F50 Essstörungen Flashcards
Essstörungen allgemein + BMI
-> soziokultureller Hintergrund
BMI (kg/m^2)=Körpergewicht(kg)/Körpergröße(m)^2
WHO Gewichtsklassifikation BMI
- extremes Untergewicht <15
- hochgr. Untergewicht 15,0-15,9
- mittelgr. Untergewicht 16,0-16,9
- leichtgr. Untergewicht 17,0-18,4
- Normalgewicht 18,5-24,9
- Übergewicht (Präadipositas) 25,0-29,9
- Adipositas Grad I 30,0-34,9
- Adipositas Grad II 35,0-39,9
- Adipositas Grad III >40
andere Einteilung:
14-16 schweres Untergewicht
16-18 leichtes-mittelschweres Untergewicht
18-26 Normalgewicht
ICD 11 neu:
- Binge Eating
- Pica (Dinge essen, die als ungenießbar/ekelhaft gelten)
- Rumination (Reurgitation v. kleinen Nahrungsmengen v. Magen, meist 15-30 Min. nach dem Essen, die wiedergekäut und meist wieder geschluckt werden)
Ausschluss:
- Fütterungsschwierigkeiten und Betreuungsfehler (R63.3)
- Fütterungsstörung im Kleinkind- und Kindesalter (F98.2)
- Polyphagie (R63.2)
- n.n.b. Anorexia (R63.0)
F50.0 Anorexia nervosa
A. GEwichtsverlust oder bei Kindern fehlende GEwichtszunahme. Führt zu Körpergewicht von mind. 15% unter dem normalen oder dem für das Alter und die Körpergröße erwarteten Gewichts (BMI ab 16. Lj. anwendbar -> = < 17 kg/m^2)
B. Gewichtsverlust selbst herbeigeführt durch Vermeidung von “fettmachenden” Speisen. (Gewichtsphobie, bzw. starke Angst vor Gewichtszunahme)
C. Selbstwahrnehmung als “zu fett” verbunden mit der sich aufdrängenden Furcht, zu dick zu werden. Betroffene legen für sich selbst eine sehr niedrige Gewichtsschwelle fest. (Körperschemastörung)
D. Umfassende endokrine Störungen der Achse Hypothalamus-Hypophyse-Gonaden; manifestiert sich bei Frauen als Amenorrhoe (mind. 3 aufeinanderfolgende Monate); bei Männern als Interessenverlust an Sexualität und Potenzverlust. Ausnahme: Persistieren vaginaler Blutungen bei anorektischen Frauen, die eine Hormonsubstitution erhalten (mehr als kontrazeptive Medikation).
E. Krit. A. und B. für eine Bulimia nervosa (F50.2) werden nicht erfüllt. (keine Essattacken, kein Craving)
-> zusätzliche bestätigende (n. obligate) Symptome: selbstinduziertes Erbrechen, selbstind. Abführen, übertr. körperliche Aktivität, Appetitzügler und/oder Diuretika-Gebrauch.
bei Beginn vor der Pubertät -> Abfolge der Pubertätsentwicklung verzögert / gehemmt (Wachstumsstopp, fehlende Brustentwicklung und prim. Amenorrhoe, klindliche Genitalien bei Buben), bei Remission wird Pubertätsentwicklung, bei verspäteter Menarche, normal abgeschlossen.
5. Stelle:
- F50.00 Anorexie ohne aktive Maßnahmen zur GEwichtsreduktion (Erbrechen, Abführen; = asketische Form, passive Form, restriktive Form)
- F50.01 Anorexie mit aktiven Maßnahmen zur GEwichtsreduktion (Erbrechen, Abführen, u.U. in Verbindung m. Heißhungerattacken; aktive Form, bulimische Form, Purging-Typ - purge=Abführmittel)
-> am häufigsten bei heranwachsenden Mädchen, jungen Frauen; heranwachsende Jungen und junge Männer; Kinder vor der Pubertät und Frauen bis zur Menopause ebenfalls mögl.
-> Angst vor dickem Körper / schlaffer Körperform = tiefverwurzelte überwärtige Idee
-> red. Nahrungsaufnahme im Vgl. zu Bedarf -> deutl. Gewichtsverlust
-> sekundär endokrine/metabolische Veränderungen
-> red. Selbstwert -> an Red. des Körpergewichts gekoppelt
ad D. endokrine Störungen:
erhöhtes Wachstumshormon (GH bzw. somatotropin)
erhöhtes Cortisol
Veränderung v. metabol. Schilddrüsenhormon
ST. der Insulinsekretion
Ausschluss:
- Appetitverlust R63.0
- psychogener Appetitverlust F50.8
F50.0 Anorexia n. Symptome
Psychische Sy.:
- wahnhaft gestörte Selbstwahrnehmung
- Zwangsrituale (in Bezug auf Essverhalten)
- Vergleugnung v. Hunger, Müdigkeit und Schwäche
- Depression
- sozialer Rückzug
- Gedankenkreisen um Essen/Nahrungsmittel
- Veränderung v. Hunger/Sättigungsgefühl
Verhaltensweisen:
- Unterteilung v. Nahrungsmittel in erlaubt/verboten
- Abwiegen mehrmals tgl.
- Ko. des Umfangs von Körperteilen
- Bekochen v. Freunden ohne eigene Teilnahme am Essen
- Rituale: zerteilen v. Nahrung, langes Kauen, Verstecken, Horten
Körperlich:
- Untergewicht, Kachexie
- prim/sek. Amenorrhoe
- Osteoporose, Wachstumsstörungen (Kleinwuchs)
- gefährliche Trias: Hypothermie, Hypotonie, Bradykardie, Hypokaliämie
- kortikale Atrophie
- Haarausfall (Kopf)
- Lanugobehaarung
- Bradykardie / Arrhythmien
- orthostat. Dysregulation
- Akrozyanose
- Muskelatrophie
- Blutbildveränderungen: Anämie, Neutropenie, Thrombozytopenie
- Elektrolytverschiebungen (Hypokaliämie, Phosphatmangel bei Refeeding)
- GI: Magenentleerung verzögert, Völlegefühl, Obstipation - Blähungen
F50.0 Epidemiologie und Ätiologie
Frauen 8-15x häufiger
Beginn: Pubertät, frühes EW-Alter
Risikogruppen: Kunstturnerinnen, Tänzerinnen, Models und Leistungssportler mit Gewichtsbeschränkung
überdurchschnittlich intelligent
mittlere oder obere Gesellschaftsschicht
Suizidalität!
(Ätiologie: multifaktoriell
- biologisch: genetisch, zentrale serotonerge Dysfunktion
- Risikofaktoren: weibl, höherer Bildungsgrad, westl. Sozialisierung
- frühe fam. Einflüsse: Fütterstörungen, vorbest. Übergewicht, Abwertung (Aussehen, Gewicht, Figur), fam. Beziehungsmuster (Rigidität, Konfliktvermeidung, Probleme im Nähe-Distanz, kein offenes Äußern v. Gefühlen + Bedürfnissen)
- soziokulturell: Schönheitsideal Schlankheit, verändertes Rollenverständnis (körperliche Attraktivität)
- Lernprozesse / kognitive Faktoren: Essen zur Entspannung/Belohnung, irrationale Denkmuster (selektive Abstraktion, Übertreibung, Alles oder Nichts Denken)
- tiefenpsycholog.: Konfliktabwehr (ausgeliefertsein der körperl. Veränderungen in Pubertät, Kontrolle des Hungergefühls -> Gefühl v. Macht/Selbstbest./Kontrolle), Anorexie: fam. dysfunktionales Beziehugsmuster (Konfliktvermeidung, Leistungsorientierung, Perfektionismus), Bulimie: Autonomiekonflikte, Impulsivität, Konfliktreiche Interaktionen)
Auslöser:
- belastende Lebensereignisse: Trennung v. Bezugspersonen, Angst vor Leistungsversagen, körperluche Erkrankung, Eintritt in neuen Lebensabschnitt
aufrechterhaltende Faktoren:
- gezügeltes Essverhalten (Ziel: Gewichtsverlust), Jojo-Effekt, pos. Verstärkung: Anerkennung, Zuwendung
Risikofaktoren Essstörung
- BMI <13 Hochrisiko
- Tempo des Gewichtsverlusts
- Hypotonie <90/60mmHg
- zyanot. Extremitäten
- Hypothermie <35°C
- Elektrolytentgleisungen: red. Na, red. K, red. Phosphat
- Qtc-Verlängerung
Komorbiditäten v. Essstörungen
- affektive Störungen (Depression)
- Angstst. (v.a. soziale Phobie bei Anorexie)
- Zwangsstörung
- PTSD
- Substanzmissbrauch
- PSST (bei Anorexie: zwanghafte, selbstunsichere, dependente)
Diagnostik v. Essstörungen
- Anamnese: Erfragen des Essverhaltens
- status psychicus: Depressivität, Substanzgebrauch, Suizidalität
- status somaticus: Durchblutung, Ödeme, Akrozyanose, Lanugobehaarung, Auskultation, Abdomen Palpation+Auskultation
- EKG (evt. 24h-EKG, Echo - Perikarderguss?)
- Knochendichtemessung
- evt. CCT
- evt. endokrinologische Diagnostik
- Labor: Diff BB, Na, Kalium (niedr.), Magnesium (niedr.), Phosphat (niedr.), Harnstoff, Kreatinin, Amylase, Leberenzyme (GOT, GPT, GGT, AP), Schilddrüse, Urinstatus, Vit.B1
- klinische Befunde: Größe, Gewicht, RR, Temp., Orthostasetest
K+, Mg, Phosphat erniedrigt wegen Hyperinsulinismus
DD F50.0 und Bulimie
Körperlich:
- maligne TumorKachexie (ZNS, Leukämie, Lymphom)
- Infektion (AIDS, Tbc, Endokarditis)
- Endokrinolog (Hyperthyreose, DM, M. Addison - NNR Insuff.)
- GI (M. Crohn, Zöliakie, Colitis ulcerosa, chron. Pankreatitis)
- Malabsorptionssyndrom
Psychisch:
- affektive Störungen: Depression m. Appetitminderung
- Psychosen (Vergiftung, Schizophrenie)
- somatoforme Störungen
- prim. Substanzmissbrauch, -abh.
- Angsterkrankung
- Zwangserkrankung
- körperdysmorphe Störung
- PSST
F50.0 Indikation für stationäre Behandlung
Kalium < 3,0 mmol/l
Bradykardie < 40/min
Hypotonie < 90/60mmHg
BMI < 15 oder schwere Komorbiditäten
Hypothermie < 36°C
Hypoglykämie < 60mg/dl
Dehydratation
somatische Ko. können lebensbedrohlich werden!
ambulant/teilstationär bei BMI größer/gleich 15
Therapie von F50.0
-> Gewichtsnormalisierung + Psychotherapie
-> Therapievertrag
Hierarchie der Therapieziele:
1. oberstes Ziel: Abwendung akuter Lebensgefahr (Suizidalität, lebensbedr. Untergewicht, Elektrolytentgleisungen)
2. Aufbau Behandlungsmotivation
3. reduzieren v. therapiegef. Verhaltens (Suizidandrogungen, SV, Absprachen n. einhalten)
4. Wiederaufbau eines angem. Essverhaltens
5. Modifikation dysf. Schemata (Figur, Gewicht, Ernährung)
6. Ausbau v. Verhaltensfertigkeiten (Kommunikation, soz. Kompetenz)
7. Behandlung aff. STörungen
8. Behandlung v. PTBS
9. Behandlung v. PSST
10. Unterstützung bei individ. Zielerreichung
11. Verhinderung der Chronifizierung und Langzeitrisiken
1) Ernährungsrehabilitation (Gewichtsnormalisierung, Behandlung organischer Komorbiditäten, Ernährungsberatung/-therapie, Essensbegleitung)
2) Psychosoziale Rehabilitation
(Einzelpsychotherapie, Familientherapie (Adoleszenz), Selbsthilfegruppen, strukturierte stat. oder teilstat. Therapieprogramme, therapeut. Wohneinrichtungen
innere Ambivalenz: Essstörung wird als Stärke erlebt
Psychodynamisch: Autonomie / Abhängigkeitskonflikt
Therapievertrag bei Anorexie
- Gewichtskontrolle 2x/Woche unangekündigt + sofort
- Gewichtstreppe bei Anorexie 1/2-1kg/Woche
- Definition d. therapeutischen Ziels / Programm
- Definition d. Konsequenzen bei Gewichtsstillstand, -abnahme (geringe Kompromisse - amb. Weiterbehandlung anbieten)
Kriterium für Magensonde: Gewicht (nicht Verhalten!), freiwillig, Zwang evt. bei BMI < 13
Gewichtsnormalisierung bei F50.0
Gewichtszunahme 500-1000g/Woche
Therapievertrag mit Belohnungen bei Erreichen v. normalisiertem Gewichtsziel
vitale Bedrohung bei BMI < 13 oder schwerer körperlicher Begleiterkrankung
Zwangsbehandlung -> Sondenernährung
Ernährungsberatung:
- Diätassistentin
- gemeinsames Kochen
- regelm. Essen in Gruppe (Mindestzeiten/Mahlzeit am Tisch, Probieren)
F50.0 Psychotherapie
CBT-E erweiterete kognitive VT (geringe Effektstärken?)
FTP fokale psychodynam. Therapie
MANTRA Mandsley Model od Anorexia Nervosa Treatment for Adults (Mittel 1.Wahl?)
SSCM Specialist Supportive Clinical Management
Familybased Therapy (bei Jugendlichen familienbasierte Ansätze)
IPT interpersonelle Therapie
.
STATIONÄRE THERAPIE an Klinik m. Spezialisierung auf Essstörung:
- Expositionstraining (Essen, Spiegeltraining)
- Entspannungstraining
- Psychoedukation (Information zu Ernährung, Stressreaktionen)
- Wahrnehmungstraining f. Emotionen
- Übungen zum Ausdruck v. Gefühlen
- kognitiv: MOdifikation dysfunktionaler Einstellungen zu Gewicht, Ernährung, Figur
F50.0 Medikamentöse Therapie
keine Zulassung
Med. Therapie nicht hilfreich
depressive Stimmung wegen chron. Hunger -> Bessert sich nach Gewichtszunahme
Olanzapin -> kein Effekt auf GEwichtszunahme, bei starker Anspannung, CAVE: QTc-Verlängerung, Insulinresistenz
langsame Substitution v. Kalium und Phosphat
i.v. bei Serumphosphat < 1mg/dl (< 0,32 mmol/l)
Substitution von Vitamin B1, B2, B3, Folsäure (VitB9)
Verlauf F50.0
Adoleszenz:
- 50-70% vollst. Besserung
- 10-20% chron.Verlauf
- 20% partielle Besserung
prognostisch günstig:
- früher Erkrankungsbeginn
- zeitnahe Behandlung
progn. ungünstig:
- BMI < 13
- lange Krankheitsdauer
- bei zusätzlichen bulim. Symptomen
Langzeitfolgen:
- Kleinwuchs
- Osteoporose
- red. Reproduktionsrate