Patient 2 Flashcards

1
Q

Welche Diagnosen hat Herr P.?

A

F32.2 schwere depressive Episode (G)
Agoraphobie ohne Panikstörung (V)

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2
Q

: Welche Kriterien müssen für die Diagnose einer schweren depressiven Episode (F32.2) erfüllt sein, und inwiefern erfüllt der Patient diese?

A

Laut ICD-10 müssen für eine schwere depressive Episode alle drei Hauptsymptome (depressive Stimmung, Interessenverlust, Antriebsverlust) sowie mindestens fünf der sieben Zusatzsymptome erfüllt sein. Der Patient zeigt:
- Depressive Stimmung (gedrückt, hoffnungslos)
- Interessenverlust (früher soziale Aktivitäten geschätzt, jetzt sozialer Rückzug)
- Antriebsverlust (mehrere Tage in dunklem Zimmer, reduzierte Aktivität)
- Lebensüberdrussgedanken
- Konzentrationsprobleme
- Psychomotorische Unruhe
- Schlafstörungen
- Appetit- und Gewichtsverlust (-15 kg)
 Somit erfüllt er die Kriterien für F32.2.

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3
Q

Welche Differentialdiagnosen sollten zusätzlich in Betracht gezogen werden?

A
  • Dysthymie (F34.1): Längere depressive Verstimmung über mindestens zwei Jahre. Diese Diagnose scheint hier weniger wahrscheinlich, da die Symptome relativ akut seit 2022 verstärkt auftraten.
  • Anpassungsstörung (F43.2): Da belastende Lebensereignisse vorhanden sind (z. B. finanzielle Sorgen, Arbeitsunfähigkeit, soziale Enttäuschungen), könnte eine Anpassungsstörung erwogen werden. Jedoch spricht die Schwere der Symptomatik eher für eine depressive Episode.
  • Agoraphobie (F40.0): Unklar, da nicht ausreichend erfragt wurde, ob die Angst sich auf spezifische Situationen (z. B. Fluchtwege) oder auf soziale Bewertung bezieht. Eine genauere Diagnostik ist erforderlich.
  • Generalisierte Angststörung (F41.1): Der Patient zeigt starkes Grübeln, jedoch fehlen die für GAS typischen exzessiven Sorgen über verschiedene Lebensbereiche
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4
Q

Welche biografischen Faktoren könnten zur Entwicklung der Depression beigetragen haben?

A
  • Frühe Traumatisierung: Vernachlässigung durch Eltern, emotionale Kälte, Misshandlung durch die Mutter (Einsperren in den Keller).
  • Früh erlernte Rollenübernahme: Keine Kindheitserfahrungen mit Spiel & Leichtigkeit, sondern „Funktionieren“ in der Landwirtschaft des Vaters.
  • Gefühl mangelnder Wertschätzung: Wiederkehrendes Motiv (Eltern, Ex-Frau, Arbeitgeber, Freunde).
  • Körperliche Erkrankungen: Chronische Schmerzen (Gicht, Knieprobleme, taube Füße) verstärken die psychische Belastung.
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5
Q

Welche psychotherapeutischen Verfahren wären für diesen Patienten indiziert?

A
  • Kognitive Verhaltenstherapie (KVT):
    o Bearbeitung dysfunktionaler Grundannahmen („Ich bin nur etwas wert, wenn ich funktioniere“).
    o Erarbeitung von Verhaltensaktivierung zur Steigerung des Antriebs.
    o Expositionstherapie bei Agoraphobie-Verdacht.
  • Schematherapie:
    o Bearbeitung maladaptiver Schemata („emotionale Deprivation“, „Selbstaufopferung“).
  • Interpersonelle Therapie (IPT):
    o Thematisierung von zwischenmenschlichen Konflikten (Ex-Frau, Freunde, Arbeitgeber).
  • Achtsamkeitsbasierte Verfahren:
    o Umgang mit Grübeln & Selbstabwertung.
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6
Q

Wie würden Sie mit den Lebensüberdrussgedanken des Patienten umgehen?

A
  • Suizidale Krisenintervention:
    o Direkte Exploration: „Haben Sie konkrete Pläne oder Absichten?“
    o Abklärung von Schutzfaktoren (z. B. Beziehung zur Lebensgefährtin, Söhne).
    o Sicherheitsmaßnahmen bei erhöhter Suizidalität (z. B. engmaschige Gespräche, Krisenplan).
    o  Da der Patient sich glaubhaft von Suizidgedanken distanziert, besteht momentan keine akute Gefahr, sollte aber weiter beobachtet werden
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7
Q

Welche medikamentöse Therapie wäre für diesen Patienten sinnvoll?

A
  • SSRI (z. B. Sertralin, Escitalopram): Aufgrund der schweren Depression mit Angstsymptomatik und wenig Nebenwirkungen.
  • SNRI (z. B. Venlafaxin): Alternativ bei schwerer Antriebsstörung.
  • Mirtazapin: Bei starkem Schlafmangel und Gewichtsverlust.
  • Benzodiazepine (z. B. Lorazepam): Kurzfristig bei akuten Panikattacken (aber hohes Abhängigkeitspotential).
  • Pregabalin: Bei Verdacht auf komorbide Angststörung.
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8
Q

Welche weiteren Untersuchungen wären zur Diagnosesicherung erforderlich?

A
  • Psychometrische Tests:
  • Beck-Depressions-Inventar (BDI-II) zur Quantifizierung der Depression.
  • State-Trait Anxiety Inventory (STAI) zur Abklärung der Angstsymptomatik.
  • Labordiagnostik:
  • Ausschluss organischer Ursachen (z. B. Schilddrüsenfunktionsstörung).
  • Neuropsychologische Tests:
  • Konzentrations- und Gedächtnistests zur Objektivierung der subjektiven Einschränkungen.
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9
Q

Sie berichten von Verständigungsproblemen mit dem Patienten aufgrund seines Dialekts. Wie könnte man die Kommunikation verbessern?

A
  • Langsames, klares Nachfragen mit wertschätzendem Ton.
  • Verwendung schriftlicher Materialien zur Absicherung.
  • Zusammenfassendes Spiegeln, um Missverständnisse zu vermeiden.
  • Mögliche Einbindung eines vertrauten Gesprächspartners, falls notwendig
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10
Q

Welche Kriterien müssen für eine Agoraphobie (F40.0) erfüllt sein, und welche diagnostischen Fragen wären hier relevant?

A

Für die Diagnose einer Agoraphobie nach ICD-10 müssen Ängste in mindestens zwei der folgenden Situationen auftreten:
- Menschenmengen
- öffentliche Plätze
- Reisen mit weiter Entfernung von Zuhause
- Alleinreisen
- Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel
Um die Verdachtsdiagnose Agoraphobie weiter abzuklären, könnte man den Patienten fragen:
* „Was genau macht Ihnen in diesen Situationen Angst?“ (Angst vor Kontrollverlust, Panikattacke, Peinlichkeit?)
* „Haben Sie Angst, dass Sie in der Situation keine Hilfe bekommen oder nicht fliehen können?“
* „Vermeiden Sie bewusst bestimmte Orte oder Situationen aus Angst?“
Im Fall des Patienten müsste abgeklärt werden, ob seine Angst tatsächlich auf Agoraphobie oder eher auf soziale Angst (Angst vor Bewertung) zurückzuführen ist.

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11
Q

Welche komorbiden Störungen sind bei Depressionen häufig?

A
  • Angststörungen (F40/F41): Besonders generalisierte Angststörung oder Agoraphobie.
  • Somatoforme Störungen (F45): Schmerzstörungen, körperliche Beschwerden ohne organische Ursache.
  • Suchterkrankungen (F10-F19): Höheres Risiko für Alkohol- oder Medikamentenmissbrauch.
  • Persönlichkeitsstörungen (F60): Besonders selbstunsichere, abhängige oder vermeidende Persönlichkeitszüge.
  • PTBS (F43.1): Falls Traumatisierung vorliegt, könnte eine posttraumatische Belastungsstörung in Betracht gezogen werden.
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12
Q

Welche biografischen Belastungen des Patienten könnten aus psychodynamischer Sicht relevant sein?

A
  • Frühe Vernachlässigung und Misshandlung durch die Mutter: Emotionale Vernachlässigung kann zu einem unsicheren Bindungsmuster und niedrigem Selbstwert führen.
  • Elterliche Erwartungen an Leistung: Möglicher Zusammenhang mit Perfektionismus oder Selbstüberforderung.
  • Gefühl mangelnder Wertschätzung: Wiederkehrendes Muster in Beruf, Beziehungen und Familie → mögliche Verstärkung depressiver Schemata.
  • Fehlende emotionale Unterstützung: Fehlender familiärer Rückhalt könnte zu Hilflosigkeit und Hoffnungslosigkeit beitragen.
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13
Q

Welche Rolle könnten psychosoziale Stressoren bei der Verschlechterung des Befindens spielen?

A
  • Arbeitsplatzprobleme: Langzeiterkrankung, fehlende Unterstützung vom Arbeitgeber.
  • Finanzielle Belastungen: Unterhalt für Kinder, Abhängigkeit von der Partnerin.
  • Soziale Isolation: Enttäuschung über Freunde, Rückzug aus sozialen Aktivitäten.
  • Chronische Schmerzen: Verstärken depressive Symptomatik, reduzieren Lebensqualität.
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14
Q

Welche kognitiven Verzerrungen könnten bei diesem Patienten eine Rolle spielen?

A
  • Katastrophisieren: „Ich kann nie wieder unter Menschen sein.“
  • Personalisierung: „Mein Arbeitgeber meldet sich nicht – ich bin ihm egal.“
  • Alles-oder-nichts-Denken: „Meine Freunde melden sich nicht, also bin ich ihnen unwichtig.“
  • Selektive Aufmerksamkeit: Fokussierung auf Ablehnung und Misserfolge.
     Ein kognitiver Therapieansatz könnte darauf abzielen, diese Verzerrungen zu hinterfragen und alternative Bewertungen zu erarbeiten.
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15
Q

Welche verhaltenstherapeutischen Maßnahmen wären geeignet?

A
  • Verhaltensaktivierung: Gezielte Steigerung positiver Aktivitäten (z. B. Fahrradfahren, falls möglich).
  • Expositionstraining: Falls Agoraphobie diagnostiziert wird, könnte eine Expositionstherapie helfen.
  • Soziale Kompetenztraining: Förderung positiver Interaktion mit Freunden und Partnerin.
  • Problemlösetraining: Strategien zur Bewältigung beruflicher und finanzieller Sorgen.
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16
Q

Wie könnte man die Motivation des Patienten zur Therapie steigern?

A
  • Zielvereinbarungen: Kleine, realistische Schritte festlegen.
  • Motivierende Gesprächsführung: Empathisches Zuhören, Betonung von Stärken.
  • Erarbeitung von Ressourcen: Identifikation positiver Erfahrungen und Erfolge.
     Da der Patient resigniert wirkt, sollte man besonders darauf achten, Hoffnung zu vermitteln.
17
Q

Welche Nebenwirkungen könnten bei der medikamentösen Behandlung auftreten?

A
  • SSRI (z. B. Sertralin): Übelkeit, sexuelle Dysfunktion, Unruhe.
  • Mirtazapin: Gewichtszunahme, Sedierung.
  • SNRI (z. B. Venlafaxin): Blutdruckanstieg, Schwitzen.
     Bei Patienten mit körperlichen Vorerkrankungen sollte man insbesondere auf Wechselwirkungen achten.
18
Q

Welche somatischen Ursachen einer Depression sollten ausgeschlossen werden?

A
  • Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose): Kann depressive Symptome verstärken.
  • Vitamin-D- oder B12-Mangel: Kann Müdigkeit und Antriebslosigkeit verursachen.
  • Diabetes: Zusammenhang mit Depressionen, besonders bei schlechter Stoffwechselkontrolle.
  • Neurologische Erkrankungen: Multiple Sklerose, Parkinson oder neurodegenerative Erkrankungen könnten eine Rolle spielen.
    Eine Blutuntersuchung wäre sinnvoll, um organische Ursachen auszuschließen.
19
Q

Wie könnten Sie als Therapeut mit der Sprachbarriere des Patienten umgehen?

A
  • Geduldiges Nachfragen: „Könnten Sie das bitte noch einmal erklären?“
  • Visuelle Hilfsmittel nutzen: Aufschreiben von Begriffen, falls nötig.
  • Paraphrasieren: „Habe ich Sie richtig verstanden, dass …?“
  • Evtl. Dolmetscher in Betracht ziehen: Falls die Verständigung zu stark beeinträchtigt ist.