Vertragstheorie und Diskursethik Flashcards
Was versteht man unter einer Vertragsethik?
In der philosophischen Vertragstheorie geht es um hypothetische Verträge, keine realen Verträge zwischen Menschen einer Gemeinschaft, z.B. eines Staates. Es
handelt sich nur um hypothetische Verträge, weil niemand von uns diese Verträge unterschrieben hat und auch nicht unterschreiben wird. Es wird (lediglich) rekonstruiert, warum Menschen sich auf bestimmte Rechte und Handlungsweisen einigen würden. Dabei wird auch das Vernunftprinzip unterstellt, d.h. es wird gefragt, wenn Menschen vernünftig wären, auf welche Rechte und Pflichten würden sie sich einigen
Was versteht Rawls unter dem „Schleier der Unwissenheit“?
Nach Rawls ist der „Urzustand“ mit dem Schleier der Unwissenheit gekennzeichnet durch: Kein Wissen über sich selbst, über die eigene Psyche, die eigene soziale Stellung, über die Höhe des Einkommens und des Vermögens, über individuelle Interessen, geistige und körperliche Fähigkeiten, Talente usw. Ökonomen würden sagen, dass die Entscheidungen, die daraus folgen, Entscheidungen unter Unsicherheit sind.
Eine Folge dieser Annahme ist, dass Individuen, selbst wenn sie ihren eigenen Nutzen maximieren, unpersönliche Entscheidungen treffen. Das sind nach
Rawls faire Entscheidungen.
Auf welche zentralen Elemente des Gesellschaftsvertrages würden die
Menschen sich nach Rawls einigen?
Ergebnis dieses Gedankenexperiments ist ein Gesellschaftsvertrag mit den folgenden Elementen:
1. Jede Person hat Anspruch auf die gleichen Grundfreiheiten und Bürgerrechte (allgemein oft auch nur als „Freiheitsrechte“ bezeichnet).
- Wirtschaftliche und soziale Ungleichheit werden nur zugelassen bei
a) Chancengleichheit: Freier Zugang zu den gesellschaftlich wichtigen Positionen und Ämtern, gleiche Bildungschancen, Vermeidung übermäßiger Konzentration von Eigentum und Vermögen.
b) Differenz-Prinzip: erhebliche Vorteilen für die am wenigsten Begünstigten hinsichtlich Einkommen und Vermögen
Dabei geht es um nicht um Ergebnisse, sondern um Regeln oder Verfahren. Daher spricht man auch von Verfahrensgerechtigkeit. Es wird z.B. nicht
erläutert, wie die Einkommensverteilung in Geldeinheiten für jeden einzelnen konkret aussieht, sondern wie die Prinzipien sind, nach denen Einkommen erzielt und umverteilt wird.
Nach Rawls hat 1., also Freiheit, Vorrang vor 2.a), dies hat Vorrang vor 2.b). Freiheit ist das absolut höchste menschliche Gut. Es darf nach Rawls nicht
gegen materielle Güter verrechnet werden. Individuelle Freiheitsansprüche dürfen nur gegen konkurrierende Freiheitsansprüche (z.B. auch zukünftiger
Generationen) eingeschränkt werden. - und 2.a) sind nach Rawls nur in einer konstitutionellen Demokratie zu verwirklichen
Welche Kritik übt Rawls am Utilitarismus und auf welche Weise wird sie in seinem Ansatz aufgelöst?
Rawls` Kritik am (klassischen) Utilitarismus:
• Für die Utilitaristen ist die Institutionalisierung von Grundrechten eine Frage der individuellen Präferenzen, die zu einem Gesamtwohl aggregiert werden.
D.h. wenn Individuen einen höheren Nutzen von Grundrechten haben und diese den Schaden von anderen überkompensieren, dann sollten Grundrechte
verankert werden. Wenn die Nicht-Einhaltung von Grundrechten hingegen einen höheren Gesamtnutzen bringt als die Einhaltung, dann sollten
Grundrecht nicht implementiert werden. Im Utilitarismus kann es z.B. moralisch geboten sein, die Freiheit von Individuen dem kollektiven Wohl unterzuordnen, z.B. wenn eine Kastengesellschaft, ein Militärstaat, eine
Apartheit oder eine Diskriminierung von Frauen zu einem höheren Gesamtnutzen führt als eine demokratische Gesellschaft mit gleichen
Grundrechten für alle. Für Rawls hingegen sind menschliche Grundrechte unbedingt gültige normative Vorgaben. D.h. die Einschränkung von Freiheiten einzelner Gruppen ist bei Rawls ausgeschlossen, da die Freiheitsrechte, dazu gehört auch Gleichheit und Nicht-Diskriminierung wegen Geschlecht, Religionszugehörigkeit etc. Vorrang vor allen anderen normativen Kriterien haben.
• Der Utilitarismus verfehlt die Gerechtigkeitsfrage (hinsichtlich Einkommen
und Vermögen). D.h. es sind auch Wirtschaftssysteme denkbar, in denen z.B. Menschen unter dem Existenzminimum des Landes leben.
Das Differenzprinzip von Rawls garantiert hingegen, dass die am schlechtesten gestellte Einkommensgruppe in einem reichen Land ein Mindestniveau erreicht, weil die Reichsten nur noch reicher werden können, wenn die Ärmsten auch etwas reicher werden
Welche der folgenden Fälle sind mit Rawls` Gerechtigkeitstheorie, konkret mit
seinen postulierten Verfassungsgrundsätzen, vereinbar und welche nicht?
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a) Die Regierung führt eine verpflichtende Organspende im Todesfall (ohne Widerrufsrecht zu Lebzeiten) ein. Die sich daraus ergebenden Einsparungen im Gesundheitssystem werden in Form von Transferzahlungen an die am schlechtesten gestellte Einkommensgruppe ausgezahlt.
Die nicht widerrufbare Verpflichtung zur Organspende verletzt Vorrang von 1. Freiheit hier in Form der Achtung der Menschenwürde bzw. konkret dem Recht auf körperliche Unversehrtheit (gilt auch über den Tod hinaus) vor dem Differenzprinzip (2b)
Welche der folgenden Fälle sind mit Rawls Gerechtigkeitstheorie, konkret mit
seinen postulierten Verfassungsgrundsätzen, vereinbar und welche nicht? Begründen Sie Ihre Antwort.
b) Welche der folgenden Fälle sind mit Rawls
Gerechtigkeitstheorie, konkret mit seinen postulierten Verfassungsgrundsätzen, vereinbar und welche nicht?
Begründen Sie Ihre Antwort.
Gemäß Aufgabenstellung ist 2.a) verletzt. Chancengleichheit soll gleichen Zugang zu politischen Ämtern und wirtschaftlichen Machtpositionen beinhalten. Dann dürfen bestimmte Personengruppen, hier Reiche, nicht ausgeschlossen
werden. Hier erfolgt eine Diskriminierung des Zugangs zu öffentlichen Ämtern aufgrund von Reichtum.
Nach Rawls sollte das in der Aufgabenstellung genannte Problem dahingehend gelöst werden, dass eine übermäßige Konzentration von Reichtum und Vermögen vermieden wird, z.B. über eine starke Besteuerung im Rahmen der sekundären Einkommensverteilung. Darüber hinaus sollte allen Bürgern der Zugang zu öffentlichen Ämtern und wirtschaftlichen Machtpositionen offen stehen.
Welche der folgenden Fälle sind mit Rawls` Gerechtigkeitstheorie, konkret mit
seinen postulierten Verfassungsgrundsätzen, vereinbar und welche nicht?
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c) Eine Diktatur im Transformationsprozess zur Demokratie erwägt aufgrund einer Hungerkatastrophe die geplante Einführung des Wahlrechts und freier Wahlen auszusetzen, um die dafür (zusätzlich)
eingestellten staatlichen Bediensteten in der Hungerbekämpfung einzusetzen
Zu den Freiheitsrechten gehört neben dem Wahlrecht auch das Recht auf Leben. Insofern konfligieren hier zwei Freiheitsrechte und es muss eine Abwägung vorgenommen werden. (Wie dies im Einzelfall zu erfolgen hat, sagt Rawls nicht.) Die Hungerbekämpfung wird auch durch das Differenzprinzip 2.b) gefordert. Das Differenzprinzip ist aber grundsätzlich nachrangig zu behandeln.
Hinweis: In späteren Schriften hat Rawls den absoluten Vorrang der Freiheitrechte relativiert und Ausnahmen zugestanden.
Welche der folgenden Fälle sind mit Rawls` Gerechtigkeitstheorie, konkret mit
seinen postulierten Verfassungsgrundsätzen, vereinbar und welche nicht?
Begründen Sie Ihre Antwort. d) die Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) von 1000€ in Deutschland ab 2018.
Die Einführung des BGE entspricht grundsätzlich dem Differenzprinzip, da die Menschen mit dem geringsten Einkommen in Deutschland besser gestellt werden. Es schränkt keinerlei Freiheitsrechte ein (außer man würde das BGE z.B. durch eine Vermögenssteuer finanzieren, dann wäre das Recht auf Eigentum möglicher Weise verletzt). Das BGE fördert eher noch das Freiheitsrecht auf Berufswahl, da die Abhängigkeit junger Menschen von ihren Eltern sinkt. Ebenso fördert das BGE die Chancengleichheit, weil kein Studierender mehr
einen Kredit für ein Studium aufnehmen müsste.
Gegner des BGE argumentieren oft mit den potenziell negativen (Leistungs-)Anreizeffekten des BGE. Die Existenz von Leistungsanreizen ist bei Rawls ein
Grund von der völligen Gleichverteilung von Einkommen und Vermögen abzusehen. Andererseits wählt Rawls auch nicht jene (starke Ungleich-)
Verteilung bei der das BIP maximiert wird. Insofern kann die Einführung eines BGE von 1000 € durchaus als mit den Rawlsschen Verfassungsprinzipien
vereinbar angesehen werden.
Rawls, Pareto-Optimum, Handlungsutilitarismus
Gehen Sie im Folgenden davon aus, dass die jeweiligen Gruppen gleich groß und die Nutzenfunktionen der Individuen identisch sind und positiver, aber
abnehmender Grenznutzen vorliegt. Angenommen in einer Volkswirtschaft sind hinsichtlich der Einkommensverteilung die Zustände I bis III möglich.
Gruppe 1 Gruppe 2 Gruppe 3 Gruppe 4
Zustand I 100 100 200 700
Zustand II 150 150 250 1000
Zustand III 140 140 230 1200
a) Welche Zustände sind pareto-optimal, welche sind nicht paretooptimal?
Eigentlich kann hier kein pareto-optimaler Zustand abgelesen werden, da es sich um Gruppen und nicht um Individuen handelt. Wenn wir davon ausgehen, dass
alle Individuen einer Gruppe das identische Einkommen haben (die Gruppen sind gemäß Aufgabenstellung gleich groß), dann lässt sich das Gesamteinkommen berechnen und schließen, dass wenn eine Gruppe in einem Zustand ein höheres Einkommen hat, all ihre Gruppenmitglieder einen höheren Nutzen
haben (aufgrund der Annahme des positiven Grenznutzens). Es findet kein interpersoneller Nutzenvergleich statt, d.h. es ist beim Pareto-Kriterium
irrelevant, dass die Individuen identische Nutzenfunktionen haben. Ein Zustand ist pareto-optimal, wenn keine Gruppe ihren Nutzen erhöhen kann, ohne dass der Nutzen einer anderen Gruppe reduziert wird. Hier sind die Zustände II und III pareto-optimal, der Zustand I ist nicht pareto-optimal.
Rawls, Pareto-Optimum, Handlungsutilitarismus
Gehen Sie im Folgenden davon aus, dass die jeweiligen Gruppen gleich groß und die Nutzenfunktionen der Individuen identisch sind und positiver, aber
abnehmender Grenznutzen vorliegt. Angenommen in einer Volkswirtschaft sind hinsichtlich der Einkommensverteilung die Zustände I bis III möglich.
Gruppe 1 Gruppe 2 Gruppe 3 Gruppe 4
Zustand I 100 100 200 700
Zustand II 150 150 250 1000
Zustand III 140 140 230 1200
b) Welcher Zustand ist nach dem Differenzprinzip von Rawls zu wählen? Vergleichen Sie das Ergebnis mit jenem aus a)
Nach Rawls wird ein Ergebnis des Gesellschaftsvertrages sein, dass jene Einkommensverteilung gewählt wird, bei der die Gruppen mit geringerem Einkommen (hier die Gruppen 1 und 2) mehr Einkommen haben als bei jeder
anderen Verteilung. Das ist bei Zustand II der Fall.
Rawls Aussage zur Einkommensverteilung ist wesentlich konkreter als die des Pareto-Kriteriums und weist auch keinen Status-Quo-Bias auf (und Rawls
Differenzprinzip ist nicht mit dem Pareto-Optimum identisch!). Nach Rawls kann es erlaubt sein (ist es aber nicht per se, denn es steht nicht in den
Grundprinzipien, siehe 1c)), dass Menschen mit hohem Einkommen z.B. stärker als bisher besteuert werden. Es kann nach Rawls auch eine Einkommensverteilung identifiziert werden, die optimal ist, d.h. es resultieren nicht, wie beim Pareto-Kriterium mehrere optimale Zustände.
Rawls, Pareto-Optimum, Handlungsutilitarismus
Gehen Sie im Folgenden davon aus, dass die jeweiligen Gruppen gleich groß und die Nutzenfunktionen der Individuen identisch sind und positiver, aber
abnehmender Grenznutzen vorliegt. Angenommen in einer Volkswirtschaft sind hinsichtlich der Einkommensverteilung die Zustände I bis III möglich.
Gruppe 1 Gruppe 2 Gruppe 3 Gruppe 4
Zustand I 100 100 200 700
Zustand II 150 150 250 1000
Zustand III 140 140 230 1200
c) Welcher Zustand ist nach dem Handlungsutilitarismus optimal?
Hinweis: In der Tabelle ist die Einkommensverteilung abgebildet. Der Utilitarismus fragt aber nach dem maximalen Gesamtnutzen. Zur Nutzenfunktion finden sich ganz oben in der Aufgabe Hinweise. Anders als in
einem Beispiel der Vorlesung wird hier also nicht angenommen, dass Nutzen und Einkommen identisch sind. Zustand II hat eindeutig einen höheren Gesamtnutzen als Zustand I, weil jede
Gruppe ein höheres Einkommen und daher einen höheren Nutzen hat. In Zustand III ist das Gesamteinkommen höher als in Zustand II. Gleichzeitig
Beim Wechsel von II auf III steigt der Nutzen der Gruppe 4 und daher der Gesamtnutzen, während der Nutzen der anderen Gruppen fällt und daher der
Gesamtnutzen fällt. Da aber das Gesamteinkommen von II auf III steigt, können wir keine Aussage darüber machen, ob der Gesamtnutzen steigt, konstant bleibt
oder fällt; das hängt wieder von der genauen Spezifikation der Nutzenfunktion ab. (Wenn das Gesamteinkommen nicht steigen würde, dann würde jede Umverteilung in Richtung Gleichverteilung den Gesamtnutzen erhöhen. Das gilt
allerdings nur bei identischen Nutzenfunktionen.)
Insgesamt fällt auf, dass nur das Differenzprinzip von Rawls zu einer konkreten Aussage führt, welche Einkommensverteilung aus einer Vielzahl von
Verteilungen gewählt werden soll.
Welche Eigenschaften soll der Diskurs nach dem Ansatz der Diskursethik allgemein aufweisen und welche Regeln sollen dem Diskurs zu Grunde liegen?
Zunächst muss von jedem Teilnehmer eine grundsätzliche Bereitschaft ausgehen, auf vernünftige Weise in einem Diskurs zu einer Einigung kommen zu
wollen.
Der Diskurs soll folgende Minimalregeln aufweisen:
• Jeder direkt und indirekt, heute und in der Zukunft Betroffene darf/soll am
Diskurs teilnehmen (sofern sprachfähig und Vernunft zugänglich). Keiner darf und soll ausgeschlossen werden.
• Jeder darf beliebige Behauptungen aufstellen und alle Behauptungen hinterfragen.
• Jeder darf seine Einstellungen, Zweifel, vernünftige Wünsche und Bedürfnisse äußern.
• kein Zwang, kein „unter-Druck-setzen“ anderer, keine Drohung, keine Nötigung
• keine Diskriminierungen jeglicher Art => Gleichheit
• keine zeitliche Begrenzung bis zur Einigung
• Einstimmigkeit, denn Ziel ist Konsens. Ferner soll u.a. gelten:
• Jeder ist zu Ehrlichkeit und Wahrheit bei deskriptiven Aussagen verpflichtet,
z.B. sollte ein Unternehmer eine korrekte Aussage zur Höhe seines Umsatzes
und Gewinns in den vergangenen Jahren machen.
• Jeder ist zu Verständlichkeit verpflichtet, d.h. Begründungen müssen für alle verständlich ausgeführt werden, der reine Verweis auf die eigene Intuition reicht nicht.
• Rein egoistische Ansprüche, wie z.B. dass alles immer so entschieden wird, wie ein einzelner will, können nicht geltend gemacht werden.
• Allerdings können eigene Interessen (z.B. mit Bezug auf die eigene Gesundheit oder Menschenwürde oder auch ein Mindesteinkommen) vernünftig vertreten werden.
• Widersprüchliche sprachliche Sätze sind nicht zulässig, z.B. „Ich befinde mich auf der Venus.“
Eine Norm ist dann moralisch gültig, wenn die Folgen und Nebenfolgen, die sich aus einer allgemeinen Befolgung dieser Norm voraussichtlich ergeben, von
allen Teilnehmern des Diskurses zwanglos Zustimmung findet
Handelt es sich bei der Diskursethik um eine deontologische oder eine teleologische Ethik? Begründen Sie Ihre Antwort.
Es handelt sich eindeutig um eine deontologische Ethik, denn der Ansatz fordert eine Handlung, die in der Teilnahme am Diskurs besteht, unter Befolgung
bestimmter Regeln. Die Moralität wird an der gemeinsamen Entscheidungsfindung im Diskurs und nicht am Ergebnis des Diskurses abgelesen. In dem
Diskurs selbst liegt bereits die moralische Qualität
Welche Normen gibt die Diskursethik konkret vor?
Es werden nur Normen zu der Führung des Diskurses vorgegeben (in a) aufgeführt), d.h. keine Normen hinsichtlich der Ergebnisse. Die Diskursethik ist
ergebnisoffen, d.h. es handelt sich um eine Verfahrensethik (analog zu Kant, dort ist das Verfahren der Kategorische Imperativ).
d) Nennen Sie zwei Situationen, in denen der Ansatz der Diskursethik nicht umgesetzt werden kann
1) Eine Situation, in der sehr schnell eine moralische Entscheidung getroffen werden muss, z.B. wie helfe ich bei einem Unfall oder einem anderen Notfall? (Auch: Trolleyproblem, Teichbeispiel von Singer)
2) Individuelle Konsumentscheidung, denn wenn ich mir z.B. etwas zu essen möchte, kann nicht von mir erwartet werden, dass ich einen Diskurs einberufe, mit allen direkt und indirekt Beteiligten (Verkäufern, Herstellern,
usw.). Hier treffe ich dann eine individualethische Entscheidung. Allerdings könnte von mir erwartet werden, dass ich mich um Diskurse bemühe, wenn
ich z.B. sehe, dass keine ökologischen oder fair gehandelten Produkte angeboten werden. Diese Diskurse würden dann aber zunächst unabhängig von
einzelnen Konsumentscheidungen in einem politischen Rahmen stattfinden. (Siehe Integrative Wirtschaftsethik und Konsumethik in späteren Kapiteln)
3) Wenn sich bei dem von mir als wichtig erachteten Thema niemand findet, der freiwillig bei dem Diskurs mitmachen möchte.
Hinweis: Bei globalen Problemen, bei denen sehr viele Menschen oder potentiell sogar die gesamte Menschheit vertreten ist, z.B. Klimawandel, sollte
ein Diskurs stattfinden, bei dem alle Menschen, die sich direkt und indirekt betroffen fühlen, durch Repräsentanten vertreten werden. Ebenso sollten
zukünftige Menschengenerationen, Kleinkinder, geistig behinderte Menschen, Tiere, Pflanzen und der Planet Erde durch Repräsentanten vertreten werden
(allerdings nur dann, wenn sich freiwillig Menschen finden, diese Gruppen zu vertreten, denn es gibt keinen Zwang in der Diskursethik).