6/9 (Rückabwicklung und Auflösung von SV, Stellung der Beteiligten im Mehrpersonenverhältnis) Flashcards
Wirksamkeit des Aufhebungsvertrag
- Aufhebungsfreiheit als notwendiges Gegenstück zur Vertragsfreiheit aus § 311 I BGB
- Grds. Formfreiheit, auch wenn Begründung formbedürftig war
- > Ausnahme: § 623 BGB (Arbeitsverhältnisse)
- > Ausnahme: § 311 b BGB (wenn Auflassung oder Anwartschaftsrecht bereits vorliegen)
Wirkung des Aufhebungsvertrages
- ex nunc vs. ex tunc: aus Vertragsauslegung
a. bzgl. Dauerschuldverhältnis, dessen Ausführung bereits begonnen hat: idR ex nunc
b. bzgl. einmaligem Leistungsaustausch (in der Vergangenheit erfolgt): idR ex tunc, Rückabwicklung nach §§ 346 ff. BGB
Verschulden bei § 314 BGB (Kündigung aus wichtigem Grund)
- nicht erforderlich, kann jedoch bei der Interessensabwägung zur Feststellung eines wichtigen Grundes herangezogen werden
P: Teleologische Reduktion des § 314 II S. 1 BGB, der eine Fristsetzung oder Abmahnung dem Wortlaut auch bei Schutzpflichtverletzung fordert
- con: Fristsetzung/Abmahnung nur dann nicht angezeigt, wenn ?
- > Lerngruppe
§ 314 BGB: Konkurrenzen
- Sonderregeln zur Kündigung aus wichtigem Grund gehen vor
- bei in Vollzug gesetzten Dauerschuldverhältnissen: § 314 geht §§ 323, 324 vor (hM)
pro: idR ist Rückabwicklung nicht interessensgerecht
- > sollte berechtigtes Interesse an Rückabwicklung bestehen: Wertung des § 323 V S. 1 (nur, wenn Gläubiger aufgrund der Pflichtverletzung kein Interesse an bereits erbrachter Leistung hat) - Störung der Geschäftsgrundlage
- > Grds. Vorrang des § 313 III S. 1 (Verweis auf S. 2 erst, wenn sich keine Vertragsanpassung durchführen lässt)
P: Rechtsfolge, wenn Schuldner den empfangenen Gegenstand veräußert/umgestaltet/belastet/… hat, dies aber wieder rückgängig machen könnte (§ 346)
- eA: Wertersatzpflicht
pro: Wortlaut
pro: § 346 II lex specialis zu § 275, wonach abgegrenzt werden soll
pro: insb. bei § 346 II S. 1 Nr. 3 ist fraglich, ob Rückgewährschuldner wirklich zur Beseitigung der Verschlechterung verpflichtet sein soll (Telos des § 346 II -> Wertersatz, keine vorrangige Wiederherstellung)
pro: Privilegierungsregelungen des § 346 III werden unterlaufen
pro: Rückgaberecht in natura auch über § 242 konstruierbar - aA: teleologische Reduktion des § 346 II S. 1 Nr. 2 BGB
pro: Telos: wenn Schuldner die Sache in Natur herausgeben kann, soll er diese Rechtsfolge auch herbeiführen (Ziel des Rücktrittsfolgenrechts und des Schutzes des rückerwerbswilligen Rückgewährschuldners)
pro: Abgrenzung zwischen § 346 I und II richtet sich nach § 275 (gilt für alle SV, nicht nur für vertragliche Leistungsansprüche)
Begriff der “Ingebrauchnahme” in § 346 II S. 1 Nr. 3 BGB
- lediglich derjenige Wertverlust, der durch Überführung des Status der Sache von “neu” in “gebraucht” entstanden ist, ist erfasst
- darüber hinausgehender Gebrauch ist als Nutzung gem. § 346 I, II zu ersetzen bzw. herauszugeben
Reichweite des § 346 II S. 1 Nr. 3 BGB
- Analog auch auf sonstige Fälle der Unmöglichkeit anzuwenden (bspw. Diebstahl)
pro: wertende Betrachtung ergibt keinen relevanten Unterschied, ob Gegenstand untergegangen oder gestohlen wurde
P: Nutzungsherausgabe bzw. -ersatz auch bei Lieferung einer mangelhaften Sache?
- Verbrauchsgüterkauf:
- > bei Nacherfüllung: § 475 III S. 1 nimmt Nutzungsherausgabe und -ersatz aus §§ 439 V, 346 I, II aus
- > keine Nacherfüllung, sondern direkter Rücktritt: Nutzungsherausgabe und -ersatzpflicht besteht (BGH, MüKo)
pro: Unionsrecht will verhindern, dass Käufer angesichts Nutzungsherausgabe oder -ersatz keine Ersatzlieferung begehrt; bei einer begehrten Rückabwicklung erhält er jedoch Kaufpreis samt Zinsen und muss somit auch Nutzungen ausgleichen - Außerhalb des Verbrauchsgüterkaufs
- > bei Rücktritt wegen Sachmangels: Nutzungsherausgabe und -ersatzpflicht (+), es sei denn, Gläubiger ist wegen Nutzungsausfall schadensersatzberechtigt (hM, str.)
P: Anwendung des § 346 II S. 2 Hs 1 (Wert als vertraglich vereinbarte Gegenleistung zugrundezulegen), wenn Rücktrittsgegner den Rücktrittsgrund zu verantworten hat und objektiver Wert der Sache deutlich höher als ursprüngliche Gegenleistung
- eA: teleologische Reduktion
pro: Rücktritt soll sich nicht zum Vorteil des Rücktrittsgegners auswirken - aA: (-) (BGH)
pro: Rücktretender wird nicht benachteiligt, da er durch Kaufvertrag bereits gezeigt habe, dass die Sache für ihn keinen höheren Wert hat
pro: ursprüngliches Verhandlungsgeschick des Rücktrittsgegners soll ihm durch Rücktritt nicht genommen werden
Anwendung des § 346 II S. 2 Hs 1 (Vertraglich vereinbarte Gegenleistung zugrundezulegen), wenn Rücktritt wegen Sachmangels erfolgt
- Käufer soll nicht den vollen Kaufpreis (vertraglich vereinbarte Gegenleistung) für die mangelhafte Sache zahlen müssen, sondern nur den Wert der mangelhaften Sache ersetzen müssen
- > § 441 III analog (Minderung)
pro: Wortlaut “zugrunde zu legen” in § 346 II zwingt nicht zu starrer Rückabwicklung anhand des ursprünglichen Kaufpreises
P: Stellvertretendes commodum bei § 346 II II S. 1 Nr. 2,3
- eA (hM): § 285 anwendbar
pro: Gesetzgeber wollte laut Materialien die von der Rspr. anerkannte Anwendung des § 285 in diesen Fällen nicht ausschließen - aA: § 285 nicht anwendbar, da Rücktrittsfolgenrecht abschließende Regelungen normiert
- wA: Diff: vor Rücktrittserklärung treffen die §§ 346 III S. 2, 818 Sonderregelungen; nach Rücktrittserklärung findet § 285 Anwendung
P: Diligentia quam in suis bei § 346 III S. 1 Nr. 3 auch bei Verkehrsunfällen?
- (+)
- > BGH: bei Teilnahme im Straßenverkehr zwar grds. kein individueller Sorgfaltsmaßstab (Haftpflichtversicherer des Schädigers soll nicht entlastet werden)
- > aber: diese ratio greift nicht im Verhältnis zwischen Rückgewährschuldner und -gläubiger, da Risikoverteilung im Straßenverkehr irrelevant für deren SV ist
§ 346 IV: Pflichten und Verschulden bei SE
- zu differenzieren:
1. Schädigendes Ereignis nach Rücktrittserklärung - > unproblematisch ist die Verletzung der Rückgewährpflicht aus § 346 I, II BGB Anknüpfungspunkt
- Schädigendes Ereignis vor Rücktrittserklärung
- > Rückgewährpflicht noch nicht entstanden, aber Pflichten aus § 241 II denkbar
a. Vertragliches Rücktrittsrecht: sorgfältiger Umgang erforderlich, da jederzeitiger Rücktritt (idR) möglich
b. Gesetzliches Rücktrittsrecht: grds. darf Rücktrittsberechtigter von der Endgültigkeit des Erwerbs ausgehen; anders jedoch, wenn er vom Umstand Kenntnis erlangt, der zum Rücktritt berechtigt, oder wenn er den Umstand hätte kennen müssen (hM; Looschelders: dann aber strenger Maßstab des “geradezu Aufdrängens”)
Abgrenzungen: Abtretung vs.
a) Vertragsübernahme
b) Einziehungsermächtigung
a) nicht nur Forderungsrecht, sondern gesamte Vertragsposition wird übertragen -> nicht nur Gläubiger, sondern auch Schuldnerwechsel
b) Ermächtigung eines Dritten, dass dieser die Forderung im eigenen Namen, aber für die Rechnung des Gläubigers geltend macht
- > Rspr: § 185 (geht 407 immer vor!)
- > Lit: Richterliche Rechtsfortbildung
Stille Zession
- Altgläubiger tritt Forderung an Neugläubiger ab und wird zugleich zur Einziehung ermächtigt
- > Schuldner erfährt daher nicht, dass Altgläubiger gar nicht mehr Inhaber der Forderung ist
- > Legitimation/Grund: Schuldner soll keine nachteiligen Schlüsse über Bonität des Altgläubigers ziehen
Abtretung: Voraussetzungen
- Vertrag
- Existenz der Forderung
- Inhaberschaft des Zedenten
- Bestimmbarkeit der Forderung
- Übertragbarkeit der Forderung
Abtretung: Voraussetzungen: Vertrag (Wirksamkeit)
- grds. formlos (außer § 1154 I)
- bei Verbotsgesetz: Diff. zwischen Verbot der Übertragbarkeit der Forderung (§ 400) und Verbot der Abtretung (bspw. § 134)
Abtretung: Voraussetzungen: Existenz der Forderung
- auch für zukünftige Forderungen möglich, wenn hinreichend bestimmt
- grds. kein gutgläubiger Forderungserwerb
- Ausnahme: § 405 (Scheingeschäft), § 2366 (Erbschein) oder bei Übertragung bestimmter Wertpapiere (§ 16 WG, §§ 19, 21 ScheckG)
Abtretung: Voraussetzungen: Bestimmbarkeit
- Grundsatz der Spezialität
- > Künftige Forderungen: grds. möglich, jedoch muss spätestens bei Entstehung der Forderung feststehen, ob sie von der Abtretung erfasst wird
Abtretung: Voraussetzungen: Übertragbarkeit: § 399: Fallgruppen
- Veränderung des Leistungsinhalts
-> insb. Befreiung von einer Verbindlichkeit
(B kauft - von A beauftragt - ein Bild von X im eigenen Namen; A ist nach § 257 verpflichtet, den Kaufpreis an X zu zahlen; B kann den Befreiungsanspruch gegen A nicht abtreten, da nur er eine Verbindlichkeit gegenüber X hat)
-> Natur des Rechtsverhältnisses: insb. höchstpersönliche Ansprüche (Familienrecht, Dienstleistungen)
P: Abtretung von Gestaltungsrechten
hM: Differenzierung zwischen selbstständigen und unselbstständigen Gestaltungsrechte
pro: grds. Möglichkeit, vgl. Wortlaut § 413
- Selbstständige: sowohl von Vertrag als auch von Forderung unabhängig (zB Wiederkaufsrecht, Aneignungsrecht, Vorkaufsrecht): (+)
- Unselbstständige
a. Vertragsbezogene (zB Widerruf, Anfechtung, Kündigung)
con: bleiben bei Vertragspartei, da vertragsanhaftend (-> Ausübungsermächtigung als weitere Möglichkeit => iE ähnlich)
con: Anfechtung: höchstpersönliches Recht
pro Rücktritt/Kündigung: zumindest mit Vertragsforderung abtretbar
b. Forderungsbezogene (zB Leistungsbestimmung, § 315; Fälligkeitskündigung beim Darlehen; Aufrechnung)
-> gehen mit Forderung über
-> aber beachte: grds. ist Inhaber des Anspruchs nach § 346 I die Vertragspartei aus dem Primärleistungsverhältnis
Abtretung: Rechtsfolgen
- Prioritätsprinzip (bei mehreren Abtretungen)
- > auch bzgl. künftigen Forderungen (Forderungsinhaber “verbraucht” seine Verfügungsmacht) - Akzessorietät von Sicherheiten, § 401
- Rücktrittsrechte und SEA verbleiben im Zweifel beim Zedenten
Abtretung: Ausschluss der Einwendungen nach § 405 und P: analoge Anwendung des § 405
- § 405 erfordert, dass Urkunde auch mit dem Willen des Ausstellers in den Verkehr gelangen muss
- § 405 analog nur in Ausnahmefällen
pro: hat bereits Ausnahmecharakter - > RG: Einwendung aus § 117 I ist auch dann ausgeschlossen, wenn eine zum Schein abgetretene Forderung unter Vorlage der Abtretungsurkunde an einen gutgläubigen Dritten weiter abgetreten wurde
- -> analog, da § 405 nur den guten Glauben an die Schuld, also die abgetretene Forderung schützt, aber nicht direkt den Glauben an die Abtretung selbst
Abtretungsform: Sicherungszession
- Sicherungsabrede zwischen Sicherungsgeber (Neugläubiger) und Sicherungsnehmer (Altgläubiger) als Kausalgeschäft für Verfügung iFd Abtretung
Abtretungsform: Inkassozession
- Zessionar wird vollgültiger Inhaber der Forderung
- vs. bloße Einziehungsermächtigung: Inkassozessionar kann Forderung in eigenem Namen geltend machten und gerichtlich einklagen
Arten der Schuldübernahme
- Privativ (befreiend), §§ 414 ff. BGB
a. Vertrag zwischen Gläubiger und Übernehmer, § 414
b. Vertrag zwischen Altschuldner und Übernehmer, § 415 - Kumulativ (Schuldbeitritt), nicht allgemein geregelt
Voraussetzungen: Schuldübernahme nach § 414
- Vertrag zwischen Gläubiger und Übernehmer -> Doppelcharakter
a. Verfügungscharakter (Inhaltsänderung des SV)
b. Verpflichtungscharakter (Leistungspflicht des Übernehmers wird begründet) - Verpflichtungsgeschäft, das Vertrag zwischen Gläubiger und Übernehmer trägt
- Form
- > nur wenn Schutzzweck der Formvorschrift dies anordnet (bspw. § 311 b I) - Kein Ausschluss
- auch für künftige Forderungen möglich
- nicht für dingliche Ansprüche möglich
P: Dogmatik der Schuldübernahme nach § 415
- eA (hM): Verfügungstheorie: Schuldner und Übernehmer disponieren als Nichtberechtigte über Inhalt der Forderung, die dem Gläubiger zusteht -> § 185 BGB erforderlich
- aA: Vertragstheorie: Abrede zwischen Schuldner und Übernehmer hat keine eigenständige Bedeutung; mit der Mitteilung aus § 415 wird dem Gläubiger erst ein Angebot auf Vertragsschluss nach § 414 gemacht, dessen Annahme dann die “Genehmigung” aus § 415 darstellt
con: Wortlaut: Genehmigung ist keine Angebotsannahme
con: Systematik: § 415 wäre bedeutungslos, da alles auch über § 414 konstruierbar wäre
Rechtsfolgen: befreiende Schuldübernahme
- Altschuldner wird von Verpflichtung zur Leistung frei
- Altschuldner bleibt jedoch Vertragspartei
- > Neuschuldner hat keine eigenständigen Ansprüche gegen Gläubiger; Gestaltungsrechte verbleiben beim Altschuldner
P: Befreiende Schuldübernahme: Eigene Einwendungen des Übernehmers gegen den Gläubiger
- Diff. nach dem Rechtsgeschäft, das zugrundeliegt
- > grds. alle Mängel aus der Schuldübernahme iSd Verfügungsgeschäfts
- > Arglistige Täuschung liegt der Schuldübernahme zugrunde?
- -> § 414: Täuschung durch Dritte, nur unter Voraussetzungen durch § 123 II
- -> § 415: Anfechtung uneingeschränkt möglich
- —> Teile der Lit: gleiche Begrenzung wie bei § 123 II (pro: Gläubiger schutzwürdig; hM (con): Getäuschter ist schutzwürdiger als Gläubiger)
-> Mangel des Kausalgeschäfts: nur, wenn zwischen Neuschuldner und Gläubiger (§ 417 II)
Abgrenzung: befreiende Schuldübernahme vs. Vertragsübernahme
- Vertragsübernahme: vollständiger Übergang der Position des Vertragspartners
- > gesetzlich: § 566 (Mieteintritt), § 581 II (Pachteintritt), § 613a (Arbeitsvertragseintritt bei Übernahme)
- > rechtsgeschäftlich: Mitwirkung aller drei Parteien
- -> § 418 analog (Sicherungsrechte), § 415 III S. 2 analog (Freistellungspflicht des Übernehmers)
Schuldbeitritt: Zulässigkeit und Arten
- Allgemein nicht geregelt: zulässig nach § 311 I BGB
(-> hM bei Verbraucherschuldbeitritt zu einem Darlehensvertrag: §§ 491 ff. analog)
- Vertrag zwischen Beitretendem und Gläubiger, § 414 analog
- Vertrag zwischen ursprünglichem Schuldner und Beitretendem, §§ 328 ff. (Vertrag zugunsten Dritter)
- > Mitwirkung nicht erforderlich
- > Zurückweisung des Gläubigers aber nach § 333 möglich
Schuldbeitritt: Wirkungen
- Gesamtschuldnerschaft, §§ 421 ff.
- Einwendung, die zum Zeitpunkt des Beitritts begründet waren, kann auch der Beitretende entgegenhalten, § 417 I analog
- Eigene Einwendung des Beitretendem aus dem Verhältnis zum Altschuldner: Diff. nach Begründung des Schuldbeitritts (Vertragspartner des Beitretendem)
- > Vertrag zwischen Gläubiger und Beitretendem: § 417 II analog
- > Vertrag zwischen Schuldner und Beitretendem: § 417 II analog wird durch § 334 eingeschränkt
Abgrenzung: Schuldbeitritt vs Bürgschaft
- Unterschiede: Schriftform, Zugriffsmöglichkeiten (Bürge haftet nachrangig und akzessorisch)
- maßgeblich Parteiwille, §§ 133, 157
- > va wegen ungünstigerem Schuldbeitritt müssen konkrete Anhaltspunkte vorliegen, insb. eigenes unmittelbares wirtschaftliches Interesse des Dritten spricht hierfür
Arten von Gläubigermehrheiten
- Teilgläubigerschaft (§ 420)
- > teilbare Leistung - Gesamtgläubigerschaft (§ 428)
- > unteilbare Leistung
- > an jeden Gläubiger kann geleistet werden - Mitgläubigerschaft (§ 432)
- > unteilbare Leistung
- > an alle Gläubiger muss gemeinsam geleistet werden
Teilgläubigerschaft: Voraussetzungen
- Teilbarkeit der Leistung = wenn sie ohne Wertminderung zerlegt werden kann; auch faktisch teilbare Leistungen sind rechtlich unteilbar, wenn im Innenverhältnis der Gläubiger nur eine gemeinsame Empfangszuständigkeit besteht
- restriktiv zu handhaben, da Schuldner interne Verteilung beachten muss und dadurch belastet wird
Gesamtgläubigerschaft vs Mitgläubigerschaft: Voraussetzungen
- Vorrangig: Gesamtgläubigerschaft zu prüfen (Wortlaut § 432 I)
- > Gesamtgläubigerschaft nur, wenn aus Vertrag oder Gesetz (v.a. Gemeinschaftskonto mit Einzelzeichnungsberechtigung, insb. bei Ehegatten)
- Häufiger daher: Mitgläubigerschaft
- > v.a. Bruchteilsgemeinschaft nach §§ 741 ff.
- > Erbengemeinschaft nach § 2039 speziell geregelt
Teilschuld trotz gemeinsamem Vertragsschluss (entgegen Zweifelsregel des § 427)
- Rspr.: wenn nach beiderseitigen Erwartungen der Vertragspartner jeder Schuldner nur anteilig verpflichtet werden soll
- > Bsp.: Wohnungseigentümer haften idR nur als Teilschuldner für die Errichtung einer WEanlage, da idR für Bauunternehmer erkennbar, dass eine gesamtschuldnerische Haftung über das einem Einzelnen zumutbare Maß hinausgeht
Allgemeine Voraussetzungen zur Entstehung eines Gesamtschuldverhältnisses
- Abgrenzung zur (Außen-)GbR
- spezielle gesetzliche Regelungen: §§ 427, 840, 769
- Allgemein:
1. § 421 S. 1 = wenn mehrere eine Leistung in der Weise schulden, dass jeder die Leistung bewirken muss, der Gläubiger die Leistung aber nur einmal fordern kann
- Befriedigung desselben Leistungsinteresses
- > kein einheitlicher Schuldgrund nötig
- > bspw. schon (+), wenn
- -> Bauherr den Bauunternehmer und den Architekten in Anspruch nehmen will (auch: § 650t BGB)
- -> SEA aus Vertrag und Delikt - Gleichstufigkeit der Verpflichtungen
- > nicht bei Legalzessionen: eigenständiger Regressweg
P: Wirkungen des Erlassvertrages (§ 397) auf andere Gesamtschuldner, § 423
- grds. nach §§ 133, 157 auszulegen
- Möglichkeiten:
- > eA: Gesamtwirkung: Ansprüche auch ggü anderen Schuldnern erlöschen (ausnahmsweise zulässige Verfügung zugunsten Dritter, vgl. § 423 als explizite Normierung dieser Ausnahme)
con: idR Gläubigerbenachteiligung - > aA: Einzelwirkung: Anspruch ggü einzelnem Schuldner erlischt
con: wendet sich der Gläubiger an die verbleibenden Schuldner, können sich diese nach § 426 wieder in voller Höhe an den begünstigten Schuldner wenden (Regressausschluss, um dies zu verhindern, wäre aber als Vertrag zulasten Dritter unzulässig)
con: Regresskreisel: Gesamtschuldner, der nach § 426 I in Anspruch genommen wurde, würde sich wiederum an Erlasser wenden können, was regelmäßig nicht in dessen Interesse sein dürfte - > wA: beschränkte Gesamtwirkung: andere Schuldner werden ggü Gläubiger in der Höhe des Anteils frei, der bei der internen Verteilung auf den Begünstigten entfiele; bei diesem können sie keinen Regress nehmen (konstruiert über Verfügung zugunsten Dritter - Begünstigter “erfüllt” seine Ausgleichspflicht)
pro: idR interessensgerecht, sodass Figur nicht allzu restriktiv verwendet werden sollte
con: Gericht muss zwei fremde Rechtsverhältnisse prüfen, wenn Erlasser gegen anderen Gesamtgläubiger vorgeht
Systematik des § 426 (Ausgleichspflicht und Forderungsübergang bei Gesamtschuldnerschaft)
- § 426 I - eigenständige AGL
- > entsteht als gesetzliches SV mit Begründung der Gesamtschuld als Mitwirkungspflicht zur Erfüllung der fälligen Forderung / Befreiungsanspruch
- > leistet ein Gesamtschuldner mehr als seinem Anteil nach erforderlich, wandelt sich sein Mitwirkungsanspruch ggü den anderen Schuldnern in einen Zahlungsanspruch um
- § 426 II - eigenständige AGL
- > aber: Akzessorietät des Umfangs des Forderungsübergangs von der Höhe des Ausgleichsanspruches aus § 426 I
- > ursprgl. Einwendungen gegen den Gläubiger bleiben erhalten (§§ 401, 404, 412) -> Telos des § 426 II: Absicherung des § 426 I durch diesen Erhalt
- -> keine isolierte Abtretung
- -> Anspruchskonkurrenz zum Ausgleichsanspruch
P: Gestörte Gesamtschuld
- eA: Inanspruchnahme des nicht-privilegierten Schädigers
pro: aufgrund der Haftungsprivilegierung entsteht gar keine Gesamtschuldnerschaft
con: bei vertraglichen Haftungsprivilegierungen handelt es sich um einen unzulässigen Vertrag zugunsten Dritter - aA (Rspr.): Gesamtschuldnerschaft wird fingiert, sodass der nicht-privilegierte Schädiger einen Ausgleichsanspruch gegen den privilegierten Schädiger hat
pro: Unbilligkeit der kompletten Belastung des nicht-privilegierten Schädigers wird behoben
con: privilegierter Schädiger steht schlechter da als wenn er allein geschädigt hätte
con: Entwertung der Privilegierung des privilegierten Schädigers - wA: Regresszirkel, sodass man nach Konstruktion der aA auch dem privilegierten Schädiger einen Regressanspruch ggü dem Geschädigten zuspricht
con: obwohl letzten Endes ein Anspruch des nicht-privilegierten Schädigers zulasten des Geschädigten besteht, trägt der nicht-privilegierte Schädiger das Insolvenzrisiko des privilegierten Schädigers - neA (hL): automatische Kürzung des Anspruches des Gläubigers um den fiktiven Anteil des privilegierten Schädigers (nach außen gewendetes Innenverhältnis -> kein Innenregress nötig)
pro: Benachteiligung des Gläubigers legitimiert sich daraus, dass er durch die Privilegierung seine Rechtsstellung selbst entwertet hat
-> auch bei gesetzlichen Haftungsprivilegierungen?
pro: auch gesetzliche Haftungsprivilegierungen haben idR den Zweck, den Interessenskonflikt zwischen (privilegiertem) Schädiger und Gläubiger zu regeln (den Schädiger zu entlasten) und nicht, andere (nicht-privilegierte) Schädiger zu belasten
con (BGH): § 1664 (diligentia quam in suis bei Familie) schützt die Familie als “Haftungs- und Schicksalsgemeinschaft”, sodass außenstehender Schädiger voll haftet
-> Rückausnahme für Straßenverkehr, da hier kein Raum für individuelle Sorglosigkeit
Gemeinschaftliche Schuldnerschaft
- nicht gesetzlich geregelt
- wenn mehrere eine unteilbare Leistung schulden, die tatsächlich oder rechtlich nur im Zusammenwirken erbracht werden kann (bspw. Gesangsduo)
- > Gesamtschuldnerschaft passt nicht, da dies voraussetzt, dass jeder Schuldner auch allein leisten kann
- hM: eigenständige Schuldnermehrheit (+)
- > Gläubiger kann Schuldner nur gemeinsam in Anspruch nehmen
Zweigleisigkeit des Schuldnerschutzes bei der Abtretung
- Schuldner stimmt nicht zu
- > § 404 (Einwendungen)
- > § 399 (Abtretungsverbot - aber § 354 a HGB) - Schuldner hat kein Wissen
- > §§ 407 ff. (Gutglaubensschutz) - § 406 steht Schuldner unabhängig und abhängig vom guten Glauben (verschiedene Varianten)
- > betrifft nur Fälle, wenn der Schuldner gegenüber dem Zessionar aufrechnen möchte
- -> wenn Schuldner gegenüber dem Gläubiger aufrechnen möchte (guter Glaube): § 407
Abgrenzung/Unterschied: selbstschuldnerische Bürgschaft vs Gesamtschuld
- Hauptunterschied: Akzessorietät der Bürgschaft (Forderung gegen Bürgen streng akzessorisch zu Forderung zwischen Hauptschuldner und Gläubiger)
- > Subsidiarität (Einrede der Vorausklage) bei selbstschuldnerischer Bürgschaft gerade nicht gegeben
P: Wirkung des Erlassvertrages (§ 397) auf den Gesamtschuldner, dem Schuld erlassen wird
- hM: Erlöschen der Schuld nach § 397
- mM: Erlassvertrag als pactum de non petendo (Klageverzicht)
con: bei einer Gesamtschuld existieren voneinander unabhängige Forderungen des Gläubigers gegen die jeweiligen Gesamtschuldner, sodass die Wirkung des Erlasses bezüglich dieser Forderung nicht korrigiert werden müssen