Einführung 1 - Studienbrief Flashcards
Womit beschäftigt sich die Entwicklungspsychologie?
- thematisiert intraindividuelle Veränderungen als auch interindividuelle Unterschiede in intraindividueller Veränderung
- Thematisiert Veränderungen innerhalb einer Person über die Zeit hinweg als auch Unterschiede zwischen Veränderungsverläufen verschiedener Personen
- Fragt zudem nach den Bedingungen für Entstehung, Veränderung und Stabilität psychischer Funktionen einerseits und nach den Gründen für differentielle Entwicklungsverläufe andererseits und leitet u.a. aus diesen Erkenntnissen Interventionsempfehlungen bei “abweichender” Entwicklung ab
Was muss gegeben sein, um die Entwicklung eines psychischen Merkmals / einer psychischen Funktion beschreiben zu können?
Das Merkmal / die Funktion muss in der Zeit - und damit mehrfach - registriert werden
In der Entwicklungspsychologie spricht man von einem Längsschnitt
Längsschnitt
Dasselbe Individuum wird im Hinblick auf das interessierende Merkmal zu unterschiedlichen Zeitpunkten “untersucht”, woraus sich der individuelle Entwicklungsverlauf nachzeichnen lässt
Vergleicht man nun viele individuelle Entwicklungsverläufe miteinander, so kann man ggf. Aussagen über einen “allgemeinen Entwicklungsverlauf” treffen, aber auch über subgruppenspezifische, sogenannte differentielle Entwicklungsverläufe
Was ist normalerweise das Einstiegskriterium in einen Längsschnitt?
Das biologische Alter
altersgleiche Individuen werden mehrfach - häufig im Abstand ovn einem oder mehreren Jahren - untersucht
Querschnittgesign
Individuen unterschiedlichen Alters werden zu einem einzigen Zeitpunkt im Hinblick auf ein Merkmal untersucht
Aus den Untersuchungen wird dann auf den Entwicklungsverlauf des Merkmals geschlossen
sind relativ schnell und leicht durchführbar
allerdings, lässt sich aus Querschnittdaten keine Aussage über Entwicklungsverläufe treffen - Querschnittdesigns sagen nichts über Entwicklung im eigentlichen Sinne aus
Gemeinsames Problem von Längs- und Querschnitt
Die Proband*innen müssen nicht nur aus einer bestimmten Altersgruppe, sondern auch einer bestimmten Kohorte angehören
Kofundierung
Wenn Alters- und Kohortenunterschiede miteinander vermischt werden
es bleibt unklar, ob sich die Ergebnisse durch entwicklungsorientierte Veränderung oder aber vorab existierende Kohortenunterschiede - oder durch beides - begründen lassen
Psychologie als empirische Wissenschaft
Psychologie ist eine empirische Wissenschaft
Mit Hilfe sysematischer Methoden (z.B. Experiment, Beobachtung, Befragung) werden psychische Phänomene zugänglich und erforscht
Hypothese
Vorläufig durch Beobachtungen oder theoretische Überlegungen begründete Annahme, die noch nicht hinreichend an der Erfahrung (z.B. durch ein Experiment) geprüft wurde
Geprüfte Hypothese
Eine Hypothese, die sich an Erfahrungen bewährt hat, kann zu einem empirisch untermauerten und damit vorläufig gesicherten Bestandteil einer Theorie werden
widerlegte Hypothese
Eine widerlegte Hypothese muss modifiziert oder verworfen und ersetzt werden
Wahrheitswert einer Hypothese
Wissenschaftstheoretisch betrachtet lässt sich der “Wahrheitswert” einer Hypothese nie beweisen; eine Hypothese kann nicht verifiziert werden
Hypothesen sind lediglich solange gültig, wie sie nicht widerlegt - falsifiziert - werden können
psychische Phänomene beschreiben
In Bereichen, in denen es noch keine Hypothesen oder Theorien im eigentlichen Sinne gibt, müssen psychische Phänomene zunächst einmal beschrieben werden
Viele Phänomene kennen wir noch gar nicht oder sind noch nicht auf sie aufmerksam geworden
Objektpermanenz - von Jean Piaget
Für ein Kleinkind hat ein Objekt nur solange eine Existenz, wie es vom Kind gesehen wird
“Nur was ich sehe existiert auch. Das Objekt hat keine Existenz jenseits seiner Sichtbarkeit”
Volumenkonstanz - Bei Kindern
Gieße ich Wasser aus einem durchsichtigen Behälter in einen zweiten Behälter, der höher, aber weniger breit ist, so weiß ich, dass das Wasservolumen sich nicht verändert hat
Für kleine Kinder jedoch führt das Umschütten zu dem Urteil, dass es sich nun um mehr Wasser (Orientierung an der Höhe des Behälters) oder weniger Wasser (Orientierung an der Breite des Behälters) handelt, da sie die Dimensionen der Breite und Höhe noch nicht miteinander ins Verhältnis setzen können und sich von ihrer visuellen Zentrierung auf eine der beiden Dimensionen leiten lassen
Theorien
Theorien (im weiteren Sinne) enthalten Aussagen über theoretische Konstruktre und deren Beziehungen, die sich unserer direkten Erfahrung und Anschauung entziehen
Konstrukte
Eine gedankliche Hilfskonstruktion für die Beschreibung von Phänomenen, die der direkten Beobachtung nicht zugänglich sind, sondern nur aus anderen beobachtbaren Daten erschlossen werden können
Sind nicht ausschließlich reine Gedankengebäude, sondern beziehen sich auf Phänomene des menschlichen Verhaltens und Erlebens, sind aber nicht mit diesen identisch
Bei maximal abstrakten Konstrukten ist der Bezug zur Phänomenebene allerdings nur schwer erkennbar
Theoretische Konstrukte
nur über “Hilfsmittel” erfahrbar & erforschbar
Operationalisierung
Ich muss - geleitet durch eine Theorie oder “Vortheorie” - angeben können, welche Verhaltens- oder Erlebnisweisen ich als Indikator für ein Konstrukt heranziehen möchte
Damit kann man nie den gesamten Bedeutungsraum eines Konstruktes erfassen, es sei denn man reduziert das Konstrukt auf eine operationale Definition
Operationalisierung eines theoretischen Konstrukts
Zur Operationalisierung eines theoretischen Konstrukts gehört mehr als die Angabe der letzlich verwendeten Indikatoren
Die Operationalisierung umfasst eine Spezifikation der Erhebungsmethode, des Erhebnungsinstruments, der Teile des Instruments, die zur Gewinnung der empirischen Informationen benutzt werden sollen, sowie schließlich der Art der Aufbereitung dieser Informationen für die eigentliche Analyse
Daten
Daten sind nicht die Realität selbst, sonder im semiotischen Sinne Zeichen
Sie können das interessierende Phänomen mehr oder weniger gut abbilden, bleiben dabei aber immer Abstraktionen
Daten haben einen Anschein von Objektivität, man muss sich aber immer kritisch fragen, wie Daten zustande kommen und wofür letztendlich Zahlen stehen
nonverbal leakage
Die “wahren” Gefühle sickern ungewollt durchc und werden minimal sichtbar
Wann macht es Sinn von einer Stichprobe zu sprechen?
Macht strenggenommen nur dann Sinn, wenn diese repräsentativ für eine bestimmte Grundgesamtheit ist, sodass von der Stichprobe auf die Grundgesamtheit geschlossen oder generalisiert werden kann
Generalisierung von einer Stichprobe
ein kühner Schritt, der nur gelingen kann, wenn die Stichprobe auch tatsächlich eine Zufallsauswahl einer wie auch immer definierten Grundgesamtheit darstellt
Gerade dies scheitert aber häufig in der Praxis
Was ist, wenn die Stichprobe strenggenommen gar keine ist?
Dann macht es eigentlich auch wenig Sinn, später Verfahren der schließenden Statistik anzuwenden
Man würde anhand von Unklarem auf Unklares schließen
Interpretiert man die Ergebnisse danach eher vorsichtig im Sinne von (neuen) Hypothesen und nicht im Sinne von Fakten, mag dieses Vorgehe noch seine Berechdtigkeit haben
Ökologische Validität
Bei psychologischen Untersuchungen - vor allem bei Laboruntersuchungen - muss man grundsätzlich die Frage nach ihrer ökologischen Validität stellen
Es sollte kritisch hinterfragt werden, ob die in mehr oder minder artifiziellen Kontexten hergestellte Erkenntnis auch für das Phänomen “draußen in der Welt” gültig ist
Ökologische Validität oder Gültigkeit, laut Bronfenbrenner - 1981
bezeichnet das Ausmaß, in dem die von den Versuchpersonen einer wissenschaftlichen Untersuchung erlebte Umwelt die Eigenschaften hat, die der Forscher voraussetzt
In diesem Sinne können auch Laborexperimente durchaus ökologisch valide Ergebnisse liefern
Voraussetzung für die Beurteilung der ökologischen Validität ist allerdings die Berücksichtigung der Wahrnehmung der Untersuchungssituation durch die Versuchperson - ein Zeil, das nicht leicht und nie vollständig zu erreichen sein dürfte
Varianzanalyse
ein inferenzstatistisches, also von der Stichprobe auf die Grundgesamtheit “schließendes” Verfahren
beschreibende Statistik
machdt lediglich Aussagen über die Stichprobe
nomothetische Wissenschaft
Gesetzte aufstellende Wissenschaften
naturwissenschaftliches Vorgehen beim Finden und Aufstellen von allgemeinen Gesetzmäßigkeiten
idiographische Wissenschaften
am Einzellfall (Fallstueide) und an der Einzigartigkeit interessierte Wissenschaften
Beschreiben Personen oder Ereignisse
Sozigenetische Ansätze in der Psychologie
betonen den sozialen Ursprung, die soziale Genese (Genese bedeutet Enstehung) psychischer Funktionen, postulieren jedoch mitnichten eine soziale Determiniertheit
Der Mensch setzt sich aktiv und selektiv mit seiner Welt (und sich selbst) auseinander und “schafft” in dieser Auseinandersetzung sich selbst und seine Welt
Umwelterfahrungen und Menschen
Es macht Sinn, der Person eine aktive und konstruktive Rolle in ihrer eigenen Entwicklung zuzusprechen
Umwelterfahrugnen im weiteren Sinne werden nicht 1:1 übernommen, sonder konstruktiv internalisiert
Ausgangspunkt einer sozial- und kulturwissenschaftlich verorteten Psychologie
ist die Überlegung, dass die menschliche Psyche intrinsisch mit der sozialen, gesellschaftlichen und kulturellen Welt verbunden ist
Die Soziale, Gesellschaftliche und Kuturelle hat keinen “Einfluss” auf psychische Funktionen, sondern wird im Laufe der Entwicklung zum Bestandteil dieser
So wirken Kultur, Gesellschaft und sozialer Kontext denn auch nicht im Sinne von unabhängigen Variablen auf menschliches Verhalten und Erleben, denn Variablen sind nur im Reich der Statistik beheimatet
Die Person ist nicht das Abbild der sie umgebenden Welt
George Herbert Mead und die Soziogenese des Selbst
Die psychische Rezeption von Meads Werk zentriert sich hauptsächlich auf dessen soziogenetsiche Gedanken zum Selbst
George Herbert Mead und die Soziogenese des Selbst
Das Selbst
ganz allgemein betrachtet ein maximal komplexes Konstrukt, das sich in der psychologischen Forschung aber trotzdem großer Beliebtheit erfreut
Entsteht in und durch soziale Austauschprozesse, wird gleichzeitig auch personenseitig konstruiert
I und ME sind unterscheidbare, jedoch aufeinander bezogene Phasen des Selbst
George Herbert Mead und die Soziogenese des Selbst
ME
stellt die strukturelle, konventionelle und über die Zeit stabile Komponente des Selbst dar
Repräsentiert die internalisierten Haltungen “sozialer Anderer”, als generalized other letztendlich Gesellschaft an sich
Entsteht durch die Rollenübernahme, vorrangig im kindlichen (Rollen-)Spiel, durch Kommunikation und andere symbolische Prozesse
George Herbert Mead und die Soziogenese des Selbst
I
Wir reagieren immer wieder auf unsere eigenen Rollen und verändern uns dadurch
Diese dynamische Komponente bezeichnet Mead als I - als die immer wieder neue, immer wieder welchselnde Perspektive, die ich auf mich selbst (respektive auf das ME) und die Welt einnehme, ohne dass mir dies im gleichen Moment bewusst wäre
George Herbert Mead und die Soziogenese des Selbst
ME vs I
ME ist ursprünglich konventionell, während das I immer wieder Neuheit generirt
das I ist dabei reflexiv nicht unmittelbar zugänglich, sonder erst ex post facto, als Teil ienes eben durch das I restruktuierten ME
das ME repräsentiert die Vergangenheit, das I die irreversible Dynamik der Gegenwart, die zur Restrukturierung des ME in der Zukunft führt
Das I ist dabei nicht vorhersagbar, seine Dynamik wird nicht durch die aktuelle Situation determiniert
George Herbert Mead und die Soziogenese des Selbst
Meads Annahmen und die Forschung
Die Komplexität Meadscher Annahmen ließ sich bis heute nur schlecht in die psychologische Forschung umsetzen
Es fehlen Methoden, um Strukturen in ihrer sie gleichzeitig verändernen Dynamik zu beschreiben
Als Konsequenz hat sich die psychologische Forschung weitgehend auf die “Erfassung” des ME - veranden als Selbstkonzept - gerichtet und blieb damit hinter Meads theoretischen Ansprüchen weit zurürck
Georg Simmel und das Kultivationsprinzip
George Simmel hat sich intensiv mit der Frage beschäftigt, wie Individuelles Kulturelles und Kulturelles wiederum Individuelles hervorbringen kann
Konzipiert dabei die Bezogenheit von Individuum und Welt in nichdt reduktionistischer Form
Georg Simmel und das Kultivationsprinzip
Objektive Kultur
ist für den sich entwickelnden Menschen nur insofern erforderlich, als er sie in subjektive Kutur umsetzen kann
Nur dann trägt Kultur zur Vervollständigung der Entwicklung des Menschen Bei, wird zu subjektiver Kultur