4/9 (Störungen im SV: SE II) Flashcards
Begriff: Fristsetzung (§ 281)
= eindeutige und bestimmte Aufforderung zur Leistung innerhalb eines bestimmten Zeitraumes
- > rechtsgeschäftsähnliche Handlung
- > idR ist darin auch eine Mahnung zu sehen (gilt nicht umgekehrt)
P: Inhaltliche Bestimmtheit der Fristsetzung (bzgl. Zeitraum) (§ 281)
- eA: zeitliche Konkretisierung nach Länge oder Ende der Frist erforderlich
- aA (BGH): auch das Verlangen nach sofortiger bzw. umgehender Leistung ist ausreichend
pro: auch so wird Schuldner deutlich, dass ihm nur ein begrenzter Zeitraum zur Leistung bleibt
con: für durchschnittlichen Vertragspartner ist nicht klar, wie viel Zeit ihm zur Verfügung steht
Angemessenheit der Frist (§ 281)
- Abwägung zwischen der Funktion, dem Schuldner die letzte Gelegenheit zur Leistung zu geben, und der Dringlichkeit des Gläubigerinteresses an einer pünktlichen Leistung
- > Verzögerung der Leistung: Schuldner muss möglich sein, bereits begonnene Leistung vollständig zu erbringen
- > Schlechtleistung: Schuldner muss die Nacherfüllung tatsächlich bewirken können
Folge einer unangemessen kurzen Frist (§ 281)
- Fristsetzung wirksam, jedoch mit angemessener Frist
- > Ausnahme: Frist, die schon abgelaufen ist, wenn der Schuldner von ihr Kenntnis erlangt
Anforderungen: ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung (§ 281)
strenge Anforderungen
- > eindeutig, dass Schuldner unter keinen Umständen mehr zur Leistung bereit ist
- -> bloßes Bestreiten von Mängeln genügt nicht
P: Leistungsverweigerung vor Fälligkeit (§ 281)
- § 281 direkt (-), da keine fällige Leistung vorliegt
- eA: § 323 IV analog
pro: Regelungslücke und vergleichbare Interessenlage (kein Grund für sachliche Ungleichbehandlung)
pro: Erfüllungsverweigerung als leistungsbezogene Nebenpflicht (Pflichtverletzung) - aA: § 281 I, II analog (wohl hM)*
pro: Abwarten auf Nichtleistung trotz Fälligkeit wäre reine Förmelei
pro: Regelung über § 281, da durch dessen Anwendung die Fälle der Erfüllungsverweigerung einheitlich behandelt werden können
pro: Rechtsgedanke des § 323 IV - wA: § 282
pro: Leistungsverweigerung als Schutzpflichtverletzung
con: es geht in der Sache um das positive Interesse der Erfüllung, nicht um das Negativinteresse - > lediglich dogmatischer Streit, iE alle gleich
- weiter zu prüfen: zum Zeitpunkt des Deckungsgeschäfts müsste iSd § 323 IV offensichtlich sein, dass die Voraussetzungen für § 281 vorliegen werden
P: Bezugspunkt des Vertretenmüssens bei § 281
- ähnlicher, aber nicht identischer Streitstand wie bei der Nacherfüllung
- hM: ausreichend ist jedenfalls ein Vertretenmüssen der Nichtleistung innerhalb der Nachfrist
- wenn Nichtleistung trotz Fälligkeit zu vertreten, aber nicht Nichtleistung innerhalb der Nachfrist
- > eA: Vertretenmüssen der Nichtleistung trotz Fälligkeit ist ausreichend
pro: durch Nachfristerfordernis soll erste Pflichtverletzung nicht sanktionslos gestellt werden - > aA: Vertretenmüssen der Nichtleistung innerhalb der Nachfrist muss vorliegen
pro: Gleichlauf mit Verzögerungsschaden: wenn kein Verzug gegeben ist, wäre es unbillig, SE statt der Leistung dann zuzulassen
pro: Differenz zu eA wird durch § 287 S. 2 BGB verringert (Zufallshaftung), wenn Verzug vorliegt
con: Kategorialer Unterschied innerhalb des § 281, da bei behebbaren Leistungshindernissen das Nichtleisten innerhalb der Frist Bezugspunkt ist, während notgedrungen bei unbehebbaren Leistungshindernissen bzw. bei Entbehrlichkeit der Fristsetzung nur auf die Nichtleistung trotz Fälligkeit abgestellt werden kann
P: Unerheblichkeit in § 281 I S. 3
- eA: bloße Bagatellgrenze (unerhebliche Minderung des Wertes oder Tauglichkeit der Sache kein Fehler -> § 459 I 2 aF)
con: enges Verständnis (gläubigerfreundlich) nicht gerechtfertigt, da Gläubiger kleinen SE oder Minderung verlangen kann - aA (BGH): unerheblich, wenn bei Abwägung aller Interessen im Einzelfall unverhältnismäßig, den Vertrag an der Pflichtverletzung scheitern zu lassen
- > pro: flexible Lösungen
- > BGH-Kriterium: Erheblichkeit, wenn Mängelbeseitigungskosten > 5% des Kaufpreises
P: § 281 I S. 2 oder S. 3 bei Zuwenigleistung im Kaufrecht
- offene Zuwenigleistung: § 281 I S. 2 (Annahme einer Teilleistung) - § 434 III (Gleichstellung von Schlechtleistung und Zuwenigleistung) findet keine Anwendung
- verdeckte Zuwenigleistung
- > hM: § 281 I S. 3 (Erheblichkeit der Schlechtleistung) aufgrund der Gleichstellung durch § 434 III
con: § 434 III soll nicht die besonderen kaufrechtlichen Gewährleistungsregeln auf die Regeln des allgemeinen SchuldR übertragen
con: Wertungswidersprüche mit solchen Verträgen, bei denen eine vergleichbare Regelung fehlt
Kriterien für Unzumutbarkeit (§ 282)
- Schwere der Pflichtverletzung
- Verschulden
- Wiederholungswahrscheinlichkeit
- Relevanz der Pflichtverletzung mit Hinblick auf Vertragszweck
§ 282 auch bei vorvertraglichen Pflichtverletzungen
- grds. (-), da vovertragliches SV gerade keine Leistungspflicht begründet
- jedoch (+), wenn vorvertragliche Pflichtverletzung erst nach dem Vertragsschluss bekannt wird
§ 311 a II: Anfechtung des Vertrages wegen § 119 II bei anfänglicher Unmöglichkeit (Leistungshindernis als verkehrswesentliche Eigenschaft)
- ganz hM: (-)
pro: Schuldner könnte sich sonst seiner Haftung aus § 311 a II entziehen
§ 311 a II: Haftungsgrund
- eA (Lit): Verletzung der vorvertraglichen Pflicht, sich über Leistungsfähigkeit zu informieren und Vertragspartner entsprechend auszuklären
con: Haftung wäre auf negatives Interesse beschränkt, da der Schaden darin bestünde, dass der Vertrag (nicht) zustandegekommen ist - § 311 a II legt allerdings Haftung auf das positive Interesse fest - aA (hM): Nichterfüllung des Leistungsversprechens
con: entgegen der Konzeption, die an einer gesonderte Pflichtverletzung anknüpft (§§ 280, 283)
pro: Schuldner hat eine in den Grenzen des § 311 a II bestehende Garantie für seine Leistungsfähigkeit übernommen
-> iE gleich
§ 311 a II: bei nicht zu vertretender Unkenntnis des Schuldners zumindest § 122 analog?
- mM: (+)
pro: Irrtum des Schuldners über eigene Leistungsfähigkeit als Eigenschaftsirrtum gem. § 119 II - hM: (-)
pro: Motivirrtümer grds. unbeachtlich; § 119 II normiert hier bereits eine Ausnahme
pro: § 311 a II normiert verschuldensabhängige Haftung, die nicht durch verschuldensunabhängige Haftung unterlaufen werden soll
Schadensersatzberechnung bei gegenseitigen Verträgen
- eA: Surrogationstheorie: Gegenleistungspflicht des Gläubigers bleibt bestehen; Schadenersatzverpflichtung des Schuldners als Surrogat für Leistungspflicht des Schuldners -> Zug-um-Zug; Aufrechnung idR möglich
pro: grds. von den Parteien gewolltes Austauschverhältnis bleibt bestehen - aA: Differenzmethode: Gegenleistungspflicht des Gläubigers erlischt -> SEA von Anfang an auf Differenz von Gegenleistungspflicht und Leistungspflicht zuzüglich etwaiger Folgeschäden gerichtet*
pro: einfachere Abwicklung möglich
pro: regelmäßiges Interesse des Gläubigers, nur dann zu leisten, wenn auch der Schuldner seiner Leistungspflicht nachkommen kann - > iE gleichlaufend, sofern Ansprüche auf Geld gerichtet sind
- historisch: im alten Schuldrecht existiere § 325 nicht (Kombination von SE und Rücktritt), sodass die Differenzmethode (in der Sache eben eine Kombination von Schadensersatz und Rücktritt) als “Schadensberechnung” konstruiert wurde