Beurteilungsspielraum, unbestimmte Rechtsbegriffe und Ermessen Flashcards
(P) Sind unbestimmte Rechtsbegriffe gerichtlich überprüfbar?
- MM: Gerichten ist nur erlaubt, die äußeren Grenzen des gerichtsfreien (d.h. der Behörde obliegenden) Beurteilungsspielraums zu kontrollieren. (-), Art. 19 IV GG liefe leer, wenn Gericht keine materielle Kontrolle ausüben darf.
Daher h.M.: Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs durch eine Behörde ist stets voll gerichtlich überprüfbar. (+) Dies genügt der Rechtsweggarantie des Art. 19 IV GG und der Gewaltenteilung Art. 20 II 2 GG.
Ausnahme bei unbestimmten Rechtsbegriffen mit Beurteilungsspielraum in Fällen eines (durch das Gericht) uneinholbaren Wissensvorsprunges:
- Prüfungsentscheidungen (Fachliches = überprüfbar; Prüfungsspezifisches = nicht überprüfbar)
- Beamtenrechtliche Beurteilungen
- Prognose- und Risikobewertungen
- Höchstpersönliche Akte wertender Erkenntnis
Welche Maßstäbe gelten für die gerichtliche Kontrolle unbestimmter Rechtsbegriffe?
Folgende Fragen:
- Ist die Behörde von falschen Tatsachen ausgegangen?
- Sind Verfahrensvorschriften nicht eingehalten worden?
- Hat sich die Behörde von sachfremden Erwägungen leiten lassen?
- Sind allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe nicht eingehalten worden?
- Ist die Entscheidung ausreichend begründet?
Welche Arten von Ermessen gibt es und was unterscheidet sie?
Entschließungsermessen = "Ob" des Tätigwerdens; Auswahlermessen = "Wie" des Tätigwerdens.
Sind Ermessensentscheidungen gerichtlich überprüfbar?
Gem. § 40 VwVfG muss die Behörde ihr Ermessen in den gesetzlichen Grenzen und nach dem Zweck der EGL ausüben. Gem. § 114 S. 1 VwGO ist die gerichtliche Kontrolle auf die Einhaltung dieser Grenzen beschränkt. Herausgebildet hat sich eine Ermessensfehlerlehre.
Nenne die verschiedenen möglichen Ermessensfehler!
Ein Ermessensfehler liegt vor, wenn die Behörde ihr Ermessen gar nicht gebraucht (Ermessensnichtgebrauch), die Entscheidung der Behörde den gesetzlichen Rechtsfolgenrahmen überschreitet (Ermessensüberschreitung) oder die Behörde von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigungsgrundlage (nicht zu verwechseln mit der Zweckmäßigkeit der Maßnahme) nicht entsprechenden Weise Gebrauch macht (Ermessensfehlgebrauch).
Def. Ermessensnichtgebrauch
Ein Ermessensnichtgebrauch liegt vor, wenn die Behörde bei der Entscheidung ihr Ermessen gar nicht betätigt, sondern von einer gebundenen Entscheidung ausgeht.
Def. Ermessensunterschreitung
Bei der Ermessensunterschreitung erkennt die Behörde zwar, dass ihr ein Ermessensspielraum zusteht, verkennt jedoch dessen Grenzen und verkürzt unbewusst den ihr offenstehenden Entscheidungsspielraum.
Def. Ermessensdefizit
Ein Ermessensdefizit liegt vor, wenn die Behörde nicht alle Umstände des Einzelfalls in die Abwägung mit einbezieht, die nach Lage und nach Maßgabe des Gesetzes hätten berücksichtigt werden müssen.
Def. Sachfremde Erwägungen
Sachfremde Erwägungen liegen schon dann vor, wenn die Entscheidung (auch) aufgrund von Gesichtspunkten erlassen wurde, die nicht zweckdienlich i. S. d. Ermächtigungsgrundlage sind. Dies ist insbesondere bei Willkür, böser Absicht, Missbrauch oder unangemessener Berücksichtigung privater Interessen der Fall.
Def. Ermessensüberschreitung
Die Behörde überschreitet mit ihrer Entscheidung die Grenzen des ihr eingeräumten Ermessens, also den gesetzlichen Rechtsfolgerahmen. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip oder den Gleichheitssatz verstoßen wurde.
Zudem darf die Behörde ohne sachlichen Grund nicht von ihrer bisherigen Verwaltungspraxis abweichen (Selbstbindung der Verwaltung).
Welche Folgen haben Ermessensfehler?
Ein VA, der ermessensfehlerhaft ist, ist rechtswidrig.
In einer Anfechtungssituation wird der ermessensfehlerhafte VA gem. § 113 I 1 VwGO durch das Gericht aufgehoben.
In einer Verpflichtungssituation ergeht gem. § 113 V 2 VwGO ein Bescheidungsurteil, wonach die Behörde erneut über den beanspruchten VA unter Berücksichtigung der Ansicht des Gerichts zu entscheiden hat. Bei der Untätigkeitsklage kann ebenso ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung geltend gemacht werden.
Welche Grundsätze gelten für Fehler bei der Ausfüllung von Beurteilungsspielräumen?
Spiegelbildlich zur Ermessensfehlerlehre; bei Vorliegen eines Fehlers = Rechtswidrigkeit des VA mit entsprechenden Folgen.
