Kriminologie Flashcards
Definieren sie kurz den Begriff Kriminologie
Wissenschaft von Entstehungszusammenhängen, Erscheinungsformen und Vorbeugungs- u. Bekämpfungsmöglichkeiten, geeigneten Sanktions- und Behandlungsformen d. verbrechens im Leben von Individuen u. Gruppen sowie d. kriminalität im Gefüge von Staat u. Gesellschaft
Grenzen sie die Begriffe Kriminalistik und Kriminologie von einander ab
- Kriminalistik beschreibt die technisch/naturwissenschaftliche Tataufklärung, Fandung nach Personen und Sachen: Physik, (Rechts-)Medizin, Chemie, Biologie
-> Drogenscreening
-> Spurenanalyse
-> digitale Forensik - Kriminologie beschreibt die Ursachenforschung bzgl. kriminellen Verhaltens und mögl. Präventionsansätze
-> Warum wird jemand kriminell/warum nicht?
-> Wie zuvermeiden?
-> Strafzecke: Individual Prävention
Beschreiben sie das System der Kriminalwissenschaften
Geisteswissenschaften <-> Naturwissenschaften
* juristische Kriminalwissenschaften
-> Strafrechtswissenschaften
-> Strafprozessrechtswissenschaft
-> andere rechtswissenschaftliche Disziplin mi mit kriminalistischem Bezug (z.B. Polizeirecht)
- nichtjuristische Kriminalwissenschaften
-> Kriminologie (Kriminalstatistik)
-> Kriminalistik (Kriminaltechnik)
-> forensische Wissenschaften (Gerichtsmedizin)
Grenzen sie Recht und Kriminologie voneinander ab
- Recht (Strafrecht, Strafprozessrecht, Grundgesetz etc.)
-> dogmatische Wissenschaft/Rechtsdogmatik
-> Ausgangspunkt: Gestz- (estext), also Norm, Rechtssprechung, und Fachliteratur - Kriminologie beschreibt die Ursachenforschung bzgl. kriminellen Verhaltens und mögl. Präventionsansätze
-> Warum wird jemand kriminell/warum nicht?
-> Wie zuvermeiden?
-> Strafzecke: Individual Prävention
Phänomolologie
Erscheinungsformen von Kriminalität
Welche Formen von Kriminalität existieren?
Ätiologie
Ursachen von Kriminalität:
* biologische/genetische Faktoren (Anlage-Determinus)
* soziale/sozialpsychologische Faktoren (Umwelt-Determinismus)
* psychatrische Faktoren
* Kriminalität als Zuschreibung
Viktimologie
Opfer(werdung) und Opferperspektive
Sanktionsforschung/Poenologie
Wirkung von Strafe auf
den Täter und auf die
Gesellschaft
Nennen sie einen weiteren Aspekt der Kriminologie
Kriminalprävention zur
Verhinderung /
Eindämmung von
Kriminalität
Definieren sie den formellen Verbechensbegriff (def. Kriminalität)
Gesamtheit aller mit Strafe bedrohten Verhaltensweisen
Delinquenz-Begriff
- entstammt anglo-amerikanischen Kriminologie
des frühen 20. Jh: Jugendliches Fehlverhalten vs. Kriminalität
Erwachsener - „Jugenddelinquenz“: weniger stigmatisierend sein als rechtliche
Kategorisierungen von Strafe und Schuld („Entdramatisierung“
von Jugendkriminalität) - Definitions- bzw. Abgrenzungsproblem: z.T. wird der Begriff
Kriminalität für das sog. Hellfeld (> PKS) verwendet, der Begriff
der Delinquenz für das sog. Dunkelfeld - Teilweise wird Delinquenz-Begriff auch für nicht strafbares
Verhalten genutzt, z.B. Schulschwänzen
-> welcher Delinquenz-Begriff wird von wem wie verwendet?
Genaue Begriffsklärung notwendig! - nicht jedes abweichende, deviante Verhalten ist
sozialschädlich
Definirtrn Sie den Begriff soziale Norm
- Gegensatz
zu rechtlichen Normen - alle Verhaltenserwartungen
der Gesellschaft, die
das Zusammenleben prägen, strukturieren und
erst ermöglichen
Beschreiben Sie das Legimitätsproblem des Devianz-Begriffs
- Wer definiert in einer
pluralistischen, offenen Gesellschaft spezifische soziale Erwartungen mit
welchen Maßstäben und wer fragt nach deren Nichtbefolgung und wer soll
in welcher Form und mit welchem Ziel darauf reagieren? - Devianz / abweichendes Verhalten = letztlich offene, teilweise nur vage
umschriebene bzw. umschreibbare Begriffe - Konzept des abweichenden Verhaltens wird in Kriminalsoziologie
verwendet – für rechtlichen Gebrauch ist Konzept des abweichenden
Verhaltens zu ungenau, da letztlich nicht feststeht, gegen welche sozial
konsentierten (oder als sozial konsentiert geltenden) Normen jemand verstoßen
hat
Nennen sie den Unterschied zwischen Strafrecht und sozialer Norm
- Im Strafrecht wird jeweilige Verhaltensweise
im gesetzlichen Tatbestand umschrieben - z.B. bei Diebstahl, § 242 StGB oder Körperverletzung, §
223 StGB - gesetzliche
Umschreibung fehlt bei
allermeisten sozialen
Normen, z.B. sich gegenseitig
zu grüßen, älteren und
hilfsbedürftigen Menschen
beizustehen etc.
Beschreiben Sie den Unterschied zwischen Sozial- und Legalbewährung
- Sozialbewährung: Sozial erkennbar integriert, Supererogatives Verhalten
- Legalbewährung: keine Straftaten mehr begehen, keine weiteren Verfahren/ rechtskräftigen Verurteilungen wegen etwaiger neuer Taten
Anhand welcher Kriterien/Indikatoren kann der Erfolg strafrechtlicher Sank tionen gemessen werden?
Kausalitätder Sanktion/Intervention
Problem: Feststellbarkeit der Kausalität von Sanktionen bzw.
auch von Non-Intervention – kann es beim schlichten Nichtstun
überhaupt eine Ursächlichkeit geben??
- Unterschiedliche Tätertypen / individuelle
- Persönlichkeitsstruktur
Identische Sanktionen können bei unterschiedlichen
Personen unterschiedlich wirken - Vorstrafenbelastung der jeweiligen Klientel (jew. Gruppe)
- Sozialer Empfangsraum nach Haftentlassung /bei Bewährung
/ bei Non-Intervention
-> flankierendes soziales Umfeld
Wie wird Strafe durch den Bundesgerichtshof begründet?
- Strafe setzt Schuld voraus
- Schuld ist Vorwerfbarkeit
- Mit Unwerturteil d. Schuld wird dem Täter vorgeworfen,
dass er sich nicht rechtmäßig verhalten, dass er sich
für Unrecht entschieden hat, obwohl er sich rechtmäßig
verhalten, sich für das Recht hätte entscheiden können - innere Grund des Schuldvorwurfes liegt darin, dass
Mensch auf freie, verantwortliche, sittliche Selbstbestimmung
angelegt und deshalb befähigt ist, sich für Recht
und gegen Unrecht zu entscheiden, sein Verhalten nach
Normen des rechtlichen Sollens einzurichten und
rechtlich Verbotene zu vermeiden
Beschreiben sie die Doppelfunktion der Schuld
- Grundlage für das staatliche Recht zum Strafen
> „keine Strafe ohne Schuld“ (§ 46 StGB)
> § 20 StGB („Regel-/Ausnahme-Prinzip“)
> § 3 S. 1 JGG: Positiv-Prüfung bei Jugendlichen
> Maßregeln der Besserung und Sicherung, §§ 61 ff. StGB
(v.a. Sicherungsverwahrung) - Begrenzung/Limitierung des staatlichen Strafanspruchs:
„nicht über das verwirkte Maß der Schuld hinaus“ (Übermaßverbot/Verhältnismäßigkeit und nicht zuletzt: Schutz der Menschenwürde)
Sündenbockhypothese
- (unbewusste) Projektion von primär kollektiver Schuld auf den
Sündenbock zur Selbstreinigung /
psychisch-moralischen Entlastung, „Psychohygiene“ - verschleierte Selbstbestrafung
- Gesellschaft benötigt Verbrecher zur Affektregulation
- Strafrecht als legitimes Mittel kollektiver Aggressionsabfuhr
- Kriminelle als „Opfer“ der Gesellschaft
Forderungen von Cesare di Beccaria
- Ersetzung der Todesstrafe durch lebenslange Freiheitsstrafe
- Abschaffung von Folter und grausamen Strafarten
- Abschaffung des Vergeltungs-/Sühnegedankens im Strafrecht (anders z.B. Immanuel Kant, 1724 - 1804)
- Gewährung ausreihender Zeit zur Verteidigung
- Geltung der Unschuldsvermutung (> Art. 6 II EMRK / § 449 StPO)
- Zügige Abwicklung des Strafverfahrens
- Strikte Abhängigkeit des Richters vom Gesetz (> Gesetzesbindung, vgl. § 1 StGB, Art. 103 II GG, > VL-StR)
- Willkürverbot für die Polizei
- Öffentliche Gerichtsverhandlungen
- Vorrang vorbeugender Kriminalpolitik (> Prävention)
Cesare Lombrose
1876: L‘uomo delinquente
Verbrecher sind bereits
an körperlichen Auffälligkeiten
und Anomalien
zu erkennen:
Mörder haben einen
eiskalten, grausamen
Blick, blutunterlaufene
Augen, große Nasen,
lange Ohren, dünne
Lippen und große
Eckzähne; Diebe haben
flinke Augen und
bewegliche Hände…
Beschreiben sie die Theorie der differentiellen Assoziation
Kriminelles Verhalten wird…
* gelernt (nicht vererbt) incl. Techniken (z.B. Einbruch etc., „Berufsdieb“)
* innerhalb eines Kommunikationsprozesses mit
anderen Menschen
* innerhalb kleiner, intimer Gruppen (Medien als solche
spielen dabei kaum eine Rolle)
> Modifikation durch Glaser (1956): „Theorie der
differentiellen Identifikation“:»_space; nur durch bestimmte
Menschen […]
Beschreiben sie die Kritik an der Theorie der differentiellen Assoziation
- wenn kriminelles Verhalten erlernt wird, müsste es auch Möglichkeiten
der Gegensteuerung („Umerziehung“) geben
> Sinnhaftigkeit sozialer Intervention, JGG, KJHG etc. - Zu starke Vereinfachung: individuelle Unterschiede bei Lernfähigkeit würden nicht berücksichtigt
- Affekttaten können mit dieser Theorie nicht erklärt werden
- Kaum empirisch überprüfbar, weil nicht klar sei, welche spezifischen
Kontakte kriminalitätsverursachend /-verstärkend wirken
> immerhin:„Ansteckungsgefahren“ jedenfalls im Milieu vorhanden:
Gefängnis als „Hochschule des Verbrechens“