Soziale Kognition Flashcards
Was ist soziale Kognition?
Soziale Kognition ist ein Themenbereich der Sozialpsychologie.
Er beschäftigt sich damit, wie Menschen über sich selbst und andere denken und wie die daran beteiligten Prozesse unsere Urteile und unser Verhalten in sozialen Kontexten beeinflussen.
Häufige Themen sind z.B. die Aktivierung von Stereotypen. der Zusammenhang zwischen Stereotypen und Verhalten und die Umgehung von Stereotypen.
Warum bewerten wir andere häufig voreilig?
Es finden sich zwei Arten von sozialem Denken. Dazu gehören unabsichtliche, automatische Prozesse und absichtliche, kontrollierte Prozesse.
Häufig nutzen wir automatische Prozesse, wenn wir anderen Menschen begegnen.
Dabei ordnen wir Menschen bestimmten Kategorien zu, aktivieren das entsprechende Schema der Kategorie und nutzen verschiedene Heuristiken bei der Urteilsbildung.
Ob wir andere Menschen voreilig bewerten oder genauer über sie nachdenken, hängt u.a. von unserer Motivation und auch von unseren Fähigkeiten ab.
Wodurch lassen sich automatische und kontrollierte Prozesse kennzeichnen?
Automatische Prozesse treten ohne Absicht, Bewusstheit und Anstrengung auf. Es wird davon ausgegangen, dass sie andere parallel ablaufende kognitive Prozesse nicht beeinträchtigen.
Wenn wir z.B. beim Autofahren in einen anderen Gang umschalten, passiert das häufig automatisch.
Kontrollierte Prozesse sind absichtsgeleitet, unterliegen der willentlichen Kontrolle des Individuums, sind aufwändig und laufen bewusst ab.
Wenn wir z.B. auf der Autobahn ein anderes Auto überholen wollen, passiert das häufig kontrolliert.
Was ist mit dem inneren Autopilot gemeint?
In sozialen Kontexten lassen sich Menschen häufig von unbewussten Prozessen leiten und fahren sozusagen mit ihrem inneren Autopilot. In diesem Modus werden vor allem Stereotype aktiviert.
Was sind Stereotype?
Stereotype sind kognitive Strukturen, die unser Wissen, Überzeugungen und Erwartungen bezüglich einer bestimmten sozialen Gruppe beinhalten.
Dazu gehören z.B. Gedanken wie: „Italiener essen gerne Nudeln.“, Junge Menschen gehen gerne auf Partys.“ oder „Arabische Menschen sind sehr religiös.“.
Was bedeutet Kategorisierung?
Kategorisierung soll die Tendenz des Menschen beschreiben Objekte und Personen aufgrund gemeinsamer charakteristischer Merkmale in diskrete Gruppe einzuteilen.
Solche Kategorien erfüllen eine nützliche Funktion und helfen uns, unsere Wahrnehmung zu vereinfachen und die Welt als vorhersehbar und kontrollierbar zu empfinden.
Gleichzeitig birgt Kategorisierung viele Gefahren, weil mit der Zuweisung einer Person in eine bestimmte Kategorie häufig Stereotype aktiviert werden, die unsere Wahrnehmung verzerren.
Werden Stereotype automatisch aktiviert?
Devine stellt zu dieser Frage zwei Hypothesen auf:
- Das Wissen über ethnische Stereotype wird kulturell geteilt und ist auch bei Menschen vorhanden, die diesen Stereotypen nicht zustimmen.
- Die Aktivierung dieses Wissens ist ein automatischer Prozess.
Das dazugehörige Experiment lief folgendermaßen ab:
- Vortest: Stereotype über Afroamerikaner beinhalten als einen Hauptbestandteil Feindseligkeit
- Vortest: Die Teilnehmer wurden untersucht und in eine Gruppe mit starken Vorurteilen und eine Gruppe mit geringen Vorurteilen eingeteilt
- Den Teilnehmern wurden Wörter außerhalb ihrer unmittelbaren Blickrichtung gezeigt. Für einige Teilnehmer waren 80% der Wörter und für die anderen Teilnehmer 20% der Wörter mit dem Stereotyp über Afroamerikaner verbunden. Zu diesen Prime Wörter gehörten z.B. „arm“ und „Nigger“.
- Die Teilnehmer lasen einen Text über eine Person, die sich bezüglich ihrer Feindseligkeit mehrdeutig verhielt. Die Teilnehmer wurden gebeten die Feindseligkeit der Person einzuschätzen.
→ Die Teilnehmer mit dem höheren Prime Wörter Anteil schätzten die Person feindseliger ein als die Teilnehmer mit geringem Prime Wörter Anteil. Die Aktivierung des Stereotyps war also automatisch vonstatten gegangen. Zudem unterschieden sich die Gruppen bezüglich der Ausprägung ihrer Vorurteile nicht voneinander. Die Aktivierung des Stereotyps traf also gleichermaßen auch auf Personen mit geringen Vorurteilen zu.
Was sind Schemata?
Schemata sind Pakete aus vorverarbeiteten Informationen über Objekte oder Personen aus bestimmten Kategorien.
Diese Pakete bestehen aus Merkmalen, die miteinander in Beziehung stehen. Sie beeinflussen unsere Erwartungen und auch die Geschwindigkeit mit der wir Infomrationen wahrnehmen und interpretieren.
Beispiel: Kleiner Mann
Wie wirken sich Schemata auf unsere Interpretation aus?
Während wir etwas wahrnehmen, versuchen wir die Informationen so zu enkodieren, dass wir sie verarbeiten und speichern können. Innerhalb dieser Enkodierung werden mehrdeutige Informationen häufig vereinfacht und in Richtung des Stereotyps des aktivierten Schemas interpretiert.
Correll et al. untersuchten den Zusammenhang zwischen Schemata und Interpretationen indem sie die Vps ein Videospiel spielen ließen. In diesem Spiel traten weiße und schwarze Menschen auf, die entweder eine Waffe in der Hand hielten oder einen harmlosen Gegenstand, wie ein Handy. Die Versuchspersonen hatten jeweils eine halbe Sekunde Zeit um zu entscheiden, ob sie auf die Person schießen wollen, weil sie bewaffnet ist.
→ Die Vps entschieden sich am ehesten fürs Schießen, wenn die Person schwarz war, unabhängig davon, ob sie bewaffnet war oder nicht.
Dieser „Shooter Bias“ zeigt, dass zugängliche Schemata die Interpretation sozialer Ereignisse stark verzerren können, vor allem wenn Zeit und Verarbeitungskapazität knapp sind.
Was sind Heuristiken?
Heuristiken sind Faustregeln, die wir sehr häufig zur Urteilsbildung anwenden. Sie sind in einigen Fällen effektiv und in anderen nicht. Häufig wird gesagt, dass Stereotype als Heuristiken wirken.
Zu den wichtigsten Heuristiken gehören die Repräsentativitätsheuristik, die Verfügbarkeitsheuristik und die Ankerheuristik.
Was bedeutet Repräsentativitätsheuristik?
Die Repräsentativitätsheuristik ist eine mentale Abkürzung bei denen einzelne Fälle, Kategorien zugeordnet werden. Dabei wird der Fall aufgrund der Ähnlichkeit zwischen seinen Merkmalen und den Merkmalen der Kategorie zugeordnet.
So würde man z.B. davon ausgehen, dass der neue Mitarbeiter aus dem Ausland kommt, weil er Ali heißt. Hier würde der Name der Person zu den Merkmalen der Kategorie Ausländer passen.
Bei dieser Zuordnung wird die Basisrateninformation häufig vergessen. Also Informationen, die darüber Auskunft geben, wie häufig eine bestimmte Kategorie in einer Population vorkommt. In dem Beispiel könnte z.B. vergessen werden, dass in dieser Firma nur sehr selten Menschen aus dem Ausland angestellt werden.
Was bedeutet Verfügbarkeitsheuristik?
Die Verfügbarkeitsheuristik ist eine mentale Abkürzung bei der wir die Wahrscheinlichkeit oder Häufigkeit eines Ereignisses einschätzen, indem wir uns daran orientieren wie leicht uns Beispiele für dieses Ereignis einfallen.
Wenn wir uns überlegen, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass ein Flugzeug abstürzt, orientieren wir uns z.B. häufig daran an wie viele Flugzeugabstürze wir uns aus der Zeitung oder dem Fernsehen erinnern können und neigen so dazu, die Gefahr zu überschätzen.
Was beudeutet Ankerheuristik?
Die Ankerheuristik ist eine mentale Abkürzung bei der numerischen Urteilsbildung.
Hier wird Ausgangswerten ein gewisses Gewicht beigemessen, wodurch das Urteil häufig zu nah am Anker liegt und nicht genügend angepasst wird.
Englisch et al. untersuchten die Auswirkung von Ankerwerten auf juristische Urteile von erfahrenen Juristen. Dabei legten sie den Teilnehmern verschiedene Fälle vor und gaben jeweils einen hohen oder einen niederigen Ankerwert an. Dieser Ankerwert wurde entweder von einem Journalisten vorgeschlagen, zufällig ausgewählt oder von dem entsprechendem Teilnehmer erwürfelt.
→ In allen drei Bedingungen wurde das Urteil durch den Ankerwert beeinflusst.
Warum benutzen wir Heuristiken, obwohl sie uns häufig zu Fehlern verleiten?
Nach der Sichtweise des kognitiven Geizhalses, bevorzugen wir einfache kognitive Prozesse vor komplexen kognitiven Prozessen, weil wir in unserer Verarbeitungskapazität häufig begrenzt sind.
Kann Priming zu automatischen Gedanken, Gefühlen und Handlungen führen?
Bargh et al. untersuchten den Zusammenhang zwischen Priming und Verhalten. Als Prime verwendeten sie Wörter, die in einem Zusammenhang mit dem Stereotyp über ältere Menschen stehen, wie z.B. „grau“ oder „Falten“. Die Vps sollten dabei jeweils aus 5 Wörtern, Sätze mit 4 Wörtern bilden (scrambeled sentences). Während einer Gruppe stereotyp-relevante Wörter präsentiert wurden, wurde der anderen Gruppe stereotyp-irrelevante Wörter präsentiert.
Im Anschluss wurde die Gehgeschwindigkeit der Vps auf ihrem Weg aus dem Labor heraus gemessen.
→ Die Teilnehmer der Stereotyp-geprimten Gruppe gingen im Anschluss langsamer und verhielten sich demnach entsprechend des Stereotyps über ältere Menschen.
Zudem wurde gefunden, dass nicht nur die Aktivierung eines Stereotyps einen Einfluss auf das Verhalten hat, sondern auch die Aktivierung von Persönlichkeitsmerkmalen und Zielen beeinflusst werden kann.
Holland et al. untersuchten den Zusammenhang zwischen Priming und Zielen.
→ Sie fanden dabei heraus, dass die unterschwellige Präsentation eines Putzmittelgeruchs, dazu führen kann, dass sich Menschen das Ziel vornehmen ihre Wohnung zu putzen.
Dijksterhus et al. formulierten ein Modell um den Zusammenhang zwischen Wahrnehmung (Priming) und Verhalten zu erklären. Demzufolge wird der Zusammenhang von drei Variablen mediiert: Persönlichkeitsmerkmale, Ziele und Verhaltensrepräsentationen.
Die beschriebenen Befunde unterstützen also die Auffassung, dass das was wir wahrnehmen automatisch zu bestimmten Gedanken, Gefühlen und Handlungen führen kann.