Vertragstheorie und Diskursethik Flashcards

1
Q

Was versteht man unter einer Vertragsethik?

A

In der philosophischen Vertragstheorie geht es um hypothetische Verträge, keine realen Verträge zwischen Menschen einer Gemeinschaft, z.B. eines Staates. Es
handelt sich nur um hypothetische Verträge, weil niemand von uns diese Verträge unterschrieben hat und auch nicht unterschreiben wird. Es wird (lediglich) rekonstruiert, warum Menschen sich auf bestimmte Rechte und Handlungsweisen einigen würden. Dabei wird auch das Vernunftprinzip unterstellt, d.h. es wird gefragt, wenn Menschen vernünftig wären, auf welche Rechte und Pflichten würden sie sich einigen

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2
Q

Was versteht Rawls unter dem „Schleier der Unwissenheit“?

A

Nach Rawls ist der „Urzustand“ mit dem Schleier der Unwissenheit gekennzeichnet durch: Kein Wissen über sich selbst, über die eigene Psyche, die eigene soziale Stellung, über die Höhe des Einkommens und des Vermögens, über individuelle Interessen, geistige und körperliche Fähigkeiten, Talente usw. Ökonomen würden sagen, dass die Entscheidungen, die daraus folgen, Entscheidungen unter Unsicherheit sind.
Eine Folge dieser Annahme ist, dass Individuen, selbst wenn sie ihren eigenen Nutzen maximieren, unpersönliche Entscheidungen treffen. Das sind nach
Rawls faire Entscheidungen.

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3
Q

Auf welche zentralen Elemente des Gesellschaftsvertrages würden die
Menschen sich nach Rawls einigen?

A

Ergebnis dieses Gedankenexperiments ist ein Gesellschaftsvertrag mit den folgenden Elementen:
1. Jede Person hat Anspruch auf die gleichen Grundfreiheiten und Bürgerrechte (allgemein oft auch nur als „Freiheitsrechte“ bezeichnet).

  1. Wirtschaftliche und soziale Ungleichheit werden nur zugelassen bei
    a) Chancengleichheit: Freier Zugang zu den gesellschaftlich wichtigen Positionen und Ämtern, gleiche Bildungschancen, Vermeidung übermäßiger Konzentration von Eigentum und Vermögen.
    b) Differenz-Prinzip: erhebliche Vorteilen für die am wenigsten Begünstigten hinsichtlich Einkommen und Vermögen
    Dabei geht es um nicht um Ergebnisse, sondern um Regeln oder Verfahren. Daher spricht man auch von Verfahrensgerechtigkeit. Es wird z.B. nicht
    erläutert, wie die Einkommensverteilung in Geldeinheiten für jeden einzelnen konkret aussieht, sondern wie die Prinzipien sind, nach denen Einkommen erzielt und umverteilt wird.
    Nach Rawls hat 1., also Freiheit, Vorrang vor 2.a), dies hat Vorrang vor 2.b). Freiheit ist das absolut höchste menschliche Gut. Es darf nach Rawls nicht
    gegen materielle Güter verrechnet werden. Individuelle Freiheitsansprüche dürfen nur gegen konkurrierende Freiheitsansprüche (z.B. auch zukünftiger
    Generationen) eingeschränkt werden.
  2. und 2.a) sind nach Rawls nur in einer konstitutionellen Demokratie zu verwirklichen
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4
Q

Welche Kritik übt Rawls am Utilitarismus und auf welche Weise wird sie in seinem Ansatz aufgelöst?

A

Rawls` Kritik am (klassischen) Utilitarismus:
• Für die Utilitaristen ist die Institutionalisierung von Grundrechten eine Frage der individuellen Präferenzen, die zu einem Gesamtwohl aggregiert werden.
D.h. wenn Individuen einen höheren Nutzen von Grundrechten haben und diese den Schaden von anderen überkompensieren, dann sollten Grundrechte
verankert werden. Wenn die Nicht-Einhaltung von Grundrechten hingegen einen höheren Gesamtnutzen bringt als die Einhaltung, dann sollten
Grundrecht nicht implementiert werden. Im Utilitarismus kann es z.B. moralisch geboten sein, die Freiheit von Individuen dem kollektiven Wohl unterzuordnen, z.B. wenn eine Kastengesellschaft, ein Militärstaat, eine
Apartheit oder eine Diskriminierung von Frauen zu einem höheren Gesamtnutzen führt als eine demokratische Gesellschaft mit gleichen
Grundrechten für alle. Für Rawls hingegen sind menschliche Grundrechte unbedingt gültige normative Vorgaben. D.h. die Einschränkung von Freiheiten einzelner Gruppen ist bei Rawls ausgeschlossen, da die Freiheitsrechte, dazu gehört auch Gleichheit und Nicht-Diskriminierung wegen Geschlecht, Religionszugehörigkeit etc. Vorrang vor allen anderen normativen Kriterien haben.
• Der Utilitarismus verfehlt die Gerechtigkeitsfrage (hinsichtlich Einkommen
und Vermögen). D.h. es sind auch Wirtschaftssysteme denkbar, in denen z.B. Menschen unter dem Existenzminimum des Landes leben.
Das Differenzprinzip von Rawls garantiert hingegen, dass die am schlechtesten gestellte Einkommensgruppe in einem reichen Land ein Mindestniveau erreicht, weil die Reichsten nur noch reicher werden können, wenn die Ärmsten auch etwas reicher werden

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5
Q

Welche der folgenden Fälle sind mit Rawls` Gerechtigkeitstheorie, konkret mit
seinen postulierten Verfassungsgrundsätzen, vereinbar und welche nicht?
Begründen Sie Ihre Antwort.
a) Die Regierung führt eine verpflichtende Organspende im Todesfall (ohne Widerrufsrecht zu Lebzeiten) ein. Die sich daraus ergebenden Einsparungen im Gesundheitssystem werden in Form von Transferzahlungen an die am schlechtesten gestellte Einkommensgruppe ausgezahlt.

A

Die nicht widerrufbare Verpflichtung zur Organspende verletzt Vorrang von 1. Freiheit hier in Form der Achtung der Menschenwürde bzw. konkret dem Recht auf körperliche Unversehrtheit (gilt auch über den Tod hinaus) vor dem Differenzprinzip (2b)

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6
Q

Welche der folgenden Fälle sind mit Rawls Gerechtigkeitstheorie, konkret mit seinen postulierten Verfassungsgrundsätzen, vereinbar und welche nicht? Begründen Sie Ihre Antwort. b) Welche der folgenden Fälle sind mit Rawls Gerechtigkeitstheorie, konkret mit seinen postulierten Verfassungsgrundsätzen, vereinbar und welche nicht?
Begründen Sie Ihre Antwort.

A

Gemäß Aufgabenstellung ist 2.a) verletzt. Chancengleichheit soll gleichen Zugang zu politischen Ämtern und wirtschaftlichen Machtpositionen beinhalten. Dann dürfen bestimmte Personengruppen, hier Reiche, nicht ausgeschlossen
werden. Hier erfolgt eine Diskriminierung des Zugangs zu öffentlichen Ämtern aufgrund von Reichtum.
Nach Rawls sollte das in der Aufgabenstellung genannte Problem dahingehend gelöst werden, dass eine übermäßige Konzentration von Reichtum und Vermögen vermieden wird, z.B. über eine starke Besteuerung im Rahmen der sekundären Einkommensverteilung. Darüber hinaus sollte allen Bürgern der Zugang zu öffentlichen Ämtern und wirtschaftlichen Machtpositionen offen stehen.

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7
Q

Welche der folgenden Fälle sind mit Rawls` Gerechtigkeitstheorie, konkret mit
seinen postulierten Verfassungsgrundsätzen, vereinbar und welche nicht?
Begründen Sie Ihre Antwort.
c) Eine Diktatur im Transformationsprozess zur Demokratie erwägt aufgrund einer Hungerkatastrophe die geplante Einführung des Wahlrechts und freier Wahlen auszusetzen, um die dafür (zusätzlich)
eingestellten staatlichen Bediensteten in der Hungerbekämpfung einzusetzen

A

Zu den Freiheitsrechten gehört neben dem Wahlrecht auch das Recht auf Leben. Insofern konfligieren hier zwei Freiheitsrechte und es muss eine Abwägung vorgenommen werden. (Wie dies im Einzelfall zu erfolgen hat, sagt Rawls nicht.) Die Hungerbekämpfung wird auch durch das Differenzprinzip 2.b) gefordert. Das Differenzprinzip ist aber grundsätzlich nachrangig zu behandeln.
Hinweis: In späteren Schriften hat Rawls den absoluten Vorrang der Freiheitrechte relativiert und Ausnahmen zugestanden.

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8
Q

Welche der folgenden Fälle sind mit Rawls` Gerechtigkeitstheorie, konkret mit
seinen postulierten Verfassungsgrundsätzen, vereinbar und welche nicht?
Begründen Sie Ihre Antwort. d) die Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) von 1000€ in Deutschland ab 2018.

A

Die Einführung des BGE entspricht grundsätzlich dem Differenzprinzip, da die Menschen mit dem geringsten Einkommen in Deutschland besser gestellt werden. Es schränkt keinerlei Freiheitsrechte ein (außer man würde das BGE z.B. durch eine Vermögenssteuer finanzieren, dann wäre das Recht auf Eigentum möglicher Weise verletzt). Das BGE fördert eher noch das Freiheitsrecht auf Berufswahl, da die Abhängigkeit junger Menschen von ihren Eltern sinkt. Ebenso fördert das BGE die Chancengleichheit, weil kein Studierender mehr
einen Kredit für ein Studium aufnehmen müsste.
Gegner des BGE argumentieren oft mit den potenziell negativen (Leistungs-)Anreizeffekten des BGE. Die Existenz von Leistungsanreizen ist bei Rawls ein
Grund von der völligen Gleichverteilung von Einkommen und Vermögen abzusehen. Andererseits wählt Rawls auch nicht jene (starke Ungleich-)
Verteilung bei der das BIP maximiert wird. Insofern kann die Einführung eines BGE von 1000 € durchaus als mit den Rawlsschen Verfassungsprinzipien
vereinbar angesehen werden.

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9
Q

Rawls, Pareto-Optimum, Handlungsutilitarismus
Gehen Sie im Folgenden davon aus, dass die jeweiligen Gruppen gleich groß und die Nutzenfunktionen der Individuen identisch sind und positiver, aber
abnehmender Grenznutzen vorliegt. Angenommen in einer Volkswirtschaft sind hinsichtlich der Einkommensverteilung die Zustände I bis III möglich.
Gruppe 1 Gruppe 2 Gruppe 3 Gruppe 4
Zustand I 100 100 200 700
Zustand II 150 150 250 1000
Zustand III 140 140 230 1200

a) Welche Zustände sind pareto-optimal, welche sind nicht paretooptimal?

A

Eigentlich kann hier kein pareto-optimaler Zustand abgelesen werden, da es sich um Gruppen und nicht um Individuen handelt. Wenn wir davon ausgehen, dass
alle Individuen einer Gruppe das identische Einkommen haben (die Gruppen sind gemäß Aufgabenstellung gleich groß), dann lässt sich das Gesamteinkommen berechnen und schließen, dass wenn eine Gruppe in einem Zustand ein höheres Einkommen hat, all ihre Gruppenmitglieder einen höheren Nutzen
haben (aufgrund der Annahme des positiven Grenznutzens). Es findet kein interpersoneller Nutzenvergleich statt, d.h. es ist beim Pareto-Kriterium
irrelevant, dass die Individuen identische Nutzenfunktionen haben. Ein Zustand ist pareto-optimal, wenn keine Gruppe ihren Nutzen erhöhen kann, ohne dass der Nutzen einer anderen Gruppe reduziert wird. Hier sind die Zustände II und III pareto-optimal, der Zustand I ist nicht pareto-optimal.

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10
Q

Rawls, Pareto-Optimum, Handlungsutilitarismus
Gehen Sie im Folgenden davon aus, dass die jeweiligen Gruppen gleich groß und die Nutzenfunktionen der Individuen identisch sind und positiver, aber
abnehmender Grenznutzen vorliegt. Angenommen in einer Volkswirtschaft sind hinsichtlich der Einkommensverteilung die Zustände I bis III möglich.
Gruppe 1 Gruppe 2 Gruppe 3 Gruppe 4
Zustand I 100 100 200 700
Zustand II 150 150 250 1000
Zustand III 140 140 230 1200

b) Welcher Zustand ist nach dem Differenzprinzip von Rawls zu wählen? Vergleichen Sie das Ergebnis mit jenem aus a)

A

Nach Rawls wird ein Ergebnis des Gesellschaftsvertrages sein, dass jene Einkommensverteilung gewählt wird, bei der die Gruppen mit geringerem Einkommen (hier die Gruppen 1 und 2) mehr Einkommen haben als bei jeder
anderen Verteilung. Das ist bei Zustand II der Fall.
Rawls Aussage zur Einkommensverteilung ist wesentlich konkreter als die des Pareto-Kriteriums und weist auch keinen Status-Quo-Bias auf (und Rawls
Differenzprinzip ist nicht mit dem Pareto-Optimum identisch!). Nach Rawls kann es erlaubt sein (ist es aber nicht per se, denn es steht nicht in den
Grundprinzipien, siehe 1c)), dass Menschen mit hohem Einkommen z.B. stärker als bisher besteuert werden. Es kann nach Rawls auch eine Einkommensverteilung identifiziert werden, die optimal ist, d.h. es resultieren nicht, wie beim Pareto-Kriterium mehrere optimale Zustände.

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11
Q

Rawls, Pareto-Optimum, Handlungsutilitarismus
Gehen Sie im Folgenden davon aus, dass die jeweiligen Gruppen gleich groß und die Nutzenfunktionen der Individuen identisch sind und positiver, aber
abnehmender Grenznutzen vorliegt. Angenommen in einer Volkswirtschaft sind hinsichtlich der Einkommensverteilung die Zustände I bis III möglich.
Gruppe 1 Gruppe 2 Gruppe 3 Gruppe 4
Zustand I 100 100 200 700
Zustand II 150 150 250 1000
Zustand III 140 140 230 1200

c) Welcher Zustand ist nach dem Handlungsutilitarismus optimal?

A

Hinweis: In der Tabelle ist die Einkommensverteilung abgebildet. Der Utilitarismus fragt aber nach dem maximalen Gesamtnutzen. Zur Nutzenfunktion finden sich ganz oben in der Aufgabe Hinweise. Anders als in
einem Beispiel der Vorlesung wird hier also nicht angenommen, dass Nutzen und Einkommen identisch sind. Zustand II hat eindeutig einen höheren Gesamtnutzen als Zustand I, weil jede
Gruppe ein höheres Einkommen und daher einen höheren Nutzen hat. In Zustand III ist das Gesamteinkommen höher als in Zustand II. Gleichzeitig
Beim Wechsel von II auf III steigt der Nutzen der Gruppe 4 und daher der Gesamtnutzen, während der Nutzen der anderen Gruppen fällt und daher der
Gesamtnutzen fällt. Da aber das Gesamteinkommen von II auf III steigt, können wir keine Aussage darüber machen, ob der Gesamtnutzen steigt, konstant bleibt
oder fällt; das hängt wieder von der genauen Spezifikation der Nutzenfunktion ab. (Wenn das Gesamteinkommen nicht steigen würde, dann würde jede Umverteilung in Richtung Gleichverteilung den Gesamtnutzen erhöhen. Das gilt
allerdings nur bei identischen Nutzenfunktionen.)
Insgesamt fällt auf, dass nur das Differenzprinzip von Rawls zu einer konkreten Aussage führt, welche Einkommensverteilung aus einer Vielzahl von
Verteilungen gewählt werden soll.

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12
Q

Welche Eigenschaften soll der Diskurs nach dem Ansatz der Diskursethik allgemein aufweisen und welche Regeln sollen dem Diskurs zu Grunde liegen?

A

Zunächst muss von jedem Teilnehmer eine grundsätzliche Bereitschaft ausgehen, auf vernünftige Weise in einem Diskurs zu einer Einigung kommen zu
wollen.
Der Diskurs soll folgende Minimalregeln aufweisen:
• Jeder direkt und indirekt, heute und in der Zukunft Betroffene darf/soll am
Diskurs teilnehmen (sofern sprachfähig und Vernunft zugänglich). Keiner darf und soll ausgeschlossen werden.
• Jeder darf beliebige Behauptungen aufstellen und alle Behauptungen hinterfragen.
• Jeder darf seine Einstellungen, Zweifel, vernünftige Wünsche und Bedürfnisse äußern.
• kein Zwang, kein „unter-Druck-setzen“ anderer, keine Drohung, keine Nötigung
• keine Diskriminierungen jeglicher Art => Gleichheit
• keine zeitliche Begrenzung bis zur Einigung
• Einstimmigkeit, denn Ziel ist Konsens. Ferner soll u.a. gelten:
• Jeder ist zu Ehrlichkeit und Wahrheit bei deskriptiven Aussagen verpflichtet,
z.B. sollte ein Unternehmer eine korrekte Aussage zur Höhe seines Umsatzes
und Gewinns in den vergangenen Jahren machen.
• Jeder ist zu Verständlichkeit verpflichtet, d.h. Begründungen müssen für alle verständlich ausgeführt werden, der reine Verweis auf die eigene Intuition reicht nicht.
• Rein egoistische Ansprüche, wie z.B. dass alles immer so entschieden wird, wie ein einzelner will, können nicht geltend gemacht werden.
• Allerdings können eigene Interessen (z.B. mit Bezug auf die eigene Gesundheit oder Menschenwürde oder auch ein Mindesteinkommen) vernünftig vertreten werden.
• Widersprüchliche sprachliche Sätze sind nicht zulässig, z.B. „Ich befinde mich auf der Venus.“
Eine Norm ist dann moralisch gültig, wenn die Folgen und Nebenfolgen, die sich aus einer allgemeinen Befolgung dieser Norm voraussichtlich ergeben, von
allen Teilnehmern des Diskurses zwanglos Zustimmung findet

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13
Q

Handelt es sich bei der Diskursethik um eine deontologische oder eine teleologische Ethik? Begründen Sie Ihre Antwort.

A

Es handelt sich eindeutig um eine deontologische Ethik, denn der Ansatz fordert eine Handlung, die in der Teilnahme am Diskurs besteht, unter Befolgung
bestimmter Regeln. Die Moralität wird an der gemeinsamen Entscheidungsfindung im Diskurs und nicht am Ergebnis des Diskurses abgelesen. In dem
Diskurs selbst liegt bereits die moralische Qualität

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14
Q

Welche Normen gibt die Diskursethik konkret vor?

A

Es werden nur Normen zu der Führung des Diskurses vorgegeben (in a) aufgeführt), d.h. keine Normen hinsichtlich der Ergebnisse. Die Diskursethik ist
ergebnisoffen, d.h. es handelt sich um eine Verfahrensethik (analog zu Kant, dort ist das Verfahren der Kategorische Imperativ).

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15
Q

d) Nennen Sie zwei Situationen, in denen der Ansatz der Diskursethik nicht umgesetzt werden kann

A

1) Eine Situation, in der sehr schnell eine moralische Entscheidung getroffen werden muss, z.B. wie helfe ich bei einem Unfall oder einem anderen Notfall? (Auch: Trolleyproblem, Teichbeispiel von Singer)

2) Individuelle Konsumentscheidung, denn wenn ich mir z.B. etwas zu essen möchte, kann nicht von mir erwartet werden, dass ich einen Diskurs einberufe, mit allen direkt und indirekt Beteiligten (Verkäufern, Herstellern,
usw.). Hier treffe ich dann eine individualethische Entscheidung. Allerdings könnte von mir erwartet werden, dass ich mich um Diskurse bemühe, wenn
ich z.B. sehe, dass keine ökologischen oder fair gehandelten Produkte angeboten werden. Diese Diskurse würden dann aber zunächst unabhängig von
einzelnen Konsumentscheidungen in einem politischen Rahmen stattfinden. (Siehe Integrative Wirtschaftsethik und Konsumethik in späteren Kapiteln)

3) Wenn sich bei dem von mir als wichtig erachteten Thema niemand findet, der freiwillig bei dem Diskurs mitmachen möchte.
Hinweis: Bei globalen Problemen, bei denen sehr viele Menschen oder potentiell sogar die gesamte Menschheit vertreten ist, z.B. Klimawandel, sollte
ein Diskurs stattfinden, bei dem alle Menschen, die sich direkt und indirekt betroffen fühlen, durch Repräsentanten vertreten werden. Ebenso sollten
zukünftige Menschengenerationen, Kleinkinder, geistig behinderte Menschen, Tiere, Pflanzen und der Planet Erde durch Repräsentanten vertreten werden
(allerdings nur dann, wenn sich freiwillig Menschen finden, diese Gruppen zu vertreten, denn es gibt keinen Zwang in der Diskursethik).

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16
Q

Diskursethik
Stellen Sie sich vor, Sie sind Vorstandsvorsitzender eines großen Flughafenbetreibers. Aufgrund steigender Nachfrage und anhaltend hoher Gewinne plant
das Unternehmen zwei neue Landebahnen mit dem Ziel einer weiteren Gewinnsteigerung (über den bisherigen Gewinn hinaus). Dafür müssten auch tausend,
darunter sehr alte Bäume gefällt und ein kleines Moorgebiet trockengelegt werden. Aus diesen Gründen hat in den letzten Tagen eine große Umweltschutzorganisation vor den Toren des Unternehmens demonstriert. Außerdem müsste
von einem Bauern Land angekauft werden, der den Verkauf jedoch im Moment verweigert. Zurzeit wird die Möglichkeit einer Enteignung geprüft. Für die
nächsten Tage hat eine Bürgerinitiative zu Protesten in der nahegelegenen Stadt aufgerufen, weil eine deutliche Zunahme der Lärmbelästigung befürchtet wird.
Angenommen, Sie haben sich vorgenommen, den Konflikt im Sinne der Diskursethik zu lösen.
a) Wie setzen Sie die Anforderungen an den Diskurs und die Diskursregeln im konkreten Fall um? Wer sind konkret die Beteiligten? Was ist Ihre Rolle in dem Diskurs?

A

Da hier sehr viele Menschen direkt und indirekt betroffen sind, ist es unumgänglich, dass bestimmte Gruppen von Vertretern repräsentiert werden.
Meine Aufgabe wird sein, die Grundstruktur des Diskurses zu planen, insbesondere die Vertreter aller direkt und indirekt Betroffenen einzuladen und
die Diskursregeln bekannt zu geben. Angesichts der Projektgröße und da ich als Vorstandsvorsitzender eines Unternehmens auch subjektive Interessen vertrete,
bietet es sich an, den Diskurs von einem professionellen Mediator durchführen zu lassen, den ich dafür einstelle.
Die Beteiligten sollten alle sein, die meinen, dass sie direkt oder indirekt betroffen sind oder Repräsentanten, die nicht sprach- oder vernunftvermögende,
aber betroffene Wesen vertreten wollen. Das werden voraussichtlich u.a. sein:
1. der Bauer, der enteignet werden soll
2. Vertreter der potentiellen Flugreisenden (z.B. Verbraucherschutzverband)
3. Baufirmen (die die Landebahnen bauen)
4. Umweltschutzorganisationen (die stellvertretend für die Pflanzen und Tiere
sprechen), ggf. gesondert Tierschutzorganisationen, Förster
5. die Bürgerinitiative, die die Interessen der Anwohner vertritt
6. Vertreter der Anteilseigner des eigenen Unternehmens und des eigenen
Betriebsrats
7. Vertreter von Fluggesellschaften, Touristik- und Logistikunternehmen
8. Vertreter anderer Flughäfen (Konkurrenten)
9. Vertreter der umliegenden Nahverkehrsbetriebe, der Wirtschaftsverbände,
der Kommune und der Landesregierung.

Da die Gefahr besteht, Gruppen zu vergessen, müsste der Diskurs über geeignete Medien bekannt gemacht werden, so dass alle betroffenen Menschen
die Möglichkeit haben, sich selbst oder mit Vertretern an dem Diskurs zu beteiligen.
Potenzielle Schwierigkeiten ergeben sich durch die Vielzahl der betroffenen Gruppen mit sehr unterschiedlichen Interessen und Ansprüchen. Außerdem besteht auch hier die Gefahr verhärteter Fronten und mangelnder Bereitschaft
einzelner Teilnehmer, zu einer ergebnisoffenen und respektvollen Atmosphäre beizutragen. Die Forderung nach Einstimmigkeit ist sehr hoch, so dass es
möglicherweise nicht zu einem Ergebnis kommt.

17
Q

Diskursethik
Stellen Sie sich vor, Sie sind Vorstandsvorsitzender eines großen Flughafenbetreibers. Aufgrund steigender Nachfrage und anhaltend hoher Gewinne plant
das Unternehmen zwei neue Landebahnen mit dem Ziel einer weiteren Gewinnsteigerung (über den bisherigen Gewinn hinaus). Dafür müssten auch tausend,
darunter sehr alte Bäume gefällt und ein kleines Moorgebiet trockengelegt werden. Aus diesen Gründen hat in den letzten Tagen eine große Umweltschutzorganisation vor den Toren des Unternehmens demonstriert. Außerdem müsste
von einem Bauern Land angekauft werden, der den Verkauf jedoch im Moment verweigert. Zurzeit wird die Möglichkeit einer Enteignung geprüft. Für die
nächsten Tage hat eine Bürgerinitiative zu Protesten in der nahegelegenen Stadt aufgerufen, weil eine deutliche Zunahme der Lärmbelästigung befürchtet wird.
Angenommen, Sie haben sich vorgenommen, den Konflikt im Sinne der Diskursethik zu lösen.
b) Ist eine Enteignung des Bauern gegen seinen Willen nach der Diskursethik zulässig? Wäre eine großzügige Entschädigungszahlung, die den Bauern umstimmen würde, ein Konsens im Sinne der Diskursethik
oder ein Kompromiss?
c) Angenommen, es kann nach einem Tag keine Einstimmigkeit erzielt
werden. Wie ist diese Situation nach der Diskursethik zu beurteilen?

A

Eine Enteignung gegen den Willen des Bauern, also auch wenn er entschädigt würde, aber immer noch dagegen ist, würde bedeuten, einen Zwang auszuüben,
und wäre daher nach der Diskursethik nicht zulässig. Da der Bauer dies nicht will, handelt es sich dabei dann auch nicht um einen Kompromiss! Grundsätzlich soll in einem Diskurs gemäß der Diskursethik jeglicher Zwang
vermieden werden und ein Konsens, d.h. möglichst kein Kompromiss gesucht werden. Selbst wenn letztlich alle zustimmen, kommt es darauf an, warum sie zustimmen. In dieser Begründung liegt der Unterschied zwischen einem Konsens und einem Kompromiss. Wenn z.B. der Bauer nach wie vor nicht davon überzeugt ist, dass die Flughafenerweiterung richtig ist, und zwar nicht
nur aus egoistischen Gründen, z.B. weil aus seiner Sicht dadurch wertvolle Agrarflächen verloren gehen, so dass auch die Lebensmittelautarkie des Landes
sinkt, er aber zustimmt, weil er keine Chance mehr auf eine andere Einigung sieht. In diesem Fall handelt es sich um einen Kompromiss. Ein Kompromiss
läge auch vor, wenn der Bauer die Einigung für sich persönlich akzeptabel, aber insgesamt unvernünftig findet. Gesucht ist idealerweise aber ein Konsens. Wenn
ein vernünftig denkender Mensch noch nicht überzeugt ist, dann ist – davon geht die Diskursethik aus – die vernünftige Lösung noch nicht gefunden. Ein
Konsens ist eine Lösung, von deren Richtigkeit alle (vernünftig denkenden Menschen) überzeugt sind. Dieser läge z.B. vor, wenn der Bauer mit einer
großzügigen Entschädigung ohne Zwang, Drohung und Nötigung aus vernünftigen Gründen zustimmen würde, z.B. weil er mit der Entschädigungssumme (nicht nur aus rein egoistischen Gründen) eine viel größere Agrarfläche bewirtschaften kann, die vorher brachlag.

Hinweis: Kompromisse, wie eine Entschädigungszahlung, die auch die
Akzeptanz des Bauern hervorruft, werden sich in der Praxis nicht immer
umgehen lassen, ebenso wie Mehrheitsentscheidungen. Das sehen auch die
Vertreter der Diskursethik als letzten Ausweg, auch weil damit wieder das
Problem der Möglichkeit der Unterdrückung von Minderheiten entsteht.
Insofern ist die Diskursethik ein ethischer Ansatz, der in der praktischen
Umsetzung zu Zugeständnissen bereit ist. Das ist auch ein Unterschied zu der
Ethik von Kant.

zu c) Der Diskurs sollte in den nächsten Tagen weitergeführt werden. Es sollte möglichst so lange diskutiert werden bis eine Einigung erzielt wird, idealerweise ohne jeden Termindruck.

18
Q

Einführung in die Vertragsethik

A

Vertragstheorie oder Theorie des Gesellschaftsvertrages:
gesellschaftliche Regeln des Zusammenlebens und staatliche Rechtsordnungen sollen moralisch und institutionell begründet werden.
Der Vertrag ist nicht Ergebnis eines tatsächlichen Übereinkommens, sondern eines Gedankenexperiments.
Maßgebliches Bewertungskriterium des Vertrags sind die überlegten, durch Einigung entstandenen Regeln (und Verfahren), nicht die Ergebnisse unter
diesen Regeln. Andere Vertragstheorien von Thomas Hobbes und Jean Jacques Rousseau.
Hier: John Rawls.

19
Q

Einführung in die Ethik von Rawls

A

Rawls` Kritik am (klassischen) Utilitarismus:
• Der Utilitarismus verfehlt die Gerechtigkeitsfrage.
• Es bleibt offen, wie sich die Individuen zu verhalten haben.
• Im Utilitarismus kann es moralisch geboten sein, die Freiheit von Individuen (Minderheiten) dem kollektiven Wohl unterzuordnen, z.B. wenn eine Kastengesellschaft oder ein Militärstaat zu einem höheren Gesamtnutzen
führt als eine demokratische Gesellschaft.
• Für die (klassischen) Utilitaristen ist die Institutionalisierung von Grundrechten eine Frage der individuellen Präferenzen, die zu einem Gesamtwohl aggregiert werden.
• Für Rawls sind menschliche Grundrechte unbedingt gültige normative Vorgaben.

Keine moralische Globaltheorie, sondern Formulierung einer politischen Konzeption der Gerechtigkeit für eine demokratische Gesellschaft.
Gerechtigkeit i.S.v. Fairness: „Freie Personen, die keine Herrschaft übereinander ausüben, die sich an einer gemeinschaftlichen Tätigkeit beteiligen und sich
untereinander auf Regeln einigen bzw. die Regeln anerkennen, die diese Tätigkeit definieren und die jeweiligen Anteile an Vorteilen und Lasten
festlegen.“ (Rawls, 1975, 57)
Einigung auf allgemein verbindliche (moralische) Regeln durch Vertrag
=> Kontraktualismus.

Verträge insbesondere bei Entscheidungen über Verfassung und Wirtschaftsordnung.
Zu erwarten: Interessenkonflikte: Wie werden Einkommen und Vermögen
verteilt? => Frage der Verteilungsgerechtigkeit.

20
Q

Das Gedankenexperiment

A

Der Vertrag ist nicht Ergebnis eines tatsächlichen Übereinkommens, sondern eines Gedankenexperiments mit folgenden Annahmen:
• Gesellschaft von freien und vernünftigen Personen ohne Neidgefühle.
• Individuen haben Interesse an Gütern (gewisser Egoismus).
• Individuen haben aber auch moralisches Vermögen: Zusammenarbeit
(Kooperation ) wird als wünschenswert und möglich erachtet ; Wahlergebnis wird als verbindlich akzeptiert.
• „Urzustand“ mit Schleier der Unwissenheit: Kein Wissen über sich selbst, eigene Psyche, persönliche Eigenschaften, eigene Interessen, Fähigkeiten,
Talente; Unwissenheit über die eigene soziale Stellung und Vorstellung von gutem Leben.

Wie trifft jedes Individuum seine Entscheidung (im Gedankenexperiment)?
• unpersönliche Entscheidungen über die künftigen (moralischen) Regeln, nicht über die Ergebnisse
• individuell rational im Sinne von Maximierung des eigenen Nutzens, aber
• unter Unsicherheit, d.h. mit Informationsdefiziten
=> Aus Eigennutzmaximierern entsteht eine Gesellschaft vernünftiger Personen
=> „raffinierte Selbstüberlistung rationaler Egoisten“ (Höffe).

21
Q

Der Gesellschaftsvertrag

A

Ergebnis dieses Gedankenexperiments => Gesellschaftsvertrag:
1. Jede Person hat Anspruch auf die gleichen Grundfreiheiten, Grundrechten
und Bürgerrechte (sog. „Freiheitsrechte“)
2. Wirtschaftliche und soziale Ungleichheit wird nur zugelassen bei
a) Chancengleichheit: Freier Zugang zu den gesellschaftlich wichtigen
Positionen und Ämtern, gleiche Bildungschancen, Vermeidung übermäßiger Konzentration von Eigentum und Vermögen.
b) erheblichen Vorteilen für die am wenigsten Begünstigten
=> Differenz-Prinzip.
Nach Rawls hat 1. Vorrang vor 2a), dies hat Vorrang vor 2b).
Welche Gesellschaftsform wird resultieren?
1. und 2a) sind nur in einer konstitutionellen Demokratie zu verwirklichen.

Was sind Grundrechte und Bürgerrechte? Unter anderem:
• Schutz der Menschenwürde
• Freie Entfaltung der Persönlichkeit, allgemeine Handlungsfreiheit, Freiheit der
Person, Recht auf Leben, Recht auf körperliche Unversehrtheit
• Gleichheitssatz, Gleichberechtigung
• Glaubens- und Gewissensfreiheit
• Meinungsfreiheit, Informationsfreiheit, Pressefreiheit, Freiheit der Kunst und
Wissenschaft
• Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit
• Freiheit der Berufswahl, Verbot der Zwangsarbeit
• Wahlrecht
• …..

Die in den Grundrechten verankerte Freiheit ist nach Rawls das absolut höchste menschliche Gut.
„Jeder Mensch besitzt eine aus der Gerechtigkeit entspringende Unverletzlichkeit, die auch im Namen des Wohles der ganzen Gesellschaft nicht
aufgehoben werden kann.“ (Rawls 1975, S. 19)
Freiheit darf auch nicht gegen materielle Güter verrechnet werden. Individuelle Freiheitsansprüche dürfen nur gegen konkurrierende Freiheitsansprüche anderer (z.B. auch zukünftiger Generationen) eingeschränkt werden. In späteren Werken hat Rawls die absolute Bedeutung der Freiheit (immer
Vorrang vor allen anderen Normen) relativiert.

Einkommens- und Vermögensverteilung
Das Differenzprinzip als Alternative zur Nutzenmaximierung und zum ParetoOptimum:
„… dass wir Systeme der Kooperation miteinander vergleichen sollen, indem wir nachschauen, wie gut es den besonders schlecht Gestellten [hinsichtlich Einkommen und Vermögen] in jedem dieser Systeme ergeht, und dann dasjenige auswählen, bei dem
diese Personen mehr Vorteile genießen als bei jedem anderen System.“ (Rawls, 2001, 102)
Ergebnis ist nicht Gleichverteilung, sondern eine gewisse Ungleichverteilung. Ein ökonomisches und soziales Existenzminimum für jeden ist gewährleistet .
Ausgehend vom Status Quo sind Verteilungsänderungen des Einkommens und
Vermögens nur dann zulässig, wenn sie auch die am schlechtesten Gestellten besser stellen.

Einkommens- und Vermögensverteilung: Das Differenzprinzip von Rawls Kurve OP: Produktionsmöglichkeitenkurve einer Volkswirtschaft
Die Gruppen A und B sind gleich groß.

22
Q

Würdigung des Rawlsschen Ansatzes

A

Würdigung:
• Theorie über eine Verfassung sowie Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung
=> keine Lösungsvorschläge für moralische Einzelfälle.
• Grundrechte für alle und Differenzprinzip verhindern Ausbeutung von Minderheiten (Kritik am Utilitarismus).
• Gesamtnutzenmaximierung kann nicht mehr zu Lasten von individuellen Grundrechten gehen, z.B. der Verletzung der Menschenwürde.
• Differenzprinzip als Verteilungsprinzip gewährt Existenzminimum.
• Verteilungsgerechtigkeit ist Verfahrensgerechtigkeit, nicht Ergebnisgerechtigkeit.
• Kritik am Differenzprinzip und unbedingtem Vorrang der Freiheitsrechte, z.B. von Amartya Sen.

23
Q

Diskursregeln

A

Minimalregeln für die formale Struktur des Diskurses:
• Jeder direkt und indirekt, heute und in der Zukunft Betroffene darf/soll am
Diskurs teilnehmen (sofern sprachfähig und Vernunft zugänglich)
=> kein Ausschluss.
• Jeder darf beliebige Behauptungen aufstellen, seine Einstellungen äußern.
• Jeder darf alle Behauptungen hinterfragen und Zweifel äußern.
• Jeder darf berechtigte eigene Wünsche und Bedürfnisse darlegen.
• kein Zwang, kein „unter-Druck-setzen“ anderer
(keine Drohungen)
• keine Diskriminierungen jeglicher Art
=> Gleichheit
• Keine zeitliche Begrenzung bis zur Einigung
• Zustimmung aller Betroffenen => Einstimmigkeit

Ausgeschlossen werden auch folgende Normen während des Diskurses:
• die sich nicht auf konsistente und vernünftige Weise diskursiv vertreten
lassen, z.B. „Immer wenn es für mich vorteilhaft ist, lüge ich.“
• die selbstwidersprüchlich sind, z.B. „Ich existiere nicht.“
• die sich nicht problemlos universalisieren lassen, d.h. hier: die Folgen und
Nebenfolgen, die sich aus einer allgemeinen Befolgung der im Diskurs
gefundenen Norm voraussichtlich ergeben, finden von allen Teilnehmern des
Diskurses zwanglos Zustimmung .

24
Q

Eigenschaften der Diskursethik

A

Die Diskursethik ist eine Vernunftethik
=> Argumente, Wünsche und Bedürfnisse sind einsichtig zu machen und sinnvoll
zu begründen, reiner Verweis auf Intuition ist nicht ausreichend.
=> Ideal einer Verständigungsorientierung unter Gleichen.
=> Nur die Kraft des Arguments zählt, nicht die Macht einzelner.
=> Vorstellung, dass es eine vernünftige Lösung für jedes Problem gibt, die
gefunden werden kann, wenn alle Argumente angehört werden können und
man lange genug kommuniziert.
Bei Diskursabbruch oder späterer Neuaufnahme des Diskurses nur vorläufige
Resultate.

Die Diskursethik setzt auf die Kraft des Gesprächs:
=> Im Mittelpunkt steht der Mensch als soziales Wesen.
=> Vernünftige Kommunikation als Form der Moralität.
=> Im Diskurs werden Informationen ausgetauscht.
=> Nicht: jedes Individuen hat schon vollkommene Informationen
=> Annahme endogener Präferenzen: Im Diskurs können Individuen (neue)
Präferenzen bilden und auch neue Ziele entdecken
=> Jedes Individuum hört zu und jedem Individuum wird zugehört.
=> Aus der Kraft des Arguments können Individuen ohne Zwang Entscheidungen zustimmen, obwohl sie durch diese individuelle Nachteile haben.

Die Diskursethik ist ergebnisoffen, inhaltlich nicht festgelegt => Prinzipienethik
(Der Prinzip ist der Diskurs)
Die Diskursethik will keine Kriterien aufstellen, welche Handlungen in konkreten
Situationen moralisch richtig sind, sondern die Bedingungen darstellen, unter
denen universelle moralische Normen hergeleitet werden können.
Die Diskursethik ist vor allem (aber nicht nur) konzipiert worden, um zu klären, wie
eine Staatsordnung, Wirtschaftsordnung, etc. aussehen sollte.

Gemeinsamkeiten mit der Kantischen Ethik:
• deontologische Ethik
In der Diskursethik liegt die Moralität in der Handlung des Diskurses, bei Kant im Guten Willen.
• Vorstellung, dass eine mit Vernunft zugängliche Lösung existiert. Bei Kant zu erreichen indem man alleine darüber nachdenkt,
in der Diskursethik wenn man lange genug mit anderen diskutiert.
• universalistischer Anspruch, d.h. soll weltweit gelten.

Unterschiede zur Kantischen Ethik:
• Normenfindung: nicht monologisch, sondern kommunikativ.
• Berechtigte persönliche Bedürfnisse und Wünsche (nach Kant Neigungen)
z.B. satt werden zu wollen,
z.B. keinen Schmerz erleiden zu wollen,
z.B. Medizin studieren zu wollen,
dürfen vorgebracht und sollen auf vernünftige Weise berücksichtigt werden.
(Bei Kant gibt es allerdings auch eine Pflicht gegen sich selbst.)
• Es kann auch um eine Folgenabschätzung im Sinne der konkret zu erwartenden
Ergebnisse gehen, weil alle den zu erwartenden Konsequenzen zustimmen
sollen (aber nicht per se utilitaristisches Prinzip!).

Moralisch richtig ist jene Handlung oder jene Norm, der alle, die betroffen
sind, zustimmen können (Einstimmigkeit!).

Damit löst die Diskursethik das Problem, dass die Interessen von
Minderheiten übergangen werden können (Utilitarismus).
Einstimmigkeit: Forderung nach einem echten Konsens.
Wenn kein Konsens gelingt: länger reden, vertagen.

Kompromisse sind zu vermeiden, werden aber
nicht völlig ausgeschlossen.