Was sind Theorien und Methoden? Flashcards
Philologie
Wissenschaftliche Beschäftigung mit Sprache, sprachlichen Erzeugnissen und in Sprache gefassten Erkenntnissen.
Metasprache kann sich mit Objekt vermischen - mit Sprache von Sprache handeln.
Teilgebiete der Philologie
Materielle Philologie: Beschaffenheit (Materialität, Dokument, Schrift, Genese)
Rhetorik-Poetik: Produktion/Analyse (Struktur, Bedeutung, Argumentation, Wirkung)
Hermeneutik: Deutung (Sinn, Autor:in, Lebenswelt, Diachronie)
Hermeneutik
Allgemein: Lehre von den Bedeutung, die jedem Sprechen und Verstehen zugrundliegt.
Antike: Lehre von der Bedeutung der Erscheinungen allgemein und besonders sprachlicher Botschaften (abgeleitet vom Götterboten Hermes)
In der jüdisch-christlichen Tradition entwickelt als Methode der Auslesung der Bibel (als ‚Botschaft‘ Gottes) nach dem Vierfachen Schriftsinn:
- Literalsinn: wörtliche, geschichtliche Auslegung
- Typologischer Sinn: dogmatisch-theologische Auslegung der Entsprechungen von Altem und Neuem Testament.
- Tropologischer Sinn: moralische Sinnebene, Bedeutung für den Einzelnen in der Gegenwart
- Anagogischer Sinn: endzeitlich-eschatologische Auslegung
Hermeneutik seit 1800
Geprägt durch Schleiermacher & Schlegel
- Orientierung an Autor:innenschaft als schöpferischer Geist
- Transzendierung der (Text-)Zeichen und (Realitäts-)Erscheinungen auf einen ‚tieferen‘ Sinn hin.
- Werk als organisches Ganzes: Beziehung der einzelnen Stellen zum Ganzen (hermeneutischer Zirkel).
- Bedeutung des Textes für die Gegenwart im geschichtlichen Horizont und in Bezug auf die überzeitliche Idealität.
Rhetorik
Schematische Lehre der fünd Entstehungsschritte bzw. Analyseschritte (Cicero & Quintilian: universale Sprachpädagogik) (Mittelalter: Teil der sieben Artes liberales)
Stilistik: Lehre von den Schmückungen bzw. Gestaltung der Rede oder des Textes durch Tropen und Figuren (Kern der Poetik)
Poetik
Seit Aristoteles und Horaz: Lehre vom Wesen, Verfassen und Analysieren von Drama, Epos und später auch Lyrik
Fliesst im Verlauf der Zeit mit Rhetorik zusammen (hauptsächlich in Stilistik)
Materielle Philologie
- Analyse der Beschaffenheit der materiellen Dokumente
- Äussere Bedingungen der Produktion
- Textgenese und Schreibprozess
- Edition
- Archiv
Morderne Theorien und Methoden der Literaturwissenschaft
Dreiecksbeziehung zwischen Diskurs, Struktur und Sinn.
Methode
„Methoden haben kein anderes Ziel als: eine Entscheidung zwischen wahr und unwahr herbeizuführen. Sie sind im Unterschied zu Theorien, also zunächst auf ein extrem reduziertes Problem angesetzt.“
Allgemeiner: Methoden sind zielorientiert, sie sind darauf ausgerichtet, konkrete Erkenntnisse hervorzubringen.
Theorie
„Theorien sind begrifflich formulierte Aussagen, eingeschlossen Aussagen über Begriffe, und dies auch dann, wenn sie keine empirische Referenz aufweisen.“
Spezifischer: Theorien sind begriffliche (hypothetische) Aussagen über die Beschaffenheit, Funktionen und Beziehungen von einzelnen oder mehreren Gegenständen und Begriffen.
“Methoden” der Literaturwissenschaft
Etymologie: griech. methodos: Weg.
Regelgeleitetes Verfahren zur Erzeugung von Erkenntnis über die Besonderheit literarischer Texte
Jede Methode setzt ein bestimmtes (theoretisches) Verständnis von Text voraus, deshalb eignen sich nicht alle Methoden gleich gut für jeden Text je nach Gattung, Epoche etc.
Close Reading
Close reading ist eine vom New Criticism entwickelte, aber auch in der Hermeneutik und in poststrukturalistischen Textanalyse angewandte Lektüre, die sich möglichst nahe am Text bewegt und das Bedeutungsspektrum kleinster Texteinheiten erschließt.
Das close reading verfährt wesentlich werkimmanent und lotet die Mehrdeutigkeit (Ambiguität) einzelner Wendungen (Einzelwort oder Wortverbindung) in ihrer Beziehung zu anderen Wendungen aus. Die sich daraus entwickelnde Interpretation ist unabschließbar.
Bei der Bezeichnung und Deutung der einzelnen Wendungen greift das close reading auf die Instrumente der Rhetorik und Poetik wie Metapher, Metonymie, Oxymoron zurück.
Wichtige Begriffe: Ambiguität, Ambivalenz, Paradox, Metapher Ironie etc.
“Theorien” der Literaturwissenschaft
Etymologie: griech. theoria: Götterschau, Gesamtschau, Betrachtung
Mehr oder weniger systematisches Ensemble von wissenschaftlich begründeten Aussagen über die Eigenschaften sowie die inneren und äußeren Beziehungen eines Textes bzw. seiner Elemente.
Die Geltung einer Theorie bemißt sich (auch) an der Möglichkeit ihrer methodischen Umsetzung und am Verhältnis zwischen von Allgemeinem und Besonderem ihrer Erkenntnisse.
New Criticism
Entspricht in vielem der textimmanenten Hermeneutik
Einige theoretische Grundannahmen:
Das literarische Kunstwerk ist autonom und eine organische Einheit
Es erschließt sich nicht durch Paraphrase, literaturgeschichtliche Einordnung oder durch autor:innen-biographische Bezüge, sondern durch eine wesentlich werkimmanente textnahe Lektüre (close reading).
Die literarische Sprache unterscheidet sich von anderen Sprachen durch ihren Bedeutungsreichtum.
Das Kunstwerk ist komplex und seine Interpretation unabschließbar, sein Sinn potenziell unendlich.
Text, Literatur, Kultur und ihre Wissenschaften
- Theorien und Methoden des russischen Formalismus und des Strukturalismus führen einen wissenschaftlich-empirischen Anspruch im modernen Sinn in die Literaturwissenschaft ein.
- Modelle ‚erklären‘ nicht nur literarische Texte, sondern auch andere Phänomene und Kultur überhaupt, so daß sich auch die Spezifität literarischer Texte, ihre Literarizität oder Poetizität, auf andere kulturelle Phänomene übertragen lassen als allgemeinere Ästhetizität.
- Literatur- und Kulturtheorien sind die Begriffe von Sprache und Text elementar: Bildet der (literarische) Text das Modell für die Welt (die Welt als Text), oder ist er nur eine Funktion oder ein Diskurs der Kultur unter anderen?