Vorsatz Flashcards
Vorsatz
Wissen + Wollen der Tatbestandsverwirklichung
Absicht (dolus directus 1. Grades)
Täter kommt es gerade darauf an den Tb-Erfolg herbeizuführen
- der angestrebte Erfolg kann auch Zwischenziel auf dem Weg zum Ziel sein
- zielgerichtete Erfolg muss nicht Beweggrund zur Tat sein (T handelt aus einem Motiv heraus)
Faustregel: Absicht erforderlich, wenn es um eine für den Täter günstige Position geht
Direkter Vorsatz (dolus directus 2. Grades)
Täter weiß oder erkennt als sicher, dass sein Handeln zur Verwirkli- chung eines gesetzlichen Tatbestands führt
- Erfolg kann auch unerwünscht sein; ausreichend ist, dass T den Erfolg als notwendige Folge seines Handelns erkennt
Bedingter Vorsatz (dolus eventualis)
Abgrenzung dolles eventualis und bewusste Fahrlässigkeit :
- Lösung mit dem Schwerpunkt auf dem intellektuellen (kognitiven) Vorsatz-Element
- > Möglichkeitstheorie (Täter erkennt konkrete Möglichkeit der TB-Verwirklichung)
- > Wahrscheinlichkeitstheorie (TB-Verwirklichung ist wahrscheinlich aber weniger als überwiegend wahrscheinlich)
- Lösungen mit dem Schwerpunkt auf dem voluntativen Vorsatz-Element
- > Billigungstheorie (billigend in Kauf nehmen, sich damit abfinden); bewusste Fahrlässigkeit wenn Täter ernsthaft auf das Ausbleiben des Erfolgs vertraut [Indiz: Hemmschwellentheorie]
- > Gleichgültigkeitstheorie (Täter nimmt TB-Verwirklichung aus Gleichgültigkeit ggü. Rechtsgut in Kauf)
- > Ernstnahmetheorie (T rechnet ernstlich mit TB-Verwirklichung)
- normative Risikotheorien:
- > Theorie der Manifestation des Vermeidewillens (Wille des T auf Tb-Erfolg gerichtet; bewusste Fahrlässigkeit, wenn Maßnahmen getroffen werden, damit dieser ausbleibt)
- > Normative Risikotheorie (unabgeschirmtes Risiko)
- > Kombinationstheorie Schünemanns
=> Unterscheidung zum bedingten Handlungswillen
- Vorsatz gegeben, wenn Entscheidung zur Tat vorliegt, aber genauer Zeitpunkt unbestimmt ist
Zeitpunkt des Vorsatzes
Vorsatz bei Begehung der Tat (Simultanitätsprinzip oder Konzidenzprinzip)
- dolus antecedens: Vorsatz vor Beginn der Tatausführung; Vorbereitungsstadium
- dolles subsequens: Vorsatz nach Ende der TB-Ausführung
=> beides rechtlich irrelevant
dolus cumulativus
Täter will sowohl die Verwirklichung des einen als auch des anderen Tatbestands und zeitgleich „erledigen“ kann.
Bsp: verfolgte A trifft mit einer Kugel sowohl den Wachmann als auch dessen Hund
dolus alternativus
Vorsatz des Täters richtet sich der Art nach auf mehrere einander ausschließende Tatbestände, der Zahl nach jedoch nur auf einen
Bsp: A zielt in der Hoffnung entweder den Hund oder den Wachmann B zu treffen. B wird tödlich getroffen.
Behandlung:
- M1: Vorsatz auf beide TB. Versuch bzgl. des nicht Getroffenen
- Vorsatz nur bzgl. vollendeten Delikts
- Vorsatz nur bzgl. schweren Delikts
- Vorsatz auf beide TB; Problemlösung auf Konkurrenzebene
Tatbestandsirrtum
§ 16 I 1 StGB
Irrtum bei:
deskriptive TBM (beschreibende- sinnlich wahrnehmbare- Merkmale -> erforderlicher Bedeutungskenntnis: natürlicher Sinngehalt
normative TBM (wertausfüllungsbedürftige TBM) -> erforderliche Bedeutungskenntnis: rechtlich-sozialer Bedeutungsgehalt
=>Irrt der Täter auf der tatsächlichen Ebene (über eine Tatsache oder über den sozialen Sinngehalt eines Tatumstands
Verbotsirrtum
§ 17 S.1 StGB
Bei einem Verbotsirrtum fehlt dem Täter die Einsicht Unrecht zutun
=>Irrt der Täter auf der rechtlichen Ebene (über das Verbot der Handlung)
Vorsatz bei Kausalabweichungen
unwesentliche Abweichungen des tatsächlich eingetretenen vom vorgestellten Kausalverlauf schließen den Vorsatz des Täters nicht aus.
unwesentlich: Abweichung in Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehbaren
Aberratio ictus
= Fehlgehen der Tat;
Vorsatz des Täters auf ein bestimmtes Tatobjekt richtet, der Angriff auf dieses jedoch aufgrund eines vom Täter nicht vorhergesehenen Kausalverlaufs fehlgeht und ein anderes Objekt getroffen wird
I. Ungleichwertigkeit der Objekte
- Vorsatzausschluss gem. § 16 I 1; Strafbarkeit wegen Fahrlässigkeitsdelikt (auf getroffenes Objekt) und Versuch auf anvisiertes Tatobjekt
II. Gleichwertigkeit der Objekte
- Gleichwertigkeitstheorie: Vorsatz auf getroffenes Objekt
- h.M. Konkretisierungstheorie: Vorsatz auf ein bestimmtes anvisiertes Objekt: aluid ggü Vorsatz irgendein Objekt der Gattung zu treffen -> kein Vorsatz auf getroffenes Objekt => Strafbarkeit wegen Fahrlässigkeitsdelikt und Versuch
- a.A: Vorsatzausschluss nur bei höchstpersönlichen Rechtsgütern
Error in persona
= Fehlvorstellung des Täters über Tatobjekt
I. rechtliche Ungleichwertigkeit:
Strafbarkeit wegen Fahrlässigkeitsdelikt (auf getroffenes Objekt) und Versuch auf anvisiertes Tatobjekt
II. Rechtliche Gleichwertigkeit der Tatobjekte:
unbeachtlicher Motivirrtum, denn Täter erkennt alle Umstände, die zum TB gehören und handelt somit vorsätzlich
KEIN VERSUCH AUF NICHT GETROFFENES OBJEK => VORSATZ SCHON VERBRAUCHT!!!
Bombenfälle: error in persona
der Erstnutzer wird getroffen; kein Fehlgehen; dolles eventualis auf getroffene Person
dolus generalis
- Täter schafft willentlich und wissentlich eine Gefahr für eine beliebige Vielzahl von Rechtsgütern oder er nimmt sich infolge einer Unsicherheit über das Ausreichen einer Ersthandlung noch eine Zweithandlung vor, um sein tatbestandliches Ziel zu erreichen
- Täter glaubt, dass tatbestandliche Erfolg durch den ersten Akt eintritt, diese tritt aber erst mit der zweiten Handlung ein
Behandlung:
- M1: Die Lehre vom dolus generalis: in beiden Akten einheitliches Geschehen, Vorsatz im zweiten Teil (+)
- M2: Versuchslösung:
zwei selbstständige Handlungen; Kein Vorsatz bei Zweithandlung => Versuch bei Ersthandlung und Fahrlässigkeit bei Zweithandlung
- M3, h.M.: Vollendungslösung: (un-) wesentliche Abweichung vom Kausalverlauf; unwesentlich: erfolgsursächliche Handlung wird in unmittelbarem zeitlichen und örtlichen Zusammenhang vorgenommen
unwesentliche Abweichung, wenn der tatbestandliche Erfolg früher Eintritt als erwartet (in dem Versuchsstadium, so dass die Zweithandlung den Erfolg nicht mehr herbeiführen konnte)