Kausalität und Objektive Zurechnung Flashcards
Äquivalenztheorie
Gleichwertigkeit der Bedingungen
- conditio-sine-qua-non-Formel:
Jede Bedingung ist kausal, die nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele. Kausalzusammenhang zu verneinen:
- späteres Ereignis beseitigt Fortwirkung der ursprünglichen Bedingung
- Eröffnung einer neuen Ursachenreihe
Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung
Besteht zwischen der Handlung und dem Erfolg nach den bekannten Naturgesetzen erklärbarer Zusammenhang
Adäquanz-/ Relevanztheorie
Adäquanztheorie; Formel: Die Möglich- keit des Erfolgseintritts aufgrund der gesetzten Bedingung darf nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit lie- gen
Relevanztheorie: Unterscheidung zwischen Kausalzusammenhang und strafrechtlicher Relevanz; Kriterien nicht herausgearbeitet
-> jede Bedingung, welche der Täter setzt, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele und bei der der Erfolg nach strafrechtlichen Kriterien auch zugerechnet werden kann, d.h. strafrechtlich “relevant” ist.
Hypothetische Ersatzursache und Kausalverlauf
hypothetische Kausalverläufe werden nicht berücksichtigt; maßgeblich allein die Ursächlichkeit der realen Bewirkungshandlung
Alternative Kausalität
mehrere voneinander unabhängige Ursachen werden zur selben Zeit im Erfolg wirksam
->modifizierten Äquivalenztheorie: auch solche Bedingungen sind erfolgsursächlich, die zwar alternativ, aber nicht kumulativ hinweggedacht werden können, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele.
kumulative Kausalität
Mehrere voneinander unabhängige Ursachen bewirken erst zusammen den Erfolg
-> jede Bedingung kausal
abgebrochene/überholende Kausalität
eine andere Ursache bewirkt völlig unabhängig von der Handlung allein der Erfolg
-> überholende Bedingung kausal, abgebrochene nicht
atypischer Kausalverlauf
erst durch eine an die Handlung anknüpfende andere Ursache tritt der Erfolg ein
Im konkreten Erfolg verwirklicht sich nicht die vom Täter geschaffene Gefahr. Atypisch ist ein Geschehensablauf jedenfalls dann, wenn er völlig außerhalb dessen liegt, was nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und nach der allgemeinen Lebenserfahrung zu erwarten ist.
-> keine objektive Zurechnung
Kausalität bei Gremienentscheidungen
- csqn-Formel führt zu unbefriedigende n Ergebnissen
- kumulative Kausalität (einzelne Stimmen wirken erst zusammen für den Erfolg)
- alternative Kausalität: Bedingung, die zwar alternativ oder nicht kumulativ hinweg gedacht werden können sind kausal für den Erfolg
- Risikoerhöhungslehre: weitere, ex post überzählige Ja-Stimme erhöht das Risiko eine Schädigung bewirkenden Abstimmungsausgangs
- Figur der Mittäterschaft:
das Abstimmverhalten wäre kausal zum Gremiumsentschluss, da dem Abstimmenden das Abstimmverhalten der übrigen Gremiumsmitglieder zugerechnet werden müssten
-Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung:
entscheidend, ob zwischen konkreter Handlung und konkretem Erfolg nach Maßgabe unseres Erfahrungswissens ein gesetzmäßiger Zusammenhang besteht und nicht, ob die vorgenommene Handlung für die Erfolgsherbeiführung notwendig war
Objektive Zurechnung
Täter muss durch sein Verhalten…
- Abgrenzung nach Verantwortungsbereichen:
- > Eigenverantwortliche Selbstschädigung
- > Dazwischentreten eines Dritten
…eine rechtlich missbilligte Gefahr…
- > Erlaubtes Risiko
- > Sozialädquanz
…geschaffen oder erhöht haben…
-> Risikoverringerung
…die sich im eingetretenen Erfolg realisiert hat.
- > atypischer Kausalverlauf
- > Schutzzweck der Norm
- > Pflichtwidrigkeitszusammenhang
Allgemeines Lebensrisiko - erlaubtes bzw. nicht rechtlich missbilligtes Risiko
Bsp:
- Absturz des Flugzeugs
- Unfall beim Straßenverkehr
- > Übersteigung des allgemeinen Lebensrisikos
Risikoverringerung
bereits in Gang befindliche Ursachenreihe wird gebremst und die ausgehende Gefahr herabgesetzt
-> Handeln dient dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung strafrechtlich geschützter Rechtsgüter (kein Schaffen einer rechtlich missbilligten Gefahr).
Bsp: kleines Kind wird aus dem Feuer von dem Retter in die Arme der Nachbarin geworfen und erleidet kleine Verletzungen
Freiverantwortliche Selbstschädigung und -gefährdung des Opfers
Prinzip der Eigenverantwortlichkeit: jeder für eigenes Verhalten verantwortlich [keine Zurechnung]
->Beteiligung an Selbsttötung und Selbstschädigung nicht strafbar (mangels Haupttat oder e.A. Verantwortungsbereich des Einzelnen)
Freiverantwortlichkeit: Maßstab:
- M1: sinngemäße Anwendung der für eine Fremdschädigung geltenden Exkulpationsregeln (§§20, 35 StGB, § 3 JGG) [Merkmale der Schuldunfähigkeit]
- M2: nach den Regeln der Einwilligungsfähigkeit (höhere Anforderung als M1)
Opfer muss Tatherrschaft innehaben, d.h. den tat- bestandlichen Geschehensablauf steuernd in den eigenen Händen halten
=> Abzugrenzen von einverständlicher Fremdgefährdung bei der die Tatherrschaft nicht beim Opfer ist
- Fremdgefährdung liegt nicht vor, wenn das Opfer das Risiko übernommen hat, d.h. die gleiche Verantwortung wie der Gefährdende trägt (Fremdgefährdung steht der Selbstgefährdung gleich), das Risiko im gleichen Maß erfasst und der konkrete Schaden Ausfluss des eingegangenen Risikos ist.
Bsp: Dachsurfen - Umstritten, wo die Strafbarkeit entfällt: obj.Zurechnung oder RW
Eigenverantwortliches Dazwischentreten eines Dritten
Dritter gründet eine neue, selbstständige Gefahr, die sich im Erfolg realisiert: Verantwortung des Erstverursachers endet
Ausnahme:
- Verhalten Dritter so spezifisch mit der Ausgangsgefahr verbunden, dass sie bereits in der Ausgangsgefahr begründet erscheint (Realisiert sich die Ausgangsgefahr?)
- Verletzung von Sicherheitsvorschriften, die dem Schutz Dritter vor Vorsatz- oder Fahrlässigkeitstaten dient (Bsp: Waffen werden nicht verschlossen)
=> Zurechnung möglich
Sog. Retterfälle
ein Dritter greift in einen vom Ersttäter in Gang gesetzten Kausalverlauf ein und gefährdet bzw. schädigt sich dabei selbst
-> Zurechnung der Verletzungen der freiwillig eingreifenden?
Ja, wenn erhebliche Gefahr für ein Rechtsguts der Opfers oder ihm nahestehender Personen steht und wenn der Eingriff nicht von vornherein sinnlos oder unverhältnismäßig erscheint
Bei privaten Garantenstellungen (Angehöriger der Familie oder aus Brufspflicht) ist die Freiwilligkeit fragwürdig
->Zurechnung erfolgt auch bei riskanten Rettungsmaßnahmen; keine Zurechnung bei vornherein sinnlos oder unverhältnismäßigen Rettungsaktionen