Teil II Deskriptive Entscheidungstheorie 2 Kognitive Ursachen für eine unvollkommene Informationsverarbeitung Flashcards
Dreistufiger Phasenmodell der Informationsverarbeitung
Abbildung 2.1. Buch Seite 36
Hiernach gliedert sich die Informationsverarbeitung in Wahrnehmung, Verarbeitung
und Reaktion.
Warum gilt dreistufiges Modell sowohl für den Computer als auch den Menschen?
Wahrnehmung von Informationen: Beim Computer unterscheidet man, über welchen Eingangskanal die Information in das System gelangt. Ist es über die Tastatur, den Touchscreen oder die Maus? Oder wird vom System auf die Festplatte oder den Arbeitsspeicher zugegriffen? Beim Menschen wird unterschieden, ob die Informationen über die Augen (visuell), die Ohren (auditiv) oder weitere, in unserem Kontext weniger wichtige Eingangskanäle (Haut, Nase, …), in das innere System des Menschen gelangen. Daneben können auch Informationen aus dem Arbeits- oder dem Langzeitgedächtnis abgerufen werden.
- Verarbeitung: Beim Computer geschieht die Informationsverarbeitung durch den Prozessor, ggfs. unter Zuhilfenahme des Arbeitsspeichers. Beim Menschen übernimmt
diese Arbeit das Gehirn unter Rückgriff auf das Arbeitsgedächtnis. Hierbei zeichnet
sich das Gehirn dadurch aus, dass es in zweierlei „Schienen“ denken kann, entweder
räumlich oder verbal. - Reaktion: Beim Computer lässt sich unterscheiden, ob es zu einer Ausgabe am Bildschirm, Drucker oder Lautsprecher kommt. Bei den Antwortreaktionen des Menschen
wird im Wesentlichen unterschieden, ob eine manuelle oder verbale Reaktion hervorgerufen wird.
Drei kritische Faktoren,
die für Unvollkommenheiten im gesamten Prozess sorgen können
Der erste Faktor ist die Aufmerksamkeit, die beim Menschen durch seine kognitiven
Ressourcen eng limitiert ist. Schon im einführenden Kap. 1 dieses Buches wurde dargestellt, was passiert, wenn der Mensch seine Aufmerksamkeit auf mehrere System-2-
Entscheidungsprobleme gleichzeitig lenken muss. In einem solchen Fall gelangt er sehr
schnell an seine Kapazitätsgrenze und ersetzt die ressourcenverbrauchenden System-2-
Aktivitäten durch intuitive Prozesse mit einem wesentlich geringeren Bedarf an kognitiven Ressourcen und Aufmerksamkeit
An dieser Stelle konzentrieren wir uns erst noch auf die beiden anderen Faktoren, und
zwar die Wahrnehmung und die Verfügbarkeit von Gedächtnisinhalten.
So gibt es hier
nämlich ebenfalls Unvollkommenheiten, die dafür verantwortlich sind, dass in der Phase
der Informationsverarbeitung nicht die Informationen ankommen, die in einem perfekt
funktionierenden System (wie einem Computer) eigentlich ankommen müssten
Beschränkungen in der Wahrnehmung
Die Wahrnehmung von Informationen ist durch eine geringe Aufmerksamkeitsressource beschränkt. Menschen fltern deshalb Informationen und tun dies zu einem großen Teil unbewusst.
Vereinfachung
wenn Menschen krumme Beträge runden bzw. geringe Unterschiede – soweit
sie nicht offensichtlich von besonderer Bedeutung in der Entscheidungssituation sind –
schlicht und einfach vernachlässigen.1
Beispiel der Vereinfachung der Wahrnehmung
Sie können zwischen zwei Alternativen wählen: Einen sicheren Betrag von 50 € oder
ein Spiel, in dem Sie mit einer Wahrscheinlichkeit von 49 % einen Gewinn von 101 €
erhalten. Was machen Sie in Ihren Überlegungen? Sie konzentrieren sich auf das
Wesentliche und vereinfachen die Situation etwas. Der sichere Betrag ist aufgrund
der runden Summe leicht zu verstehen und kognitiv zu verarbeiten. Das Spiel ist
demgegenüber noch zu kompliziert. Im Grunde genommen handelt es sich um eine
Situation, in der Sie mit ca. 50 % Wahrscheinlichkeit einen Gewinn von ca. 100 €
erhalten. Genau mit dieser leichten Modifikation führen Sie nun den Vergleich durch.
In diesem Beispiel erscheint die Vereinfachung sinnvoll und unproblematisch. Interessant ist jedoch, dass durch eine so plausible Vereinfachung irrationale Entscheidungsmuster entstehen können, wie es das folgende Beispiel veranschaulicht.
Beispiel der intransitiven Präferenz Marketingabteilung
Bewerber B ist besser als A, C ist besser als B, aber C ist nicht besser als A, deswegen kommt es durch Vereinfachung der Wahrnehmung zu einem Kreis, der zu keiner Entscheidung führen kann (eigene Interpretation, nicht so im Buch) Seite 38
Selektive Wahrnehmung
Warum Menschen nicht alle Informationen aufnehmen können, die ihnen in irgendeiner
Form begegnen, sollte nun klar sein. Menschen selektieren daher in der Wahrnehmung.
Interessant ist jedoch, dass es in diesem Selektionsprozess eine bestimmte Systematik
gibt, die im Folgenden dargestellt wird.
Systematik der Selektiven Wahrnehmung
Die Systematik besteht im Wesentlichen darin, dass Menschen gerne das wahrnehmen, was sie erwarten bzw. wahrnehmen wollen. Warum dies so ist, wird durch die
Hypothesentheorie der sozialen Wahrnehmung erklärt.
Hypothesentheorie der sozialen Wahrnehmung
Nach dieser Theorie besteht die
Wahrnehmung aus einem dreistufgen Prüfverfahren: In Stufe 1 wird eine Wahrnehmungserwartungshypothese aktiviert, in der zweiten Stufe erfolgt die Eingabe von Informationen
über den Wahrnehmungsgegenstand und in Stufe 3 wird die Hypothese entweder bestätigt
oder, falls keine Bestätigung stattgefunden hat, wieder mit Stufe 1 begonnen, wobei nun
eine andere Wahrnehmungserwartungshypothese aktiviert wird.
eine andere Wahrnehmungserwartungshypothese aktiviert wird.
Hierbei gilt, dass mit der Stärke einer Hypothese nicht nur die Wahrscheinlichkeit
wächst, dass sie in der ersten Stufe aktiviert wird. Vielmehr wird auch in der zweiten Stufe
weniger Information benötigt, um diese Hypothese letztlich in der dritten Stufe zu bestätigen.
Beispiel der Hypothese der sozialen Wahrnehmung
Einen eindrucksvollen Beleg dieses Effekts kann man erhalten, wenn man Versuchspersonen die fünf Karten in Abb. 2.2 für ca. zwei Sekunden zeigt und sie anschließend
befragt, welche Karten sie gesehen haben.
Hierbei wird kaum jemand auf Anhieb erkennen, dass die vorderste der Karten als
schwarze Herz Drei gezinkt ist. Die Wahrnehmungserwartungshypothese, Karten mit einem roten Herz bzw. Karo oder mit einem schwarzen Pik bzw. Kreuz zu sehen, wird bei
den meisten Versuchspersonen derart stark sein, dass schon eine geringe visuelle Information ausreicht, um eine „normale“ Farbe zu erkennen. Einigen Personen wird die Information der grafschen Gestalt eines Herzens schon ausreichen, um an die Wahrnehmung eines
roten Herzens zu glauben. Den anderen wird die schwarze Farbe einer Kontur, die kein
Kreuz ist, als Grundlage für die Aussage reichen, ein schwarzes Pik gesehen zu haben.
Confrmation Bias
Der Mensch unterliegt in dieser Situation dem sogenannten Confrmation Bias, wobei
ausschließlich nach meinungskonformen Informationen in der Umwelt gesucht wird. Hat
man sich beispielsweise beim Neukauf eines Autos für eine bestimmte Marke und Ausführung entschlossen und die Bestellung aufgegeben, so sucht man anschließend nach Informationen, die die Vorteile des bestellten Autos herausstellen und aufwerten sowie die Vorteile der anderen vorher in Erwägung gezogenen Alternativen abwerten
Spreading-Apart-Effekt
Natürlich bleibt man vor dem Hintergrund des sogenannten Spreading-Apart-Effekts beim Durchblättern einer Autozeitschrift bei der Werbung für die bestellte Marke hängen und nicht bei den
Anzeigen der verworfenen Alternativen.
Kontrast-Effekt
Dieser Effekt besagt, dass Informationen, die mit einer im Kontrast stehenden Information präsentiert werden, oft überhöht wahrgenommen werden.
Es gibt Untersuchungen, die diesbezüglich unterschiedliche Farbkontraste bei der Darstellung visueller Informationen vergleichen. Nach den Ergebnissen dieser Untersuchungen werden beispielsweise Nachrichten mit schwarzer Schrift auf gelbem Grund erheblich besser wahrgenommen als eine Information, die in grauer Schrift auf weißem Hintergrund übermittelt wird.
Beispiel für Kontrasteffekt
Einen Kontrast-Effekt veranschaulicht auch die Abb. 2.3. Obwohl die jeweils mittleren
Kreise gleich groß sind, erscheint der linke Kreis im Kontrast zu den großen umliegenden
klein, während der rechte im Kontrast zu den umliegenden kleinen groß erscheint.
Kontrast-Effekte werden im Alltag in der Werbung und im Verkauf ganz bewusst ausgenutzt. So kann die Attraktivität einer Alternative deutlich erhöht werden, wenn sie mit
einer ähnlichen, aber schlechteren (Schein-)Alternative kontrastiert wird. Man beobachtet z. B. in der Fernsehwerbung für Waschmittel, dass die mit einem „herkömmlichen“
Waschmittel behandelte angegraute Wäsche zunächst dargestellt wird, damit das mit dem
neuen Mittel gewaschene Kleidungsstück anschließend aufgrund des Kontrastes in einem
strahlenden Weiß erscheint.