Kolumba Flashcards

1
Q

Zitat und Aufgabe

A

 „Vielleicht sollte man lieber nicht von Stil sprechen, sondern von einer bestimmten Herangehensweise, von einer spezifischen Gewissenhaftigkeit bei der Lösung der Aufgaben“
 Mit dieser Gewissenhaftigkeit hat Zumthor den Wettbewerb für das Diözesanmuseum für sich entschieden
 Aufgabe: für die zu groß gewordene Sammlung des erzbischöflichen Kunstmuseums auf dem Ruinenfeld der ehemaligen Pfarrkirche St. Kolumba ein neues Haus zu errichten

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2
Q

Geschichte

A

 St. Kolumba eine der größten und bedeutendsten Pfarrgemeinden im mittelalterlichen Köln
 Pfarrgemeinde gehört seit Gründung zur Erzdiözese Köln
 Namenspatronin: Heilige Kolumba
 Spätgotische Emporenbasilika St. Kolumba im 2. Weltkrieg bis auf wenige Mauern zerstört
 Inmitten der Trümmer blieb in einem Pfeiler eine spätgotische Madonna erhalten -> für Kölner Symbol des Neubeginns
 Gottfried Böhm erbaute ihr die 1950 geweihte Kapelle „Madonna in den Trümmern“ -> kleiner, einschiffiger Bau auf den ehemaligen Turmmauern, dem er einen lichtdurchfluteten oktogonalen Chor mit einem Zeltdach anschloss
 Einige Jahre später um eine Sakramentskapelle ergänzt
 Bei archäologischen Grabungen um das Oktogon in den 70er Jahren römische Siedlungsreste und eine fünfschiffige Basilika
 Kapelle sollte erhalten und in den Neubau integriert werden
 Bodendenkmale des Grabungsfeldes sollen mit einem Witterungsschutz versehen werden
 Geschichtsträchtiges Grundstück und Anspruch der Museumsleitung, mit dem Neubau auf der Grundlage eines erweiterten Kunstbegriffes eine zukünftige Form musealen Selbstverständnisses zu realisieren -> Herausforderung

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3
Q

Vorgehensweise

A

 Zumthor bezog sich auf das Konzept des Weiterbauens -> arbeitet historische Details nicht heraus, sondern integriert sie
 Entwickelte das neue Gebäude konsequent auf den Mauerfunden der alten Pfarrkirche und übernahm dessen Grundriss
 Überbaute damit auch die zur Kolumbastraße gehende Front der Böhmkapelle und schloss daran nahtlos im Winkel einen Nordflügel an
 Lediglich aufgehende Mauern der alten Sakristei unangetastet
 10 Jahre Plan- und Bauzeit
 2007 vollendet
 43 Millionen Euro Baukosten statt geplante 36 Millionen
 5 Millionen aus den Geldern der Denkmalpflege finanziert
 Zumthor hat aus den Ruinen einen stimmigen Ort für alte christliche und moderne Kunst geschaffen
 Kombination aus einer an den Rand des Möglichen getriebenen mineralischen Bautechnik und handwerklicher Fertigung beseelt die charaktervollen Räume mit einer kontemplativen Atmosphäre
 Jährlich wechselnde Ausstellungen

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4
Q

Äußerliche Erscheinung

A

 Dem Betrachter tritt ein Gebäudekomplex entgegen, der an seiner Fassade mehrere Einflüsse und Oberflächen vereint
 Aus dem blockhaften, dreigeschossigen Gebäudevolumen erheben sich drei Türme
 Alte Gebäudeteile verbinden sich harmonisch mit den strengen und modernen Gebäudeteilen des Museumskomplexes
 Neubau beansprucht und dominiert den Stadtraum mit seinem Volumen, tritt aber gleichzeitig durch homogene Materialwahl in das Straßenbild zurück
 Schmaler, heller, eigens in Dänemark gefertigte Ziegel in einem warmen Weißgrauton korrespondiert mit dem mittelalterlichen Bestand aus Ziegeln, Tuff und Basalten -> Neues und Altes wird verbunden
 Die 54 cm lange und nur 4 cm hohe Steine wurden handwerklich hergestellt
 Trotz den dadurch entstandenen minimalen Unregelmäßigkeiten erscheinen die Flächen streng
 Kern der Außenwände und die Innenwände bestehen aus Ziegelmauerwerk
 Erlaubte sowohl behutsamen Anschluss an die Bestandsmauern als auch das großflächige, doppelschalige „Filtermauerwerk“, mit dem er das Grabungsfeld umfängt
 In den oberen Geschossen der flächigen Fassade wie vorgehängt sind fünf große Fensteröffnungen

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5
Q

Foyer und Garten

A

 Foyer im Wettbewerbsentwurf noch eine zur Straße öffnende Halle, hat sich im Laufe der vielen Überarbeitungen zurückgezogen
 Betritt Museum durch eine fast schaufensterartige Öffnung vor einer zurückgesetzten Wand, entlang der der Weg nach innen führt
 Nach Materialhomogenität des Äußeren fast ein wenig überwältigt von der Vielfalt der Innenausstattung
 Großflächige Muschelkalkplatten des Bodens
 Tresen aus Eukalyptusholz, Bücherregale in Roseneiche, in Birnbaum ausgekleidete Garderobe
 Dunkelgrau-schwarz heben sich der Kassenbereich, Toilettenräume und Küchenbereich vom restlichen Gebäude ab -> basaltgrauer Beton
 Vom Foyer öffnet sich der Blick in den von einer rötlichen Stampfbetonwand eingefassten, mit Christdornbäumen bepflanzten Gartenhof, einer Sitzbank und der Figur „Große Liegende“ von Hans Josephsohn

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6
Q

Ausgrabungsbereich

A

 Aus Foyer kann man durch einen schweren ledernen Vorhang in das Dämmerlicht des 900 Quadratmeter großen Ausgrabungsbereich treten
 Raum im Halbdunkel, von Filtermauerwerk flirrend einfallendes Tageslicht und einige Hängeleuchten erhellte Halle
 Pendelleuchten werfen spottartiges Licht auf bestimmte Details
 Filtermauerwerk erhält Außenklima -> Vorteil für Ruinen
 Im Grabungsfeld stehen 14 schlanke, 12m hohe Betonstützen, die den Verlauf des ehemaligen, leicht trapezförmigen Mittelschiffs nachzeichnen
 Schlanke Stahlpfeiler mit Stahlimplantaten -> Baugrund sehr geschont, nur punktuelle Eingriffe in den Boden vorgenommen
 Zumthor lagerte auf diese sowie weiteren im alten Mauerwerk platzierten Stützen die die Kapelle und Ruinenstätte überlagernde Mörteldecke auf
 Besucher wird entlang eines gezackt über das Gelände gelegenen roten Stegs aus Padoukholz vorbei an den Ruinen und Böhms Kapelle in die offene Sakristei geleitet, wo Richard Serras Skulptur „The Drowned and the Saved“ steht
 Weg führt zurück über den Steg, vielleicht erahnt man erst beim zweiten Überqueren und aus dieser Perspektive eine Ordnung in der Stellung der Betonstützen
 Sogwirkung des intensiv roten Steges daraufgelegt, nach einem ersten, schnellen Durchqueren den Benutzer zum Perspektivenwechsel aufzufordern
 Einhausen der Marienkapelle mit den Ruinen hat nicht nur bei Böhm, sondern auch bei vielen Kölnern anfänglich Entrüstung hervorgerufen -> Ruhepunkt im Einkauferleben der nahen gelegenen Hochstraße

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7
Q

Nordflügel

A

 Im unterkellerten Nordflügel Depots untergebracht

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8
Q
  1. OG
A

 Ausstellungsräume für die sehr divergente Sammlung aus sakraler Kunst der Jahrhunderte beginnen kleinteilig im fensterlosen ersten Obergeschoss des Nordflügels, zu dem ein schmaler Treppenschacht hinaufführt
 Fugenlose, helle Terazzoboden ist gegen die mit einem warmen graubeigen Lehmputz versehenen Wände einen Spalt breit abgesetzt
 Für den Deckputz wurde in Zusammenarbeit mit einem Lehmexperten eine spezielle Lehmmischung im Farbton „Kolumbagrau“ entwickelt
 Kolumbagrau Mischung aus ca. 10% schwarzem Schiefermehl und 90% porzellanweißem Kaolin
 Mörteldecken korrespondieren mit einem leicht gelblichen Grau
 Rebecca Horns „Blindenstab“, Warhol und mittelalterlicher Schmerzensmann sollen hier mit dem Betrachter in den Dialog treten
 Gegen „Plakatierung“ der Wände hatte sich Zumthor vehement ausgesprochen -> von samtig-erdiger Glätte der Wände zu prominent abgesetzt
 Niedriges Kabinett, das um eine 4cm hohe Stufe versetzt gleichsam aus der Wand ausgehöhlt zu sein scheint, bildet eine Art Ouvertüre des im 2. Obergeschoss bestimmenden Themas von Platz, „Kabinetthäusern“ und Türmen
 Am Ende der Raumfolge, über Böhms Kapellenhalle gelegen, verschließen schwere, schwarze Samtportieren den Blick in das ebenfalls mit schwarzen Samt ausgekleidete Armarium, aus dessen Dunkel der fast aufdringlich angestrahlte Kirchenschatz sein Geheimnis preisgibt

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9
Q
  1. OG
A

 Der Weg ins Licht des 2. Obergeschosses führt über eine Himmelsleiter, über die der weißgraue Terazzobelag, von den Wänden abgesetzt, fugenlos hinaufzugleiten scheint
 An ihrem Ende öffnet sich ein raumhohes Fenster -> Blick auf Dom
 Im eigentlichen Ausstellungsbereich über dem Gräberfeld zeichnet der Terrazzo platzartig den Verlauf des darunter liegenden Stützenrasters nach
 An abgesetzten Kanten, einzelnen Häuserfluchten ähnlich, gehen die Wände der Kabinette auf
 Zwischen deren Fluchten öffnen sich zwei helle, seitliche Plätze, die über breite, geschosshohe Fenster belichtet werden und Blicke auf Köln rahmen -> Weiterführung des innen wahrnehmbaren Stadtthemas
 Auch von außen mit der Fassade vorgehängter Fensterkonstruktion erinnert an Rahmen
 Im Verhältnis zur Raumhöhe sehr niedrige Einschnitte in die Wände führen in drei dunkel gehaltene Eingangskabinette, an die sich helle, turmartige Räume anschließen
 Licht fällt hier aus hoch liegenden satinierten Seitenfenstern ein -> unterstützt Sogwirkung des Raumes
 Durch Scheiben belichtet erscheint der Lehmputz blau grau
 Im Inneren der Räume, wo er wärmer ausgeleuchtet wird, reflektiert er das Licht ockergrau

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10
Q

Lesesaal

A

 Lesesaal vom Boden über Wände bis Decke mit Mahagoni Holzpaneelen in großflächiger Maserung ausgekleidet -> dominant auf sich selbst und den geschosshoch gerahmten Blick auf die Stadt konzentriert
 Sitzmöbel speziell für diesen Raum von Zumthor entworfen und haben expressionistische Rundungen
 Literatur in Bibliothek beschäftigt sich ausschließlich mit dem Museum

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11
Q

Intention und Kritik

A

 Inmitten dieser spannungsreichen, dabei in sich ruhenden Räumen, tritt sakrale Kunst vieler Jahrhunderter mit moderner, weltlicher Kunst in den Dialog und lädt den Besucher ein, daran teilzuhaben
 Kuratoren haben sich auf zurückhaltend wenig Exponate ihrer Sammlung beschränkt -> bauen darauf, dass ihr Konzept der Gegenüberstellung dem Besucher ein intensives Erleben ermöglicht und ihn wiederkommen lässt, um immer neue Gespräche in häufig wechselnden „Kunstgruppierungen“ zu führen
 Gelegentlich an Kolumba geäußerte Kritik: Zumthor habe ein Gefäß geschaffen, in dem profane Kunst in ihrer Gegenüberstellung mit sakraler eine dieser immanente, höhere Bedeutungsebene erhalte
 Man stellt aber eher die Mündigkeit der Besucher in Frage
 Bauaufgabe lautet, einen Raum zu schaffen, der spirituelles Erleben erlaubt

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12
Q

Wirkung

A

 Archaisch in seiner Wirkung
 Mit seiner fast archetypisch zu nennender Bilder- und Erlebniswelt spricht es tief verwurzelte Wahrnehmungsebenen an
 „ahnungsschwingende“ Mehrdeutigkeit, verbunden mit einer sehr klaren Formensprache, macht die Qualität von Kolumba aus
 In ihr zeigt sich der lange Entwurfsprozess -> Gebäude lädt zur vielschichtigen Interpretierbarkeit ein
 Licht, Klima, Geräusche, Geruch und das wechselnde Tageslicht werden bruchstückhaft und gefiltert in das Innere übertragen durch das Filtermauerwerk
 Filtermauerwerk schafft durch die Offenheit einen Bezug zur Außenwelt
 Prinzip Raum im Raum: durch starke Kontraste wirken Räume wie kleinere Räume, die in einen größeren Raum hineingesetzt wurden
 Licht und Schatten prägen Raumeindruck
 Jeder Raum unterschiedliche Größe, Form und Proportion -> ganz eigene sinnliche Qualität
 Bodentiefe Glasflächen -> Eindruck Verschmelzung innen und außen
 Grenzen verschwimmen, Atmosphäre der Offenheit und Unbegrenztheit spürbar

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