Privatrechtsgeschichte Flashcards
Reallasten
Eine Reallaste ist eine Belastung eines Grundstücks, bei der der jeweilige Eigentümer
bestimmte, meist wiederkehrende Leistungen erbringen muss. Diese Leistungen können
Geldzahlungen, Dienstleistungen oder Abgaben von Produkten des Grundstücks sein. Wichtig
ist, dass der Grundstückseigentümer während seiner Besitzzeit persönlich für diese Leistungen
haftet. Die Art der Verpflichtungen muss immer in einem Zusammenhang mit dem Grundstück
stehen. In Österreich gibt es keine einheitliche gesetzliche Regelung für Reallasten, und viele
Reallasten wurden bereits abgeschafft.
Rentenkauf
Im späten Mittelalter wurden sogenannte Renten wichtig, eine besondere Art von Reallast. Ein
Beispiel dafür ist der Seelzins: Ein Grundstück wurde an die Kirche gegeben, um damit eine
Messe am Todestag des Stifters zu finanzieren. Die Bauern, die auf dem Land lebten, mussten
dafür zahlen. Manchmal verkaufte jemand sein Land, behielt aber das Recht, eine jährliche
Zahlung (Zins) zu bekommen, und gab dieses Recht der Kirche. Die Kirche verlieh dann das Land
an den Käufer weiter, der den Seelzins zahlen musste.
Später wurde es möglich, einen jährlichen Zins zu verlangen, ohne das Eigentum am Land zu
übertragen. Jemand verpflichtete sich, aus seinem Land regelmäßig eine Abgabe zu zahlen,
auch für seine Nachfolger. So entstand der Rentenkauf: Jemand zahlte Geld und bekam dafür
das Recht, eine jährliche Zahlung als Reallast vom Grundstück des Verkäufers zu erhalten. Das
half reichen Leuten, ihr Geld anzulegen, und Grundbesitzern, die Geld brauchten.
Das kirchliche Verbot von Zinsen machte diese Form des Rentenkaufs noch beliebter.
Erbenhaftung
Im Mittelalter galt, dass Schulden, die durch ein Verbrechen entstanden sind (Deliktsschulden:
Sind Schulden, die durch unerlaubte Handlungen entstehen. Bsp.: Diebstahl – Verursacher ist
also verpflichtet Schaden zu ersetzen), nicht vererbt werden konnten, weil sie mit einer
Bestrafung des Schuldners verbunden waren. Verträge dagegen konnten vererbt werden, aber
nur unter bestimmten Bedingungen: Der Erbe musste nur für die Schulden aufkommen, wenn
der Erblasser (also der Verstorbene) bereits etwas Wertvolles in seinen Besitz hatte. Der Erbe
haftete auch nur mit den beweglichen Dingen des Nachlasses (wie Möbel), nicht mit Immobilien
(wie Häuser).
Später (im spätmittelalterlichen Recht) galt die Regel, dass der Erbe für alle Schulden des
Erblassers haftet, solange es sich nicht um persönliche Schulden handelt. Das bedeutet, dass
nicht der Erbe selbst, sondern das Vermögen des Erblassers für die Schulden verantwortlich ist.
Im österreichischen Recht führt diese Regel zu einer beschränkten Haftung für Erben. Wenn ein
Erbe eine Liste (Inventar) der Erbschaft innerhalb einer bestimmten Zeit erstellt, haftet er nur für
die Werte, die im Nachlass sind. Dies nennt man das “beneficium inventarii” – (justinianisches
Recht). Das bedeutet, dass der Erbe nicht mit seinem eigenen Geld haftet, sondern nur mit dem,
was er durch die Erbschaft erhält.
Das ABGB 1811 traf keine Entscheidung wie die beschränkte Haftung des bedingt erbserklärten
Erben zu verstehen sei.
Heute ist das ganze wiederrum anders. Wenn der Erbe die Erbschaft nicht annehmen möchte
oder die Schulden zu hoch sind, kann er die Erbschaft ausschlagen. Wenn er jedoch die
Erbschaft annimmt, haftet er für alle Schulden des Nachlasses, ohne Einschränkungen.
Ideelle Gewere
Gewere = rechtmäßig gesicherter Besitz, tatsächliches Besitzeigentum
Im Liegenschaftsrecht (Recht über Grundstücke) wurde anerkannt, dass es auch Besitzrechte
ohne physischen Besitz gibt, also ideelle Rechte. Damit diese Rechte gültig sind, muss es
jedoch einen klaren Akt geben, der zeigt, dass das Recht besteht.
Ein Beispiel für so einen Akt ist der Tod einer Person, durch den der Erbe automatisch das Erbe
erhält. Ein anderes Beispiel ist, wenn das Gericht entscheidet, dass jemand ein Grundstück
besitzt oder verliert.
Es gibt spezielle Arten dieser ideellen Rechte, wie die „ruhende Gewere“ und die
„anwartschaftliche Gewere“.
Liegenschaftsgewere
Im Liegenschaftsrecht gibt es verschiedene Arten von Rechten (Geweren), die sich darauf
beziehen, wie Menschen ein Grundstück nutzen oder davon profitieren können.
1. Unmittelbare vs. Mittelbare Gewere
* Unmittelbare Gewere: Das ist das Recht einer Person, die das Grundstück direkt
bearbeitet und Nutzen daraus zieht.
* Mittelbare Gewere: Hier hat jemand das Recht, von einem Grundstück Vorteile zu
ziehen, ohne es selbst direkt zu nutzen, wie ein Bauer, der von einem Grundherrn
Abgaben leistet.
2. Eigengewere vs. Beschränkte Gewere
* Eigengewere: Das ist ein umfassendes Nutzungsrecht, das dem Besitzer viel Kontrolle
über das Grundstück gibt.
* Beschränkte Gewere: Diese beziehen sich nur auf spezielle Nutzungsrechte, wie das
Recht, bestimmte Dienste zu verlangen.
3. Leibliche vs. Ideelle Gewere
* Leibliche Gewere: Hier hat man die Kontrolle über das Grundstück (Sachherrschaft).
* Ideelle Gewere: Diese sind Besitzrechte, ohne dass man das Grundstück tatsächlich
hat. Wichtig ist, dass es einen klaren Begründungsakt dafür gibt.
4. Ruhende vs. Anwartschaftliche Gewere
* Ruhende Gewere: Das Recht einer Person, die aufgrund von Nutzungsrechten anderer
vorübergehend keinen Nutzen aus ihrem Grundstück zieht.
* Anwartschaftliche Gewere: Diese gewährt einer Person sofortige Kontrolle über das
Grundstück, wenn alle Bedingungen erfüllt sind.
5. Sachgewere vs. Rechtsgewere
* Sachgewere: Diese Rechte beziehen sich ursprünglich nur auf physische Gegenstände.
* Rechtsgewere: Diese wurden später auf ähnliche Rechte an Grundstücken und
hoheitliche Rechte ausgeweitet.
6. Rechte Gewere
* Dies bedeutet, dass, wenn jemand ein Grundstück für eine bestimmte Zeit ungestört
nutzt, er auch dann Rechte an diesem Grundstück erhält, wenn der ursprüngliche
Erwerb fehlerhaft war. Wenn jemand seine Ansprüche nicht geltend macht, kann
derjenige, der das Grundstück nutzt, diese Rechte behalten.
Zusammengefasst gibt es im Liegenschaftsrecht viele verschiedene Arten von Rechten, die sich
darauf beziehen, wie man ein Grundstück nutzen kann, und die Bedingungen, unter denen diese
Rechte entstehen oder übertragen werden.
Hand wahre Hand
Wenn jemand durch einen Vertrag (wie einen Leih- oder Verwahrungsvertrag) die Kontrolle über
eine bewegliche Sache erhält, wird ihm auch das Nutzungsrecht an dieser Sache übertragen.
Die Rückgabe der Sache kann dann nur durch den vertraglichen Anspruch auf Herausgabe
gefordert werden.
Wenn die Sache jedoch gegen die Vertragsbedingungen an jemand anderen weitergegeben wird,
gelten im Mittelalter folgende Prinzipien: „Hand wahre Hand“ und „Trau, schau wem“. Das
bedeutet, dass der neue Besitzer nicht verpflichtet ist, auf die vertraglichen Vereinbarungen des
ursprünglichen Besitzers Rücksicht zu nehmen. Der neue Besitzer sieht nur den physischen
Besitz der Sache, nicht die vertraglichen Rechte des ursprünglichen Besitzers. Daher konnte der
Eigentümer der Sache keine Klage auf Rückgabe gegen den neuen Besitzer erheben.
Parentelensystem
Die ältesten Erbfolgeordnungen im deutschen Rechtsraum unterschieden zwischen einem
engeren und weiteren Kreis von Erben. Im Mittelalter entwickelte sich die sogenannte
Parentelenordnung, die den engeren Erbenkreis betraf, also die engsten Familienmitglieder wie
Kinder, Eltern und Geschwister. In dieser Ordnung wurden jüngere Generationen gegenüber
älteren bevorzugt, sodass die Nachkommen des Verstorbenen (die erste Parentel) vor anderen
Verwandten erben.
Mit dem Erbfolgepatent von Joseph II. im Jahr 1786 wurde eine einheitliche Erbfolge für frei
vererbbares Vermögen eingeführt. Es gab sechs Gruppen (Parentelen) von Verwandten, bei
denen die näheren Verwandten die entfernteren ausschlossen. Dieses System, das im ABGB
1811 übernommen wurde, beruhte auf einem festen Repräsentationsprinzip, bei dem die
Nachkommen des Verstorbenen Vorrang haben.
Realvertrag/Arrhalvertrag
Beim Realvertrag entstand die Verpflichtung nicht nur durch die Zustimmung beider Parteien,
sondern auch durch die Übergabe einer Sache. Das führte dazu, dass eine Rückgabe oder
Gegenleistung, wie beim Darlehen, verpflichtend wurde.
Später entwickelte sich daraus der Arrhalvertrag, bei dem für die Gültigkeit des Vertrags nicht
mehr die vollständige Leistung nötig war, sondern eine Anzahlung ausreichte. Diese Anzahlung,
die „Arrha“, wurde anfangs noch auf die gesamte Leistung angerechnet. Man nannte sie Dran-,
Haft- oder Handgeld. Später wurde die Arrha eher symbolisch und hatte nur geringen Wert.
Zunächst verpflichtete die Arrha nur den Empfänger der Leistung, später jedoch beide Parteien,
sodass beide ihre vertraglichen Pflichten erfüllen mussten.
Erbenlaub
Im Mittelalter durfte der Erblasser (die Person, die stirbt) nicht frei über sein Vermögen
entscheiden. Besonders beim Verkauf von Grundstücken musste er die Zustimmung der
nächsten Erben einholen, was „Erbenlaub“ genannt wurde. Die Erben hatten also ein Vorrecht
auf das Erbe, das man „Warterechte“ nannte.
Wenn der Erblasser ohne Erbenlaub etwas verkaufte, konnten die Erben das verkaufte Gut
innerhalb eines Jahres zurückfordern. Diese Regelungen wurden im Laufe der Zeit gelockert.
Erbenlaub war nicht mehr nötig, wenn:
* der Hausvater über seinen freien Anteil verfügte,
* es in echter Notlage geschah (z.B. um Schulden zu vermeiden),
* es sich um Kaufgut handelte.
Am Ende galt das Erbenlaub nur noch für ererbtes Vermögen
Rentlehensheirat
Im Mittelalter gab es zunächst nur eine eingeschränkte Gütergemeinschaft zwischen Ehegatten.
Diese galt nur für bestimmte Teile des Vermögens und beide Ehepartner mussten gemeinsam
darüber entscheiden. Keiner durfte ohne Zustimmung des anderen über das gemeinsame
Eigentum verfügen.
Später kamen durch Heiratsabsprachen sogenannte Errungenschaftsgemeinschaften hinzu, die
auch das künftige Vermögen der Ehepartner umfassten. Im Spätmittelalter entwickelte sich die
“Rentlensheirat”, eine allgemeine Gütergemeinschaft, die das gesamte Vermögen –
eingebrachtes und während der Ehe erworbenes – umfasste. Diese Form war vor allem in
bäuerlichen Gegenden verbreitet.
Es gab zwei Formen der Rentlensheirat:
1. Unbedingte Rentlensheirat: Der überlebende Ehepartner bekam das gesamte
Vermögen, unabhängig davon, ob es Kinder gab. Die Kinder erhielten erst nach dem Tod
des überlebenden Partners etwas.
2. Bedingte Rentlensheirat: Diese Regelung wurde ungültig, wenn später Kinder geboren
wurden, nach dem Grundsatz: „Kinderzeugen bricht Ehestiftung“.
Ehegattenerbrecht
Im Mittelalter gab es noch kein Erbrecht für Ehegatten, weil die Ehe kein
Verwandtschaftsverhältnis war. Stattdessen gab es das Ehegüterrecht, das den überlebenden
Ehepartner, meistens die Frau, finanziell absichern sollte. Dieses Recht legte fest, wie viel die
Frau zum gemeinsamen Haushalt beitrug und diente als Ersatz für ein Erbrecht.
In der frühen Neuzeit entstanden erste Ansätze eines Ehegattenerbrechts. Besonders im
Bauern- und Bürgerstand war es üblich, dass der überlebende Ehepartner die Hälfte des
gemeinsamen Vermögens erhielt. Wenn es keine Kinder gab, bekam der überlebende Ehegatte
einen größeren Anteil. Ererbtes Vermögen ging aber immer noch an die Blutsverwandten.
Im 18. Jahrhundert wurde das Ehegattenerbrecht stärker ausgebaut. Überlebende Ehepartner
bekamen, je nach Situation, ein Viertel bis zu einem Kindesteil des Nachlasses. Das
Erbfolgepatent von 1786 machte den Ehepartner zum Erben, wenn keine Verwandten
vorhanden waren.
Das ABGB 1811 führte ein, dass der überlebende Ehegatte ein Viertel des Vermögens als
Eigentum erhielt, wenn keine Kinder vorhanden waren, aber noch kein Pflichtteilsrecht.
Die Reform von 1914 stärkte das Erbrecht der Ehegatten weiter: Der überlebende Partner erhielt
neben Kindern ein Viertel und ohne nahe Verwandte die gesamte Verlassenschaft. Neu war auch
ein gesetzliches Vorausvermächtnis.
Die große Familienrechtsreform der 1970er Jahre führte schließlich ein Pflichtteilsrecht für
den überlebenden Ehegatten ein und erhöhte den gesetzlichen Erbteil. 1989 kam ein weiterer
Schutz dazu: Der überlebende Ehepartner durfte in der gemeinsamen Wohnung bleiben.
Anefangsklage
Bei Diebstahl oder Raub verlor man die Kontrolle über eine Sache, und somit die “Gewere”
(Besitz). Früher konnte der Eigentümer eine Anfangsklage erheben, eine besondere Klage, die
sowohl strafrechtliche als auch privatrechtliche Elemente kombinierte. Derjenige, der die
gestohlene Sache besaß, musste beweisen, dass er sie rechtmäßig erworben hatte. Wenn er das
nicht konnte, wurde er wie ein Dieb bestraft.
Ein wichtiges Verfahren dabei war das Dritthandverfahren. Der Besitzer konnte die gestohlene
Sache an die Person weitergeben, von der er sie erhalten hatte, und aus dem Prozess
ausscheiden. Diese Person konnte dann ihrerseits ihren Vormann angeben. Das ging so weiter,
bis der Dieb gefunden wurde. Wenn der Kläger (Anfangskläger) sein Recht auf die Sache
beweisen konnte und der Dieb entdeckt wurde, musste der Dieb eine Strafe zahlen und die
Sache zurückgeben. Wenn aber ein Vormann versagte und die Sache nicht weitergeben konnte,
musste er sie dem Kläger zurückgeben. Man konnte sich aber manchmal von der Strafe befreien,
indem man z. B. einen Eid schwor oder nachwies, dass der Erwerb öffentlich und rechtmäßig
war.
Verzigne Töchter/Verzicht
Bis ins 18. Jahrhundert durften Töchter im Adel und Herrenstand nicht erben, wenn es
männliche Nachkommen gab. Bei der Heirat mussten die Frauen auf ihr Erbe verzichten und
bekamen stattdessen das Heiratsgut als Entschädigung. Auch wenn der Verzicht nicht
ausdrücklich erklärt wurde, galt er trotzdem. Solche Töchter nannte man “verzigne” Töchter.
Es gab jedoch eine Ausnahme: Der Vater oder die Brüder konnten diesen Erbverzicht aufheben.
In diesem Fall wurde die Tochter zur “unverzigne” Tochter und durfte zusammen mit ihren
Brüdern erben.
Fallrecht
Wenn ein Erblasser keine männlichen Nachkommen oder nur Töchter hatte, stellte sich die
Frage, wer das Erbe bekommt. Hier kam das Fallrecht zum Einsatz: Unbewegliches Vermögen
(wie Land), das von der männlichen Linie stammte, sollte wieder an die männliche
Verwandtschaft zurückgehen – auch dann, wenn der Erblasser nur Töchter hatte. Wenn das
Vermögen von der weiblichen Linie stammte, trat das Fallrecht nur in Kraft, wenn es gar keine
Nachkommen gab.
Gab es überhaupt keine Erben, griff das Heimfallsrecht: Das Vermögen ging an den König oder
eine andere Obrigkeit zurück.
Güterstand ABGB 1811
Die Rezeption brachte keine klare Ordnung in die vielen vertraglichen Güterstände und
Gütergemeinschaften. Im ABGB von 1811 wurde das Heiratsgabensystem neu gestaltet. Dabei
wurden die rechtlichen Verbindungen zwischen den einzelnen Leistungen aufgelöst, sodass die
Widerlage (das, was die Frau ins Ehe mitbrachte) nicht mehr vom Heiratsgut abhängig war.
Das alte Heiratsgabensystem zerfiel in verschiedene Ehepakte. Mit der Entwicklung des
Ehegattenerbrechts, das der finanziellen Absicherung diente, verringerte sich der Einsatz von
ehegüterrechtlichen Vereinbarungen. Ein wichtiges Element war die Gütertrennung, die klarer
definiert wurde, sowie Regelungen zum Verwaltungs- und Nutzungsrecht des Mannes, die die
Frau jedoch zurückweisen konnte. Bei der Trennung der Güter kam die praesumptio muciana
zur Anwendung, was zu einer juristischen Lehre von der vermuteten Verwaltungsgemeinschaft
führte.