Die Ethik von Kant Flashcards
Erläutern Sie die Grundzüge der Ethik von Kant. Gehen Sie dabei auch auf
folgende Fragen ein:
a) Was ist nach Kant das höchste „Gut“?
Das höchste Gut nach Kant ist der Gute Wille. Der Gute Wille ist das höchste Gut, weil es das einzige Gut ist, was an sich und ohne Einschränkung gut ist. Alle anderen Güter, wie Glückseligkeit, Reichtum und sogar die Vernunft (bei einem Missbrauch derselben) können auch mit unmoralischem Verhalten einhergehen. Bei einer Handlung, die sich an dem Guten Willen orientiert, ist
dies per Definition ausgeschlossen. Da Glückseligkeit nach Aristoteles nur durch vernünftige Handlungen und
Tugend erreicht wird, kann sie per Definition nicht zu moralisch schlechten Handlungen eingesetzt werden. Aristoteles formuliert es zwar nicht so, dass ein glückseliger Mensch immer ein Mensch guten Willens ist, aber ein glückseliger Mensch ist zumindest – in der Norm –immer ein tugendhafter Mensch. Die moralische Entscheidung orientiert sich an dem Guten Willen, der durch den bestmöglichen Einsatz der Vernunft hervorgebracht wird, denn die erste und unbedingte Absicht der Vernunft ist das Hervorbringen des Guten Willens. (Andere Absichten der Vernunft, wie das Hervorbringen von Glückseligkeit, erfüllt nach Kant die Vernunft nur unvollständig.) Kants Ethik ist daher eine Vernunftethik in dem Sinne, dass wenn wir unsere
Vernunft bestmöglich gebrauchen, diese uns direkt mit unserem Guten Willen verbindet und wir dann moralisch handeln.
Wie begründet Kant, dass (1) das zu erwartende Ergebnis, Erfahrungen
und (2) alle Formen von „Neigungen“ (u.a. Vorlieben, Gefühle,
Sympathien) in moralischen Fragen keine Rolle spielen sollen?
Eine Handlung aus Vernunft schließt nach Kant ausdrücklich eine Handlung
anhand des Ergebnisses, der Erfahrung oder der Gefühle aus.
Zu (1): Eine im besten Sinne vernünftige Entscheidung lässt sich nicht von potentiellen Ergebnissen leiten, der Zweck kann nach Kant niemals die Mittel „heiligen“. Eine Handlung, die durch den Guten Willen motiviert ist, ist nur durch das Wollen gut, nicht durch das, was der Gute Wille bewirken soll oder tatsächlich bewirkt. Das sich konkret einstellende Ergebnis ist also in jeder Hinsicht irrelevant. Kant begründet das so: Moralisch gute Handlungen können zu guten und schlechten Ergebnissen bzw. Erfahrungen (für mich und/oder andere) führen, genauso wie moralisch schlechte Handlungen zu guten und schlechten Ergebnissen bzw. Erfahrungen (für mich und/oder andere) führen können. Es gibt demnach keine eindeutige Kausalität.
Im diesem Sinne ist Kants Ethik auch eine Ethik a priori, d.h. der Erfahrung vorgelagert ist. Als Mensch kann ich auch ohne jegliche Erfahrung, allein durch
an der Vernunft und dem Guten Willen orientiertes Nachdenken herausfinden, was moralisch richtig ist. Das geschieht konkret mit dem Kategorischen Imperativ.
Erfahrungen können auch individuell unterschiedlich und zufällig sein, so dass jeder eine andere Vorstellung von Moral hat. Das kann dann aber nicht Grundlage eines allgemeinen Moralprinzips sein.
Zu (2): Nach Kant ist eine echte moralische Handlung auch nicht durch Gefühle, Sympathie oder Liebe (er nennt dies alles „Neigungen“) motiviert. Denn wie
kann es z.B. richtig sein, einem Menschen, den ich sehr mag, zu helfen und einem anderen, der in genau der gleichen Situation ist, und den ich nicht mag,
nicht zu helfen? Es besteht die Gefahr primär aus Egoismus zu helfen, weil man z.B. gemocht werden will.
Außerdem sind nach Kant Gefühle subjektiv und können deshalb auch nicht Grundlage eines allgemeinen Moralprinzips sein. Bei einer Orientierung der
Moral an Gefühlen, würde jeder seine individuelle Moral aufstellen. Bei der Orientierung an der Vernunft hingegen kämen letztlich alle zu den gleichen
Moralvorstellungen, weil es nach Kant nur eine Vernunft gibt.
c) Worin besteht der Unterschied zwischen einer „pflichtmäßigen“ Handlung und einer Handlung „aus Pflicht“? Wieso ist Handeln „aus Pflicht“ kein Zwang?
„Pflichtmäßige“ (manchmal auch „pflichtgemäße“ genannte) Handlungen sind jene, die man tun darf und soll, weil die Gemeinschaft es so vorschreibt, entweder als Gesetz oder in Form des informellen sozialen Moralkodexes. Diese Handlungen sind nach Kant keine echten moralischen Handlungen, denn im Sinne der Aufklärung geht es darum, dass sich die Menschen aus Unmündigkeit und Unterordnung, d.h. Fremdbestimmung, befreien und zu einem selbstbestimmten, autonomen Wesen werden. Eine Handlung „aus Pflicht“ entsteht aus der individuellen Achtung vor dem moralischen Gesetz, also jenen Grundsätzen in der Ideenwelt, die gelten würden,
wenn alle Menschen sich – also auch ich mich – von dem Guten Willen leiten lasse/n. Nur eine Handlung „aus Pflicht“ ist nach Kant eine echte moralische
Handlung. Auch wenn Pflicht sich wie Zwang anhört, ist es das nach Kant nicht der Fall, da jeder Mensch völlig frei ist in seinen moralischen Entscheidungen.
Daher kann jeder Mensch „aus Pflicht“ nur aus eigenem Antrieb handeln. Eine echte moralische Entscheidung setzt nach Kant immer Freiheit voraus. Wenn
das Individuum sich für eine Orientierung an dem Guten Willen entschieden hat, dann ist es der eigene Wunsch, aus Pflicht zu handeln, sonst natürlich nicht.
d) Was ist der Unterschied zwischen einem hypothetischem Imperativ und einem kategorischen Imperativ? Ordnen Sie die folgenden Imperative jeweils ein (hypothetischer Imperativ oder Maxime, die den kategorischen Imperativ besteht):
- Wenn mein Unternehmen der größte Automobilkonzern der Welt
werden soll, sollte ich pro Tag mindestens 100.000 Autos verkaufen. - Immer wenn ein Mensch in Geldnot ist, schenke ich ihm 100€.
- Ich sage immer die Wahrheit.
- Wenn ich meinen Freunden eine Freude machen möchte, dann sollte
ich sie am Wochenende zum Essen einladen.
Aufgabenstellung:
1. und 4. sind hypothetische Imperative, 2. und 3. sind Maximen, von denen man wollen kann, dass sie ein allgemeines Gesetz werden, also kategorische Imperative.
Hypothetische Imperative sind Handlungsanweisungen, die abhängig sind von
ihren „wenn“-Bedingungen. Sie beruhen auf individuellen Zielen, Absichten,
Interessen und Neigungen:
• „Wenn ich eine gute Betriebswirtin werden will, dann studiere ich 6 Stunden
am Tag.“ Dies ist ein hypothetischer Imperativ, denn er gilt nur, wenn ich
eine gute Betriebswirtin werden will.
• „Wenn ich glücklich werden will, sollte ich 100.000 € sparen.“ Das ist dann
meine Vorstellung von Glück. Jeder kann eine andere Vorstellung haben,
daher ist das Gebot nur hypothetisch.
D.h. Menschen können sich hinsichtlich ihrer Neigungen, Interessen, Wünsche,
Glücksvorstellungen unterscheiden, daher gibt es unterschiedliche hypothetische
Imperative.
In einem unterscheiden sich die Menschen allerdings nicht: in ihrem Vermögen
bzw. ihrer Begabung zur Vernunft. Wenn Vernunft also das einzige Ziel bzw.
Zweck ist und keinerlei individuelle Zwecke im Sinne von eigenen Wünschen,
Glücksvorstellungen, Absichten, Interessen etc. (Neigungen) mehr vorhanden
sind, dann müssen die dazugehörigen Imperative für alle Menschen gelten. Das
sind kategorische Imperative. Sie gelten für alle Menschen ohne Ausnahme in
allen Situationen zu jeder Zeit, d.h. es sind universale Prinzipien.
Die Hauptformel des Kategorischen Imperativs lautet: „Handle nur nach
derjenigen Maxime von der du zugleich wollen kannst, dass sie eine allgemeines
Gesetz werde.“
Eine Nebenformel lautet: „Handle so, als ob die Maxime deiner Handlung durch
deinen Willen zum allgemeinen Naturgesetze werden sollte.“
Die Zweckformel des Kategorischen Imperativs lautet:„ Handle so, dass du die
Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden anderen,
jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst.“
e) Wann sind nach Kant Menschen frei
- Wenn sie BWL studieren, weil ihre Eltern vorgesehen haben, dass sie den
elterlichen Betrieb übernehmen? - Wenn sie sich aufgrund ihrer Vorliebe für Pizza für Pizza und nicht für Salat
entscheiden? - Wenn sie aufgrund ihrer Empathie für ihre Verwandten diese im Alter
pflegen? - Wenn sie sich einen Pullover kaufen, weil jemand, dem sie auf Instagram
folgen, darin so cool ausgesehen hat und sie ihn jetzt auch haben wollen? - Wenn sie entgegen ihrem Spaß an Sport nicht Sportwissenschaften, sondern
aus Vernunftgründen Medizin studieren, um später bei Ärzte ohne Grenzen zu
arbeiten? - Wenn sie jeden Morgen drei Mal den Sonnengruß machen, weil der YogaLehrer das so vorgeschlagen hat?
Rekapitulation des Kantischen Freiheitsbegriffs (vereinfacht):
In einer Hinsicht gleichen sich die Menschen: Sie haben z.B. Hunger und Durst, d.h. sie unterliegen bestimmten „Naturgesetzen“, die sie allerdings nicht frei
gewählt haben. Ich muss etwas trinken, weil ich Durst habe und sonst nichtüberlebe. Durst habe ich nicht frei gewählt. Allerdings habe ich nach Kant auch
nicht frei gewählt, Schokoeis lieber zu mögen als Vanilleeis. Es sieht nachWahlfreiheit aus, aber eigentlich versuche ich bei der Konsumentscheidung für
eine Eissorte nur herauszufinden, welche Wahl meinen Vorlieben oder meinerLust oder meiner Freude mehr entgegen kommt. Weil ich mir nach Kant meine
Vorliebe für Schokoeis nicht ausgesucht habe, handle ich dann aber nicht frei.Ökonomen hingegen würden sagen, ich verfüge über Konsumentensouveränität,
weil ich die Wahlmöglichkeit unter verschiedenen Eissorten habe, d.h. gemäßmeinen Neigungen (ökonomisch: „Präferenzen“) eine Konsumentscheidung
treffen kann, und diese Konsumentensouveränität wäre als eine Form von Freiheit zu verstehen. Der Kantische Freiheitsbegriff und der ökonomische Freiheitsbegriff sind hier also konträr. Kant geht in dieser Hinsicht aber noch einen Schritt weiter. Er sagt, wenn ich
mich z.B. entschieden habe, Mathematik zu studieren, weil ich so viel Freude daran habe und/oder talentiert bin, dann handle ich nicht frei, weil ich mir meine Vorliebe und/oder mein Talent für Mathematik nicht ausgesucht habe. Wenn ich hingegen Mathematik studiere, um meinen Eltern und Freunden zu imponieren, dann bin ich auch nicht frei. Wenn ich es mache, um reich zu werden, mache ich es meiner Vorliebe wegen reich zu werden, die z.B. anerzogen oder kulturell bestimmt ist. In jedem dieser Fälle bin ich fremdbestimmt („heteronom“). Ich
handle zugunsten von Zwecken, die mir äußerlich sind. Als Mensch unterscheide ich mich dann in dieser Hinsicht eigentlich nicht von einer Billardkugel (einer Sache).
Eigentlich kann ich nach Kant nur in einer Hinsicht frei sein, nämlich wenn ich mir selbst einen Zweck gebe und nicht dem Diktat der Natur(gesetze), der Gene, der Freunde, der Eltern der Kultur oder der gesellschaftlichen Übereinkunft folge. Ich wähle den Zweck als solches (im Gegensatz zu: ich wähle die Mittel für mir von außen vorgegebenen Zwecken). Den Zweck also solches zu wählen ist eine Entscheidung, die nur Menschen treffen können, nicht Billardkugeln. Diese Fähigkeit des Menschen selbstbestimmt zu handeln, gibt dem Menschen seine Würde (Unterschied von Menschen und Sachen). Wir sind nach Kant dann frei, wenn wir uns ein „Gesetz“ geben, das aus der Vernunft kommt, das
„moralische Gesetz“. Freie Entscheidungen nach Kant bedeuten also gerade, dass ich in der Lage bin, unabhängig von meinen Neigungen, Wünschen,
Interessen etc. zu entscheiden. Daher fallen nach Kant Pflicht und Selbstbestimmung zusammen, und ohne
Selbstbestimmung kann es keine echte moralische Verantwortung geben.
Aufgabenstellung:
Bei 1., 2., 3., 4. und 6. ist man nach Kant nicht frei, bei 5. ist man frei.
Freiheit ist die Voraussetzung für Moralität. Bei 5. handelt es sich aber um einen
hypothetischen, nicht um einen kategorischen Imperativ, daher nicht um echte
Moralität nach Kant.
Angenommen, Sie stehen in einem Supermarkt vor der Tiefkühltruhe und
überlegen sich, Garnelen zu kaufen, wollen aber ihren Konsum an der Ethik von
Kant ausrichten. Da Kant die Aufbietung aller Mittel fordert, informieren Sie
sich noch im Supermarkt mittels ihres Smartphones über die Produktionsbedingungen und finden heraus, dass die Garnelen mit Sklavenarbeit hergestellt
wurden. (Gehen Sie im Folgenden davon aus, dass diese Information richtig ist.)
Wie entscheiden Sie sich, wenn Sie der Ethik von Kant folgen?
Stellen Sie zunächst die Maxime für den Garnelenkauf auf und argumentieren
Sie dann anhand des Kategorischen Imperativs (Hauptformel und Nebenformel
bzw. Zweckformel). Beachten Sie genau alle einzelnen Schritte. Begründen Sie
Ihre Argumentation!
Hinweis: Sie können sich unter http://blog.zeit.de/schueler/2014/09/04/kantmenschheits-zweck-formel-konsum-ethik/ Hilfestellung für die Lösung holen.
- Ich entscheide mich probehalber für eine Handlungsalternative. In der Aufgabenstellung steht, die Entscheidung soll zugunsten des Garnelenkaufs im Supermarkt überprüft werden.
- Nach Kant werden nie einzelne Handlungen, sondern immer nur individuelle Grundsätze des Handelns auf Moralität hin überprüft. Ich formuliere daher eine Maxime, einen individuellen Grundsatz des Handelns, z.B.: „Ich kaufe stets Lebensmittel, die mit Sklavenarbeit hergestellt wurden.“
Alternative wäre als Maxime auch möglich: „Wenn ich billige Lebensmittel will, greife ich auf solche zurück, die mit Sklavenarbeit hergestellt wurden.“
Zwar steht in der Aufgabenstellung nicht, dass das Motiv ist, billig einzukaufen, aber das kann man daraus folgern, dass man die Garnelen im
Supermarkt und nicht im Feinkostgeschäft kauft.
Hinweise: In dem oben erwähnten Zeitungsartikel steht als Maximenvorschlag: „Willst du billige Produkte, greife auf Sklavenarbeit zurück.“ Die
Maxime ist nicht richtig formuliert, weil eine Maxime ein individueller Grundsatz des Handelns ist, daher darf „du“ darin nicht vorkommen.
Korrekt wäre es: „Wenn ich billige Produkte will, greife ich auf Sklavenarbeit zurück.“ Ob man in der Maxime „Produkte“ oder „Lebensmittel“ schreiben sollte, kann nicht eindeutig beantwortet werden, es sollte sich allerdings um eine Verallgemeinerung handeln, d.h. der alleinige Bezug auf Garnelen wäre zu konkret. Statt „Sklaverei“ zu schreiben „schlechte Produktionsbedingungen“
wäre allerdings zu unkonkret, weil wir dann spekulieren müssten, was mit „schlecht“gemeint ist. Darunter können auch z.B. umweltschädliche
Produktionsweisen fallen, die gegebenenfalls anders zu behandeln wären als Sklavenarbeit.
Es gibt keine Hilfestellungen von Kant, wie wir Maximen aufzustellen haben. Aber es gibt einige Praktiken, die sich bewährt haben. Man sollte z.B. auch keine Bewertungen in die Maximen schreiben, z.B. „menschenunwürdige
Produktionsbedingungen“. Damit wäre bereits eine starke Wertung in der Maxime impliziert. Diese Wertung soll aber erst in der Überprüfung unter 4.
erfolgen. - Ich verallgemeinere meine Maxime zu einem allgemeinen Gesetz: „Alle Menschen sollen stets Lebensmittel kaufen, die mit Sklavenarbeit
hergestellt wurden.“ Oder analog zu der alternative Maxime oben das allgemeine Gesetz: „Alle
Menschen, die billige Lebensmittel wollen, sollen auf solche zurückgreifen, die mit Sklavenarbeit hergestellt wurden.“ Die Hauptformel des Kategorischen Imperativs lautet: „Handle nur nach
derjenigen Maxime von der du zugleich wollen kannst, dass sie eine allgemeines Gesetz werde.“ Bei dem „wollen“ ist der Gute Wille
entscheidend! Die Zweckformel des Kategorischen Imperativs, eine weiter Nebenformel,
lautet: „ Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden anderen, jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst.“ - Überprüfung im Sinne der Vernunft (nach Kant) v.a. anhand von drei Fragen:
(1) Kann ich es als allgemeines Gesetz bzw. Naturgesetz für die gesamte
Menschheit ohne logischen Widerspruch denken?
Ich frage, ob das allgemeine Gesetz einen logischen Widerspruch beinhaltet. Das ist nicht der Fall, denn wenn alle Lebensmittel kaufen, die mit
Sklavenarbeit hergestellt wurden, dann ist es immer noch möglich, dass ich Lebensmittel kaufe, die mit Sklavenarbeit hergestellt wurden. D.h. die
Ausübung des Gesetzes läuft meiner Maxime nicht zuwider. Die Maxime hebt sich nicht selbst auf. (Kant schließt hier manchmal noch die Frage an, ob die Menschheit von diesem Gesetz zugrunde gehen würde, was hier auch
verneint werden kann.)
(2) Kann ich es als allgemeines Gesetz bzw. Naturgesetz für die gesamte
Menschheit wollen? Das Motiv ist offensichtlich ausschließlich egoistischer Natur, ich will etwas
Leckeres essen, und es soll für mich billig sein. Etwas, was ausschließlich egoistischer Natur ist, kann nicht dem Guten Willen folgen. Ich kann auch 3. heranziehen, denn 3. ist eigentlich eine Unterform von 2.
(3) Benutze ich mich selbst und/oder andere nur als Mittel für einen Zweck
oder sehe ich mich und/oder andere immer auch als Zweck, nie nur als
Mittel? Beachte ich meine Menschenwürde und die der anderen? Nach der Zweckformel frage ich: Werden andere Menschen nur als Mittel für
meine eigenen oder die Zwecke anderer eingesetzt, ohne die Menschen auch als Zweck an sich zu sehen? Mit anderen Worten: Wird die Würde anderer Menschen ausreichend beachtet? Bei Sklavenarbeit ist das der Fall, denn die Menschen werden gezwungen zu arbeiten, haben keine Wahl, welche Arbeit sie ausüben, keine Freizeit und erhalten keine Bezahlung, d.h. sie sind
überhaupt keine autonome Wesen mehr in dieser Sklavenarbeit und haben nur noch den Zweck Produkte herzustellen, damit andere Menschen Gewinn erzielen oder billiges Essen genießen. Sie werden also von anderen Menschen vollständig für ihre eigenen Zwecke instrumentalisiert.
- Fazit: Das aus meiner Maxime formulierte allgemeine Gesetz widerspricht
der Zweckformel und daher dem Guten Willen. Die Maxime kann nicht
verallgemeinert werden. Daher sollte ich die Garnelen nicht kaufen.
Angenommen, Sie träumen seit Jahren davon nach Australien zu reisen, aber Sie können sich insbesondere den Flug nicht leisten. Sie lesen von einer australischen Fluglinie, die jedem Menschen einen (Hin- und Rück-) Flug nach Australien bezahlt, wenn dieser sich eine Glatze rasiert, sich auf die Glatze groß
www.australianwings.com tätowieren lässt und mindestens einen Monat ohne Kopfbedeckung damit herumläuft (abstrahieren Sie von der Beweislage).
a) Angenommen, das Hauptmotiv für Ihre Reise nach Australien ist, glücklich bzw. glückselig zu sein. Erläutern Sie, warum nach der Ethik von Kant das Streben nach Glück bzw. Glückseligkeit nicht mit dem Streben
nach Moralität zusammen fällt.
Dafür gibt es mehrere Gründe:
1. Ein glückseliger Mensch ist nach Kants Vorstellung nicht zwingend ein
Mensch guten Willens. Nichts garantiert, dass Glückseligkeit moralisch
akzeptable Handlungen hervorruft, im Gegenteil: Hier kann der Flug nach
Australien, der mich glücklich macht, z.B. stark klimaschädliche Effekte haben.
2. Kein Mensch, der nach Glück strebt, weiß genau, wie er es erreichen kann.
Wenn wir nach Australien reisen, meinen wir glücklich zu werden, aber
vielleicht wird auch das Gegenteil eintreten, z.B. weil wir krank werden oder die
Hitze nicht vertragen.
4. Nach Kant ist Glück eine empirische Kategorie, d.h. etwas was wir erfahren.
Wir schließen von früheren auf zukünftige Glückszustände, z.B. von einer
früheren Reise auf zukünftige Reisen. Kant leitet hingegen die Moral aus der
Vernunft ab, die der Erfahrung vorgelagert ist.
3. Glückseligkeit ist nicht der eigentliche Zweck der menschlichen Natur,
sondern Vernunft, daher sollten Menschen auch nicht nach Glückseligkeit,
sondern nach Vernunft in Form von Moralität streben.
Angenommen, Sie träumen seit Jahren davon nach Australien zu reisen, aber Sie können sich insbesondere den Flug nicht leisten. Sie lesen von einer australischen Fluglinie, die jedem Menschen einen (Hin- und Rück-) Flug nach Australien bezahlt, wenn dieser sich eine Glatze rasiert, sich auf die Glatze groß
www. australianwings.com tätowieren lässt und mindestens einen Monat ohne Kopfbedeckung damit herumläuft (abstrahieren Sie von der Beweislage).
b) Erläutern Sie im Folgenden, wie Sie sich entscheiden würden, wenn Sie der Ethik von Kant folgen. Gehen Sie dabei von der Handlungsalternative des Tätowierens und der Inanspruchnahme der für Sie kostenlosen Flüge
aus. Folgen Sie detailliert allen weiteren Schritten und begründen Sie ausführlich Ihre Entscheidung im Sinne der Ethik von Kant.
Nach Kant handle ich moralisch, wenn ich mich an dem guten Willen orientiere. Dafür stelle ich zunächst eine Maxime auf, d.h. einen individuellen Grundsatz
des Handelns, und überprüfe ihn mit dem Kategorischen Imperativ Maxime: Immer wenn ich mir ein Gut (Ware oder Dienstleistung) nicht leisten
kann, und ich es durch Tätowieren von Werbung auf meinem Körper kostenlos
erhalten kann, dann tue ich es.
Allgemeines Gesetz: Alle Menschen, die sich ein Gut (Ware oder
Dienstleistung) nicht leisten können, und es durch Tätowieren von Werbung auf
ihrem Körper kostenlos erhalten können, sollen das tun.
Nach dem Kategorischen Imperativ soll ich nur nach derjenigen Maxime
handeln, von der ich zugleich wollen kann, dass sie ein allgemeines Gesetz bzw.
Naturgesetz werde. Eine Nebenformel des Kategorischen Imperativs, die
Zweckformel lautet: Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner
Person, als in der Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck,
niemals bloß als Mittel brauchst.
Zur Überprüfung stelle ich folgende Fragen:
1. Handelt es sich um einen logischen Widerspruch? Ein logischer
Widerspruch könnte darin gesehen werden, dass so viele Menschen derartige
Angebote in Anspruch nehmen, dass diese über „normale“ Verkäufe ihre Kosten
nicht mehr decken können und dann das Angebot der kostenfreien Güter gegen
Tätowierung von Werbung einstellen. Dann kann ich durch Wirksamwerden des
allgemeinen Gesetzes meine Maxime nicht mehr realisieren. Ein anderer
logischer Widerspruch kann darin liegen, dass bei vielen Tätowierungen bei
einer Person irgendwann auch keine freien Körperstellen mehr vorhanden sind.
2. Ist es als Naturgesetz denkbar und kann ich das Naturgesetz wollen? Wird
die Menschheit das überleben? Die Menschheit würde sicherlich überleben, da
die gesundheitlichen Risiken der Tätowierung nicht so groß sind, dass die
Menschen daran sterben. Ob ich es als Naturgesetz wollen kann, ist schon
fraglich, weil ich jedes Mal, wenn ich mit einem Menschen face to face
kommuniziere mit einem Werbebanner konfrontiert bin, d.h. ich sehe ihn nie nur
als Mensch sondern immer auch als Werbebanner, was sicherlich auch
unerwünschte Auswirkungen auf die Kommunikation zwischen Menschen
haben kann, deren höchstes Ziel die Vernunft sein sollte.
3. Zweckformel: Wenn ich der Maxime folge, dann lasse ich mich für die
Zwecke anderer, hier der Airline, möglichst viel Umsatz zu erzielen,
instrumentalisieren. Auch wenn ich dafür bezahlt werde, verletze ich damit
meine eigene Menschenwürde, denn nach Kant soll alles, was eine Würde hat,
keinen Preis haben (Reich der Zwecke). Wenn ich also meinem Kopf eine
Würde zuspreche, dann darf ich dafür auch nicht gegen Bezahlung anderen
Menschen erlauben über ihn zu verfügen. Ich verletze sonst die Pflicht gegen
mich selbst. Ich verletze damit meine eigene Menschenwürde. Zu beachten ist
hier auch, das nach Kant ein Mensch sich nicht selbst bzw. seinen Körper
besitzt, weil es keine Sache ist. Nach Kant kann man nur Sachen besitzen, diese haben dann auch einen Preis. Aber etwas, was Würde hat, kann nach Kant
keinen Preis haben, daher sollte ich mich selbst auch nicht zur Sache
degradieren indem ich einen Teil meines Körpers als Werbebanner verkaufe.
Die Verletzung der Zweckformel steht hier im Vordergrund.
Fazit: Die Maxime ist nicht verallgemeinerbar, ich sollte die Handlung der
Tätowierung und der Inanspruchnahme der Flüge unterlassen.
Angenommen, Sie arbeiten als Geschäftsführer bei einem großen privaten Elektronikhersteller, der im Hochpreissegment qualitativ hochwertige Drucker
produziert. Da die Finanzkapitalgeber mit der Gewinnmarge unzufrieden sind, überlegen Sie, den Ingenieuren in der Forschung und Entwicklung den Auftrag zu erteilen, die Drucker technisch so zu manipulieren, dass dieser nach 1000 Seiten Druck komplett ausfallen, d.h. nicht mehr funktionieren (und dieser Defekt auch nicht mehr behoben werden kann). Die Händler und Kunden sollen darüber nicht informiert werden. Vor ein paar Jahren hatte es eine ähnliche Situation gegeben mit geringen Gewinnmargen. Damals hatte das Unternehmen auch die Produktqualität absichtlich verschlechtert. Sie hatten damals die Kunden nicht informiert und es waren keine Kundenbeschwerden eingegangen. Da Sie wussten, dass solche Praktiken in der Branche üblich sind, hatten Sie damals auch kein schlechtes Gewissen.
Angenommen, Sie haben sich jetzt vorgenommen, der Ethik von Kant zu folgen.
a) Formulieren Sie eine Maxime für die Druckermanipulation. Beachten Sie genau alle folgenden Schritte der Kantischen Vorgehensweise. Zu welchem Ergebnis kommen Sie und wie begründen Sie dieses?
Hinweis: In dem folgenden Dokumentarfilm finden Sie weitere Informationen zu dem Thema der geplanten Obsoleszenz: Kaufen für die
Müllhalde, geplante Obsoleszenz, ARTE, 15.02.2011
https://www.youtube.com/watch?v=xaQyoAt6O58
- Ich entscheide mich probehalber für eine Handlungsalternative, hier den Drucker technisch so zu manipulieren, dass er nach 1.000 Druckseiten
irreversibel ausfällt. - Ich formuliere eine Maxime, d.h. einen individuellen Grundsatz des Handelns, z.B.: „Ich verkaufe (Elektronik)Produkte mit geplanter technischer Obsoleszenz, verschweige die Verschlechterung der Produktqualität vor den Kunden mit dem Ziel, den Gewinn des Unternehmens zu erhöhen.“
- Ich verallgemeinere meine Maxime zu einem allgemeinen Gesetz: „Alle Unternehmen von (Elektronik-)produkten sollen Produkte mit
geplanter technischer Obsoleszenz verkaufen, die Produktmängel vor den Kunden verschleiern mit dem Ziel den Gewinn des Unternehmens zu erhöhen.“ - Überprüfung
Die Hauptformel des Kategorischen Imperativs lautet: „Handle nur nach derjenigen Maxime von der du zugleich wollen kannst, dass sie eine allgemeines Gesetz werde.“ Die Zweckformel des Kategorischen Imperativs, eine weitere Nebenformel lautet: „ Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden anderen, jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst.“
Überprüfung im Sinne der Vernunft (nach Kant) v.a. anhand von drei Fragen:
(1) Kann ich es als allgemeines Gesetz bzw. Naturgesetz für die gesamte Menschheit ohne logischen Widerspruch denken? Hier liegt ein logischer Widerspruch vor, der analog zu dem Verbot des
falschen Versprechens (Lügenverbot) von Kant dargelegt werden kann. Hier lässt sich argumentieren: Wenn es ein allgemeines Gesetz wäre, dass Verkäufer qualitativ schlechte Produkte bei Verschleierung der Produktmängel vor den Kunden verkaufen, um den Gewinn zu erhöhen, dann hätte man keinen
Wettbewerbsvorteil gegenüber Unternehmen, die das nicht machen, weil alle Unternehmen (die Elektronikgeräte herstellen) es machen. Dadurch wäre es auch für mich als Verkäufer nicht mehr möglich, mit dieser Strategie meinen Gewinn zu erhöhen. D.h. ich kann als einzelner mit der Strategie qualitativ schlechte Produkte durch Verschleierung der Produktmängel zu verkaufen nur dann erfolgreich sein, wenn andere weiterhin qualitativ hochwertige
Produkte verkaufen. Genau das wäre aber bei einem allgemeinen Gesetz nicht mehr der Fall. Bei Gültigkeit des allgemeinen Gesetzes werde ich als Verkäufer meine Maxime nicht mehr realisieren können, daher liegt hier ein logischer Widerspruch vor. (Man beachte, dass hier zwar die handlungsinternen Folgen betrachtet werden, aber diese werden rein logisch, nicht empirisch betrachtet.)
(2) Kann ich es als allgemeines Gesetz bzw. Naturgesetz für die gesamte Menschheit wollen?
Da bereits ein logischer Widerspruch gefunden wurde, müssen (2) und/oder
(3) nicht unbedingt, können aber noch überprüft werden (was meistens in der
Aufgabenstellung auch gefragt wird). Man könnte hier z.B. argumentieren, dass man eine Wirtschaft, die auf Täuschung aufgebaut ist nicht wollen kann,
weil vertrauensvolle Beziehungen zwischen Kunden und Herstellern den Grundlagen funktionierenden Wirtschaftsbeziehungen zuwider laufen.
(3) Benutze ich mich selbst und/oder andere nur als Mittel für einen Zweck oder sehe ich mich und/oder andere immer auch als Zweck, nie nur als
Mittel? Beachte ich meine Menschenwürde und die der anderen? Es ließe sich hier insofern auch mit der Zweckformel argumentieren, als dass
ich die Kunden für meine Zwecke oder die Zwecke anderer (höheres Gehalt bzw. höheren Gewinn) benutze und nicht die Kunden auch als Zweck sehe,
die unter anderem die Absicht haben, für einen normalen Preis gute Qualität zu erhalten.
- Ich entscheide mich gegen die Maxime und gegen den Verkauf bei Verschleierung der Produktmängel. Eigentlich müsste jetzt noch die gegenteilige Maxime neu überprüft werden, z.B.: „Ich produziere nur
Produkte mit den technisch höchst möglichen Qualitätsstandards, unabhängig von der Auswirkung auf den unternehmerischen Gewinn.“ Erst mit der positiven Klärung dieser Maxime wäre die Handlung der Offenlegung der Produktmängel vor den Kunden moralisch. Wenn nicht anders angegeben, reicht die Überprüfung einer Handlungsalternative und einer Maxime.
Angenommen, Sie arbeiten als Geschäftsführer bei einem großen privaten Elektronikhersteller, der im Hochpreissegment qualitativ hochwertige Drucker
produziert. Da die Finanzkapitalgeber mit der Gewinnmarge unzufrieden sind, überlegen Sie, den Ingenieuren in der Forschung und Entwicklung den Auftrag zu erteilen, die Drucker technisch so zu manipulieren, dass dieser nach 1000 Seiten Druck komplett ausfallen, d.h. nicht mehr funktionieren (und dieser Defekt auch nicht mehr behoben werden kann). Die Händler und Kunden sollen darüber nicht informiert werden. Vor ein paar Jahren hatte es eine ähnliche Situation gegeben mit geringen Gewinnmargen. Damals hatte das Unternehmen auch die Produktqualität absichtlich verschlechtert. Sie hatten damals die Kunden nicht informiert und es waren keine Kundenbeschwerden eingegangen. Da Sie wussten, dass solche Praktiken in der Branche üblich sind, hatten Sie damals auch kein schlechtes Gewissen.
b) Welche Rolle sollten nach Kant bei einer moralischen Entscheidung ihre Erfahrung und die branchenüblichen Praktiken haben?
Die Erfahrung ist nach Kant irrelevant, denn Erfahrung ist für ihn ein Feind der Moral. Aus guten Erfahrungen abzulesen, dass man moralisch gehandelt hat,
kann nicht grundsätzlich vernünftig sein, denn dafür gibt es zu viele Gegenbeispiele (z.B. handelt ja ein Bankräuber, der nicht gefasst wird, also eine gute
Erfahrung macht, nicht moralisch.) Kants Ethik ist der Erfahrung vorgelagert (Ethik a priori), nur aus der reinen Vernunft begründet. Branchenüblichen Praktiken zu folgen, wäre eine pflichtmäßige Handlung, also
eine die dem gängigen Moralkodex folgt, aber keine Handlung aus Pflicht, d.h. aus Achtung vor dem moralischen Gesetz, die den Guten Willen als höchstes
Gut anerkennt. Nur eine Handlung aus Pflicht ist eine echte moralische Handlung. Die Tatsache, dass ich beim letzten Mal kein schlechtes Gewissen hatte, lag also darin, dass ich dem allgemeinen,branchenübergreifenden Moralkodex folgte, nach Kant hätte ich aber eine Maxime aufstellen und diese als allgemeines Gesetz überprüfen sollen. Weitere Hinweise zur Argumentation: Es wäre hier falsch, nach Kant wie folgt zu argumentieren:
• „Ich kann ja als Kunde auch nicht wollen, so behandelt zu werden, d.h. dass mir bei qualitativ hochwertigen Produkten Produktmängel verschwiegen werden.“ Hier wird die Goldene Regel angewendet und nicht der Kategorische Imperativ von Kant. Wenn ich so argumentiere, ist das Motiv möglicherweise nur ein hoher Nutzen für mich selbst, es handelt sich also möglicherweise um ein aufgeklärtes Eigeninteresse in Form strategischer Reziprozität. (Es kann auch ethische Reziprozität vorliegen, aber das ist nicht garantiert.) Der eigene Nutzen darf aber nach Kant niemals als Handlungsmotiv zugrunde liegen, sondern ausschließlich der Gute Wille.
• „Der Nutzenverlust für die Konsumenten und das Unternehmen (langfristig
gesehen Reputationsverlust) wären zu hoch.“ In dieser Argumentation ist der spezielle oder allgemeine Nutzen das höchste Gut und es wird zu stark ergebnisorientiert, konkret utilitaristisch, argumentiert. Nach Kant berücksichtigen wir zwar auch logische Konsequenzen von Handlungen, aber keine konkreten Ergebnisse. Nach Kant ließe sich argumentieren, dass das Wirksamwerden der Maxime die Grundlagen von funktionierenden Wirtschaftsbeziehungen zerstören, was wiederum dem Zweck des Wirtschaftens zuwider läuft.
Die Ethik von Kant in Unternehmen
Erläutern Sie kurz, ohne die konkrete schrittweise Überprüfung, warum die folgenden Aussagen und Handlungen von Unternehmern kein moralisches Denken und Verhalten im Sinne der Ethik von Kant
widerspiegeln.
a) „Als Unternehmer muss ich Gewinne machen, sonst kann ich als Unternehmer nicht überleben. Also muss ich alle Entscheidungen, auch alle moralischen Entscheidungen im Unternehmen so treffen, dass ich
zumindest keinen Verlust mache. Mehr kann niemand von mir erwarten, das entspricht unserem Wirtschaftssystem.“
Nach Kant darf individuelles Interesse gar keine Rolle spielen, auch wenn es hier nur ein moderates Interesse ist, keinen Verlust zu machen (und nicht
maximalen Gewinn). Wenn der Gute Wille erfordert, dass ich einen Verlust mache, dann habe ich das hinzunehmen, ebenso, dass das Unternehmen
möglicherweise bankrott geht und ich mir eine andere Arbeit oder ein anderes Tätigkeitsfeld als Unternehmer suchen muss. Das ist es, was Kant unter „Aufbietung aller Mittel“ verstanden hat. Außerdem handelt es sich bei dem Bezug auf unser Wirtschaftssystem um einen
Sein-Sollen-Fehlschluss, denn ich nehme an, dass unser Wirtschaftssystem deshalb moralisch maßgebend ist, weil es derzeit so existiert.
Die Ethik von Kant in Unternehmen
Erläutern Sie kurz, ohne die konkrete schrittweise Überprüfung, warum die folgenden Aussagen und Handlungen von Unternehmern kein moralisches Denken und Verhalten im Sinne der Ethik von Kant
widerspiegeln.
b) „Die Kunden in Deutschland fragen im Moment verstärkt Bioprodukte nach, der Markt boomt und die Gewinnmargen sind höher als bei konventionell hergestellten Nahrungsmitteln. Es ist daher moralisch
sinnvoll und gewinnsteigernd Bioprodukte herzustellen.“
Auch hier handelt es sich um einen Sein-Sollen-Fehlschluss, weil man sich in der moralischen Rechtfertigung auf den derzeitigen Trend bezieht.
Selbst wenn der Gute Wille erfordern würde, dass Bioprodukte herzustellen richtig ist, dann wäre es völlig irrelevant, wie sich das auf den Gewinn auswirkt.
Der Gute Wille ist an sich gut, unabhängig davon, was für mich dabei herausspringt. Oft vermischen sich zwar eigenes Interesse und Guter Wille, aber
solange ich nicht in der Lage bin, vollständig von eigenen Interessen zu abstrahieren, handle ich nicht moralisch im Sinn der Ethik von Kant
Die Ethik von Kant in Unternehmen
Erläutern Sie kurz, ohne die konkrete schrittweise Überprüfung, warum die folgenden Aussagen und Handlungen von Unternehmern kein moralisches Denken und Verhalten im Sinne der Ethik von Kant
widerspiegeln.
c) „Früher haben wir auch Wurst hergestellt, aber dann stieg meine Tochter ins Unternehmen ein und aufgrund ihrer großen Tierliebe haben wir uns entschieden aus ethischen Gründen auf Wurstproduktion zu
verzichten.“
Auch hier ist das primäre Motiv für „moralisches“ Verhalten eine Neigung, in diesem Fall die Tierliebe und nicht die Vernunft. Neigungen sollten bei moralischen Entscheidungen keine Rolle spielen. (Wäre die Neigungmaßgeblich, dann wäre es ja z.B. so, dass jemand, der gerne Fleisch ist, Fleischproduzent werden sollte.) Daher handelt es sich nicht um ein moralisches Verhalten im Sinne der Ethik von Kant.
Die Ethik von Kant in Unternehmen
Erläutern Sie kurz, ohne die konkrete schrittweise Überprüfung, warum die folgenden Aussagen und Handlungen von Unternehmern kein moralisches Denken und Verhalten im Sinne der Ethik von Kant
widerspiegeln.
d) „Wenn ich mich nicht entscheiden kann, ob ich z.B. den Mindestlohn oder einen höheren Lohn zahlen soll, die gesetzlichen Umweltstandards oder höhere Umweltstandards wählen soll, orientiere ich mich an dem, was die anderen Unternehmen machen.“
Das entspricht einer Orientierung an anderen, ist daher eine „pflichtmäßige“
Handlung, aber keine Handlung „aus Pflicht“. Der Branchen-Moralkodex
entspricht in der Regel dem, wie sich die meisten Unternehmen in der Branche
verhalten. Aber die meisten Unternehmen können sich irren, sich nicht an der
Vernunft orientieren. Außerdem ist auch dies ein Sein-Sollen-Fehlschluss.
Menschenwürde
Die Achtung der Menschenwürde ist ein zentrales Element der Kantischen
Theorie. In dieser Aufgabe wird gefragt, wie sich die Achtung der
Menschenwürde begrifflich genauer fassen lässt.
a) Schreiben Sie zunächst spezielle Situationen oder Alltagssituationen auf,
in denen Sie persönlich den Eindruck hätten, dass Ihre Menschenwürde
oder die Menschenwürde anderer Personen nicht geachtet wäre. Denken
Sie dabei an möglichst viele Lebensbereiche: in der Familie, bei einer Party,
im Urlaub, im Umgang mit Freunden, in der Schule/Universität, im
Sportverein, bei einer medizinischen Untersuchung/Behandlung, der
Behandlung durch die Polizei oder den Staat im Allgemeinen usw.
Hinweis: Es ging hier nicht darum, was Kant unter einer Missachtung der
Menschenwürde versteht, sondern was Sie darunter verstehen.
Was Sie und Ihre Kommilitonen hier vorgeschlagen haben:
(Auf einer Party) sexuelle Belästigung und das Ausnutzen eines Rauschzustandes.
• Entwürdigende Aufnahme- und Initiationsrituale (z.B. sich zu entkleiden).
• Ungewollte Aufnahmen (Foto, Film); auch von Unfallopfern
• Verbreiten von ungewollten Fotos, Filmen in sozialen Medien
• Antragstellung für eine Sozialleistung
• In der Schule/Uni: Mobbing, Beleidigung, Körperverletzung, Teamwahlen
im Sportunterricht, Diskriminierung, mangelnder gegenseitiger Respekt.
• Polizei/Zoll: „stop&frisk“ (das willkürliche Anhalten und Durchsuchen von
Menschen auf der Straße), Ausnutzen von Machtpositionen, bestimmte
Formen der Flughafenkontrolle (Öffnen von Koffern missachtet
Privatsphäre).
• Staat: Behandlung von Flüchtlingen: Grenzen zu ziehen, sie nicht in
bestimmte Länder reinzulassen, Hunger, schlechte hygienische Bedingungen,
keine Unterkunft, wenig körperlicher Schutz vor Angriffen, Zwang zum
Rücktransport.
• Formen der Diskriminierung, der Ablehnung, von Kontrollen.