Das parasympatische Nervensystem Flashcards
Was ist eine Vagotomie?
Unter einer “Vagotonie” versteht man einen Zustand des Nervensystems, in dem der Parasympathikus dominiert.
In einer natürlich vorkommenden (physiologischen) Situation wird der Parasympathi- kus dafür sorgen, dass ausreichend Speichel zur Verfügung steht. Die Herzfrequenz wird herabgesetzt um Energie zu sparen. Die Bronchien werden enggestellt um unnötige Verluste von Wärme und Flüssigkeit zu vermeiden. Beim gesunden Tier werden zentrale Regulationsvorgänge verhindern, dass es zu gesundheitlichen Störungen durch Aktivierung des parasympathischen Systems kommt.
- Die Ursache der Regulationsstörung beim oben dargestellten Narkosezwischenfall ist vermutlich eine (erwünschte) Hemmung von Synapsen im Gehirn, die den Sympathikus aktivieren. Therapeutisch könnten Sie natürlich die Narkose beenden und damit die Ursache für die Störung des Gleichgewichts zwischen Sympathikus und Parasympathikus beseitigen. Es dürfte jedoch eine ganze Weile dauern, bis sich normale Verhältnisse ausgebildet haben; auch müsste die Operation abgebrochen werden.*
- Sinnvoller ist es meistens, die Wirkung von Acetylcholin durch einen Blocker (z.B. Atropin) ganz oder teilweise aufzuheben. Hierbei müssen sie beachten, dass Atropin nicht nur am Herzen wirkt, sondern an allen Organen mit muskarinergen Rezeptoren.*
Was ist der wichtigste Nerv des Parasympatikus?
Wichtigster Nerv des Parasympathikus: der Nervus Vagus. Der Begriff „Vagotonie“ als Synonym für eine parasympathische Erregung leitet sich vom Nervus vagus ab.
Dieser Nerv ist verantwortlich für die Innervierung des Herzens und der meisten Eingeweide des oberen Bauchraumes. Als Hirnnerv tritt dieser Nerv direkt durch das Foramen jugulare aus der Schädelbasis. Er ist somit auch nach Unterbrechung der Fortleitung im Rückenmark voll funktionsfähig (z.B. Querschittssyndrom oder Spinalanaesthesie (Rückenmarksnarkose)).
Er leitet im wesentlichen „Befehle“ des Hirnstamms an die Organe weiter. Aber es gibt auch Rückmeldungen der Organe, die an den Hirnstamm über den N. vagus ins Gehirn geleitet werden. So kommt es nach einem Herzinfarkt (d.h. einer Unterbrechung der Blutzufuhr zum Herzen) zum Auftreten heftigster Schmerzen und Übelkeit. Gleichzeitig werden andere parasympathische Funktionen (Schweiß- und Speichelfluss) angeregt.
Dieses gilt es auch zu bedenken, wenn ein Tier trotz Rückenmarksnarkose bei einer Operation im unteren Bauchraum sehr unruhig wird. Obschon hier die peripheren schmerzleitenden Bahnen meist über Ganglien mit dem distalen Rückenmark verbunden sind, können manchmal Schmerzen auch aus dieser Region über den N. Vagus ins Gehirn weitergeleitet werden.
Neben dem Nervus vagus gibt es andere parasympathische Neurone. Die Enddarm – und Blasentätigkeit z.B. wird überwiegend durch aus dem Sakralmark kommende Neurone gesteuert.
Wie ist das parasympatische Nervensystem aufgebaut und welche Transmitter wirken hier?
Anders als im motorischen System erfolgt die Umschaltung auf das zum Zielorgan führende Neuron in den meisten Fällen außerhalb des Gehirns oder Rückenmarks in so genanntenGanglien. Hier wird in der Ihnen bereits bekannten Weise Acetylcholin ausgeschüttet und dadurch das postganglionäre Neuron über nikotinerge Rezeptor-Kanäle erregt.
Auch durch das postganglionäre parasympathische Neuron wird Acetylcholin ausgeschüttet und gelangt über eine lockere Auftreibung (“Varikosität”) auf die Zielzelle. Hier bindet Acetylcholin allerdings an eine andere Gruppe von Rezeptoren, die weiter unten besprochen werden wird.
Was sind Varikositäten?
= Lockere Auftreibungen auf die Zielzellen
Varikositäten sind anders als die Synapsen des ZNS oder die motorischen Endplatten der Muskulatur nicht dicht. Auch auf dem Blutweg können also die Transmitter des vegetativen Nervensystems an die Zielzellen gelangen. Umgekehrt leckt bei Erregung eines Organs Transmitter aus der Varikosität und kann andere Organe des Systems erregen. Über diese Transmitter kommt es also gewissermaßen zur “Kommunikation” zwischen den Organen.
Hingegen kann Acetylcholin aus dem parasympathischen Nervensystem nicht in die motorischen Endplatten der Skelettmuskulatur eindringen. Bei parasympathischer Erregung sind also keine Muskelzuckungen zu erwarten! Umgekehrt kann Acetylcholin aus der motorischen Endplatte auch nicht ins Blut “lecken” und parasympathisch innervierte Organe beeinflussen
Welche Nervenfasertypen kommen beim parasympatischen System vor?
Präganglionär gehören die Fasern des vegetativen Nervensystems der Gruppe B an. Sie sind zwar myelinisiert, leiten aber in der Regel deutlich langsamer als Motoneuronen oder schnelle Afferenzen.
Postganglionär erfolgt die Weiterleitung durch Fasern der Gruppe C, die nicht myelinisiert sind und die Erregung nur langsam fortleiten.
Die schnellen Fasern der Gruppe Aα hatten Sie bereits kennengelernt. Efferent führen Sie von ZNS zu den Skelettmuskeln.
Welche Wirkung hat die Stimmulation des Nervus Vagus auf die Herzfunktion?
Die Bedeutung der Transmittersubstanz Acetylcholin auf die durch den N. Vagus vermittelten hemmenden Wirkungen auf das Herz konnte bereits 1921 durch einige einfache Experimente des späteren Nobelpreisträgers Otto Loewi belegt werden.
Froschherzen wurden vom Tier isoliert und in einer Nährlösung aufbewahrt.
Erstaunlich war zunächst einmal, dass die Herzen „autonom“ weiterschlugen!
In Anlehnung an Versuche am Skelettmuskel wurde der N. Vagus mit einer Spannungsquelle verbunden. Die elektrische Reizung führte überraschenderweise zu einer Abnahme der Herzfrequenz.
Otto Loewi folgerte richtig, dass dieser Effekt nicht auf einer Weiterleitung des elektrischen, depolarisierenden Impulses beruhen könne.
Er vermutete, dass die Reizung des N. Vagus die Ausschüttung eines “Vagus-stoffs” bewirkt hatte. Um diese Hypothese zu überprüfen, reizte er den N. Vagus eines Froschherzen, entnahm etwas von der Nährlösung in dem sich das Herz befand, und füllte ihn in ein zweites Bad mit einem schlagenden Froschherz. Die Frequenz des zweiten Herzens wurde durch den “Vagus-stoff” verringert.
Otto Loewi gelang es dann auch, das dafür verantwortliche Molekül zu isolieren.
Die frequenzmindernde Wirkung einer Stimulation des N. Vages beruht also auf Ausschüttung des Transmitters Acetylcholin.
Es glückte Otto Loewi durch Modifikation des Acetylcholinmoleküls anschließend, einen Hemmstoff für den Abbau von Acetylcholin (Physostigmin) zu entwickeln. Dieser war lipophil, diffundierte in die motorische Endplatte und zeigte dann vor Allem hier eine Wirkung!
Die Hemmung der Acetylcholinesterase ist Ihnen bereits aus der Vorlesung über die motorische Endplatte bekannt (Stichwort: Myasthenia gravis).
Vergleiche die Wirkung von Acetylcholin auf das Myokard und auf den Skelettmuskel!
Wie viele Acetylcholin Rezeptoren gibt es?
Bisher konnten sechs verschiedene Rezeptoren für Acetylcholin identifiziert werden. Davon ist einer durch Nikotin erregbar, und Ihnen bereits aus der Vorlesung über die motorische Endplatte des Skelettmuskels bekannt. Die anderen fünf sind durch Muskarin und nicht durch Nikotin zu aktivieren und kommen an den motorischen Fasern des Skelettmuskels nicht vor.
Welcher Rezeptor sorgt für eine Herabsetzung der Herzfrequenz?
Am Herzen sorgen als “M2-Rezeptoren” bekannte Strukturen in den für die Erregungsbildung verantwortlichen Zellen des Herzmuskels für eine Herabsetzung der Herzfrequenz nach Bindung von Acetylcholin.
Wie funktioniert der der M2-Rezeptor?
Der M2 Rezeptor ist kein Ionenkanal sondern ein metabotroper Rezeptor. Metabotrope Rezeptoren kennen Sie bereits aus der Vorlesung über Neurophysiologie.
Nach Bindung von Acetylcholin an den M2 Rezeptor des Herzens kommt es zur Ablösung eines kleinen, GTP-bindenden Proteins (“G-Protein”), dass entlang der Lipidmembran zu Kaliumkanälen strömt. Durch Öffnung dieser Kanäle kommt es zur Hyperpolarisation. Wie am Nerven hat die Hyperpolarisation am Herzen eine hemmende Wirkung und das Herz schlägt langsamer.
Die gleiche Wirkung wie Acetylcholin hat das Gift des Fliegenpilzes, das Muskarin. Hingegen hat Nikotin keine Wirkung.
Atropin wirkt als Blocker an der Bindungsstelle für Acetylcholin.
Warum schlägt des Herz überhaupt?
Anders als am Skelettmuskel bedarf es am Herzen keiner Erregung von Außen, um ein Aktionspotential auszulösen.
Im Erregungsleitungssystem des Herzens gibt es spezielle Zellen (“Schrittmacherzellen”), in denen automatisch Aktionspotentiale ausgelöst werden.
Diese Aktionspotentiale beruhen am Herzen vor allem auf dem Einstrom von Kalzium. Bevor ein Aktionspotential am Herzen ausgelöst werden kann, muss jedoch wie am Skelettmuskel das Schwellenpotential der Kanäle überschritten werden.
Was passdiert bei der Vorpolarisation des Herzens?
Die Vordepolarisation vor dem eigentlichen kalziumabhängigen Aktionspotential kommt durch den Einstrom von Natrium durch spezielle Kationenkanäle zustande.
Dieser Natriumeinstrom (“Schrittmacherstrom”) führt zu einer Depolarisation bis zum Schwellenpotential.
Eine besondere Eigenschaft dieser Kationenkanäle ist die Tatsache, dass sie bei Hyperpolarisation öffnen. (Fast) alle anderen Kanäle, die Sie bisher kennengelernt hatten, öffneten bei Depolarisation. Daher bezeichnet man die Kanäle auch als„funny channels“.
Was passiert nach der Vorpolarisation am Herz?
Nach erfolgtem Aktionspotential ist die Zelle am Ruhe- potential oder etwas darunter. An diesem Potential sind die “funny channels” offen. Natrium strömt ein, die Zelle wird depolarisiert*.
Am Schwellenpotential öffnen dann spannungsabhängige Kalziumkanäle und es entsteht das eigentliche Aktionspotential der Herzschrittmacherzellen. Durch Öffnung von Kaliumkanälen kommt es zur Repolarisation, und ein Aktionspotential ist abgeschlossen.
Da am Ruhepotential jedoch die Schrittmacherkanäle geöffnet sind, kommt es zu einer langsamen Depolarisation bis zum Schwellenpotential, sodass ein weiteres Aktionspotential ausgelöst werden kann.
Diese Aktionspotentiale breiten sich über gap junctions auf den gesamten Herz- muskel aus, der sich im Takt der Schrittmacherzellen kontrahiert und entspannt.
Wie funktioniert die Signalübermittlung durch cAMP?