Privatrechtsgeschichte Flashcards

1
Q

Reallasten

A

Eine Reallaste ist eine Belastung eines Grundstücks, bei der der jeweilige Eigentümer
bestimmte, meist wiederkehrende Leistungen erbringen muss. Diese Leistungen können
Geldzahlungen, Dienstleistungen oder Abgaben von Produkten des Grundstücks sein. Wichtig
ist, dass der Grundstückseigentümer während seiner Besitzzeit persönlich für diese Leistungen
haftet. Die Art der Verpflichtungen muss immer in einem Zusammenhang mit dem Grundstück
stehen. In Österreich gibt es keine einheitliche gesetzliche Regelung für Reallasten, und viele
Reallasten wurden bereits abgeschafft.

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2
Q

Rentenkauf

A

Im späten Mittelalter wurden sogenannte Renten wichtig, eine besondere Art von Reallast. Ein
Beispiel dafür ist der Seelzins: Ein Grundstück wurde an die Kirche gegeben, um damit eine
Messe am Todestag des Stifters zu finanzieren. Die Bauern, die auf dem Land lebten, mussten
dafür zahlen. Manchmal verkaufte jemand sein Land, behielt aber das Recht, eine jährliche
Zahlung (Zins) zu bekommen, und gab dieses Recht der Kirche. Die Kirche verlieh dann das Land
an den Käufer weiter, der den Seelzins zahlen musste.
Später wurde es möglich, einen jährlichen Zins zu verlangen, ohne das Eigentum am Land zu
übertragen. Jemand verpflichtete sich, aus seinem Land regelmäßig eine Abgabe zu zahlen,
auch für seine Nachfolger. So entstand der Rentenkauf: Jemand zahlte Geld und bekam dafür
das Recht, eine jährliche Zahlung als Reallast vom Grundstück des Verkäufers zu erhalten. Das
half reichen Leuten, ihr Geld anzulegen, und Grundbesitzern, die Geld brauchten.
Das kirchliche Verbot von Zinsen machte diese Form des Rentenkaufs noch beliebter.

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3
Q

Erbenhaftung

A

Im Mittelalter galt, dass Schulden, die durch ein Verbrechen entstanden sind (Deliktsschulden:
Sind Schulden, die durch unerlaubte Handlungen entstehen. Bsp.: Diebstahl – Verursacher ist
also verpflichtet Schaden zu ersetzen), nicht vererbt werden konnten, weil sie mit einer
Bestrafung des Schuldners verbunden waren. Verträge dagegen konnten vererbt werden, aber
nur unter bestimmten Bedingungen: Der Erbe musste nur für die Schulden aufkommen, wenn
der Erblasser (also der Verstorbene) bereits etwas Wertvolles in seinen Besitz hatte. Der Erbe
haftete auch nur mit den beweglichen Dingen des Nachlasses (wie Möbel), nicht mit Immobilien
(wie Häuser).
Später (im spätmittelalterlichen Recht) galt die Regel, dass der Erbe für alle Schulden des
Erblassers haftet, solange es sich nicht um persönliche Schulden handelt. Das bedeutet, dass
nicht der Erbe selbst, sondern das Vermögen des Erblassers für die Schulden verantwortlich ist.
Im österreichischen Recht führt diese Regel zu einer beschränkten Haftung für Erben. Wenn ein
Erbe eine Liste (Inventar) der Erbschaft innerhalb einer bestimmten Zeit erstellt, haftet er nur für
die Werte, die im Nachlass sind. Dies nennt man das “beneficium inventarii” – (justinianisches
Recht). Das bedeutet, dass der Erbe nicht mit seinem eigenen Geld haftet, sondern nur mit dem,
was er durch die Erbschaft erhält.
Das ABGB 1811 traf keine Entscheidung wie die beschränkte Haftung des bedingt erbserklärten
Erben zu verstehen sei.
Heute ist das ganze wiederrum anders. Wenn der Erbe die Erbschaft nicht annehmen möchte
oder die Schulden zu hoch sind, kann er die Erbschaft ausschlagen. Wenn er jedoch die
Erbschaft annimmt, haftet er für alle Schulden des Nachlasses, ohne Einschränkungen.

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4
Q

Ideelle Gewere

A

Gewere = rechtmäßig gesicherter Besitz, tatsächliches Besitzeigentum
Im Liegenschaftsrecht (Recht über Grundstücke) wurde anerkannt, dass es auch Besitzrechte
ohne physischen Besitz gibt, also ideelle Rechte. Damit diese Rechte gültig sind, muss es
jedoch einen klaren Akt geben, der zeigt, dass das Recht besteht.
Ein Beispiel für so einen Akt ist der Tod einer Person, durch den der Erbe automatisch das Erbe
erhält. Ein anderes Beispiel ist, wenn das Gericht entscheidet, dass jemand ein Grundstück
besitzt oder verliert.
Es gibt spezielle Arten dieser ideellen Rechte, wie die „ruhende Gewere“ und die
„anwartschaftliche Gewere“.

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5
Q

Liegenschaftsgewere

A

Im Liegenschaftsrecht gibt es verschiedene Arten von Rechten (Geweren), die sich darauf
beziehen, wie Menschen ein Grundstück nutzen oder davon profitieren können.
1. Unmittelbare vs. Mittelbare Gewere
* Unmittelbare Gewere: Das ist das Recht einer Person, die das Grundstück direkt
bearbeitet und Nutzen daraus zieht.
* Mittelbare Gewere: Hier hat jemand das Recht, von einem Grundstück Vorteile zu
ziehen, ohne es selbst direkt zu nutzen, wie ein Bauer, der von einem Grundherrn
Abgaben leistet.
2. Eigengewere vs. Beschränkte Gewere
* Eigengewere: Das ist ein umfassendes Nutzungsrecht, das dem Besitzer viel Kontrolle
über das Grundstück gibt.
* Beschränkte Gewere: Diese beziehen sich nur auf spezielle Nutzungsrechte, wie das
Recht, bestimmte Dienste zu verlangen.
3. Leibliche vs. Ideelle Gewere
* Leibliche Gewere: Hier hat man die Kontrolle über das Grundstück (Sachherrschaft).
* Ideelle Gewere: Diese sind Besitzrechte, ohne dass man das Grundstück tatsächlich
hat. Wichtig ist, dass es einen klaren Begründungsakt dafür gibt.
4. Ruhende vs. Anwartschaftliche Gewere
* Ruhende Gewere: Das Recht einer Person, die aufgrund von Nutzungsrechten anderer
vorübergehend keinen Nutzen aus ihrem Grundstück zieht.
* Anwartschaftliche Gewere: Diese gewährt einer Person sofortige Kontrolle über das
Grundstück, wenn alle Bedingungen erfüllt sind.
5. Sachgewere vs. Rechtsgewere
* Sachgewere: Diese Rechte beziehen sich ursprünglich nur auf physische Gegenstände.
* Rechtsgewere: Diese wurden später auf ähnliche Rechte an Grundstücken und
hoheitliche Rechte ausgeweitet.
6. Rechte Gewere
* Dies bedeutet, dass, wenn jemand ein Grundstück für eine bestimmte Zeit ungestört
nutzt, er auch dann Rechte an diesem Grundstück erhält, wenn der ursprüngliche
Erwerb fehlerhaft war. Wenn jemand seine Ansprüche nicht geltend macht, kann
derjenige, der das Grundstück nutzt, diese Rechte behalten.
Zusammengefasst gibt es im Liegenschaftsrecht viele verschiedene Arten von Rechten, die sich
darauf beziehen, wie man ein Grundstück nutzen kann, und die Bedingungen, unter denen diese
Rechte entstehen oder übertragen werden.

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6
Q

Hand wahre Hand

A

Wenn jemand durch einen Vertrag (wie einen Leih- oder Verwahrungsvertrag) die Kontrolle über
eine bewegliche Sache erhält, wird ihm auch das Nutzungsrecht an dieser Sache übertragen.
Die Rückgabe der Sache kann dann nur durch den vertraglichen Anspruch auf Herausgabe
gefordert werden.
Wenn die Sache jedoch gegen die Vertragsbedingungen an jemand anderen weitergegeben wird,
gelten im Mittelalter folgende Prinzipien: „Hand wahre Hand“ und „Trau, schau wem“. Das
bedeutet, dass der neue Besitzer nicht verpflichtet ist, auf die vertraglichen Vereinbarungen des
ursprünglichen Besitzers Rücksicht zu nehmen. Der neue Besitzer sieht nur den physischen
Besitz der Sache, nicht die vertraglichen Rechte des ursprünglichen Besitzers. Daher konnte der
Eigentümer der Sache keine Klage auf Rückgabe gegen den neuen Besitzer erheben.

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7
Q

Parentelensystem

A

Die ältesten Erbfolgeordnungen im deutschen Rechtsraum unterschieden zwischen einem
engeren und weiteren Kreis von Erben. Im Mittelalter entwickelte sich die sogenannte
Parentelenordnung, die den engeren Erbenkreis betraf, also die engsten Familienmitglieder wie
Kinder, Eltern und Geschwister. In dieser Ordnung wurden jüngere Generationen gegenüber
älteren bevorzugt, sodass die Nachkommen des Verstorbenen (die erste Parentel) vor anderen
Verwandten erben.
Mit dem Erbfolgepatent von Joseph II. im Jahr 1786 wurde eine einheitliche Erbfolge für frei
vererbbares Vermögen eingeführt. Es gab sechs Gruppen (Parentelen) von Verwandten, bei
denen die näheren Verwandten die entfernteren ausschlossen. Dieses System, das im ABGB
1811 übernommen wurde, beruhte auf einem festen Repräsentationsprinzip, bei dem die
Nachkommen des Verstorbenen Vorrang haben.

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8
Q

Realvertrag/Arrhalvertrag

A

Beim Realvertrag entstand die Verpflichtung nicht nur durch die Zustimmung beider Parteien,
sondern auch durch die Übergabe einer Sache. Das führte dazu, dass eine Rückgabe oder
Gegenleistung, wie beim Darlehen, verpflichtend wurde.
Später entwickelte sich daraus der Arrhalvertrag, bei dem für die Gültigkeit des Vertrags nicht
mehr die vollständige Leistung nötig war, sondern eine Anzahlung ausreichte. Diese Anzahlung,
die „Arrha“, wurde anfangs noch auf die gesamte Leistung angerechnet. Man nannte sie Dran-,
Haft- oder Handgeld. Später wurde die Arrha eher symbolisch und hatte nur geringen Wert.
Zunächst verpflichtete die Arrha nur den Empfänger der Leistung, später jedoch beide Parteien,
sodass beide ihre vertraglichen Pflichten erfüllen mussten.

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9
Q

Erbenlaub

A

Im Mittelalter durfte der Erblasser (die Person, die stirbt) nicht frei über sein Vermögen
entscheiden. Besonders beim Verkauf von Grundstücken musste er die Zustimmung der
nächsten Erben einholen, was „Erbenlaub“ genannt wurde. Die Erben hatten also ein Vorrecht
auf das Erbe, das man „Warterechte“ nannte.
Wenn der Erblasser ohne Erbenlaub etwas verkaufte, konnten die Erben das verkaufte Gut
innerhalb eines Jahres zurückfordern. Diese Regelungen wurden im Laufe der Zeit gelockert.
Erbenlaub war nicht mehr nötig, wenn:
* der Hausvater über seinen freien Anteil verfügte,
* es in echter Notlage geschah (z.B. um Schulden zu vermeiden),
* es sich um Kaufgut handelte.
Am Ende galt das Erbenlaub nur noch für ererbtes Vermögen

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10
Q

Rentlehensheirat

A

Im Mittelalter gab es zunächst nur eine eingeschränkte Gütergemeinschaft zwischen Ehegatten.
Diese galt nur für bestimmte Teile des Vermögens und beide Ehepartner mussten gemeinsam
darüber entscheiden. Keiner durfte ohne Zustimmung des anderen über das gemeinsame
Eigentum verfügen.
Später kamen durch Heiratsabsprachen sogenannte Errungenschaftsgemeinschaften hinzu, die
auch das künftige Vermögen der Ehepartner umfassten. Im Spätmittelalter entwickelte sich die
“Rentlensheirat”, eine allgemeine Gütergemeinschaft, die das gesamte Vermögen –
eingebrachtes und während der Ehe erworbenes – umfasste. Diese Form war vor allem in
bäuerlichen Gegenden verbreitet.
Es gab zwei Formen der Rentlensheirat:
1. Unbedingte Rentlensheirat: Der überlebende Ehepartner bekam das gesamte
Vermögen, unabhängig davon, ob es Kinder gab. Die Kinder erhielten erst nach dem Tod
des überlebenden Partners etwas.
2. Bedingte Rentlensheirat: Diese Regelung wurde ungültig, wenn später Kinder geboren
wurden, nach dem Grundsatz: „Kinderzeugen bricht Ehestiftung“.

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11
Q

Ehegattenerbrecht

A

Im Mittelalter gab es noch kein Erbrecht für Ehegatten, weil die Ehe kein
Verwandtschaftsverhältnis war. Stattdessen gab es das Ehegüterrecht, das den überlebenden
Ehepartner, meistens die Frau, finanziell absichern sollte. Dieses Recht legte fest, wie viel die
Frau zum gemeinsamen Haushalt beitrug und diente als Ersatz für ein Erbrecht.
In der frühen Neuzeit entstanden erste Ansätze eines Ehegattenerbrechts. Besonders im
Bauern- und Bürgerstand war es üblich, dass der überlebende Ehepartner die Hälfte des
gemeinsamen Vermögens erhielt. Wenn es keine Kinder gab, bekam der überlebende Ehegatte
einen größeren Anteil. Ererbtes Vermögen ging aber immer noch an die Blutsverwandten.
Im 18. Jahrhundert wurde das Ehegattenerbrecht stärker ausgebaut. Überlebende Ehepartner
bekamen, je nach Situation, ein Viertel bis zu einem Kindesteil des Nachlasses. Das
Erbfolgepatent von 1786 machte den Ehepartner zum Erben, wenn keine Verwandten
vorhanden waren.
Das ABGB 1811 führte ein, dass der überlebende Ehegatte ein Viertel des Vermögens als
Eigentum erhielt, wenn keine Kinder vorhanden waren, aber noch kein Pflichtteilsrecht.
Die Reform von 1914 stärkte das Erbrecht der Ehegatten weiter: Der überlebende Partner erhielt
neben Kindern ein Viertel und ohne nahe Verwandte die gesamte Verlassenschaft. Neu war auch
ein gesetzliches Vorausvermächtnis.
Die große Familienrechtsreform der 1970er Jahre führte schließlich ein Pflichtteilsrecht für
den überlebenden Ehegatten ein und erhöhte den gesetzlichen Erbteil. 1989 kam ein weiterer
Schutz dazu: Der überlebende Ehepartner durfte in der gemeinsamen Wohnung bleiben.

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12
Q

Anefangsklage

A

Bei Diebstahl oder Raub verlor man die Kontrolle über eine Sache, und somit die “Gewere”
(Besitz). Früher konnte der Eigentümer eine Anfangsklage erheben, eine besondere Klage, die
sowohl strafrechtliche als auch privatrechtliche Elemente kombinierte. Derjenige, der die
gestohlene Sache besaß, musste beweisen, dass er sie rechtmäßig erworben hatte. Wenn er das
nicht konnte, wurde er wie ein Dieb bestraft.
Ein wichtiges Verfahren dabei war das Dritthandverfahren. Der Besitzer konnte die gestohlene
Sache an die Person weitergeben, von der er sie erhalten hatte, und aus dem Prozess
ausscheiden. Diese Person konnte dann ihrerseits ihren Vormann angeben. Das ging so weiter,
bis der Dieb gefunden wurde. Wenn der Kläger (Anfangskläger) sein Recht auf die Sache
beweisen konnte und der Dieb entdeckt wurde, musste der Dieb eine Strafe zahlen und die
Sache zurückgeben. Wenn aber ein Vormann versagte und die Sache nicht weitergeben konnte,
musste er sie dem Kläger zurückgeben. Man konnte sich aber manchmal von der Strafe befreien,
indem man z. B. einen Eid schwor oder nachwies, dass der Erwerb öffentlich und rechtmäßig
war.

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13
Q

Verzigne Töchter/Verzicht

A

Bis ins 18. Jahrhundert durften Töchter im Adel und Herrenstand nicht erben, wenn es
männliche Nachkommen gab. Bei der Heirat mussten die Frauen auf ihr Erbe verzichten und
bekamen stattdessen das Heiratsgut als Entschädigung. Auch wenn der Verzicht nicht
ausdrücklich erklärt wurde, galt er trotzdem. Solche Töchter nannte man “verzigne” Töchter.
Es gab jedoch eine Ausnahme: Der Vater oder die Brüder konnten diesen Erbverzicht aufheben.
In diesem Fall wurde die Tochter zur “unverzigne” Tochter und durfte zusammen mit ihren
Brüdern erben.

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14
Q

Fallrecht

A

Wenn ein Erblasser keine männlichen Nachkommen oder nur Töchter hatte, stellte sich die
Frage, wer das Erbe bekommt. Hier kam das Fallrecht zum Einsatz: Unbewegliches Vermögen
(wie Land), das von der männlichen Linie stammte, sollte wieder an die männliche
Verwandtschaft zurückgehen – auch dann, wenn der Erblasser nur Töchter hatte. Wenn das
Vermögen von der weiblichen Linie stammte, trat das Fallrecht nur in Kraft, wenn es gar keine
Nachkommen gab.
Gab es überhaupt keine Erben, griff das Heimfallsrecht: Das Vermögen ging an den König oder
eine andere Obrigkeit zurück.

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15
Q

Güterstand ABGB 1811

A

Die Rezeption brachte keine klare Ordnung in die vielen vertraglichen Güterstände und
Gütergemeinschaften. Im ABGB von 1811 wurde das Heiratsgabensystem neu gestaltet. Dabei
wurden die rechtlichen Verbindungen zwischen den einzelnen Leistungen aufgelöst, sodass die
Widerlage (das, was die Frau ins Ehe mitbrachte) nicht mehr vom Heiratsgut abhängig war.
Das alte Heiratsgabensystem zerfiel in verschiedene Ehepakte. Mit der Entwicklung des
Ehegattenerbrechts, das der finanziellen Absicherung diente, verringerte sich der Einsatz von
ehegüterrechtlichen Vereinbarungen. Ein wichtiges Element war die Gütertrennung, die klarer
definiert wurde, sowie Regelungen zum Verwaltungs- und Nutzungsrecht des Mannes, die die
Frau jedoch zurückweisen konnte. Bei der Trennung der Güter kam die praesumptio muciana
zur Anwendung, was zu einer juristischen Lehre von der vermuteten Verwaltungsgemeinschaft
führte.

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16
Q

Freiteil beiTestierfähigkeit

A

Im mittelalterlichen Familienverband war das Hausvermögen festgelegt, was eine gewillkürte
Erbfolge ausschloss. Es gab nur geborne (automatisch) und keine gekorenen (ausgewählten)
Erben. Erst als man Verfügungen für fromme Zwecke akzeptierte, konnte der Erblasser in einem
gewissen Rahmen über sein Vermögen verfügen. Mit der Christianisierung entwickelte sich das
Seelgerät, das ins Grab gelegt wurde und der Kirche zugutekam.
Die freiteilslehre der Kirche hatte einen großen Einfluss auf das Erbrecht. Die Kirchenväter
forderten, dass wohlhabende Menschen ihren Besitz mit den Bedürftigen teilen sollten,
idealerweise noch zu Lebzeiten, oder zumindest durch ein Testament. Dabei war ein Teil des
Nachlasses, der sogenannte Freiteil, für die Kirche vorgesehen.
Im deutschen Recht wurde diese Lehre als Sohnesquote für Christus übernommen, die an die
Kirche ging. Der Freiteil wurde durch Schenkungen zu Lebzeiten (z.B. donatio pro anima)
übertragen, also Geschenke, die einen Bezug zum Tod hatten. Diese konnten entweder als
bedingte Schenkung für den Todesfall oder als sofortige Schenkung mit Vorbehalt des
Nießbrauchs erfolgen.
Die Anerkennung von Testamenten führte dazu, dass das zuvor gebundene Hausvermögen zu
frei verfügbarem Eigentum wurde, auch wenn es anfangs noch unterschiedlichen
Einschränkungen unterlag.

17
Q

Affatomie, thinx

A

Zwei Rechtsinstitute, die Ähnlichkeiten mit der vertraglichen Erbeinsetzung aufweisen, sind
die fränkische Affatomie und die langobardische Thinx. Beide beinhalten die adoptio in
hereditatem, also die Annahme als Erbe.
Affatomie konnte nur von jemandem ohne leibliche Erben genutzt werden. Sie erforderte eine
feierliche symbolische Übertragung des Vermögens vor dem Königsgericht und die Zustimmung
des Königs, da erbloses Gut normalerweise an ihn fiel. Die Übertragung der Gewere (Rechte)
konnte auch an einen Treuhänder (Salmann) erfolgen, der es innerhalb von 12 Monaten an den
Begünstigten übergeben musste.
Im Gegensatz dazu verlieh die Thinx dem Begünstigten die Rechtsstellung eines Sohnes, was
bedeutet, dass er Vermögen erwerben konnte, auch ohne Blutsverwandtschaft. Aus den Quellen
geht jedoch nicht klar hervor, ob der Begünstigte sofort Eigentümer des Gutes wurde oder nur
ein Warterecht hatte, wie die leiblichen Erben.
Der wesentliche Unterschied zwischen beiden Instituten ist, dass die Affatomie nur ohne
leibliche Erben möglich ist, während die Thinx auch trotz vorhandener natürlicher Erben
eingesetzt werden kann.

18
Q

Friedelehe, Muntehe

A

Die Friedelehe ist eine eheähnliche Beziehung, die es dem Mann erlaubte, neben seiner Ehefrau
auch andere Frauen, die sogenannten Friedeln, zu haben. Diese Art der Ehe beruhte auf einer
Willensübereinkunft zwischen Mann und Frau, auch als Konsensehe bekannt.
In einer Friedelehe unterlag die Frau nicht der Muntgewalt des Mannes, was bedeutete, dass es
keine formelle Trauung oder Brautgabe gab. Die Verbindung wurde durch die öffentliche
Heimführung und das Bettbeschreiten begründet. Es gab jedoch eine Morgengabe am
folgenden Tag.
Die Friedelehe schuf keine formale Standesgemeinschaft der Ehegatten und war deshalb weit
verbreitet. Dadurch hatte die Frau eine deutlich stärkere Rechtsposition als in der traditionellen
Muntehe.
Bei der Muntehe war die Brautsippe oder der Muntwalt (der Vormund der Braut) nach der
Verlobung verpflichtet, die Braut dem Bräutigam zu übergeben. Dadurch erhielt der Bräutigam
die eheherrliche Gewalt über die Braut, was zur Bezeichnung „Muntehe“ führte.
Diese Eheform wird auch als Kaufehe bezeichnet, weil der Bräutigam der Brautsippe eine
Brautgabe oder mindestens ein Angeld zahlen musste. Ursprünglich schlossen die beiden
Sippen einen Vertrag, die sogenannte Sippenvertragsehe. Später wurde der Bräutigam
selbstständiger Vertragspartner, während die Braut aufgrund der Geschlechtsvormundschaft
weiterhin ausgeschlossen blieb.
Der Muntwalt der Frau hatte das Verlobungsrecht, also das Recht, den Ehevertrag
abzuschließen. Zur Begründung der Muntehe waren verschiedene formelle Rechtsakte
notwendig: die Trauung (Übergabe der Braut), die Heimführung (Brautlauf), die
Bettbeschreitung und am Morgen danach die Morgengabe des Mannes an die Frau. Letztere
sollte die Anerkennung der Frau als Hausherrin symbolisieren

19
Q

Dispensehen (Sever- ehen)

A

Im ABGB 1811 war festgelegt, dass eine bestehende Ehe ein absolut trennendes Ehehindernis
darstellt. Für Katholiken galt, dass eine Ehe nur durch den Tod aufgelöst werden konnte. Um
diese strengen Regeln zu umgehen, entstand 1919 in Niederösterreich die Praxis, administrativ
vom Hindernis des bestehenden Ehebandes zu dispensieren. Diese Ehen wurden als
Dispensehen bezeichnet und waren gültig, solange sie nicht gerichtlich für ungültig erklärt
wurden.
Die Dispensehe wurde auch als Sever-Ehe bekannt, benannt nach dem Landeshauptmann von
Niederösterreich, Albert Sever, der solche Befreiungen erstmals in diesem Umfang erteilt hatte.
Den Landesstellen wurde die Dispensbefugnis erteilt, um von Ehehindernissen zu
dispensieren, wenn wichtige Gründe vorlagen.
Die Gerichte waren uneinig, ob Dispensehen gültig sein sollten. Der OGH (Oberster Gerichtshof)
betrachtete die Erteilung der Dispens als einen absolut nichtigen Verwaltungsakt, während
der VfGH (Verfassungsgerichtshof) diese Sichtweise nicht teilte.

20
Q

Usus modernus pandectarum

A

Die Kommentatoren hatten eine Vermittlerfunktion zwischen dem mittelalterlichen Recht und
dem gemeinen Recht (mos italicus). Von 1610 bis 1780 setzten sie ihre Harmonisierung im usus
modernus pandectarum fort. Ziel war es, das rezipierte römisch-kanonische Recht allgemein
anwendbar zu machen, ohne dabei die Errungenschaften der eigenen Rechtskultur aufzugeben.
Allerdings gelang die angestrebte Vereinheitlichung nicht vollständig; in einigen Bereichen kam
es sogar zu einer weiteren Rechtszersplitterung. Dennoch führte der usus modernus
pandectarum zu einer universellen Rechtsdogmatik, die bis heute in der modernen
Rechtswissenschaft präsent ist.
Ein bekannter Vertreter des usus modernus pandectarum ist Benedikt Finsterwadler.

21
Q

Grundbuch

A

Grundbuch: Ein öffentlich zugängliches Register, das aus einem Hauptbuch und Urkundenbuch
besteht. Es wird von den Grundbuchsgerichten für Grundstücke in ihren Bezirken geführt und ist
EDV-unterstützt.
Entwicklung
* Die Entwicklung des Grundbuchs begann in den mittelalterlichen deutschen Städten.
Ein Beispiel ist das Schreinswesen in Köln, wo Grundstücksgeschäfte auf
Pergamentkarten verzeichnet wurden.
* Im 13. Jahrhundert wurden Stadtbücher eingeführt. Zunächst dienten die Eintragungen
als Gedächtnisstütze, gewannen aber später Beweiswert und wurden wichtig für den
Rechtserwerb.
* Die Eintragungen erfolgten anfangs chronologisch. Einige Städte wechselten im 15.
Jahrhundert zum Realfoliensystem, das alle Eintragungen zu einem Grundstück
zusammenfasste. Das Personalfoliensystem ordnete Eintragungen nach den Namen
der Eigentümer.
* Auch in Österreich entstanden Grundbücher zuerst in den Städten, wobei es auch
grundherrschaftliche Grundbücher gab, die das untertänige Land erfassten.
* Die Landtafeln waren entscheidend für die Entwicklung des österreichischen
Grundbuchs. Sie waren systematisch angelegt und erfassten sowohl privatrechtliche
Verhältnisse als auch wichtige verfassungsrechtliche Urkunden.
* Im 18. Jahrhundert wandelten sich die Landtafeln von einer Urkundensammlung zu
einem Bodenbuch, das alle adeligen Liegenschaften erfasste. Diese Eintragungen
geschahen nach dem Realfoliensystem.
* Das ABGB 1811 behielt die Landtafeln und Grundbücher bei und regelte nur das
materielle Recht der Intabulation.
* Die Revolution 1848 brachte Veränderungen im Grundbuchwesen mit sich. Es entstand
der Wunsch nach einheitlichen Regelungen, was 1781 im Allgemeinen
Grundbuchgesetz mündete.
* Dieses Gesetz legte fest, dass alle Grundstücke im Buchbezirk aufgenommen werden
sollten (Einheitsgrundsatz).
* Das heutige Recht des allgemeinen Grundbuchs ist im ABGB und in Sondergesetzen
geregelt.

22
Q

Landtafeln

A

Landtafeln: Sie waren entscheidend für die Entwicklung des österreichischen Grundbuchs.
Entstanden im 13. Jahrhundert in Böhmen, breiteten sie sich im 14. Jahrhundert auf Schlesien
und Mähren aus.
Inhalt: In den böhmisch-mährischen Landtafeln waren die landtäflichen Güter verzeichnet.
Diese Gerichtsbücher waren die ersten systematisch angelegten und enthielten sowohl
privatrechtliche Verhältnisse als auch wichtige verfassungsrechtliche Urkunden, wie
Landtagsbeschlüsse.
Eintragungszwang: Aus politischen Interessen unterlagen die Stände einem
Eintragungszwang, was zur Auffassung führte, dass dingliche Rechte an landtäflichem Gut nur
durch Eintragung erworben werden konnten. Dies markierte den Beginn des
Eintragungsgrundsatzes.
Übernahme im 18. Jahrhundert: Das böhmische Landtafelwesen wurde von den meisten
österreichischen Ländern übernommen. Bereits bestehende adelige Grundstücksverzeichnisse
wurden in die Landtafeln integriert.
Neuerung: Eine wesentliche Neuerung im 18. Jahrhundert war die Entwicklung der
Landtafeln von einer Sammlung von Urkundenbüchern zu einem Bodenbuch, das alle adeligen
Liegenschaften eines Landes erfasste. Die Eintragungen erfolgten nach dem Realfoliensystem.
Vereinheitlichung: Während die Landtafeln erhalten blieben, wurden Grund- und
Stadtbücher durch die Gesetzgebung des 18. Jahrhunderts weitgehend vereinheitlicht.
ABGB 1811: Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) hielt an der Einrichtung von
Landtafeln und Grundbüchern fest.

23
Q

S.C. Vellejanum

A

Das S.C. Vellejanum regelte das Interzessionsverbot für Frauen und schloss sie von der
Sicherstellung fremder Verbindlichkeiten aus, wie zum Beispiel von Bürgschaften,
Gesamtschuld und Verpfändungen. Dieses Prinzip wurde zu einem wichtigen Bestandteil des
gemeinen Rechts und fand auch in vielen neuzeitlichen Land- und Standrechtsordnungen
Anwendung.

24
Q

Todeserklärung

A

Im Mittelalter gab es zunächst keine klaren Regeln zur Feststellung des Todes einer vermissten
Person. Die oberitalienische Praxis ging davon aus, dass der Tod nach 100 Jahren angenommen
wird, während die deutsche, besonders die sächsische Praxis dieses Alter auf 70 Jahre
reduzierte. Das schlesische System hingegen betrachtete die Dauer der Abwesenheit und das
Alter der vermissten Person in Relation zueinander und berücksichtigte auch die Umstände der
Abwesenheit.
Dieses schlesische System wurde im ABGB 1811 übernommen. Ergänzend wurde ein
förmliches Verfahren zur Todeserklärung eingeführt. Nach einer erfolglosen Aufforderung an den
Vermissten durch ein Edikt endete das Verfahren mit einem Urteil des Abwesenheitskurators,
was die rechtlichen Folgen des Todes mit der Rechtskraft der Todeserklärung in Gang setzte.
Das geltende Recht basiert auf dem Todeserklärungsgesetz von 1950, welches ein
Außerstreitverfahren mit Antragsprinzip darstellt.

25
Q

Rechtsbrauch des Dreißigsten

A

Der Rechtsbrauch des Dreißigsten war im Mittelalter ein festes Rechtsinstitut. Nach dem Tod
des Oberhaupts einer Familie mussten die Witwe und die Hausgenossen für 30 Tage weiterhin
so versorgt und behandelt werden wie zuvor. In dieser Zeit war eine Aufteilung des Erbes
ausgeschlossen, was bedeutete, dass der Verstorbene weiterhin für diese 30 Tage als rechtlich
existent galt und volle Rechtsfähigkeit behielt. Später, im ABGB 1811, wurde der Dreißigste für
eine Zeit lang als Institut zur Versorgung von Witwen angesehen.

26
Q

Leibgedinge/Leibzucht

A

Mit einer solchen Vereinbarung gewährt ein Gatte dem anderen für den Fall seines Todes ein
unentgeltliches Nutzungsrecht an einem oder mehreren Vermögenswerten für die Dauer seines
Lebens. Diese Regelung basiert grundsätzlich auf einer Trennung des Vermögens. Der
wirtschaftliche Zweck dahinter ist die Versorgung des überlebenden Ehegatten. Der
Überlebende erwirbt ein Anwartschaftsrecht auf das ihm zugedachte Vermögen, was bedeutet,
dass der Besteller nur mit Zustimmung des anderen Ehegatten über dieses Vermögen verfügen
kann. Eine Aufhebung der Leibgedingsurkunde ist nur in Absprache mit dem Berechtigten
möglich

27
Q

Salvatorische Klausel

A

Es gab im Mittelalter eine Koexistenz von allgemeinem Recht und lokalem Landsbrauch, was zu
Verwirrung in der Rechtspraxis führte, da unklar war, welche Norm in einem konkreten Fall
anzuwenden war. Laut § 3 der Reichskammergerichtsordnung von 1495 sollten die Gerichte auf
Reichsebene nach dem allgemeinen Recht entscheiden. Die sogenannte salvatorische Klausel
besagte jedoch, dass das allgemeine Recht nur subsidiär gelten sollte. Es war oft schwierig, die
Gültigkeit des lokalen Gewohnheitsrechts nachzuweisen, was in vielen Regionen dazu führte,
dass das Verhältnis zwischen diesen beiden Rechtsformen sich umkehrte