Kapitel 2 - Gesellschaft und Raum Flashcards
Explorative Geographie
- Bestreben, möglichst viel Wissen über unbekannte Gegenden und Völker zu gewinnen
- Koloniale, militärisch-wirtschaftliche Interessen
Geodeterminismus
- Die Natur / Umwelt formt den Menschen / die Gesellschaft
- Physisch-materielle bzw. natürliche Umweltaspekte lassen sich klar von allen Umweltaspekten trennen
- Individuum wird von seiner physisch-materiellen Umwelt in seinen kognitiven und sozialen Eigenschaften geprägt
- ==> Hypothese: Gleiche natürliche Umwelt führt zu gleichen menschlichen Handlungen.
Geo- / Umweltdeterministische Geographie
- Theoriebildung über Zusammenhänge zwischen Natur und Umwelt – gestützt auf Beobachtungen
- Einfluss der darwinistischen Theorie (Darwin 1809- 1882)
- Evolutionsgedanke wird auf Völker ausgedehnt
- “Sozialdarwinismus”
- physische Bedingungen haben kausale Macht
- z.B. harsche Umweltbedingungen in Australien bedingen «primitive» Völker. Gemässigtes Klima => Prosperität
- Politische Umsetzung:
- Überlegenheit (Kolonialmächte) wird legitimiert (“naturgegeben”, “gottgewolt”)
- Es gibt eine natürliche Umgebung, in die eine bestimmte Menschengruppe gehört und eine andere nicht.
Possibilismus
- Gegenparadigma zu Geodeterminismus
- Mensch als soziales Wesen rückt in den Mittelpunkt
- Lage, Klima etc. können sich auf eine Kultur auswirken
- doch: menschliche Anpassungsfähigkeit ist nicht in gleicher Weise vom Milieu abhängig wie die von Pflanzen und Tieren
- Konzentration auf den Menschen weist den Weg zur Sozialgeographie
- von Paul Henri Vidal de la Blache (1845-1918)
Raumkonzepte (4)
Raum als…
- Container
- System von Lagebeziehungen
- Kategorie der Sinneswahrnehmung
- Konstruktion
Raum als Container
- Raum enthält bestimmte reale Sachverhalte der physisch-materiellen Welt (Klima, Vegetation, Werke der Menschen, etc. => Länderkunde)
- Räume sind Wirkungsgefüge natürlicher und anthropogener Faktoren: das Ergebnis von Prozessen, die die Landschaft gestaltet haben
- Landschaft ist das zentrale Forschungsobjekt der Geographie
- Fragen zu einer regelhaft ausgebildeten Raumstruktur oder der individuellen Wahrnehmung werden nicht gestellt!
- Ausschnitt aus der Erdoberfläche wird als real existent begriffen!
- Beispiele:
- Was ist in diesem Raum-Container in Bezug auf den Tourismus von den Oberflächenformen über das Klima, Vegetation und Tierwelt bis hin zu den Siedlungs- und Wirtschaftsformen der Menschen enthalten?
- Was bietet dies für eine touristischen Nutzung?

Raum als System von Lagebeziehungen
- Räume werden als Systeme von Lagebeziehungen / Funktionen materieller Objekte betrachtet
- Akzent liegt auf der Bedeutung von Standorten, Lagerelationen und Distanzen - auf den Strukturen des Raums / Raumstrukturforschung (z.B. Korrelationen, siehe Strand)
- Ausschnitt aus der Erdoberfläche wird als real existent begriffen!
- Keine individuelle / gruppenspezifische Wahrnehmung und Bewertung
- Quantitative Methode (nicht qualitativ)
- Beispiele:
- Welche Bettenkapazitäten, Übernachtungszahlen, Einzugsbereiche, Nachfrage- und Organisationsstrukturen bietet der Raum?
- Welche regionalwirtschaftlichen Effekte und Raumentwicklungs- potenziale hat der Tourismus?

Raum als Kategorie der Sinneswahrnehmung
- Räume werden als Kategorie der Sinneswahrnehmung gesehen
- Wie werden scheinbar real vorhandene Räume von Individuen,
- Gruppen wahrgenommen und bewertet, wie räumlich differenziert?
- Kognitive Karten, mental maps
- Suche nach Erklärungen für unterschiedliches menschliches Verhalten im Raum
- Beispiele:
- Welche positiven oder negativen Einstellungen haben TouristInnen zur Ferienlandschaft?
- Welche Bedeutung haben subjekt- und gruppenspezifische Bewertungen bei der Urlaubsentscheidung?
- Wie wird eine scheinbar ausgewogene und attraktive Infrastruktur unter den spezifischen Anforderungen spezieller Nutzerkreise beurteilt?

Raum als Konstruktion
- Räume werden als konstruierte Kategorie gesehen, von Menschen durch alltägliches Handeln „gemacht“ (z.B. Trampelpfade).
- Wer (Individuen, Gruppen, Gesellschaften) kommuniziert unter welchen Bedingungen und aus welchen Interessen heraus über bestimmte Räume?
- Welche Arten von Räume (Regionen) kommen durch welche Arten von menschlichen Handlungen zustande?
- Beispiele:
- Marketing, Selbstdarstellungen im Tourismus
- Wer präsentiert die einzelnen Regionen wie?
- Welche Strategien werden damit verfolgt?
- Wie werden durch raumbezogene Sprache neue räumliche Entitäten aufgebaut?

Gesellschaft
- Beziehungen zwischen Individuen, durch gemeinsame Überzeugungen / Werte gestiftet und durch gemeinsame Institutionen aufrechterhalten sowie durch soziale Praktiken im Alltagsleben reproduziert
- Stabilität von Gesellschaften hängt davon ab, inwieweit sich ihre Mitglieder an geteilten Werten und Normen orientieren
Werte
abstrakte Ideale, aus religiösen, weltanschaulichen oder ethischen Überzeugungen abgeleitet
Normen / Institutionen
definitive Prinzipien oder Regeln, welche die Mitglieder einer Kultur beachten sollen (z.B. Familienstrukturen, Sexualverhalten, Kindererziehung, Gesetze, politisches System)
Kultur
besteht aus Werten, welche die Mitglieder einer bestimmten Gruppe (Gesellschaft) haben, Normen, denen sie folgen, und den materiellen Gütern, die sie kreieren
Artefakte / Materielle Güter
materielle Manifestationen der Kultur (z.B. Kleidung, Gebäude, Landnutzungssysteme)
Habitus
- Milieu
- Aneignung sozialer Handlungsformen, typisch für den Stil eines Menschen und für die Art der Situation
Gesellschafts- und Wirtschaftsstufen (5)
-
(1) Wildbeuter, spezialisierte Sammler, Jäger und Fischer:
- primäre Lebensform (Nutzung der Natur)
-
(1) Sippenbauerntum, herrschaftlich organisierte Agrargesellschaft, Hirtennomadismus:
- primäre Lebensform, Domestifizierung der Natur
-
(1)(2) Älteres Städtewesen, Rentenkapitalismus:
- primäre und sekundäre Lebensform mit Machtdifferenzierung zwischen Stadt und Land, Transformation der Natur
-
(2) Industriegesellschaft und jüngeres Städtewesen:
- sekundäre Lebensform mit zunehmend von Menschen gestalteter Umwelt
-
(3) Dienstleistungsgesellschaft:
- tertiäre Lebensform (Organisation und Koordination der Arbeitsteilung) mit zunehmend von der Natur unabhängiger Umwelt
Moderne
- Geprägt durch Aufklärung und Fortschrittsgedanken
- Freiheit, Gleichheit, Toleranz, Meinungsäusserung
- Fortschritt durch Wissenschaft
- Industrialisierung
- Wandel als Konstante der Morderne
- Wissenschaftler anstelle relig. Führungspersonen
- Fordismus
- Arbeitsteilung und Fliessbandproduktion
- Folgen:
- Verwissenschaftlichung
- Bevölkerungszunahme
- Umweltverschmutzung
- Massenvernichtungswaffen
Postmoderne
- Wissensgesellschaft
- Erkenntnis, dass nicht alle Menschen vernünftig handeln
- verringerter Fortschrittsglaube
- Dienstleistungssektor wächst
- Fordismus wird durch Lean Production abgelöst
- weniger Monotie für die Arbeiter
- verbesserte Kommunikation
- Eliminierung überflüssiger Arbeitsgänge
- Globalisierung
- postindustrielle und pluralistische Gesellschaft
- Bedeutung IT
- Risikogesellschaft
Gesellschaftliche Idealtypen
(Traditionelle vs. Postmoderne Gesellschaft)


Zeit-Raum-Kompression
Phänomen der Globalisierung und Entwicklung der Verkehrsmittel
Vormoderne Staaten
- Zentrum
- unklare, durchlässige Grenzen (grosse Herrschaftsgebiete, heterogene Bevölkerung)
- Königreiche & Imperien => Vielvölkerstaaten
- durch Dynastien und feudale Abhängigkeitsbeziehungen polit. zusammengehalten
- Religiöse & feudale Ordnungskategorien => Basis
Entstehung der Nationalstaaten
- Entstehung im 18. & 19. Jh
- Ideal des kulturell homogenen Staates => Nation
- Nationalstaatliche, territorial gebundene Institutionen sollen die Integration der Gesellschaft innerhalb des Staatsgebiets aufrechterhalten und zentrifugalen Kräften entgegenwirken.
Dekolonisation und Staatswerdung
- Unabhängigkeitsbewegungen
- Idee der Nation, Vaterland
- aber willkürlich gezogene Grenzen in Afrika, Asien, (Südamerika) => heterogene Bevölkerung
Transformation der nationalstaatlichen Ordnung
- Abnehmende Bedeutung des Nationalstaates
- Transnationale Beziehungen
- Ergänzung der politischen, auf den Nationalstaat ausgerichtete, internationale Ordnung
- Nationalstaaten sind nach wie vor die dominierenden Akteure der internationalen Ordnung
- Alle internationalen Organisationen beruhen auf Vereinbarungen zwischen Nationalstaaten
- Auch ein politisch relativ stark integriertes Gebilde wie die EU, muss als Staatenbund bezeichnet werden
- Nationalstaaten sind nach wie vor die dominierenden Akteure der internationalen Ordnung
Institutionen in Europa
- OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa
- Europarat
- Schengenraum
- EU
- Nato (Nordatlantikpakt-Organisation)
- Eurozone
Neue Trends in der Staatenentwicklung
- Suprastaatliche Abkommen und Dezentralisierung
- Regionale Zusammenschlüsse wie EU in Europa, NAFTA in Nordamerika oder ASEAN im pazifischen Raum
- In der EU z.B. tritt die volle Souveränität der Staaten zugunsten einer funktional gegliederten Teilstaatlichkeit zurück
- Menschen leben in mehreren Ordnungssystemen und entwickeln zu ihnen unterschiedliche Loyalitäten
- Z.B. die Identität der Menschen in Europa hat Bezüge zu Europa, zur Nation und zur Region
- Wachsende Bedeutung der „Zivilgesellschaft“
Zivilgesellschaft
Nicht-staatliche Institutionen und Akteure einer Gesellschaft
Z.B. Bürgerinitiativen, Nichtregierungsorganisationen (NRO / NGO)
Ländergruppen (3)
- Entwicklungsländer / Dritte Welt / Länder des globalen Südens
- grösste Ländergruppe der Erde
- Definition durch ökonomische und soziale Entwicklungsindikatoren
- Transformationsländer / Newly Industrialised Countries / Schwellenländer
- Ehemals kommunistische Länder, Tiger-Staaten (Malaysia, Indonesien,…), BRICS (Brasilien, Russland, Indien, China, South Africa)
- Entwickelte Länder, Industrieländer / Länder des globalen Nordens / OECD Länder (Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit)
- Länder, deren Volkswirtschaft seit der industriellen Revolution stark durch die Industrie geprägt wurde
Ländergruppen nach Weltbank-Klassifikation
Income group: Economies are divided according to 2012 GNI per capita The groups are:
– low income, $1,025 or less
– lower middle income, $1,026 - $4,035
– upper middle income, $4,036 - $12,475 – high income, $12,476$ or more
GNI = Gross National Income / Bruttonationaleinkommen –> Leistung einer Volkswirtschaft
Grenzen – Trends
- werden immer durchlässiger (debordering)
- dienen zur Aus- und Abgrenzung
- “Festung Europa”
Klassifikation von Grenzen
- offene, durchlässige oder schwache Grenzen
- Grenzen innerhalb der EU, Schengen
- geschlossene, undurchlässige oder starke Grenzen
- ehemalige Grenze zum Ostblock (‘eiserner Vorhang’)
- Grenzen der EU-Länder für Menschen aus Afrika, Asien, Südamerika …
Grenzregionen & grenzüberschreitende Zusammenarbeit
- Gemeinsamer Lebens- und Aktionsraum der lokalen Bevölkerung (z.B. in der Regio Basiliensis)
- zunehmend selbstständige politische und ökonomische Einheiten
- Zusammenarbeit auf lokaler Ebene zwischen den angrenzenden Gemeinden
- Grossräumige Probleme, wie Umweltverschmutzung, Hochwasser oder internationale Migration, verlangen ein neues Verständnis von Grenzen
- grenzüberschreitende internationale Zusammenarbeit, verbindliche Abkommen
Grenzen (sozial)
- soziales Konstrukt
- Resultat von polit. und wirt. Handeln
- symbolische, kulturelle, hist. Bedeutung
- Identitätsbildung
- Us <=> Others
Globalisierung
- Ausbreitung und Intensivierung weltweiter sozialer Beziehungen
- Resultat von räumlich und zeitlich distanzierten Auswirkungen alltäglicher Handlungen
- weder zielgerichtet, noch äusserliche Kraft
- Homogenisierend und Fragmentierung
- Wechselseitiger Prozess von Entankerung und Wiederverankerung (disembedding und re- embedding); Entgrenzungen und Wieder-Begrenzungen
Wirtschaftliche Globalisierung
- Kapitalistische Weltöknonomie
- Einbezug der Menschen in Weltwirtschaft
- Transnationale Unternehmen
- Intern. Arbeitsteilung
- Globales Finanzsystem
Globalisierung in der Politik
- geringere Bedeutung der Nationalstaaten
- polit. Zusammenwachsen der Welt
- Institutionen (z.B. UNO)
- Internat. Konferenzen/Abkommen zur globalen Problemlösung
Globalisierung in der Kultur
- Homogenisierung (Verwestlichung) durch Medien & globale Wirtschaft
- importierte Kulturelemente werden lokal verankert/weiterentwickelt => Glokalisierung
Globalisierung in der Umwelt
- Zunahme des globalen Handels => mehr Verkehr
- industrielle Produktionsmethoden in bisher nicht industrialisierten Regionen, dabei werden oftmals auch schwächere Umweltstandards ausgenützt
- Wahrnehmung von globalen Umweltprobleme (z.B. global climate change), kommen auf die Agenda von internationaler Organisationen
Soziale Konsequenzen der Globalisierung
- Spaltung zwischen Verlierern und Gewinnern der Globalisierung
- Chance für alle
- Ausweitung Weltmarkt => Wohlstand
- Menschenrechte gestärkt (intern. Druck)
- Zusammenwachsen aber auch Enstehung von sozialen und kulturellen Unterschiede => Fragmentierung