8. Plastizität 2 Flashcards
Die Fragilität der Körperwahrnehmung:
Phantomschmerz
Entgegen früherer Annahmen ist die Karte in SI nicht unveränderbar,
• …sondernverändertsichz.B.durchLernen (trainingsabhängige Plastizität)
Beispiel: regelmäßiges Üben eines Musikinstrumentes
• …oderaberalsFolgevonAmputationen(maladaptive Plastizität)
Beispiel: Phantomschmerz nach Amputationen
Die Fragilität der Körperwahrnehmung: Illusionen
bei Gesunden
- Interessanterweise lassen sich auch bei Gesunden „Phantome“ erzeugen
- Beispiel: Das Fühlen einer fremden Hand als zum eigenen Körper zugehörig
Von der Rubberhand-Illusion zur Neuropsychologie:
Implikationen
Wenn das Körperbild so einfach „ausgetrickst“ werden kann…
…kann man damit auch Störungen der Körperwahrnehmung beeinflussen ?
Die Mirrorbox-Therapie
- = Spiegeltherapie
- Von V.S. Ramachandran 1996 entwickelt
- Basierend auf Manipulation der multisensorischen Integration durch visuelles Vortäuschen einer gesunden Hand mit Spiegeln
Die Mirrorbox-Therapie bei Phantomschmerzpatienten
Phantomschmerzpatienten berichten oft über starke Verkrampfungen ihrer Phantomhand:
– Manchmal bildet Phantomhand schmerzhaft eine Faust, die die Patienten nicht mehr lösen können
– Manchmal Phantomhand in unnatürlicher Stellung
• Spiegeltherapie kann durch Bewegungen der gesunden Hand diese Verkrampfungen oder unnatürlichen Haltungen lösen
• Durch Spiegel ist die amputierte Gliedmaße scheinbar wieder vorhanden
• Die Hand kann so aus der schmerzhaften Position befreit werden
Wie funktioniert das? mirrorbox Therapie bei phantomschmerzen
- Hinweis auf latente Plastizität im Gehirn, auch bei Erwachsenen
- Entscheidende Rolle spielen offenbar reziproke Interaktionen zwischen visueller und taktiler Modalität
Anwendungsfelder der Spiegeltherapie
• In der Praxis wird die Spiegeltherapie in unterschiedlichen Gebieten durchgeführt:
– Phantomschmerz – Schlaganfall
– CRPS
– …..
• Dabei ist die Wirksamkeit aber nicht immer wissenschaftlich nachgewiesen
Spiegeltherapie und Phantomschmerz
• Ramachandrans erste Experimente
• Eine neuere Studie mit mehr Patienten, die weniger anekdotisch ist:
Chan et al. 2007: Mirror Therapy for Phantom Limb Pain
Chan et al. 2007 spiegeltherapie
• 18 Patienten mit Phantomschmerz • 3 experimentelle Gruppen (a 6 Pb): - Mirror group - Covered mirror group - Mental visualization group (Augen schließen und vorstellen, Bewegungen durchzuführen) • 15 min Training / d
Spiegeltherapie bei Schlaganfall
- Altschuler et al. 1999
- 9 Patienten mit Hemiparesis 6 Monate post-Stroke
- Training: 2 x 15min, 6d / w, beide Hände bewegen so gut es ging in der Mirrorbox
- Kontrollbedingung: transparente Scheibe
- Subjektive Bewertung und Einschätzung durch Neurologen
- Deutlich positiver Effekt nach Einschätzung der beiden Neurologen
- Alle Patienten „mochten“ das Training, für einige war es ein „Segen“
Die Mirrorbox-Therapie Was spricht dafür?
– zumindest anekdotisch gute Erfolge, gerade auch bei Phantomschmerzpatienten (Phantomhand wird aus schmerzhafter Verkrampfung befreit)
– hohe Motivation des Patienten durch frappierende Effekte
– gefahrlos und geringes Risiko
– einfach und preiswert
– oft eine der wenigen Therapiemöglichkeiten bei sonst kaum zu behandelnden Beeinträchtigungen (Phantomschmerz, Verlust von somatosensorischen Fähigkeiten nach Schlaganfall)
Die Mirrorbox-Therapie Was spricht dagegen?
– Effekte sind noch nicht ausreichend untersucht worden, es fehlen kontrollierte Studien (schwierig bei Phantomschmerzpatienten), meist nur anektdoische Berichte oder Einzefälle, oft schlecht experimentell kontrolliert
– Teilweise werden auch negative Effekt berichtet (Verschlechterungen)
Die Mirrorbox-Therapie
Warum ist es so schwer, die Wirksamkeit der Spiegeltherapie eindeutig nachzuweisen?
• Wenig Patienten (zumindest bei Phantomschmerz)
• Heterogene Patienten (unterschiedliche Läsionen etc.), nach Alter und Bildung gleiche Kontrollgruppe ist nicht ausreichend
Vor allem aber:
• Das Konzept ist uneindeutig und müsste präziser untersucht werden
– geht auch eine fremde Hand?
– muss es 3D sein?
– spielen Spiegelneurone wirklich eine Rolle? – reicht evtl. auch einfache Beobachtung?
Zusammenfassung neuronale Plastizität Spiegeltherapie
- Das Körperbild ist eine Funktion des Gehirns und kann bei Krankheiten gestört sein (Phantomschmerzen)
- Aber auch bei Gesunden ist das Körperbild flexibel und kann gezielt manipuliert werden (Gummihand-Illusion)
- Neue Ansätze in der Neurorehabilitation versuchen hier anzusetzen, um Störungen der Körperwahrnehmung zu behandeln