

präskriptive/ normative Aussagen

A

• Werturteile, Normen, Soll-Sätze
Beispiel: Du sollst nicht töten
• nicht wissenschaftlich begründbar / prüfbar
• empirisches Wissen kann allerdings eine Rolle bei der Begründung
von Normen spielen (z.B. mit Blick auf Erfüllbarkeit)
• aus dem „Sein“ das „Sollen“ abzuleiten, ist nicht möglich (Humes
Gesetz)
Beispiel: John Graunt beobachtete 1:1 Verhältnis von Männer und Frauen und
folgerte daraus, dass Monogamie göttlicher Wille sei

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15
Q

empirische Aussagen

A

• stellen Behauptungen über prinzipiell beobachtbare Sachverhalte auf,
die wahr oder falsch sein können
• Unterscheidung nach Geltungsbereich und Geltungswahrscheinlichkeit

  • singuläre Aussagen (Elementarsätze)
     beziehen sich auf einzelnes Objekt (Ort/Zeit): Personen, Staaten,
    Organisationen, Situationen, …
    Beispiel: Hans reagiert in einer bestimmten Situation auf seine Frustration mit
    Aggression.
  • nicht-singuläre Aussagen mit eingeschränktem Geltungsbereich
     beziehen sich auf Teile der (Grund-)Gesamtheit der Objekte
    Beispiel: Bei den Demonstrationen zum 1. Mai in Berlin reagieren die Menschen
    auf ihre Frustration mit Aggression.
  • nicht-singuläre Aussagen mit uneingeschränktem Geltungsbereich
     beziehen sich auf (Grund-)Gesamtheit der Objekte
    Beispiel: Frustration führt (bei allen Menschen) zu Aggression
  • Deterministische Aussage
     erlauben keine Ausnahmen im Geltungsbereich
    Beispiel: Alleinerziehende sind von Armut betroffen.
  • Probabilistische Aussage
     erlauben Ausnahmen im Geltungsbereich
    Beispiel: Alleinerziehende sind oft von Armut betroffen.
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16
Q

Empirischer Gehalt oder Informationsgehalt von Aussagen

A

• Informationsgehalt einer Aussage entspricht der Zahl potentieller
Falsifikatoren, also der Menge der von dieser Aussage
ausgeschlossenen empirischen Aussagen.
• Informationsgehalt ≠ empirische Wahrheit
Beispiel: Alle Kühe sind grün.
• Normative und analytische Aussagen haben keinen Informationsgehalt

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17
Q

Definition Theorie 1

A

Als Theorie wird ein System von Begriffen, Definitionen und Aussagen
bezeichnet, das dazu dient, Erkenntnisse über einen Bereich von
Sachverhalten zu ordnen, Tatbestände zu erklären oder/und vorherzusagen.

18
Q

Bestandteile von Theorien (strukturalistischer Theoriebegriff)

A

a) schwer prüfbare Grundannahmen (z.B. Axiome)
b) Definitionen grundlegender Begriffe
=> Theoriekern
c) aus a) und b) abgeleitete Hypothesen
d) Regeln zur Messung der Variablen
(Messhypothesen)
=> Theorieperipherie

19
Q

Hyothesen

A

Vermutungen (Aussagen) über den (kausalen) Zusammenhang

zwischen mindestens zwei Variablen

20
Q

Variablen

A

Namen für die Menge von Merkmalsausprägungen, die Objekten
zugeschrieben werden
Beispiel: Variable „Geschlecht“ hat Merkmalsausprägungen „männlich“ und
„weiblich“

21
Q

Hypothesenarten

A
Deterministische Hypothesen
Probabilistische Hypothesen
Wenn-Dann-Hypothesen
Je-Desto-Hypothesen
Individualhypothesen
Kollektivhypothesen
Brücken- oder Kontexthypothesen
Aggregations- oder Transformationsregeln
22
Q

Deterministische Hypothesen

A
  • allgültiger Zusammenhang zwischen X und Y

- häufig bei naturwissenschaftlichen Gesetzen

23
Q

Probabilistische Hypothesen

A
  • kein deterministischer Zusammenhang zwischen X und Y
  • vielmehr statistischer Zusammenhang zwischen X und E(Y)
    Beispiel: Personen mit niedriger Bildung weisen ein erhöhtes
    Arbeitslosigkeitsrisiko auf.
24
Q

Wenn-dann-Hypothesen

A
  • für Zusammenhänge zwischen dichotomen Variablen (X;¬X und
    Y;¬Y)
  • Implikationsbeziehungen: „wenn X auftritt, dann wird Y erwartet“
  • Äquivalenzbeziehungen: „wenn X auftritt, dann wird Y erwartet, und
    wenn ¬X gilt, wird ¬Y erwartet “
  • empirische Prüfung: Analyse von bi-/multivariaten Kreuztabellen
    (Tabellen auf Folie 30 in Sitzung 3)
25
Q

Je-Desto-Hypothesen

A

• für Zusammenhänge zwischen Variablen mit geordneten
Ausprägungen (d.h. mind. Ordinalskala)
• für Zusammenhänge zwischen Variablen mit geordneten
Ausprägungen (d.h. mind. Ordinalskala)

26
Q

Anforderungen an Hypothesen

A
  • mindestens zwei semantisch gehaltvolle Begriffe
  • Verbindung der Begriffe durch logische Operatoren
  • keine tautologischen Aussagen
  • keine widersprüchlichen Aussagen
  • Aufzählung aller (impliziten oder expliziten) Geltungsbedingungen
  • operationalisierbare Begriffe
  • intersubjektive Nachvollziehbarkeit
  • empirische Falsifizierbarkeit
  • möglichst hoher Informationsgehalt
27
Q

Anforderungen an Theorien

A

• Widerspruchsfreiheit: keine Kontradiktionen
• Einfachheit: so einfach wie möglich, so komplex wie nötig
(Ockham‘s Razor)
• möglichst hoher Informationsgehalt
• empirische Bewährung (Theorien sollten wahr sein)

28
Q

Empirische Bewährung von Theorien

A

• Induktive Bewährung (Verifikation)
- Schluss von singulären Beobachtungen auf Allgemeingültigkeit nicht
möglich, Theorien können daher nie endgültig als „wahr“ bestätigt werden
• Deduktive Bewährung (Falsifikation)
- aus den allgemeinen Sätzen der Theorie folgen deduktiv singuläre Sätze,
eine singuläre Beobachtung im Widerspruch dazu falsifiziert die Theorie
- solange eine Theorie nicht falsifiziert ist, wird sie vorläufig akzeptiert
(„naive“ Spielart des Falsifikationismus)

29
Q

Welche Drei Arten von Erklärungsmodellen gibt es?

A

a) deduktiv-nomologische Erklärungen
b) induktiv-statistische Erklärungen
c) unvollständige Erklärungen

30
Q

Wann sind D-N-Erklärungen gültig?

A

Adäquatheitsbedingungen:
• Explanandum muss eine logische Folge des Explanans sein
• Explanans enthält allgemeines Gesetz (häufig nicht der Fall in
Sozialwissenschaften)
• Explanans muss empirischen Gehalt haben
• die Sätze des Explanans müssen wahr sein

31
Q

probabilistische/induktiv-statistische Erklärungen

A

Probleme im Vergleich zur D-N-Erklärung
• Explanandum folgt nicht mehr logisch (sondern nur noch
probabilistisch) aus dem Explanans
• Hypothese nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit bestätigt
(Ereignis B trat mit beobachteter relativer Häufigkeit f(B) auf)
• im strengen Sinne nicht falsifizierbar: probabilistische Hypothese
bezieht sich auf potentiell unendliche Population, beobachtete relative
Häufigkeit allerdings nur auf Untermenge

32
Q

unvollständige Erklärungen

Drei Formen:

A

Ad-hoc Erklärungen
Erklärungen mit impliziten Gesetzen
partielle Erklärungen

33
Q

Basissatzproblem

A

• empirische Beobachtungen stellen raum-zeitlich gebundene singuläre
Sätze (Basissätze) dar
• Feststellung von Basissätzen beruht auf Annahme der korrekten
Beobachtung der Realität
• Annahme der korrekten Beobachtung der Welt ist aber selbst eine
Hypothese (Beobachtungstheorie, Instrumententheorie etc.), die wahr
oder falsch sein kann
• wie auch alle anderen Hypothesen können auch diese Hypothesen
nicht verifiziert werden
• somit: absolut sichere Falsifikation von Hypothesen nicht möglich
• Verfahrensvorschlag:
Anerkennung von Basissätzen durch scientific community, soweit
Beobachtungen intersubjektiv nachvollziehbar sind und dem Stand der
Forschungsmethodologie entsprechen

34
Q

Wissenschaftliche Kontroversen

A
  1. Induktives versus deduktiv-nomologisches Vorgehen
  2. Wertfreiheit von Wissenschaft
  3. Erklären versus Verstehen
  4. standardisierte versus nicht-standardisierte Methoden und
    quantitative Methoden versus qualitative Methoden
  5. Konträre Wissenschaftspositionen, Beispiele
  6. Kontroversen um den wissenschaftlichen Fortschritt
35
Q

Wertfreiheit von Wissenschaft, die Position von Max Weber

A
  1. Entstehungs- bzw. Entdeckungszusammenhang: immer wertend, da
    Auswahl einer Fragestellung aus einer (potentiell) unendlichen Menge
    von Forschungsfragen
  2. Begründungszusammenhang: soll wertfrei sein, d.h. wissenschaftliche
    Aussagen sollen objektiv und nicht durch subjektive
    Werthaltungen beeinflusst sein
  3. Verwertungs- bzw. Wirkungszusammenhang: Verwertung der
    Ergebnisse durch Dritte, somit wertend; Wissenschaftler/in sollte als
    Experte nicht für Verwirklichung der eigenen normativen Zielvorstellungen
    eintreten (als Mensch aber schon)
36
Q

Positivismusstreit

A

kritischer Rationalismus vs. Frankfurter Schule (kritische Theorie), 60er Jahre

37
Q

Position des kritischen Rationalismus im Positivismusstreit

A

Personen: Karl Raimund Popper, Hans Albert
Wertefreiheit als Postulat für sozialen Kontext des Wissenschaftsbetriebs
wertfreie Erhebung der faktischen Realität als einzig gültige Möglichkeit der Überprüfung von Theorien
Einheit der Methode von Natur- und Sozialwissenschaften: Methodenmonismus

38
Q

Position der Frankfurter Schule/kritischer Theorie im Positivismusstreit

A

Personen: Theodor W. Adorno, Jürgen Habermas
wertfreie, nur an Empirie ausgerichtete Überprüfung von Theorie beschränkt sich auf Einzelaspekte, wirkt daher herrschaftsstabilisierend und hat ein rein technisches Erkenntnisinteresse, das Kontrolle und Verfügbarkeit über Menschen ermöglicht (positivistisch)
- wichtig ist aber: Frage nach lebenspraktischem Sinn und Wünschbarkeit
- Beurteilung von Theorien anhand übergeordneter Kriterien (z.B. Freiheit) anstatt einzig und allein an der Empirie.

39
Q

Folgen des Positivismusstreits

A

aus verschiedenen methodologischen Positionen ergeben sich verschiedene Vorlieben für Forschungsmethoden; Verfestigung der Methodenspaltung
analytisch-nomologische Position: vorwiegend quantitative Methoden, Betonung des Methodenmonismus
- hermeneutisch-dialektische Position: vorwiegend qualitative Methoden, Betonung des Methodendualismus; spezielle Methoden der Sozialwissenschaft im Vergleich zur Naturwissenschaft

40
Q

Merkmale standardisierter Methoden

A
  • Fragestellung und Hypothesen vorab festgelegt
  • Schluss von Stichprobe auf Grundgesamtheit/ große Zufallsstichproben/ Randomisierung in Experimenten
  • Datenerhebung so standardisiert wie möglich
  • Forscher meist selbst nicht in Datenerhebung involviert
  • Auswertung mittels statistischer Modellierung

eher deduktiv, eher erklären, numerische Datengrundlage, Naturwissenschaften

41
Q

Merkmale nicht-standardisierter Methoden

A
  • Offenheit, Dummheit als Methode
  • Typenbildung, gewonnen aus Einzelfällen, daher kleine Stichproben gemäß theoretical sampling
  • keine oder geringe Vorstrukturierung der Datenerhebung
  • Datenerhebung durch “Forscher im Feld”
  • Auswertung durch sinnrekonstruierende Verfahren

eher induktiv, eher verstehen, nicht-numerische Datengrundlage, Geisteswissenschaften